Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 3, 1976

wahres Wunder, wenn solche Vorgänge nicht ebenso auf die überlieferte Volks kultur Ihren Einfluß ausgeübt hätten. So mit ist auch im Mühlviertel ein Tradi tionsschwund zu beobachten und trotz dem hat sich unwahrscheinlich viel er halten. Mag sein, daß die Grenzlage die ses Landestelles vieles zu bewahren ver mochte. Möglicherweise ist das Beharr same am Mühlviertler überhaupt sein Gharakteristlkum: man spürt es in seiner Sprache, in Stube und Haus, in Volks frömmigkeit und Brauch. Die Menschen des Mühlviertels sind be dachtsam, sind schauend und ruhig. Sie stimmen damit gewissermaßen mit den lang hingestreckten Hügeln überein. Nor bert Hanrieder — selbst Mühlviertler — hatte seine Landsleute noch ,,scheu wia's Gwild" beschrieben und von ihnen ge sagt, daß sie mißtrauisch und übervor sichtig seien. Doch die inzwischen er folgte Öffnung des Landes und die stän digen Kontakte selbst extrem entrückter Siedlungen mit Stadt und Landesmitte haben solche Eigenschaften längst ab geschliffen und die Mühlviertler unter Beibehaltung Ihres Temperamentes eher zu freundlichen, einladenden Menschen werden lassen. Allerorten findet man be stätigt, wie sehr sie allem guten Neuen aufgeschlossen sind; trotz allem aber zeigen sie sich deutlich als Bewahrende. Das Mittelbairlsche, aus dem ja auch ihre Mundart hervorgeht, galt immer als eine Sprache, die gerne Neuerungen aufge nommen und kräftig umgewandelt hat. Im Mühlvlertel stehen unsere Mundart forscher vor einem Phänomen: hier existiert für sie eine Beharrungsbrücke. Bei den Mühlviertlern haben sich näm lich alte Wörter und Laute in erstaun licher Welse unverändert erhalten. Da klingen Zwielaute wie eo, oi und ui in Wörtern wie Teod, Breot, Heozat oder Beosatnacht. Neben dem allgemein ver breiteten „kloan" ist dann und wann aber auch ein ,,kluin" zu hören, das eigentlich viel welter im Osten Öster reichs zu Hause ist. Wie beharrsam nun solche Dinge sein können, habe ich staunend am Beispiel eines obermühlviertler Marktfleckens erfahren müssen. Der schmale Bach, der dort den ört Granitener Türstock (Klaffer) mit Lebensbaum und Rautenmotiv. Foto: M. Eiersebner Links; Doppelgiebeliger Dreikanthof. Für die Hauslandschaft des alten Rodungslandes ebenso kennzeichnend wie für die sogenannte ,,Stein-bloß"-Bauweise (Rohrbach, Gde. Ottenschlag). Foto: M. Eiersebner Rechts: Schenkenfelden, Pfarrkirche, Südportal mit der Inschrift: ,,das gepau ist gemacht in der pauern krieg 1525 WH." Schönes Beispiel der Steinmetzkunst im Mühlviertel. Foto: M. Eiersebner eniiLDMR'.öfir

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