den Mehrzahl keine Ausbildung und Qualifikation dazu, und die kommandiert wurden, mochten oft recht wenig Lust ge zeigt haben, den Befehlen — vorausge setzt, daß sie überhaupt richtig gegeben und verstanden werden konnten — zu folgen. Das Ergebnis zeigte die Praxis: Bis zu ihrem letzten Kampf um Wolfsegg waren die Bauern nicht in der Lage, sich einigermaßen taktisch und nach den da mals gültigen Regeln der Kriegskunst zu verhalten. Immer wieder stürmten sie mehr oder minder blindwütig drauflos - einzig im Treffen bei Kornrödt, am 20. September, bewiesen sie eine Spur von Geschick und Umsicht. Doch das fleißige Exerzieren sollte auch der Disziplin im Bauernheer dienen. In dieselbe Kerbe schlugen Strafandrohun gen verschiedenster Art, es wurden In den Lagern Ausschüsse eingesetzt, die sich mit Rechtsstreitigkeiten zwischen den Bauern zu beschäftigen hatten, und es gab sogar Ansätze zu einem Regle ment, das für jedermann in und außer halb des Lagers verbindlich war. Geholfen hat das alles nichts. Die Diszi plin blieb schlecht und erwies sich als eine der Ursachen zur totalen Nieder lage der Aufständischen. Immer wieder kam es in den Bauernlagern zu Exzessen und Zusammenstößen — bestimmend war dabei gewiß der beträchtliche Alkohol konsum -, und schließlich ging es so gar den Anführern an den Kragen. So wird berichtet, daß ein Schanzmeister, der sich offensichtlich unbeliebt gemacht hatte, ermordet v/urde, Christoph Zel ler — Generalobrist Im Mühlviertel — wäre In dem kleinen Lager von Mars bach, als ,,er zu viel befehlen wollte", fast von den Bauern erschlagen worden, und als Georg Kietoppler daran dachte, im Weiberauer Lager einen Galgen er richten zu lassen, um zumindest symbo lisch für Zucht und Disziplin zu sorgen, bleuten ihn die Bauern dermaßen, daß er tagelang nicht einsatzfähig war. Selbst Achaz Wiellinger gestand: ,,Habe oft et was den paurn zu gefallen geschriben, weil vielmallen von inen ibi gehalten wor den". Nach dem Einmarsch der kaiserlichen Truppen in Wels unter Obrist Löbl und dem Zerfall des Einschließungsringes um Linz im August 1626 lösten sich die meisten Bauernlager rasch auf. Sogar aus der Welberau flüchteten die Aufstän dischen, vor allem als sie erfuhren, daß sich bayerische Einheiten näherten: ,,Das churbairische Kriegsvolk hat einen An schlag gemacht, die in dem Lager Weiberau zusammengelaufenen Bauern un versehens zu überfallen. Und als zu sol chem Zwecke etliche Truppen voranzo gen, das Lager zu rekognoszieren, sind die Rebellen gleich in solche Gonfusion geraten, daß sie den Streich nicht er wartet, sondern sich in die Flucht bege ben und das Lager ganz verlassen ha ben" (Mitteilung von Balthasar Ranspeck an Franz Christoph Khevenhüller vom 15. September 1626). Doch nach den großen Bauernsiegen bei Neukirchen am Wald und Kornrödt füll ten sich die Lager wieder — freilich nur für kurze Zeit. Als Pappenheim im No vember 1626 auf den Plan trat und die Aufständischen bei Emling, Pinsdorf, Vöcklabruck und Wolfsegg vernichtend schlug, blieb nur ein Lager noch beste hen, und zwar das von Doppelhof-Peuerbach. Hier versammelten sich die Über lebenden und Unentwegten, die nicht glauben wollten, daß all ihr Einsatz um sonst war. Sie zeigten sich auch ent schlossen, erneut loszuschlagen, doch als sich ihnen Pappenheim näherte, gaben sie auf und suchten das Weite. Aber bereits sechs Jahre später — im Sommer 1632 — bezogen neuerdings obderennsische Bauern, darunter freilich ,,mehrern Theils ledige, theils auch aus gerissene Bursch", vor allem die bekann ten Lager in der Welberau und auf der Hagleiten nächst Eferding, von wo sie unter der Führung von Jakob GreimbI wieder In den Krieg zogen. Doch dies mal brauchte man keinen Pappenheim, um die Aufständischen, die ganz offen kundig mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf konspirierten, zur Räson zu brin gen. Am 9. Oktober 1632 wurden die rebellierenden Bauern von kaiserlichen Truppen - vorwiegend handelte es sich um Söldner aus Ungarn und Kroatien — nächst Eferding eingeschlossen und nie dergemetzelt; das Lager auf der Hag leiten ging in Flammen auf, die Welberau wurde für immer verlassen. Sichtbare Hinweise auf die Bauernlager in Oberösterreich haben sich kaum er halten; in den meisten Fällen weiß man nicht einmal genau den Ort anzugeben, wo sie errichtet worden sind. Sogar In der Welberau — Herzstück der Aufstän dischen von 1626 und 1632 in ideeller, personeller und materieller Hinsicht — verändern sich die Verhältnisse laufend, obwohl man noch ahnen kann, wo sich das Lager ausdehnte. Wer das erkennen will, soll alte Pläne studieren, die vor handen sind. In einem 1750 gezeichne ten Plan ist der Galgenhügel eingetra gen, auf dem man die Leichen der Bauernführer Tobias Angerholzer und Abraham Starl 1627 bzw. 1633 als ab schreckende Beispiele zur Schau stellte — beiden hat es nichts geholfen, daß sie sich den Siegern völlig unterwarfen. To bias Angerholzer aus Weibern — wie erwähnt, mächtiger Mann im Weiberauer Lager — war sogar zu den Kaiserlichen übergelaufen und damit zum Verräter geworden, dennoch pflanzte man seinen Kopf in der Welberau auf. Auch das einstige Bauernlager auf der Hagleiten bei Eferding ist nur noch zu ahnen; allerdings hat sich jener Hof er halten, nach dem die Hagleiten benannt ist, und es sind einige Ansätze von Wäl len zu erkennen, die das Lager ab schirmten. Doch sonst haben hier die dreihundertfünfzig Jahre, die seit dem Bauernsturm ins Land gingen, wie an anderen Orten sämtliche Spuren ver wischt, und es scheint tatsächlich, daß es ausschließlich den Barden vorbehal ten ist, von Krieg und Leid, von Sieg und Niederlage, von Bauerntrotz und Sterben zu berichten.
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