Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 3, 1976

Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Landschaft Das Mühlviertel Dr. Rudolf Fochler Mühlviertel — ein Refugium Dr. Alois Großschopf Hermann Heinz Ortner — eine Dichterpersönlichkeit aus dem Mühlviertel 1895—1956 Dr. Hertha Schober Land der Hügel — mit Kirchen und Burgen Denkmalpflege Dr.Othmar Rappersberger Freistadt als Beispiel einer Altstadterhaltung Bildende Kunst Dr. Hertha Schober Die Mühiviertler Künstlergilde 41 Landeskunde Dr. Walter Luger St. Wolfgang am Stein Dr. Heinrich Prinz Reuss Wildpark Oberösterreich-Altenfelden 49 Wirtschaft Josef Waidhofer, Landtagsabgeordneter .|3 Perg - Profil einer jungen Stadt 53 Kulturinformationen 59 "•9 Umschlagbild: Flucht des hl. Wolfgang an den Abersee. Holzrelief, 1525, vom rechten Seitenaltar der Pfarrkirche in Waldburg, Bezirk Freistadt. Auf den Flü geln des rechten Seitenaltares in der einsam gelegenen Pfarrkirche Waldburg in Mühiviertel — ein Woifgangaltärchen — sind vier Szenen aus dem Leben des 33 Heiligen dargestellt. Beschreibung im Ausstellungskatalog „Der heilige Wolf gang in Geschichte, Kunst und Kult", Katalognummer 102: „Rechts oben seine Flucht (um 976) von seinem Bischofssitz — Regensburg zusammen mit einem Klosterbruder in die Gegend am Aber see, wo er im Gebirge in einer Felsen höhle des Falkensteins seine Wohnung aufschlägt. Der hl. Wolfgang schreitet voran, gefolgt von seinem Gefährten. Im — Hintergrund Felsen und Bäume, diedie Einöde zeigen, in die der Heilige sich zurückzieht." Farbaufnahme: Elfriede Mejchar 43 Umschiaggestaltung: Herbert Friedl Kulturzeltschrlft Oberösterreich 26. Jahrgang, Heft 3/1976 Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag: Redakteur: Dr. Otto Wutzel; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Elfriede Wutzel; Druck: Oö. Landesverlag Linz; sämtliche 4020 Linz, Landstraße 41, Ruf(07222)78 1 21. Jahresabonnement(4 Hefte):S 178.—; Einzelverkaufspreis: S 55.—. (Alle Preise inkl.8% MWSt.)

□ □ Kulturzeitschrift Heft 3/1976 der Zeitschrift „Oberöster reich" ist in seinem Inhalt dem Mühl viertel gewidmet. Es war ein lang geheg ter Wunsch der Redaktion, diesen Landesteii einmai in einer Form darzustellen, die abseits von trockener Fachwissen schaft eine Impression vermitteit. Den Mitarbeitern an diesem Heft ist zu dan ken, daß sie diese Zielsetzung sehr wohl verstanden haben. Sie schrieben Bei träge, die Einzelprobleme aus dem Mühl viertel behandeln, in ihrer Summe jedoch ein ,,Bild" ergeben. Rudolf Fochler versucht eine Interpre tation dieses Landesteiles in voikskundlicher Sicht. Er meidet ausgetretene Wege der fachlichen Darstellung und be schreibt das Mühlviertel so, wie er als gegenwartsbezogener Volkskundler diese Landschaft als ein ,,Refugium" er lebt. Dabei werden Aspekte aufgezeigt, die bisher kaum überlegt worden sind. Alois Großschopf greift aus der Fülle von Talenten, die dieser Landesteil hervorge bracht hat, den Dichter Hermann Heinz Ortner heraus. Einst gefeierter Burg theaterautor, ist er heute vergessen. Sein Nachlaß ruht derzeit ungeordnet im OÖ. Landesmuseum. Mit diesem Aufsatz soll darauf hingewiesen werden, wie lükkenhaft eigentlich unsere Kenntnis der zeitgenössischen Kunstszene ist. Eine Lobeshymne auf das Mühlviertel verfaßte Hertha Schober. Sie ist Histori kerin mit kunstgeschichtlichen Interessen. Aus dieser fachlichen Einsteilung schil dert sie das Land nördlich der Donau als ein „Land der Hügel - mit Kirchen und Burgen". Sie will damit ein Charakteristikum des Mühiviertels andeuten, die Höhenlage seiner Kulturdenkmale. Zur Darstellung bringt sie „wenig Bekann tes". In den Fachsparten setzt sich Othmar Rappersberger mit ,,Freistadt als Bei spiel einer Altstadterhaltung" auseinan der. Er ist ein berufener Sprecher für die vielfältigen Bemühungen im Lande, einen aktiven Denkmalschutz zu betreiben. Ge rade in Freistadt hat die sogenannte Fassadenaktion, die seit vielen Jahren in Oberösterreich betrieben wird, in Zusam menarbeit alier Faktoren ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. Diese Abhandlung ist als ein lokaler Beitrag zum Europäischen Jahr des Denkmalschutzes zu werten. Hertha Schober, selbst langjährige Prä sidentin der Mühiviertler Künstlergilde, zeichnet ein Porträt dieser sehr aktiven oberösterreichischen Künstlervereini gung. Die Gründungszeit steht dabei be greiflicherweise im Vordergrund ihrer Darstellung. Ein bauliches Juwel des Mühlviertels, die alte Wallfahrtskirche St. Wolfgang am Stein, greift Walter Luger heraus. Er ist mit der Klosterlandschaft des Stiftes Schlägi, zu dem dieses einsame Gottes haus gehört, eng verbunden. Aktualität besitzt dieser Aufsatz in Zusammenhang mit der heurigen Wolfgang-Ausstellung. In der Fachsparte ,,Landschaft" möchten wir auf den „Wildpark OberösterreichAltenfelden" hinweisen. Der Initiator und Besitzer hat selbst diesen Beitrag zur Verfügung gestellt. Tierparks sind heute modern, im Mühiviertei befindet sich wohl eine der ältesten Anlagen dieser Art. Sie verdient auch fachliche Hervor hebung, da sie nicht nur dem Fremden verkehr und der großstädtischen Erho lung dienen will, sondern in gleicher Wer tigkeit eine naturwissenschaftliche Auf gabe erfüllen möchte. Den Abschluß des Redaktionsprogram mes bildet die Wirtschaft. In dieser Sparte wandte sich die Redaktion an den Bürgermeister von Perg, Landtagsabge ordneten Josef Waidhofer, der wohl der berufenste Sprecher ist, das Profil einer jungen Stadt zu zeichnen. Das Mühlviertel wird nie ein Ballungsraum werden, doch versteht seine Bevölkerung heute sehr wohl die Erfordernisse der Gegenwart. Es wird hier bewiesen, daß Tradition und Wirtschaft eine Symbiose eingehen kön nen.

Mühlviertel — ein Refugium Rudolf Fochler Seit vielen Jahren durchstreife Ich jetzt schon die Hügelwelt des Mühlvlertels und Immer wieder glaube Ich sagen zu kön nen, daß Ich Land und Leute endlich kenne; durch und durch kenne. Da aber passiert es, daß Ich einen neuen Weg, eine neue Stimmung In der Landschaft, eine neue Wendung In Sprache, Brauch oder Volkskunst entdecke und meine Be geisterung für dieses Viertel nördlich der Donau wird von neuem geschürt. Nun ergeht dies nicht nur mir so, auch auf andere übt das Mühlviertel eine geradezu magnetische Anziehungskraft aus. Oft habe Ich versucht, doch herauszufinden, woran das wohl liegen mag. Vielleicht daran, daß Landschaft, Höfe, Weller und der Mensch eine In allem zu spürende gewachsene Einheit zeigen. Diese Ein heit aus Landschaft, Bewohnern und Kul tur scheint so dicht und verquickt zu sein, daß alle Veränderungen, daß auch der Wandel, dem Volk wie Land unter worfen sind. Immer wieder die erwähnten drei Momente auch einheitlich, gleich mäßig erfaßt. Das Ist nicht so selbst verständlich, denn anderswo vollzieht sich ja nicht selten eine völlig ungleich mäßige Entwicklung. Ortsbilder werden durch einen Allerweltsstll verwaschen oder die Bewohner verstädtern allzu stark; andernorts wiederum ersticken Modernismus oder übertriebene Ver sachlichung das Gleichmaß Im Zusam menspiel dieser Komponenten. Nicht so im Mühlviertel. Seltsamerwelse haben daran weder die Abwanderung von Einheimischen noch der Zuzug der ,,Ausmärker" entschei dende Änderungen herbeigeführt. Unter den ,,Ausmärkern" sind die kaum mehr zu zählenden Großstädter gemeint, die sich auf Irgendeine Welse dort Irgendwo seßhaft gemacht haben. Sei es, daß sie Grund erworben und darauf gebaut oder daß sie ein altes Weberhäusl, wenn nicht gar einen ganzen Dreikanter erstanden haben. Dann Ist aus Ackerboden Erho lungsland, aus Bauernhöfen sind Wohn häuser geworden. Freilich, wer da genauer hinsieht, merkt schon, wie sich manches In Landschaft, Hauslandschaft und Im Sozialgefüge auch hier verändert hat. Es wäre ja ein

wahres Wunder, wenn solche Vorgänge nicht ebenso auf die überlieferte Volks kultur Ihren Einfluß ausgeübt hätten. So mit ist auch im Mühlviertel ein Tradi tionsschwund zu beobachten und trotz dem hat sich unwahrscheinlich viel er halten. Mag sein, daß die Grenzlage die ses Landestelles vieles zu bewahren ver mochte. Möglicherweise ist das Beharr same am Mühlviertler überhaupt sein Gharakteristlkum: man spürt es in seiner Sprache, in Stube und Haus, in Volks frömmigkeit und Brauch. Die Menschen des Mühlviertels sind be dachtsam, sind schauend und ruhig. Sie stimmen damit gewissermaßen mit den lang hingestreckten Hügeln überein. Nor bert Hanrieder — selbst Mühlviertler — hatte seine Landsleute noch ,,scheu wia's Gwild" beschrieben und von ihnen ge sagt, daß sie mißtrauisch und übervor sichtig seien. Doch die inzwischen er folgte Öffnung des Landes und die stän digen Kontakte selbst extrem entrückter Siedlungen mit Stadt und Landesmitte haben solche Eigenschaften längst ab geschliffen und die Mühlviertler unter Beibehaltung Ihres Temperamentes eher zu freundlichen, einladenden Menschen werden lassen. Allerorten findet man be stätigt, wie sehr sie allem guten Neuen aufgeschlossen sind; trotz allem aber zeigen sie sich deutlich als Bewahrende. Das Mittelbairlsche, aus dem ja auch ihre Mundart hervorgeht, galt immer als eine Sprache, die gerne Neuerungen aufge nommen und kräftig umgewandelt hat. Im Mühlvlertel stehen unsere Mundart forscher vor einem Phänomen: hier existiert für sie eine Beharrungsbrücke. Bei den Mühlviertlern haben sich näm lich alte Wörter und Laute in erstaun licher Welse unverändert erhalten. Da klingen Zwielaute wie eo, oi und ui in Wörtern wie Teod, Breot, Heozat oder Beosatnacht. Neben dem allgemein ver breiteten „kloan" ist dann und wann aber auch ein ,,kluin" zu hören, das eigentlich viel welter im Osten Öster reichs zu Hause ist. Wie beharrsam nun solche Dinge sein können, habe ich staunend am Beispiel eines obermühlviertler Marktfleckens erfahren müssen. Der schmale Bach, der dort den ört Granitener Türstock (Klaffer) mit Lebensbaum und Rautenmotiv. Foto: M. Eiersebner Links; Doppelgiebeliger Dreikanthof. Für die Hauslandschaft des alten Rodungslandes ebenso kennzeichnend wie für die sogenannte ,,Stein-bloß"-Bauweise (Rohrbach, Gde. Ottenschlag). Foto: M. Eiersebner Rechts: Schenkenfelden, Pfarrkirche, Südportal mit der Inschrift: ,,das gepau ist gemacht in der pauern krieg 1525 WH." Schönes Beispiel der Steinmetzkunst im Mühlviertel. Foto: M. Eiersebner eniiLDMR'.öfir

Freilichtmuseum Pelmberg (am Weg von Linz nach Hellmonsödt), Blick In die Stube als Beispiel der Mühlvlertler Bauernstuben. Foto: M. Elersebner durchfließt, ist eine richtige Sprach grenze. An dem einen Ufer sagen sie ,,Boan", am anderen, ein paar Meter weiter drüben, aber ,,Buin"; und das mag wohl auf die einstigen Besiedier zurück gehen, die damals aus unterschiedlichen Landschaften gekommen waren. Der Mühlvlertler hat die Erinnerung daran In seiner Sprache konserviert. Auffallend ist auch, daß das Mühlviertel heute noch für die Erzählforscher ergiebig und fündig geblieben ist. Karl Haiding konnte vor nicht allzu langer Zelt erst unerwartet viele Geschichtenerzähler ausfindig machen. Allein eine Auswahl der auf Tonband aufgezeichneten Sagen und Märchen reichte aus, um ein ganzes Buch daraus werden zu lassen. Fritz Winkler wiederum sammelte kürzlich erst genügend Stoff für zwei Bücher mit Sagen aus dem Böhmerwald. Den Reichtum an Geschichten und Erzählungen bestätigen die Sammlungen Karl Radlers, Max Hil perts, Anton Mittmannsgrubers und meh rerer anderer. Die Neigung, der Hang des Mühlviertlers zum Erhalten wie auch zum Überliefern, kann obendrein aus dem Vorhandensein heute noch mündlich mit geteilter „Erzähllieder" geschlossen wer den. Es sind strophenreiche Balladen, deren Sänger immer noch dankbare Zu hörer finden. Wenn hier vom Beharren und Bewahren die Rede ist, dann soll nicht der Eindruck erweckt werden, als ob die vorliegenden Zellen eine Art Raritätenschau sein woll ten. Ganz im Gegenteil! Unter meinen ,,erwanderten" Notizen habe ich gerade jene herausgesucht, die mich erst gar nicht in den Verdacht geraten lassen, Ich wäre bei Museumsbesuchen dazu ange regt worden. Der Mühlviertier, wie er leibt und lebt, steht vor mir. Ich höre ihn sprechen, sehe ihn mit gemächlichen Be wegungen über seine ,,steinreichen" Fel der gehen, Ich erblicke Ihn vor seinem Haus und in seiner Stube. Mich hat es Immer wieder verleitet, an gesichts eines Mühlviertler Dreikanters rasch ein Bild zu knipsen. Nun habe Ich schon eine ganze Schachtel davon und fürchte, daß sich eine zweite langsam zu füllen beginnt, denn die wie Apfel schimmel gefleckten Außenwände der Bauernhäuser hinterlassen jedesmal einen nachhaltigen Eindruck. Das so eigentümliche Gemisch von Granitsteinen mit kalkweißen Faschen — Steinbloß wird diese herkömmliche Bauweise genannt— drückt unserer Landschaft nördlich der Donau nun einmal einen markanten Stempel auf. Freilich, auch der Mühlviertler geht mit der Zeit und deckt die Gebäude seiner Anwesen nicht mehr mit Stroh, was unsereins vielleicht manchmal lieber sähe. Sicherer allerdings sind die neuen Materialien. Doch auch hier wieder: der Wandel zerstört keineswegs das ge wohnte Bild, denn auch das neue oder erneuerte Haus fügt sich meist der über lieferten Bausitte. Da sind immer noch die granitenen Türund Torwände, geziert mit dem Motiv des Lebensbaumes: eine Blüte, ein Zweig, ein Blumentopf. Nach wie vor bedienen sich die Steinmetze dieser segenbringen den Symbole und meißeln weiterhin die Initialen der Bauerseheleute samt Jahres zahl dazu. Auch viele Hoftore und Haus türen, die jetzt entstehen, haben Ihr Vor bild in den alten Sinnbildern gefunden, wo eine strahlende Sonne über Acker furchen aufgeht. Die sogar bei einschichtigen Höfen und Weilern noch anzutreffenden Glücks- und Heilszelchen sind Schrift und Sprache auf ihre besondere Weise. So betrachtet, ist es gestattet, eine Verbindung zu der bereits erwähnten Erzählfreude herzu stellen, die dem Menschenschlag im Nordwald eigen ist. An vielen Merkmalen, die scheinbar eigenständig und nur für sich da sind, entdecke Ich immer wieder zwingende Zusammenhänge. Es drängt mich dazu, im Wesen des Mühlviertlers eine beson ders ausgeprägte Eigenschaft zu finden; seinen ,,Stubensinn", wie ich seine Art gerne nennen möchte. Dieser vermutete Sinn würde mir nämlich seine Vorliebe für manches erklären: für das Erzählen von Erlebnissen, Sagen und manch ande ren Geschichten, für die Lust am Zusam mensitzen und „Roasen" mancher Art, womit ich dem wichtigen Kapitel ,,Gesel ligkeit" ein wenig vorgreife. Doch eben diese Eigentümlichkeit ist doch wohl nur

aus der „Tendenz" zur Stube zu verste hen. Der Wunsch nach Wärme und Behag lichkeit in rauher Gegend, das Zusam mensein mit Familie und Verwandtschaft oder Nachbarschaft haben sogar das Bild der Mühlviertler Bauernstube mit gestaltet. Nicht bloß in Notzeiten, auch sonst wollte man seine Leute und seine ,,Sach" um sich und in Reichweite haben, gleichsam, um jederzeit bereit zu sein, um alles griffbereit zu haben. In den älteren Stuben ist nun auch tat sächlich alles da; selbst Im Deckentram noch finden sich Fugen, in die hinein Stäbe, Devotionalien, Briefe oder Papiere gesteckt werden. Nägel und Flaken im Deckengebälk nehmen Ofengeschirr, Tabakspfeifen, Kleider auf, doch auch andere Winkel und Platzerl werden bestens genützt und man hat nicht ganz zu Unrecht von der „ang'ramten Stubm" bei den Mühlviertlern gesprochen. Genau besehen ist das alles nicht einem angeb lich mangelnden Ordnungssinn zuzu schreiben, der ihm, dem Mühlviertler, gelegentlich vorgeworfen wurde. Stubensinn muß es wohl auch gewesen sein, der das Brauchtum dementspre chend beeinflußt hat. Da fällt auf, daß der Mühlviertler gegenüber der Öffent lichkeit immer ein bisserl scheu und zurückhaltend gewesen ist. Niemals ging er mit seinen Festen und Feiern — von wenigen Ausnahmen abgesehen — gerne auf die Straße. Er produziert sich auch heute noch nicht in dem Maße als „Folklorist" auf Bühnen und Podien vor einem zahlenden Publikum, wie das an derswo der Fall ist. Nichts gegen Trach tenvereine, aber der Mühlviertler kann dieser Form von Geselligkeit anschei nend wenig Geschmack abgewinnen. Man findet in diesem Landesviertel kaum derartige Vereinigungen. Vielleicht sind sie ihm noch zu neu und Neuem begegnet er nach wie vor mit Vorsicht. Wahr scheinlich werden von ihm die in bunten historischen Uniformen da und dort in Erscheinung tretenden Bürgergarden doch weniger als Selbstzweck empfun den, sondern eher als eine heimat geschichtliche Verpflichtung, die es zu übernehmen und zu überliefern gilt. Man muß diese Garden einmal im Ge samtbild der Fronleichnamsfeste in Has lach, Hofkirchen usw. gesehen, man muß auch das Reglement kennengelernt ha ben, dem sich die Bürger mit Begeiste rung und Ernst unterordnen. Dann erst beginnt man zu spüren, daß in diesen Gemeinschaften mehr steckt, als den sonst üblichen Vereinen im allgemeinen zukommt. Die Mühlviertler hatten auch einmal an dere traditionelle Gemeinschaften, die mit den Zechen des Inn- und Hausruck viertels vergleichbar waren. Im Nord westen des Viertels waren es die ,,Buam", im Südosten die ,,Rudl"(Rüden) und im mittleren Teil nannte man der artige bestimmten Altersgruppen und Schichten vorbehaltene Bünde einfach ,,die Bursch", für die im 17. und 18. Jahr hundert auch die Bezeichnung ,,Marktbursch" üblich war. In dieser Form sind sie jedoch nirgends mehr anzutreffen, doch viele Aufgaben, die ihnen einst zustanden, werden heute von Klubs, Vereinen oder Runden wahr genommen. Sie vollziehen das Jahres und Lebensbrauchtum mit dem gleichen Schwung, wie es früher einmal von Schwarzenberg bis Sandl der Fall ge wesen ist. Brauchtümliche Aufgaben ha ben mancherorts die Feuerwehren über nommen. Im Gebiet zwischen Peilstein und Julbach etwa sind sie es, die das eigenartige Rauhnachtssingen ausüben. Das Auffangen brauchtümlicher Anliegen in derartigen Gemeinschaften, wie sie in den vielen Feltlklubs, Rauch- oder Pfei fenklubs, In einem Sauschädlklub (Rohr bach), in Musik-, Gesang- oder Spar vereinen erkannt werden müssen, zeigt eine der vordem erwähnten Entwick lungsrichtungen auf, die durch den ,,Stubensinn" beeinflußt worden sind: ge meint ist der überall deutlich geprägte örtliche Zusammenhang und Zusammen halt. Selbst die inzwischen mit modernem Glanz versehenen Wirtsstuben lassen im mer noch das alte Vorbild der Bauern stube erkennen, die einst wie heute nichts anderes ist als die gemeinsame Stube der Ortsfamilie. Sie bildet auf ihre Art gleichsam die Zusammenfassung aller Haushalte im Dorf. Ob man zu Weiber-, Jager- oder Rockaroasen zusammenkommt, ob man — wie in Sandl oder Naarn — zu Dreikönig „den Stern ausspielt" oder — wie in Kefermarkt und in manchen anderen Dör fern und Märkten — zu bestimmten Ter minen zum Preisschnapsen antritt; man trifft jeweils die „Familie" an. Aus dieser auffallend starken Bezogenheit auf Familie, Haus und Hof — In der Folge auf Dorf- und Pfarrfamilie — hat sich die gesellige Umwelt des Mühlviertlers entwickelt. Sie wird einem so recht bewußt und deutlich im Verlauf des schon erwähnten Rauhnachtssingens, wenn da zur letzten Rauhnacht die beiden Haupt gestalten Fesakern und Korizon samt ge ordnetem und ungeordnetem Gefolge in die von Nachbarsleuten ohnehin schon prallvoll besetzten Bauernstuben einzie hen und mit „Glück herein — Unglück hinaus" den Neujahrssegen für Haus, Hof und Felder herbeiwünschen. Dieser Bürger- oder Gemeinschaftssinn wird spürbar in dem eigenartigen Ehaft-Tag der Sarleinsbacher, wenn an einem „Mitt woch im Feber" die einstige Markt kommune im Gänsemarsch zur Kirche zieht. Obgleich heute jeder Verantwor tung über Marktbürgereigentum entho ben, tritt die Kommune nach dem Gottes dienst zur Jahresversammlung zusam men und gleich einem Symbolmahl wer den Ehaftbrezel und Ehaftwürstel ver zehrt. Man muß in den Kartagen auf einem Mühlviertler Hof dabeigewesen sein, wenn die Goden ihren Taufkindern die herkömmlichen Ostergaben, die Godensach, überbringen: mächtige Godenkipfel, ebensolche Wecken, Zelten und das ,,reode Oar". In solchen Situationen wird die Kraft spürbar, die in den Ver wandtschaftsverbindungen ständig wirkt. Übrigens revanchieren sich die Godenkinder bei ihren Paten mit einem Gegen besuch am Ostermontag oder andernorts erst zu Allerheiligen. Wieder ist es ein Termin, der an die Verbundenheit der Familie sogar mit den verstorbenen Mit gliedern unmißverständlich erinnert. Nach alldem braucht wohl erst gar nicht darauf aufmerksam gemacht zu werden, daß das Hochzeitsbrauchtum der Mühlviertler eine überreiche Ausgestal tung erfahren hat. Freilich, das Braut güter- und Brauttruhenfahren ist seltener geworden, aber die Errichtung prächtiger Ehrenpforten, das Böllerschießen, Weg versperren (Verkagern), der Umzug der Musikkapellen als ,,Wecken" nach dem Polterabend (Katsdorf) und das anstren gende Amt der Brautweiser und ihrer Gegensänger, die mit G'stanzeln alle Phasen des Hochzeitsverlaufes markie ren, stellen ein so überaus reiches und lebendiges Brauchtum dar, wie es „ech ter" nicht sein könnte. Nicht zu vergessen die wackeren Heozatblaser, von denen erwartet wird, daß sie Kirchgang-, Tafelund Tanzmusik nahezu pausenlos be streiten. Gerade die Beispiele am Hochzeits brauchtum erweisen sich so typisch als etwas, das sich wohl vor aller Öffent lichkeit vollzieht, im Grunde aber für den erweiterten Familienkreis gedacht ist. Ne ben einigen anderen Beispielen, wie etwa dem allerdings immer seltener werden den Brauch mit dem „Hapsteckn" (eine felderwirtschaftliche Organisationsmaß nahme einer Flurgemeinschaft), ist auch

das Todausrufen vom Rohrbacher Pfarr kirchenturm zu nennen, das gleichfalls auf die Familie (Orts- oder Pfarrfamilie) abzielt. Das gilt ebenso für die ,,geheimnisvoll dunklen" Vorgänge - in den Pfingstnächten. Was da der Ordnung im Dorfbild zuwiderläuft, wird auf mannigfache Art für jedermann sichtbar gemacht. Unauf geräumtes, Vergessenes, Schlampiges, Ungepflegtes wird heimlich in die Orts mitte befördert oder vor der Pfarrkirche ,,ausgestellt". Doch um es nocheinmal als ein Merkmal herauszuheben: der Grundton aller Bräuche unserer Mühlviertler kommt aus ihrer verhältnismäßig stillen und behag lichen Welt, aus der Stube. Was hier an setzt, wird immer in den nächstweiteren Raum hinein entfaltet: nämlich in Dorf-, Orts- und Pfarrgemeinde. So haben unter anderem auch die Kirtage und Jahrmärkte — von wenigen Aus nahmen abgesehen — im großen und ganzen den Intimcharakter ruhiger Dörfer und Märkte beibehalten. Kennzeichnend dafür auch die Taubenmärkte, wie sie etwa in Haslach, neuerdings wieder in Peilstein und ein paar anderen Gemein den anzutreffen sind. Es ist überlieferter Brauch, in der Zeit von Weihnachten bis Palmsonntag, jeweils nach dem Sonn tagsgottesdienst, die liebevoll herange züchteten gefiederten Exemplare öffent lich herzuzeigen, zum Kauf oder Tausch anzubieten. Das alles vollzieht sich in einer verhaltenen Spannung und Begei sterung. Damit gerate ich auf eine Beob achtung, die mir wichtig für die Charakte risierung des Temperamentes jener Leute zu sein scheint: sie neigen im all gemeinen nicht zu Ausbrüchen und Exzessen. Sie verlieren niemals die Mitte. Ist es nun Zufall, wenn kein anderer als Adalbert Stifter, ein Landsmann also, zu Gattersäuie oder Lochstein, diente früher zur Weg- und Feldersperre und war bevorzugter Platz fürs ,,Windfüttern" im Abwehrbrauch der Rauhnächte. Foto: M. Eiersebner Links: ,,Haussegenbild" mit dem hl. Wolfgang, Hinterglasbild aus Sandl, jetzt im Oö. Landesmuseum, 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Foto: P. Pfarl Rechts: Einsamer Bildstock im Mühlviertel. Foto: H. G. Prillinger

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Standbild des hl. Ivo, im Voiksmund heiliger Schickanus genannt. Unterhaib der Wailfahrtskirche Maria-Trost in Berg bei Rohrbach. Foto: M. Eiersebner I T % ' f m Wi * der Ansicht gelangte, daß ,,sterbende Völker zuerst das Maß verlleren!" Das sicherlich oft unbewußte Halten der Mitte hat das Mühlviertel wahrscheinlich auch vor dem Verlust der Sitte bewahrt. Man fühlt sich ihr auch heute noch ver bunden und verpflichtet. Nur Unkundige und ,,maßlos" Progressive mögen darin Nachteiliges erblicken. Ich bin anderer Meinung, denn solches ,,Mittel-Maß" garantiert ja doch Immer noch Sicherheit und Verlaß Im Hinblick auf den Bestand des Heimatlandes, und zwar in allen seinen Wirkungsfeldern vom Wirtschaft lichen bis zum Kultischen. Allem voran hat Volkskunde den Blick auf den Menschen zu richten. Auch die in den Heimatsammlungen immer und über all anzutreffenden Krüge, Spinnräder, Trachten und Möbel erhalten lediglich aus dieser Sicht ihre Bedeutung und Be rechtigung. Sie sind Indizien, man schließt aus ihnen auf den Menschen, der seine Vorstellungen In Gegenständen eben mit Farben und Linien statt in Wor ten und Handlungen ausgesprochen hat. Insofern gewinnen Ortsmuseen den nöti gen Stellenwert für die Gegenwart: Anlaß zu sein, um auf den Menschen schließen zu können. So fällt mir immer wieder auf, daß gerade in den Mühlviertler Heimat häusern keine Raufwerkzeuge zu finden sind, wohl aber eine Fülle von Gerät schaften aus haus- und hofgebundenen Beschäftigungen, obenan Flachsberei tung, Weberei, Binder, Besenmacher, Schwingenzeiner. Aus ihnen und aus vie len anderen Beispielen spricht der stille, schlichte Mensch, der der Mühlviertler nun tatsächlich geblieben ist. Von diesem Punkt aus drängt es einen, auch den Blick auf die gegenständliche Umwelt dieses Menschenschlages zu tun. Eine Umwelt, die überall die Zeichen einer schlichten, naiven Kunst verrät und un verkennbar auch eine jedermann selbst verständliche, jeder Sensation abholde Frömmigkeit sichtbar macht. Sie kommt aus dem Volksglauben ebenso wie aus dem Kirchenglauben. Wer in die Netzrippengewölbe der vielen gotischen Kirchen hinaufschaut, entdeckt dort Im mer wieder die sogenannten Heiligen geist-Luken, die auf vergangene Volks frömmigkeit und damit verbundene Schau- und Lehrspiele im Kirchen raum schließen lassen. Die Lust des Mühlviertlers an solchen sinnenfreu digen Vorgängen wird einem heute noch begreiflich, wenn man an einem Palm sonntagmorgen das obere Mühlviertel besucht und die dichten Reihen stock werkhoher Palmbäume vor die Kirchen

Kultfigur „Heiliger Bischof Wolfgang", einst ,,Haus- oder Kapellenhelliger", nun im Oö. Landesmuseum (Kat,-Nr. 184 der Aussteiiung ,,Der heiiige Wolfgang In Geschichte, Kunst und Kult"). Foto: P. Pfarl W \i 'S? ISIM sa. .K. Rechts: Wetter- oder Passionskreuz In Damreith, Gemeinde Lichtenau. Volkstümliche Schnitzarbeit. Foto: M. Eiersebner

ziehen sieht. Das sind Volkskunstwerke, wenn auch vergängliche, die unter ge schickten Händen entstehen. Die Pracht solcher Gebilde nimmt gegen Osten merklich ab, doch noch die mit schmalen bunten Bändern versehenen Buschen im mittleren Mühlviertel (Neußerling) ver raten das „Gespür" für gefällige Formen. Ebenso wie die später aufragenden Mai bäume sind auch sie nicht Selbstzweck, sondern wie aller Brauch und alle Kunst in Fest, Feier oder Alltag zwingend ein gebunden. Palmbäume werden nach ihrer Segnung zerteilt, die Büschel auf die Felder gesteckt oder in Hof und Stall angebracht und das Eßbare daran (Äpfel) an Mensch und Vieh gleich einer heiligen Wundermedizin verteilt. Ähnlich geschieht es ja auch mit Wecken und Zölten, Oster eiern und Godenkipfeln, die eben nicht alitägliche Nahrung sind, sondern Beson deres, Glück- und Segenbringendes sein sollen. So ist es mit dem Maibaum und der Fronleichnamsbirke, die im mühlviertler Volksleben beinahe unangefoch tene Positionen behalten haben. Ich habe mir eingangs die Eindrücke eines Wanderers durchs Mühlviertel zur Methode meiner Betrachtung gemacht. Hier kann und muß ich wieder darauf zurückkommen, denn wem fiele wohl auf seinen Wegen nicht die Eigentümlichkeit der Sakrallandschaft auf. Beinahe eigen sinnig verharren an manchen Dorfstraßen und Waldwegen noch die Reste eines vergangenen Volksglaubens. Ich meine die wuchtigen Gattersäulen: kaum behauene Granitblöcke mit einem Loch im oberen spitzen Teil. Wenn auch immer noch nicht gänzlich geklärt ist, welchem Zweck sie einmal gedient haben mögen, so weiß man immerhin, daß sie der be vorzugte Ort gewesen sind, wo in den Rauhnächten den Elementen ein Opfer gebracht worden ist. Mehl, Brot oder Salz sind dort den Wind- und Wetter geistern gleich einem Unterpfand als Äbwehr und Versicherung dargebracht wor den. Solche Steine sind häufig anzu treffen. Mit dem Glauben sind gerade im Mühl viertel eine ganze Menge seltsam ge formter Felsen und Steine in Verbindung zu bringen. Wackelsteine, Kultsteine, Felsspalten, Schalensteine und eine Reihe anderer Merkwürdigkeiten haben den mit den Tücken der Natur kämpfen den Menschen oft dazu gedrängt, aus Geheimnisvollem einen Nutzen abzu leiten. Änders steht es um die in Haus, Dorf, Feld und Wald allüberall anzutreffenden Zeichen, die der Christenmensch setzt. Das Mühlviertel ist eine wahre Fund grube, denn der Formenschatz der Kreuz säulen und Bildstöcke ist kaum zu über schauen; ganz abgesehen von den unter schiedlichen Motiven, warum derartige Zeugnisse frommen Denkens einst ge setzt wurden,ja heute noch errichtet wer den. Dazu kommen Haus-, Weg- und Waldkapellen, die meist als Ziele für Maiandachten und Wallfahrten dienen oder im Zuge des Kornfeldbetens auf gesucht werden. Bittgänge und Schauer messen stehen nicht selten mit diesen volkstümlichen Gebetstätten in innigem Zusammenhang. Nicht gänzlich verschwunden aus dem Bild der Landschaft sind die alten Wet terkreuze. Sie stammen meist aus der Hand der Zimmerleute, die zur Winterszeit beim Bauern auf der Stör arbeiteten. Än den langen Äbenden machten auch sie sich zu schaffen und schnitzten dann ne ben Kruzifix und Corpus alle übrigen Marterwerkzeuge hinzu. Spieße und Stangen, Hammer, Zange, Leitern, kurzum die Waffen, mit denen Christus die Welt erlöste. Ein Ziffernblatt ohne Zeiger ist auch dabei und erinnert an die Endlosigkeit der Zeit, ans Ewige also. Äuch ein Hahn sitzt meist an der Spitze des Kreuzesstammes und mahnt, daß selbst Gott in dieser Welt nicht gefeit ist vor Verrat und Kleinmut. Diese Passions oder Leiden-Christi-Kreuze waren zu folge der Änhäufung so vieler Werk zeuge, die zum Siege über den Tod ge führt haben, als geeignete, besonders kräftige Mittel gegen Unwetter und alle übrigen Gefahren gedacht, die sich ge gen das Haus und seine Bewohner rich ten konnten. Älso auch hier wird wieder die in Haus und Stube hinreichend be friedigte Schutzbedürftigkeit deutlich. In anderen Landschaften Oberöster reichs, lim Innviertel oder an der Donau, stehen solche Wetterkreuze an den We gen, im Mühlviertel bringt man sie an den Giebelseiten der Wohnhäuser an Eine Besonderheit in dieser Landschaft sind schließlich auch die hinter Glas ver sperrten Statuetten und Heiligenbilder In den Äußenmauern der Bauernhäuser. Da ist zu beobachten, daß selbst bei Neu bauten entsprechende Nischen noch im mer berücksichtigt werden. Längere Zeit stehen sie oftmals leer, am Ende aber werden sie doch mit einem Bild oder Heilszeichen besetzt. Das Bedürfnis nach Heiligenbildern, die im Typ des Sandler Hinterglasbildes ihre besondere Äusdrucksform gefunden ha ben, war und ist reichhaltig, denn die Herrgottswinkel der Stuben, die InnenDer Obermühlviertier Spielmann Franz Krieg in Hinteranger (Schwarzenberg). Foto: M. Eiersebner räume von Weg- und Wallfahrtskapellen, nicht zuletzt die Nischen vieler Bildstöcke verlangen immer noch danach. Es kann nicht verschwiegen werden, daß Stil und Geschmack stark gelitten haben. Ein ,,Bildersturm", maßvoll und mit Ver stand unternommen, könnte recht heil sam sein, wie es den Bildstöcken an sich von großem Nutzen gewesen ist, daß man sich ihrer angenommen hat, sie wieder ,,standhaft" machte und ihre Far ben auffrischte. Die ganze Landschaft ringsum hat dadurch gewonnen. Nun, beim Niederschreiben von Eindrükken und Gedanken über das Mühlviertel ergeht es mir genauso wie auf meinen Wanderwegen: ich glaube alles gesehen zu haben, entdecke aber unentwegt Neues und muß auf diese Weise ,,unvoll ständig" bleiben. Lebendiges Wallfahrts brauchtum, prächtige Prozessionen, son derbare Ält- und Neuformen im Toten brauch, Umritte und Umzüge, Wolfablas sen, Heilkunstwissen und manch „gän gige Praktik wider manche Gefahr" kön nen am Ende nur aufgezählt werden. Sie helfen auf diese Weise noch mit, das Bild einer kräftigen Volkskultur zu bezeugen. Brauch und Sitte sind im Mühlviertel da heim, sie gehören zum Werk- und Fest tag und bestimmen den Lebensgang. Nirgends jedoch habe ich wahrnehmen müssen, daß sie den Fortschritt behin dert hätten. Im Gegenteil, Ältes läßt sich mit Neuem gut verbinden. Die Mühlviertler beweisen es mir.

Hl. Wolfgang aus der Pfarrkirche St. Thomas am Blasensteln, Werkstatt Thomas Schwanthaler, Mitte 18. Jahrhundert. Foto: P. Pfarl ■' '."-T .jT' k 1,1«

Das Mühlviertel in Wort und Bild Kristian Sotriffer Das Mühlviertel Traum einer Landschaft Oberösterreichischer Landesveriag Linz A-4010 Linz, Postfach 50 Kristian Sotriffer Das Mühlviertel Traum einer Landschaft 2., erw. Auflage, 54 Seiten Text, 8 Färb- und 112 Schwarzweißbilder, Format 22 x 24 cm. Ganzleinen,farbiger Schutzumschlag, ö. S 248.—. Jeder Aspekt des Mühlviertels findet in diesem Buch seine Würdigung,so daß Schönheit und Eigenart dieses Land striches in all seiner Vielfalt — mit seiner freundlichen Ruhe ebenso wie mit seiner herben Kargheit — in Wort und Bild vor dem Leser erstehen und zur Einladung werden, dieses Land zwischen Donau und Böhmerwald zu entdecken. Neuauflage (Erscheinungstermin: Oktober 1976) Hertha und Friedrich Schober Wanderungen im Mühlviertel 3., erw. Auflage, 248 Seiten Text, 54 Schwarzweißbilder, Halbleinen, farbiges Titelbild, ö. S 125.—. Die bedeutendsten Wanderwege im Mühlviertel werden in diesem Buch vorgestellt. Einheimische und Gäste finden hier eine Fülle von Anregungen und Hinweisen,das Mühlviertel mit seinen Schönheiten kennenzulernen. Erhältlich in jeder Buchhandlung Königswiesen 600 m Seehöhe Bekannt durch sein gepflegtes Orts bild und seinem überreichen Blumenschmuck — liegt im oberen Naarntal des östlichen Mühlviertels. Die hügelige Landschaft mit den vielen Wäldern wird dem Wanderer durch schön angelegte Wege erschlossen. Gerne kehrt der Gast in die gut geführten und preiswerten Gaststätten ein. Das Wahrzeichen des Ortes ist die Pfarrkirche, ein spätgotischer Bau mit prächtigem Netzschlingengewölbe Auskunft: FVV-Königswiesen, 4280 Königswiesen,Tel.07955/ 255 Foto: Elersebner r

Hermann Heinz Ortner — Eine Dichterpersöniichkeit aus dem Mühiviertei 1895-1956 Alois Großschopf Die moderne Literaturwissenschaft ak zeptiert wohl den Lebensgang eines Dichters als Hilfe und Aufklärung für das Wortkunstwerk, im großen und ganzen aber wird das Werk mit Recht als das entscheidende Kriterium angesehen und behandelt. Es gab eine Zeit, wohl als Gegenreaktion auf die Milieutheorie des Naturalismus, In der gewisse Germa nisten vom Leben eines Dichters nichts wissen wollten und nur das Werk, Im Sinne einer art pour 1' art, gelten ließen. Ich erinnere mich noch genau einer Se minarübung, in der ein Kommilitone sein Referat wie folgt begann; „Wenn wir das Werk unseres Dichters verstehen wollen, müssen wir uns zunächst mit seinem Le ben auseinandersetzen." Daraufhin be kam der Seminarleiter einen Tobsuchts anfall, unterbrach den Referenten und verwies ihn mit einem „Nicht genügend" auf seinen Platz. Ich habe in der Folge diesen Mann nicht mehr gesehen, wahr scheinlich hat er die Universität gewech selt. So unduldsam war man damals In der Literaturtheorie. Wenn wir nun das Leben und Werk Hermann Heinz Ortners betrachten, werden wir bald gewahr, daß das eine vom anderen nicht zu trennen ist. Es wäre auch widersinnig, hier theo retische Trennungen zu vollziehen, ist doch das Werk eines Dichters aus sei nem Körper geflossen und sein Hirn ge hört eben zum ganzen Menschen, der sich keine Sekunde von seiner Gesamtfunk tion herauslösen kann. Der Kurort Bad Kreuzen im Mühlviertel ist der Geburtsort Hermann Heinz Ort ners, wo er am 14. November 1895 zur Welt kam. Eine gewisse Wohlhabenheit mag schon den ersten Lebensjahren eine Geborgenheit gegeben haben, denn sein Vater war Kaufmann und die aus Mün chen stammende Mutter fügte sich als tüchtige Frau in den Stand der Familie. Während der Volksschuljahre in Bad Kreuzen (1901 bis 1906) hatten die Eltern noch die schützenden Hände über dem überlebhaften Sohn, aber nach der Volks schule begann für sie eine schwere Zeit. Nachdem Hermann Heinz Ortner bei der Aufnahmeprüfung als Sängerknabe des Stiftes Kremsmünster durchgefallen war, trat er in das bischöfliche Gymnasium in Linz ein (1907). Dort litt es ihn nur ein Semester lang. Die nächste Station war die Volks- und Hauptschule in der Spittelwiese in Linz. Auch diese Schule mußte er nach der zweiten Klasse verlassen. Es wird lediglich vermeldet, daß es ,,Bu benstreiche" gewesen seien, die ihm eine Aufnahmesperre für jede andere Schule in Linz einbrachten. Die schützenden Hände der Eltern in Bad Kreuzen, wo er wiederum die Volksschule besuchte, schienen nicht mehr ausgereicht zu ha ben, den unbändigen Buben zu zähmen. So blieb denn nichts anderes mehr übrig, als die Einweisung in die Besserungs anstalt Volders in Tirol. Zwei Monate hielt H. H. Ortner durch, dann floh er aus der Anstalt. Im Jahre 1909 brachten ihn die Eltern in den Marienkonvikt nach Freistadt und dort vollzog sich unter dem Eindruck des Marienkultes eine tiefgreifende Wand lung. Hermann Heinz wurde Vorzugs schüler und brachte nach Jahren zum ersten Male wieder Freude in die Familie. Es kamen jedoch wieder Zwiespalte. Der Vater war für die Militärlaufbahn, während Hermann Heinz Maler werden wollte. Am Ende setzte aber die praktisch denkende Mutter ihren Willen durch:Ortner kam wie der nach Linz und besuchte einen auf sechs Monate anberaumten Handelskurs. Er wurde ein eifriger Besucher des Lin zer Landestheaters und kam immer mehr in den Bann der großen dramatischen Dichtkunst. Er nahm bei dem Regisseur Anton Freytag Schauspielunterricht, trat dem Linzer Männergesangsverein bei und kam somit auch in den Opernchor. Nachdem er am Linzer Landestheater als Choreleve gewirkt hatte, sehen wir Ort ner 1914/15 bereits als zweiten jugend lichen Helden und Liebhaber am Stadt theater zu — Iglau. Die Klein- und Kleinsttheater befanden sich immer In der Nähe des Pleitegeiers, aber das rührige Völkchen begeisterter Schauspieler holte sich dort die ersten Sporen für die große Welt des Theaters. Wer in Iglau, Steyr, Braunau am Inn, Marlenbad in Böhmen, Teschen, Pilsen (an all diese Stationen hatte es Ortner verschlagen) engagiert war, lernte alles, was im Theater gebraucht wurde. Geleitet wurde eine solche Bühne in der Regel von einem genialen Schmieristen, der trotz aller Nöte seinem Beruf mit Leib und Seele verfallen war. Hier lernte Her mann Heinz Ortner das Theater innen und außen kennen. Im Sommer 1919 finden wir ihn bereits eine Stufe höher, In der Tuchmacherstadt Reichenberg in Nordböhmen. Er kehrte nach Iglau zurück, erkrankte und fand Zuflucht In Bad Kreuzen. Es begann ein Hungerdasein für den ambltionierten Künstler, da er kein Engagement finden konnte. In Reichenberg gab es ein Kaba rett ,,Die Eiche"; dort trug er eigene Ge dichte vor. Man hatte ihn in Reichenberg bereits ins Herz geschlossen: Die Grün dung der Reichenberger Festspiele be wirkte gleichzeitig die Übertragung des Direktorpostens an H. H. Ortner. Reichenberg war eine, wie der Name sagt, reiche Stadt. Man spielte dort kulti viertes Theater und mancher Wiener Schauspieler benützte diese Bühne als Sprungbrett, so auch unter vielen ande ren der berühmte Tenor Julius Patzak. Man kann Ortner bescheinigen, daß er kein fauler Mensch war,er versuchte alles, um sich über Wasser zu halten. Nach der Erfüllung seiner Aufgaben in Reichen berg versuchte er In Linz Festspiele zu veranstalten. Die Inflation machte seinen Plänen ein jähes Ende. Eine Krankheit warf ihn abermals nieder. Ischl war der Ort seiner Erholung. Im Herbst 1921 In skribierte Ortner als außerordentlicher Hörer In Wien. Immerhin hielt er es dort fünf Semester aus. Seinen Lebensunter halt bestritt er als Beamter der ,,Phönix"- Versicherung. 1922 heiratete er eine acht einhalb Jahre ältere Frau namens Scher mann. Wie konnte es auch anders sein; nach kurzer Zeit war er geschieden. Das als Versicherungsbeamter ersparte Geld Investierte Ortner in einen Betrieb für Seidenmalerei und Antiquitäten. Ort ner war kein Geschäftsmann, er mußte scheitern. Langsam kamen dichterische Erfolge und damit auch Honorare ins Haus. Er heiratete 1930 die Burgschauspielerin Eli sabeth Kallina und lebte von nun an als freier Schriftsteller in Baden bei Wien. Nach der Scheidung von E. Kallina heira tete er 1939 seine ehemalige Sekretärin Dr. Gertraud Stenner und Heß sich nach dem zweiten Weltkrieg mit seiner Fa milie in Salzburg nieder. Seine Bemühun gen um eine Musikolympiade schlugen fehl, weil die damalige Asphaltpresse Wiens Ortner wegen seiner Aufführungen während der Hitlerzeit nicht grün war. Mit Ausnahme der Erzählungen ,,Matthias Grünewald" (1935), schrieb Ortner nur Dramen, Schauspiele und Komödien mit einer beachtlichen Bühnenwirksamkeit. Ortner war durch alle Abgründe und Auf brüche des Theaters gegangen und wußte genau um den Bühneneffekt. Seine Gestaltung ist anschaulich; vielfach arbei tet er mit surrealistischen Mitteln. Er hat es verstanden, mittelalterliche und ba rocke Theaterformen mit neuem Leben zu erfüllen. Ortner war dem Effekt um des Effektes willen nie abgeneigt und wußte ihn genau dort anzubringen, wo er hinpaßte. Das hat ihm auch eine sehr starke Gemeinde eingebracht. In dem Erzählband ,,Meister Matthias Grünewald" geht es durch die Enttäu-

schung in der Liebe um die Erfüllung in der Kunst. Grünewald schafft den Isenheimer Altar und Leonardo da Vinci das Abendmahl. Die Anregungen zu den Dramen Ortners entspringen entweder Zeitereignissen oder direkten Aufträgen aus gewissen Anlässen. Und hier kommen wir auf das eingangs Gesagte zurück, daß bei Ortner Leben und Schaffen eine unabdingbar verwobene Einheit darstellen. Josef Nadler sagt, Ortner sei ,,von der Legende ausgegangen, die das tägliche Brot der Laienspieler war. Die Wirbel, die das Wunder erzeugt, wenn es die Welt der Vernunft betritt, wurden sein eigentlicher Vorwurf." Im Frühjahr 1916 schrieb Ortner in einem Militärspital das Drama ,,Vaterhaus". Es ist sein erster dramatischer Versuch, die Tragödie der eigenen Familie, im Mittel punkt steht das Zerwürfnis mit seinem Vater, zu gestalten. Hier dringt erst heraus, was an Unmut angesammelt war, da Ortner von Schule zu Schule wanderte und nirgendwo durchhielt. Der Einfluß Strindbergs, der übrigens in der Nähe von Ortners Heimatort einige Zeit lang wohnte, ist unverkennbar. Strindbergs ,,Scheiterhaufen" und ,,Gespensterso nate" standen seinem ,,Vaterhaus" Pate. Der Erfolg des Werkes war gering. Eine weitere Familientragödie ,,Mater Dolorosa" (1919) entstand in Ortners Eltern haus in Bad Kreuzen. Die Mutter dürfte das ausgleichende Moment in der Familie gewesen sein, denn ihr setzte er in der Hauptgestalt ein schönes Denkmal. Das Stück erzielte einen bedeutenden Büh nenerfolg. Es folgte nun eine ganze Reihe von Büh nenstücken, die den Namen Ortners hin austrugen in den deutschsprachigen Raum. Die Tragödie „Sumpf" (1921) ist ein Mutter-Drama,das auf einer Begeben heit während seines Reichenberger Auf enthaltes fußt. Der große Erfolg seiner beiden MutterDramen ließ in ihm den Entschluß reifen, eine Mutter-Trilogie zu schreiben. So hieß denn sein nächstes Drama „Ende", das er umarbeitete und dann „Steile Berge" nannte. Auch hier steht die Mutter im Mit telpunkt des Geschehens, eine Mutter, die aus Liebe zu ihrem Kinde zur Verbre cherin wird. Dieses düstere Familienbild steht ganz in der Tradition des Naturalis mus. Es gibt keine Handlung im üblichen Sinne, denn diese sich gegenseitig auf reibenden Menschen sind einer Handlung gar nicht fähig. Der verwaschene Natur pantheismus Anzengrubers geistert hier bereits herein. Nun drängte es Ortner, eine Art ZeitTrilogie zu schreiben: ,,Auferstehung", das die Kärntner Abstimmung vom 10. Oktober 1920 zum Thema hat, und ,,Kohle" und ,,Menschen". Es wurde aber nur die ,,Auferstehung' aufgeführt, die anderen beiden Stücke er blickten nie das Licht der Bretter, die die Welt bedeuten. Es ging Ortner wieder einmal schlecht. Der Not gehorchend verfaßte er drei Sing spiele. Das eine wurde dann als Operette ,,Musik im Mai", nach der Novelle ,,Die verdammt arme Seele des Dr. Klammer" von Rudolf Hans Bartsch ein großer, auch materieller Erfolg. Nach diesem Exkurs auf das Feld der leichten Muse begann er wieder mit der Arbeit als ernst zu neh mender Dichter. Ortner hatte in einer Zeitung gelesen, daß eine kostbare Lu therbibel nach Amerika verkauft werden sollte und er machte sich Gedanken, was wäre, wenn der Kefermarkter Altar eben falls käuflich ins Ausland käme. Er arbei tete von 1927 bis 1928 an diesem Drama und nannte es ,,Tobias Wunderlich". Die Beteiligung an einem Literaturwettbe werb zeitigte eine erfreuliche Wirkung. Es wurde ihm 1928 für dieses Drama der „Preis der Stadt Wien" verliehen. „To bias Wunderlich" gehört zu den besten und erfolgreichsten Werken Ortners. Da sich der Stoff auch für eine Oper ausge zeichnet eignet, wurde das Drama von Josef Haas vertont und am 24. November 1937 im Stadttheater Kassel zur Urauffüh rung gebracht. Hier kommen Ortner wiederum seine Er fahrungen, wie man einen Stoff bühnen wirksam gestaltet,zugute. Der arme Holzschuhmacher Tobias Wun derlich bewirkt es durch intensives Ge bet, daß die heilige Barbara vom Kefer- «(ö. - be«cr. ^4^ Tituiaire Hermann Vor- und Zuname: -- 0 r t n e r und Tag der Geburt:. 14-11 — I -Ereazen \ ^^^/sbürgersdiaft: Österreich (iedig, verh,, gesdi-, verw.): ■— Beruf: ..Solii'if Sal?.borg Kbrpergröfk: Farbe der Augen: Farbe der Haare: -- Besondere Kennzeidien: » ' -'.Atta 1 Kb-wg •|^'F "''d der AiKst5fung / üotmdirift des austcrtigenden Identitätsausweis für Hermann Heinz Ortner, ausgesteiit in Saizburg am 31. 12. 1952. Diese Ausweise wurden in Österreich während der Besatzungszeit ausgegeben. Rechts: Handschrift für den 5. Akt des Dramas ,,Träumereien des Andre Chenier". Beide Abbildungen mit Erlaubnis des OÖ. Landesmuseums aus dem umfangreichen Nachiaß von Hermann Heinz Ortner.

/t-i iZil^ t/^'Ac ;eAtl^'<^ ^ fjytS-Ai-9&/(cH£4, lAf-'eA'e-fT^ig!^. {.A-dc ^t/i^^ »^—r-,.»^-SA^i-,y i-^'-^—r-' PSit^At .' />Ae<rt^ />S^' ^Jj^' ^ / ^W' /.. . ^y'-> -iCul^/S^r^ / 1^'t/'F^«Z-<-c-^!fT»»^ / lÄ-Ä^Ä^^-a ,'' ___ , , ^^t-y ^■ :t4U'Adi^ f ^ A^ '*^y^ *■»-.-» «a-«5öfc»-»-t. ^nCe^ / i^iC^ U^ynf -«5^^ -' ^h(i\ ttHf-^ßs-i^ -4^ f'A,..n,.'%~^'*^ P ^^^'">*-^<Ä->-'»-»-'->--y-WHC--»--r*-^ f? ^ * T tf^^^Ms-^--»-»^-«. 4 —) 1»^-»-»^ -*-»-»-»-» ^.-«^-Ä-^-*-»-v tf^'C ^Ci^dAiP/ 4X^4^ /^^-»EiiJ&»-« .'^ 1»^-»-»^ /5fcA*' ^^eXX. .' tXpTß^ e>X*'C /€i-«y^/ 4X^4^ /^9-xXX.-*^ 4^ / 2^; P iA-*-*-t «-«. iif'j.y a . 4MxXf äää»-»-«-»-»-«- - _ ^ ^ ■„ ^ y; ' ^ w-w%^€ ^ <p-<4t9 ^v€ T^i:^ »^>>-<2-^^ ■afe/^-3«-i»-^p.^^

markter Altar mensctillctie Gestalt an nimmt, heruntersteigt und in Toblas' Hütte geht. Auf diese Weise bewahrt sie Tobias von der Versteigerung an die Doiiarmänner. immer, wenn Ortner mit einem Drama Erfolg hatte, wollte er gleich eine Trilogie schreiben. Von nun an hielt er sich nur mehr an große Ereignisse oder an in der Geschichte feststehende Namen. Mit seinem sicheren Instinkt für das Wirk same auf der Bühne konnte der Erfolg nicht ausbleiben. Die stigmatisierte Therese Neumann aus Konnersreuth lieferte den Stoff für den zweiten Teil der Trilogie ,,Sebastiansle gende" (1929). Das Thema selbst führte zum Erfolg, obwohl dramatische Schwä chen nicht zu verdecken sind. Der ge plante dritte Teil seiner Wunder-Dramen, ,,Katharinas Verkündigung", ist nicht er schienen. Die Tragödie ,,Schuster Hitt" (1931) geht auf eine Begebenheit in Ortners Heimat zurück. Ein Schustergeselle heiratete eine um dreißig Jahre ältere Frau. Die Folgen waren abzusehen. Nach dem Tode der Frau ging in Bad Kreuzen das Ge rücht, die Frau sei durch Gift umgekom men. Die Problematik, die sich der Dich ter selbst stellte, besteht darin, daß die Absicht zu töten, schon als Mord anzuse hen sei. Das ist Othmar Spann'sche Phi losophie, die damals in Österreich star ken Anklang fand. Die Wiener Asphaltkritiker, die Ortner nach 1945 arg zusetzten, bedachten nicht, daß der Dichter für seine Tragödie „Schu ster Anton Hitt" sowie für seinen ,.Tobias Wunderlich" während des Dritten Rei ches Aufführungsverbot erhielt. Nun folgen zwei zeitkritische Dramen ,,Wer will unter die Soldaten" (1930) und ,,Amerika sucht Helden" (1930). Ersteres bedient sich im Technischen der Strindbergschen Form., inhaltlich ist es ein Stück für den Pazifismus, während letz teres die Rekordsucht aufs Korn nimmt. Was nun noch folgt, sind Themen aus der Geschichte und Kunst, bekannte Na men, die er mit seiner sicheren Dramatikerpranke bombensicher auf die Bühne stellt. ,,Stefan Fadinger" hatte es ihm angetan, später arbeitete er das Drama um und nannte es ,,Der Bauernhaupt mann". Der damalige Burgtheaterdirektor Her mann Röbbeling suchte für Werner Kraus eine Rolle, die eigens für diesen Schau spieler zurechtgeschneidert sein sollte. Ortner schrieb eine Szenenfolge ,,Beet hoven". Da sich Werner Kraus, der große Schauspieler, in dieser Rolle begreifli cherweise nicht wohl fühlen konnte, fand sich Ewald Baiser, der das Stück mit seiner Kunst bei der Uraufführung am Burgtheater (1935) aufwertete. Schon im Jahre 1935 faßte Ortner den Plan zur ,,Himmlischen Hochzeit", ein Drama, das seine Ehe mit der Burg schauspielerin Elisabeth Kallina umfaßt, aber die Hauptgestalten agieren weit in der Vergangenheit. Ortner war immer ein Causeur, ein schöner, großer Mann, ein Liebling der Frauen. Daraus ergaben sich naturgemäß Konflikte in seinen Ehen. Und es war immer ein Stück Berech nung dabei, wenn er, wie ein Falter, von Blume zu Blume flog. Die Verwendung von Traumszenen er öffnen dem Dichter ungeahnte drama turgische Möglichkeiten. Wieder war es der Burgtheaterdirektor Hermann Röbbe ling, der Ortner zu einer neuen Arbeit anregte, diesmal zu einem ,,Columbus"- Drama. Ortner erfaßte sofort, daß das geringe Material nicht ausreichen konnte, ein kompaktes Theaterstück auf die Bühne zu stellen, so stellte er Königin Isabella in den Mittelpunkt der Handlung und nannte das Drama ,,Isa bella von Spanien" (1938). Ortner selbst nennt es ein Schauspiel. 1939 bis 1940 entstand das Traumspiel „Paradiesgärtlein", auf einer wahren Be gebenheit fußend. Es bleibt nur noch über das Drama ,,Veit Stoss" (1941) zu berichten. Es ist eine Auftragsarbeit des Nürnberger Bürger meisters Willy Liebel, der dieses Werk anläßlich einer Veit-Stoss-Feier bei dem Dichter bestellte. Was Ortner in seiner Zeit so beliebt ge macht hat, war sein Sinn das Zeitge schehen, das in der Erinnerung des Vol kes noch haftete, geschickt auf die Bühne zu bringen, zum anderen, Große der Ge schichte und der Kunst, die ein jeder kannte, bühnenwirksam zurechtzurücken, daß sie jeder verstehen konnte. Ortner mangelte es nicht an einer echten Liebe zur Heimat, in die er immer wieder zu rückkehrte, wenn er mühselig und bela den war. Es ist auch bedeutsam, daß in Hermann Heinz Ortner aus der epischen Land schaft des Mühlviertels ein Vollblutdra matiker erwuchs, der allerdings seine Stoffe, bis auf einige Ausnahmen, weit herholte. Am 22. August 1956 ist Ortner, der schon mehrere Herzinfarkte hinter sich hatte, wohl an den Aufregungen, die ihm sein geplantes Großunternehmen, in Salzburg eine Musik-Olympiade zu starten, ein brachte, gestorben. Literatur: Helga Spirk: Thematik in den Dramen Her mann Heinz Ortners. Diss. Graz 1954. Hermann Heinz Ortner: In: Deutsch-Österrei chische Literaturgeschichte von Nagl, Zeidler, Oastie, 4. Band, Wien 1937. Hermann Heinz Ortner: In: Deutsches Dichter lexikon von Gero von Wilpert, Stuttgart 1963.

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