Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 3, 1976

Freistadt — müssen mit den Geschäfts leuten der Vororte, der umliegenden Ort schaften und der Stadt Linz konkurrenz fähig bleiben. Sie brauchen Auslagen, in denen sie ihre Waren zeigen können, und sie brauchen Geschäftsräume, in denen die Kunden sich bewegen, die Waren eingehend betrachten und aussuchen können. Das Mittelalter mit seiner Bedarfswirtschaft kannte diese Geschäfts methoden nicht und hat daher die Häu ser nicht für diesen Zweck ausgebaut, im 19. Jahrhundert behalf man sich bei der Entwicklung der Verbrauchswirtschaft mit Vorbauten aus Holz, in denen die Auslagen und meistens auch die Ge schäftstür untergebracht wurden. Diese Holzverkleidungen sind außerordentlich häßlich und konnten in Freistadt im Rah men der Fassadenaktion seit 1972 fast sämtlich beseitigt werden. Die lohnende Aufgabe der Architekten war und ist es nun, neue Lösungen zu finden, die den Wünschen der Geschäftswelt entgegen kommen, das mittelalterliche Stadtbild jedoch nicht zerstören. Daß hier nicht alles nach Wunsch gelaufen Ist, muß ehr lich bekannt werden. Die Fassadenaktion erstreckt sich aber auch auf eine all gemeine Entrümpelung der Hauswände, die mit allen möglichen Schildern und Schaukästen behangen waren. Derzeit sind nur noch Schilder, die mit schmie deeisernem Arm an der Hauswand be festigt sind, gestattet. Steckschilder gibt es nur in den Gassen, nicht aber auf dem Hauptplatz (zum Unterschied von Schärding). Die Hausbesitzer und Hausbewohner möchten Wohnungen haben, die den An forderungen des modernen Wohnkom forts entsprechen, also mit ausreichen den sanitären Anlagen, mit Zentralhei zungen usw. ausgestattet sind. Hier ist die Aufgabe des Ausschusses leichter, weil es sich zumeist um Umbauten han delt, die innerhalb der Häuser erfolgen, so daß das mittelalterliche Stadtbild nicht oder kaum beeinträchtigt wird. Sobald aber Dach, Fenster und Türen vom Um bau berührt werden, muß zur Vorsicht gemahnt werden, besonders dann, wenn diese Bereiche allgemein einschaubar sind. Man darf ja bei der besonderen Situation in Freistadt nicht vergessen, daß nicht nur die Häuser der Innenstadt, sondern auch große Teile der Befesti gungsanlagen und des Stadtgrabens Privatpersonen gehören. Als seinerzeit die Anlagen der Stadtbefestigung nicht mehr benötigt wurden, übergab man sie an die interessierten anrainenden Haus besitzer, die sie bis heute besitzen und nützen. Bei Eingriffen durch bauliche Veränderungen in diesen „gehelligten" Zonen muß natürlich ein offenes und deutliches Nein gesagt werden. In allen diesen Fragen läßt sich der Aus schuß aber doch von der Erkenntnis lei ten: die Stadt darf kein Museum werden, sondern innerhalb der Mauern des Mit telalters muß sich das Leben der Gegen wart entfalten können. Die Altstadt muß belebt und die Häuser müssen bewohnt werden, sonst ist der Verfall nicht auf zuhalten. 3. Die dritte Aufgabe des Ausschusses hat sich bald als die wirkungsvollste her ausgestellt: treibende Kraft zu sein bei allen Fragen der Erhaltung des Stadt bildes, den Gemeinderat zu bewegen, selbst aktiv zu werden, mit gutem Bei spiel voranzugehen und mit verschiede nen gesetzten Maßnahmen der Bevölke rung zu zeigen, welch wertvolle Sache Denkmalschutz und Altstadterhaltung sind. Dieses Heraustreten der Gemeinde aus der passiven, oft neinsagenden Hal tung zu einer echten Initiative im Sinne der Erhaltung des Stadtbildes war ein ganz entscheidender Schritt, denn rasch zeigte sich: das beste Vorbild ist das gute Beispiel. Vielen Freistädtern ging erst durch diese Maßnahmen der Stadt gemeinde der Sinn auf für die Schönheit ihres Heimatortes, auf einmal wunderten sich viele über die bisher verborgenen baulichen Kostbarkeiten (und es gäbe noch vieles freizulegen!), und als auch der Strom der fremden Besucher an wuchs, die mit Begeisterung die Stadt durchwanderten und betrachteten, war der Bann gebrochen. Als besonders wirkungsvoll stellte sich die sogenannte Fassadenaktion heraus, mit der 1972 begonnen wurde und durch die bisher an die 70 Häuser der Altstadt im wahrsten Sinne des Wortes ein neues Gesicht erhielten. Jedes Jahr wurden von Bund, Land und Gemeinde je 100.000 Schilling zur Verfügung gestellt und da mit erneuerungswillige Hausbesitzer, die zugleich die Wünsche des Denkmalschut zes erfüllten, kräftig unterstützt. Nimmt man als durchschnittlichen Beihilfen betrag 50 Prozent der benötigten Summe an, so ergibt dies seit 1972 bis 1976 die runde Summe von drei Millionen Schil ling, die in die Fassaden investiert wur den. Diese Aktion wurde, wenn möglich, straßenweise durchgeführt und dadurch der Gedanke des Ensembles besonders unterstrichen. Ganze Straßenzüge und vor allem der Hauptplatz erlebten da durch eine Wiedergeburt Im bunten Kleid des Barocks. Diese Fassadenaktion soll fortgeführt und schließlich, wenn finan zielle Mittel dazu flüssiggemacht wer den können, durch eine sogenannte Hof aktion erweitert werden. In der die oft recht beachtlichen Innenhöfe der Bürger häuser eine Erneuerung erfahren kön nen. Es fehlt hier der Platz, im einzelnen dar zustellen, was von der Gemeinde gelei stet worden ist; einige Daten sollen je doch die Aktion deutlich machen: 1954: 1954/55: 1956/57: 1959: 1961: 1965/68: 1965/67: 1968/69: 1969: 1970/76: 1971: 1972/76: Instandsetzung des Marienbrunnens aus 1704 1. Fassadenaktion, beschränkt auf Häuser des Haupt platzes der südliche Stadtgraben als Park gestaltet das Böhmertor gerichtet und erneuert das LInzertor neu gedeckt beim Böhmertor das sog. Polizeihäusl entfernt, Stadtmauer freigelegt und gestaltet, Fußgeherdurchgang mit Brücke über den Stadtgraben Erneuerung der Johanniskirche — Entrümpelung — Beschränkung auf die rom.-got. Bauelemente bei der Ein richtung als Aufbahrungskirche Fußgänger-Durchgang LInzertor West Beitrag zur Regotisierung der Pfarrkirche Erneuerung des Dechanthofturmes Erneuerung des Scheiblingturmes mit Platzgestaltung Fußgänger-Durchgang LInzertor Ost Erneuerung der äußeren Stadtgrabenmauer (Mantel mauer) — Aufbau in 80 cm Höhe an Stelle der rostigen Gitter Fußgänger-Durchgang Böhmertor-Ost mit Entschärfung durch Sichtverbesserung 27.000.- 40.000.- 18.000.- 19.000.- 75.000.- 95.000.- 274.000.- 200.000.- 100.000.- 42.000.- 189.000.- 220.000.- 405.000.- 335.000.-

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