Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 3, 1976

Freistadt, Waaggasse 13, Zustand vor der Fassadenaktion (Dachrinne, elektrische Leitungen, bemalte Kragsteine!) Das gleiche Haus nach der Fassadenaktion 1975 ■ 1 c) die Kirchen von Freistadt: die Pfarrkirche oder Katharinenmünster, ein gotischer Bau auf romanischem Grundriß, im 18. Jahrhundert barockisiert, 1967 in den gotischen Zustand zu rückversetzt, mit einem mächtigen ba rocken Kirchturm aus 1736/37 nach Plä nen von J. M. Prunner, und einem goti schen Schnitzaltar; die Liebfrauenkirche vor dem Böhmertor, eine gotische Kirche aus dem 15. Jahr hundert mit einer gotischen Lichtsäule im Chor, einem Altar aus der Renais sance und bemerkenswerten Grabstei nen aus 6 Jahrhunderten; die Johanniskirche im Süden ca. 500 m vor der Stadt, eine alte Taufkirche und den Bauelementen nach sicher die älteste Kirche der Stadt. Jener Bereich, der im unmittelbaren Um kreis der Stadt, in der Bannmeile, liegt und zum größten Teil aus dem Mittel alter stammt, nämlich die Hafnerzeile ent lang der Feldaist mit schönen gotischen Giebelhäusern, das Lederertal, als Fort setzung der Hafnerzeile, mit Giebelhäu sern und der alten Stadtmühle, an der Westseite das Brauhaus aus 1770—1777, einer der mächtigsten barocken Zweck bauten in Oberösterreich, die noch heute als Arbeitsstätte dienen, die Fröschau am Frauenteich und die Schmiedgasse,sollte ebenfalls geschützt und erhalten bleiben. All dies zusammen bildet das mittelalter liche Stadtbild von Freistadt, das mit manchen Veränderungen bis heute im großen und ganzen erhalten geblieben ist und zu den unersetzbaren Kulturgütern unseres Volkes zählt. Jedes Haus, das in der Altstadt abgerissen wird (und lei der manchmal wegen Baufälligkeit abge rissen werden muß), jede Änderung der übernommenen mittelalterlichen Bausub stanz ist ein echter Verlust und kann durch nichts Gleichwertiges ersetzt wer den. Damit schiebt sich denknotwendig die Frage nach der Erhaltung dieser wertvollen und unersetzlichen Substanz in den Vordergrund. Was wurde bisher getan, um Freistadt als Denkmal mittel alterlichen Bürgertums zu bewahren? Wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir zuerst einmal feststellen, daß mehrere giückliche Umstände zur Erhaltung bei getragen haben: 1. Viele Städte aus dem Mittelalter, die vielleicht noch schöner und besser erhal ten waren als Freistadt, sind durch die Einflüsse der Kriege in den letzten Jahr hunderten, besonders aber durch den zweiten Weltkrieg, zerstört worden. Frei stadt blieb völlig verschont, und außer einigen Bränden, die aber seit 1516 im mer nur Teile der Stadt erfaßten, erlitt die Stadt keinen größeren Substanzver lust. Die wahnwitzigen Vorschläge nach dem Brand von 1880, den Schloßturm zu sprengen und das Böhmertor niederzu reißen, konnten durch das Eingreifen Kaiser Franz Josefs und des Bürgermei sters Ed. Pemberger verhindert werden. 2. Die Barockzeit mit ihrem antigoti schen Geschmack ist zwar in Freistadt allenthalben spürbar, aber was damals geschaffen wurde, ist mehr als Ergän zung zu den Leistungen früherer Jahr hunderte zu verstehen: der prachtvolle und majestätische Dechanthof, der herr liche Kirchturm, die weniger gelungene Barockisierung der Pfarrkirche, die mächtigen Gebäude der Brauerei, die barocke Ausstattung des Linzertores, die Errichtung des Bürgerspitals u. v. a. Die Bürger hatten damit so viele Lasten zu tragen, daß für die eigenen Häuser schließlich nur noch das Geld für die Neugestaitung der Fassaden im Zeitge schmack übrig blieb.

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