Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 3, 1976

Freistadt, Hauptplatz 3, Zustand vor der Fassadenaktion (Hoizvorbau aus dem 19. Jahrhundert, Schaukästen!) Das gleiche Haus nach der Fassadenaktion 1974 Bücher papier 3. Das 19. Jahrhundert mit seinem star ken Ausdehnungsdrang durch die indu strielle Revolution sprengte in vielen Städten den mittelalterlichen Befesti gungsring, schleifte die Stadtmauern, schüttete die Stadtgräben zu, trug die Stadttore ab und zerstörte so in einem völlig mißverstandenen Fortschrittsglau ben, was das Mittelalter geschaffen und mit Sorgfalt gepflegt hatte. In Freistadt ging diese stadtbildmordende Zeit fast spurlos vorüber. Es lag eingebettet zwi schen den wirtschaftlichen Schwerpunk ten Linz und Budweis — beide Städte sprengten damals ihren mittelalterlichen Festungsgürtel — und die geringe wirt schaftliche Zunahme der Stadt hatte durchaus Platz innerhalb der alten Mauern. Da auch die 1832 errichtete Pferdeeisenbahn Linz—Budweis in 3 km Entfernung am Stadtkern vorüberführte und die 1873 fertiggestellte Dampfelsen bahn dieser Trasse folgte, blieb der mit telalterliche Stadtkern davon unberührt. Außerdem blieb in einem beträchtlichen Abstand genügend Platz für eine spätere wirtschaftliche Entwicklung, die auch tat sächlich im 20. Jahrhundert, besonders nach dem zweiten Weltkrieg, eintrat. 4. Das 20. Jahrhundert brachte die Ex plosion des Straßenverkehrs. Nicht nur daß Straßen und Plätze vollgestopft sind mit stehenden Fahrzeugen, diese brau chen auch Raum für ihre Bewegung. Die Stadttore des Mittelalters sind natur gemäß eng und daher ein echtes Hinder nis für den Verkehr, die Mauthäuser rei chen bis an die Straße heran und stellen somit echte Verkehrsfallen dar, die Haus einfahrten eignen sich nicht immer für Autos und müssen verbreitert und ver größert werden, die engen Straßen und Kreuzungen rufen nach Verkehrsampeln, und schließlich müssen gerade in den engen Straßen der Städte zahllose Ta feln zur Verkehrs- und Parkregelung an gebracht werden. Freistadt hat den ersten Ansturm des Straßenverkehrs gut über standen, weil es über verhältnismäßig breite Gassen, über einen außerordent lich großen Hauptplatz, der als Park fläche verwendet wird, und außerdem über eine im vorigen Jahrhundert ge schaffene Zufahrt im Westen verfügt, die jetzt die einzige Zufahrt zur Stadt für Autobusse und größere Lastwagen dar stellt. Inzwischen hat sich aber auch die Meinung durchgesetzt, daß der Straßen verkehr nicht der Weisheit letzter Schluß und der Autofahrer nicht In allen Kultur fragen letzte Instanz Ist. So ist zu erwar ten, daß die Verkehrsexplosion des 20. Jahrhunderts am mittelalterlichen Stadtbild von Freistadt nicht allzu viele Narben hinterläßt. Neben diesen aufgezählten, mehr oder weniger glücklichen Umständen, die wir dankend und glücklich zur Kenntnis neh men können, gab es natürlich immer schon gezielte Maßnahmen zur Erhaltung der Altstadt. Gesetzt und getragen wur den dieselben, wenn wir die mehr bera tende und in der harten Wirklichkeit we niger fruchtbare Tätigkeit verschiedener Vereine, wie Heimatbund Alt-Freystadt oder Verschönerungsverein, außer acht lassen, vom Gemeinderat oder zumindest einzelnen Mitgliedern,sie bedurfte jedoch, um zu der gewünschten und sinnvollen Verwirklichung zu kommen, der Zustim mung und der Unterstützung der gesam ten Stadtbevölkerung, besonders der Hausbesitzer und Bewohner der Altstadt. Schon am 15. 10. 1959 wurde innerhalb des Gemeinderates das ,,Kuratorium für die Erhaltung des alten Stadtbildes" ge gründet, dem neben Bürgermeister Tröls und dem Stadtbaumeister auch der Lei-

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