Bildende Kunst Die Mühiviertier Künstiergiide Hertha Schober Es lag eine eigenartige Atmosphäre über dem Mühlviertel, damals im Sommer 1954, von vielen vielleicht nicht wahrge nommen, von anderen umso stärker empfunden. Das Land schien friedvoll, doch war es vielfach noch der Friede der Ermattung, zuweilen auch einer gewissen Stumpfheit, denn die Wunden des Krie ges waren gerade im Landstrich nörd lich der Donau noch überall zu spüren, die fremden Soldaten im täglichen Er scheinungsbild fast selbstverständlich geworden. Überall aber versuchte sich der Wille zu einem neuen Beginn zu regen, lange brachgelegene Tatkraft suchte sich zu betätigen, dies nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern auch auf künstlerischer Ebene. Unter diesen Aspekten traten damals In Freistadt einige Künstler zu einer Ver bindung zusammen, die es sich zum Ziel setzte, die Kunstschaffenden und Kunst freunde des Mühlviertels zu vereinen, einen Kristallisationspunkt gleicher Inter essen zu bilden. Es waren dies vor allem Prof. Franz v. Zülow, Konsulent Fleinrich Flaider, Architekt Ernest Schimmel und Prof. Hans Stumbauer. Schon Im August desselben Jahres veranstalteten sie im Gymnasium Freistadt eine Ausstellung ihrer Werke, die gut besucht wurde, denn Kunstausstellungen waren damals noch Mangelware, Im Gegensatz zu der heute zuweilen schon spürbaren Übersättigung. Besonders die Werke des Präsidenten der jungen Vereinigung, des Wahl-Hlrschbachers Franz v. Zülow, fanden in ihrer Volksverbundenheit, ihrer Farben- und Fabulierfreudigkeit und Ausdruckstärke viel Interesse. Die offizielle Gründung der ,,Mühiviertier Künstlergilde" (MKG), dokumentiert durch die Eintragung im Vereinskataster, kann allerdings erst mit dem Jahre 1955 festgesetzt werden, denn wiederum — auf Grund der noch anwesenden Besatzungs truppen — bedurfte es eines langen Be hördenweges und einer langen Über prüfung, bis eine Vereinigung wirklich zugelassen wurde. So mancher mag sich damals und auch später gefragt haben, ob es denn sinnvoll sei, neben den schon längst bestehenden, großen Kunstver einigungen des Landes Oberösterreich eine neue, kleine Künstlergruppe zu bil den. Mußte sie nicht zu einem Schatten dasein verurteilt sein? An derartige Pro bleme dachte von den Gründungsmit glledern damals wohl keiner; es bestand einfach der Wunsch, nach all den Jahren der künstlerischen Isolation wieder ein mal mit Gleichgesinnten über gleich interessierende Themen sprechen zu können, über neue Kunstrichtungen, über eigene Schöpfungen zu diskutieren und daneben nicht zuletzt endlich wieder ein wenig Geselligkeit zu pflegen, die von den täglichen Sorgen ablenkte. Man war ja so bescheiden damals und auch so erfinderisch; man kam einmal dort, ein mal da zusammen und jeder brachte etwas mit für den Abend - und diese Abende gaben jedem einzelnen so viel für seine künstlerische Entfaltung, für sein Sich-zurecht-Finden, für sein Selbst bewußtsein, daß jeder gerne an diese Zelt zurückdenkt; in solchen Situationen beweist eine Künstlervereinigung ihre Daseinsberechtigung ganz von selbst. Was hatte die MKG aber nun wirklich neben den schon bestehenden Künstler vereinigungen zu erwarten? Prof. Hans Stumbauer, selbst aus dem Freistädter Räume stammend, gab hierauf in der ersten Nummer der Mühiviertier Heimat blätter, also bereits In einer Rückschau, Antwort: ,,Dle Konzentration, wie sie gleichermaßen bei allen großen Vereinen naturgegeben und üblich ist, kann im Interesse einer größeren Zielsetzung nicht alles berücksichtigen. Bei aller Auf geschlossenheit solcher Vereine bleiben Lücken, wodurch manch Notwendiges und Reizvolles verloren geht, und diese Lücken gerade sind es, die unseren Auf gabenkreis bestimmen und unseren be scheidenen Anteil am kulturellen Leben in Oberösterreich ermöglichen. Viele Faktoren tragen heute dazu bei, die vielen kleinen, aber typischen Lebens äußerungen kulturell geschlossener Lan desteile einzuebnen. Überall kann man sehen, wie unsere Kultur verarmt, bei allem vorhandenen Reichtum an den Gütern der Zivilisation. Die MKG setzt sich in ihrer Zielsetzung mit der Aufgabe auseinander, wie das im Mühiviertier Raum Bodengewachsene erhalten und die vorhandenen kulturellen Eigenarten — sei es nun Volks- oder Hochkunst — und seine typischen Elemente in Aus druck, Stimmung, Farbe und Komposition weiter entwickelt und In der verdichten den Aussage unserer Zeit bildhaft zum Ausdruck gebracht werden könnten." Sturmbauer spricht dann noch von der Aufgabe, der Bevölkerung eben dieses Landstriches, die durch den harten Le benskampf zur nüchternen Realität ge zwungen wurde, die Größe der alten bo denständigen Kultur — Kefermarkt, Wald burg, St. Michael, Hirschbacher Bauern möbel und Sandler HInterglasbllder - neu Ins Bewußtsein zu bringen. Die MKG hat sich somit von Anbeginn allgemein kulturelle Ziele gesetzt, hat da mals schon, wenn auch nicht so deutlich ausgesprochen, an die Dezentralisation des kulturellen Angebotes gedacht - und mit ihren Ausstellungen danach gehan delt —, eine Dezentralisation, die heute zum großen Landeskonzept gehört. Aus dieser Grundeinstellung und Zielsetzung heraus ergab sich fast von selbst das Bestreben, sich dem Volksbildungswerk anzuschließen. Mit Entschließung des Landesinstitutes für Volksbildung und Heimatpflege In Linz am 7. Dezember 1956 wurde dieses Ziel erreicht und der Gilde dadurch ein psychologischer Rück halt und auch manche tatkräftige Hilfe gegeben. Eine weitere wichtige Entwick lung der Mühiviertier Künstlergilde war es, daß neben bildenden Künstlern auch Schriftsteller und Komponisten, in wei terer Folge auch Heimat- und Volkskund ler und Kunstgewerbler als Mitglieder aufgenommen werden konnten. Als öffentlichkeitswirksam blieben vor erst allein die Ausstellungen und Ihrer wurden gerade in den ersten Jahren sehr viele veranstaltet. Es würde zu weit füh ren, alle diese Veranstaltungen anzufüh ren, nur einzelne Besonderheiten sollen vermerkt werden. Im allgemeinen wurden jedes Jahr eine Sommerausstellung ir gendwo im Mühlviertel und eine Weih nachtsausstellung in Linz abgehalten, dazu kamen in den Anfangsjahren noch Wanderausstellungen. Zur Eröffnung der Ausstellung im oö. Landesmuseum anläßlich des fünfjähri gen Bestandsjubiläums der Gilde im Sommer 1961 wurde die ,,Linzer Suite" des Ehrenmitgliedes der MKG Dr. Franz Schnopfhagen aufgeführt. Ein Schritt zur Ausweitung des Kulturprogrammes wurde bei der Sommerausstellung 1964 In Grein unternommen. Abgesehen von einer kleinen musikalischen Matinee an läßlich der Eröffnung wurden im schönen Raum des Greiner Stadttheaters noch zwei Abende veranstaltet, der eine mit einem historischen und kunsthistorischen Vortrag, der andere mit Lesungen von Werkproben einiger Schriftsteller der Gilde. Diese Ausstellung wurde über schattet vom tragischen Unfalltod des Bildhauers Adolf Kloska, für den ein Raum zur Gedächtnisschau gestaltet wurde. Ein Kritiker schrieb damals: „... Die Schöpfungen dieses Mühiviertier Künstlers sprengten den Rahmen der bodenständigen Kunst, in die sie gestellt sind. Kloska war ein Meister der geraden Linie, sowohl als Zeichner, wie auch als Bildhauer...". In diesem Zusammenhang kann man wohl die Frage stellen, wo die MKG in
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