Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 4, 1976

Landschaft Ein Streifzug durch die Flora der Umgebung von Weis Heribert Zimmermann Mit der Flora von Wels beschäftigten sich bereits in der Vergangenheit eine Reihe von hervorragenden Hobby-Bota nikern, von denen einige, nämlich die Herausgeber der 1871 erschienenen „Enumeratio der um Wels in Oberöster reich \A/iidwachsenden Gefäßpflanzen" genannt seien. Es sind dies: Dr. Ferdi nand Vieiguth (damaliger Inhaber der Adler-Apotheke), Mag. pharm. J. Böck, Herr Braunstingel (leider fehlen uns über ihn nähere Angaben), der Jurist Dr. Ker ner (ein Bruder des berühmten Botani kers Univ.-Prof. Dr. Anton Kerner von Marilaun), sowie der Kreisgerichtspräsi dent Dr. Hauk, von dem uns ein umfang reiches Herbarium erhalten blieb. In letz ter Zelt befaßte sich vor allem der be kannte Welser Gymnasialprofessor Dok tor Josef Rohrhofer mit der Flora dieses Raumes. Ihm und Mag. pharm. Hubert Richter verdanken wir die 1942 erschie nene Neuauflage der Enumeratio. Vielleicht wird sich mancher Leser die Frage stellen, ob es sich denn heute noch lohnt, einen Artikel floristischen In haltes über einen von Menschen beson ders stark umgestalteten Landschaftsteil unserer engeren Heimat zu schreiben. Haben doch offensichtlich das Wachstum der Stadt, die Entstehung von Industrieund Gewerbezonen, die intensive land wirtschaftliche Nutzung der ehemaligen Welser Heide sowie der starke Ausbau des Straßennetzes die ursprüngliche Flora so weit zerstört, daß man außer einigen allbekannten „Wald- und Wiesen pflanzen" und allenfalls ein paar Acker unkräutern nichts mehr erwarten darf. Wie aber dieser Bericht zeigen soll, ge lang es trotz der gravierenden Eingriffe des Menschen in die Natur einer Reihe von Pflanzen, darunter einigen beson deren Raritäten, sich auf verbliebenen Refugien gerade noch zu halten. Dar über hinaus soll dieser Artikel aber auch einen kleinen Einblick in einige hier an zutreffende oder zumindest In der Ver gangenheit vorgekommene Pflanzen gesellschaften geben. Denn die jeweili gen Pflanzenarten eines Gebietes, die In Ihrer Gesamtheit dessen Flora ergeben, kommen ja nicht in zufälligen Kombina tionen vor, sondern stets in bestimmten Pflanzengesellschaften, die in Abhängig keit von ökologischen Umweltbedingun gen stehen, insbesondere von Klima und Boden. Das Verständnis für das Zustan dekommen einer bestimmten Pflanzen assoziation setzt demnach die Kenntnis von Klima- und Bodenverhältnissen die ser Gegend voraus. Daher seien ein paar Worte über die klimatischen Verhältnisse vorausge schickt, während die Bodenverhältnisse in Zusammenhang mit den Landschafts typen besprochen werden. Unser Untersuchungsgebiet liegt im Übergangsbereich der mitteleuropäi schen zur pannonischen Klimaprovinz und zeichnet sich daher durch relativ niedrige Niederschlagsmengen aus. Ihr Jahresmittel liegt bei etwa 800 mm (Extremwerte stellen die in den Jahren 1966 und 1969 gemessenen 1004 mm bzw. 571 mm dar). Die unter diesen Kli maverhältnissen dominierende Vegeta tionseinheit würde ohne den Einfluß des Menschen der ,,Eichen-Hainbuchenwald (Galio Carpinetum)" mit Inseln von Steppenhelde auf den extrem trockenen Pararendsina-Böden der Niederterrasse darstellen. Um nun bei unserem botanischen Streif zug systematisch vorzugehen, wollen wir uns an die vier hier in Erscheinung tre tenden Landschaftseinheiten halten und sie der Reihe nach In Hinblick auf ihre floristischen und vegetationskundlichen Eigenheiten betrachten. Als solche landschaftsprägende Naturräume treten auf: der Stellabfall der Traun-Enns-Platte, die Traunniederung, die Welser Heide auf der Niederterrasse und das Schlierhügel land nördlich von Wels. Der Steilabfall der Traun-Enns-Platte. Wir haben hier nicht eine geschlossene, die Traun von West nach Ost begleitende Mauer vor uns, sondern können vielmehr eine Gliederung in mehrere Teilstücke erkennen, welche durch Taleinschnitte einzelner Bäche hervorgerufen wird. Es sind dies in der Reihenfolge von West nach Ost: der bei dem Elektrizitätswerk Wels ausmündende Kroißbach, der durch Schauersberg fließende Alterbach, der durch die Ortschaft Algen ziehende Kat zenbach, der an der Jägermühle In Thal heim vorbeifließende Thalbach und schließlich der Schleißheimerbach. Der geologische Untergrund der TraunEnns-Platte läßt folgende Schichtung er kennen: Am tiefsten liegt der Schlier — ein sandiger Mergel von blauer, grauer oder gelblicher Färbung, der als was serundurchlässige Schicht den Quell horizont darstellt. Darüber befindet sich eine mächtige Lage von Schottern. Sie stellen eine fluvioglaziale Ablagerung der Günz-Elszelt dar und werden als ,,Ältere Deckenschotter" bezeichnet. Der oberste Horizont schließlich besteht aus einer umfangreichen Decke basisch reagieren den Lößlehms, welcher für die Boden bildung unmittelbar verantwortlich ist. Diese Lehmschicht erreicht beim großen Lehmanstich der Ziegelei Würzburger in Aschet eine Dicke von 12 m. Die Böden auf den Abhängen der Traun-Enns-Platte gehören meist dem Typ der Parabraunerde,zum Teil auch der Pararendslna an. Die Vegetation setzt sich westlich von Thalheim aus Laubmischwäldern zusam men - zwischen Thalhelm und Schleiß helm sind jedoch vielfach standorts fremde Fichtenforste anzutreffen. Der Im Gemeindegebiet von Thalheim lie gende Anteil des Abfalles der TraunEnns-Platte Ist jedem Welser unter der Bezeichnung ,,Reinberg" ein Begriff. Er wähnt werden soll er deshalb, well uns sein Waldbestand ein Bild von dem schon eingangs genannten klimabeding ten Gesellschaftskomplex der buchen reichen Eichen-Hainbuchenwälder (Galio-Carpinetum) vermittelt. Von Bäumen sind zu nennen die Rotbuche (Fagus sylvatica), Stieleiche (Quercus robur), Win terlinde (Tilia cordata), Hainbuche(Carplnus betulus), Berg- und Spitzahorn (Acer pseudoplatanus, Acer platanoides), Fichte (Picea abies) und Rotföhre (Pinus sylvestris). An Sträuchern begegnen uns Haselnuß (Coryllus avellana). Schwarzer Holunder (Sambucus nigra). Wolliger Schneeball (VIburnum lantana), Hecken kirsche (Lonicera xylosteum) und Eingrlffeliger Weißdorn (Crataegus monogyna). Besonders gern an Stämmen der Winterlinde rankt sich der Efeu (Hedera helix) empor. Auffallend ist ferner ein kräftiger Jungwuchs der Eberesche (Sorbus aucuparia). Der Frühjahrsaspekt wird in der Krautschicht wesentlich be stimmt durch die blauen Blüten des Le berblümchens (Hepatica nobilis) und die leuchtend weißen Blütenkelche des Buschwindröschens (Anemone nemorosa). Das Leberblümchen verdankt übri gens, wie eine Reihe anderer Pflanzen auch (z. B. Lungenkraut, Milzkraut), sei nen Namen der mittelalterlichen Signa turenlehre. Nach dieser sollten die drei lappigen Blätter der Pflanze anzeigen, daß es gegen Erkrankungen des drei lappigen Organes des menschlichen Kör pers, der Leber, anzuwenden sei. An wei teren Frühjahrsblühern können wir fin den: das Waldveilchen (Viola reichenbachiana), das Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) und die Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus). Sie alle entfalten als lichthungrige Pflanzen ihre Blüten noch vor der Belaubung der Waldbäume. Etwas später folgen Sanikel (Sanicula europaea) und Vielblütiger Salomonsiegel (Polygonatum multlflorum). Nicht unbeachtet bleiben dürfen ein paar zwar

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