Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

ger soll im Weiberauer Lager zunächst die — völlig unwirksame und bedeutungs lose — Reiterei der Bauern komman diert haben: Vor ihm scheinen als An führer der Jäger Georg Kietoppler, der Hutmacher Alexander Treiber und der aus Weibern gebürtige Tobias Angerholzer auf. Darüber hinaus befehligten im Weiberauer Lager Wolf Kreitterer die Vöcklamarkter Bürger und Bauern, Se bastian Müller jene aus Vöcklabruck und Marktrichter Reitinger die Aufständischen aus dem Attergau; dazu kamen die Bauernführer Ludwig Schrögenauer aus Grieskirchen und ein gewisser Wagner aus Schwanenstadt, der nach Wiellinger die Reiterei übernahm, die übrigens nicht im Lager selbst biwakierte, sondern vor allem in Aistersheim und Weibern un tergebracht war. Stuckmeister Abraham Katzenberger — er wurde Ende August 1626 zum Dänenkönig Christian IV. ent sandt, um von ihm Waffenhilfe zu erbit ten — bemühte sich um die Artillerie. In den Bauernlagern hielten sich nun keineswegs nur Bauern auf, sondern auch zahlreiche Bürger, die freilich nach den ersten Niederlagen zumeist den Mut verloren und zu ihren Familien heim kehrten. Doch allein die Tatsache, daß sich in der Weiberau zeitweise fast eben so viele Bürger befanden wie Bauern bestärkt die Meinung, daß 1626 zwar die Bauern die ganze Last des Kampfes zu tragen hatten und dementsprechende Op fer bringen mußten, die wirklichen Draht zieher aber im protestantischen ober österreichischen Landadel und in den Städten zu finden waren: diese Herren verstanden es allerdings, im Hintergrund zu bleiben und sich nach dem Zusam menbruch zu arrangieren. Ausnahmen bilden der Steyrer Advokat Lazarus Holz müller und der Steyrer Stadtrichter Wolf Madlseder, die als Haupträdelsführer mit Achaz Wiellinger — obwohl sie im wahr sten Sinn des Wortes ,,zu Kreuze kro chen" — enthauptet v.*urden: Im Fall Holz müller konnte das Urteil nur noch an der Leiche vollzogen werden, denn der Advokat war kurz vor der Justifizierung gestorben. Über das Aussehen und über die Form der Bauernlager können weitgehend le diglich Vermutungen angestellt werden, denn authentische Darstellungen fehlen fast völlig. Ziemlich sicher scheint zu sein, daß als Behausungen einfache Strohzelte dienten, in deren Herstellung die Bauern geübt waren: es bleibt frei lich die Frage offen, wo man im Monat Mai — in dem 1626 die Lager entstan den — die ungeheure Menge von Stroh hernahm. Die Hauptleute hausten — nach Felix Stieve — in ,,Krämerbuden": eine nähere Erklärung gibt es dafür nicht; vielleicht handelte es sich dabei um holz gezimmerte Unterstände, wie sie die Mar ketender verwendeten. Die Einrichtung der Zelte und der Lager an sich war primitiv, doch mag sie den Erfordernis sen entsprochen haben. Die Verpflegung bezog man in erster Linie aus Klöstern, Schlössern, Städten und Märkten, was allerdings nicht aus reichte. Das beweist ein Schreiben Ste fan Fadingers aus dem ,,haubtquartier Ebersperg" vom 23. Juni 1626, mit dem ein „großer mangl und abgang an proviant" eingestanden und der Befehl erteilt wird, alles zu unternehmen, um Vieh, Getreide und Wein herbeizuschaffen. Die Leidtragenden bei solchen Requisitionen waren vorwiegend jene Bauern, die sich nicht den Aufständischen angeschlossen hatten oder sich nach wie vor zur katho lischen Religion bekannten, denn ,,die evangelischen sollten zimlicher massen begnadet werden". Die Kopfzahl in den Lagern schwankte und war von den Ereignissen sowie von der Jahreszeit bestimmt. So wurde wäh rend der Ernte ein Turnusdienst einge richtet; wenn keine unmittelbare Gefahr drohte, hielten sich in den Lagern re lativ wenige Männer auf. Die Lagerbe satzungen bestanden durchaus nicht nur aus Bürgern und Bauern, zu ihnen ge hörten auch zahlreiche Taglöhner, Knechte und ganz junge Burschen. Das damals von der Gegenseite anscheinend oftmals kolportierte Gerücht, daß Frauen in den Lagern wohnten, läßt sich nicht bestätigen, obwohl bestimmt Frauen in die Lager kamen, um ihre Männer mit Lebensmitteln zu versorgen, und Felix Stieve vermerkt: „Sogar Weiber sollen bisweilen die Wachen bezogen haben". Denkbar wäre das schon, denn die Mehr zahl der Oberösterreicherinnen war da mals in ihrem Glauben an Religion und Sieg fanatischer als die Männer und un terstützten den Kampf mit allen Mitteln. Als sich im Juni 1626 immer deutlicher zeigte, daß man mit bloßem Dreinhauen und mit zahlenmäßiger Überlegenheit den Aufstand nicht siegreich beenden werde können, begann sich das Bauern heer militärisch zu organisieren. Freilich: Es fehlten dazu sämtliche Voraussetzun gen und das Ergebnis war praktisch gleich Null. Es gab zwar im Bauernheer gediente Soldaten, aber keiner von ihnen erlangte einen einflußreichen Posten — vielleicht deshalb nicht, weil die Bauern jeden Soldaten haßten und ihm mit größ tem Mißtrauen begegneten. Daß diese Haltung nur Nachteile für sie bringen mußte, erkannten die Bauern selten und sie wählten zu ihren Anführern Männer, die von der Kriegführung so gut wie nichts verstanden. Der also von Anfang an zum Scheitern verurteilte Versuch, die Aufständischen militärisch zu schulen, vollzog sich in den Lagern. Zunächst wurden Chargen eingeführt, und zwar nach der damals üblichen Rangordnung: der Bogen reichte vom Korporal bis zum Generalobristen. Doch zahlreiche Bauernführer kümmerten sich recht wenig darum und versahen sich mit Titeln, die ihnen zu sagten: So nannte sich zum Beispiel der Gallneukirchner Veit Prill Obristwachtmeister, und Georg Reiter, der Richter von Lasberg, Rittmeister, obwohl solche Chargen gar nicht vorgesehen waren. Neben den Offizieren agierten — wie bei der regulären Truppe — Feldschreiber, Feldscherer, Proviantmeister, Schanzmei ster und Büchsenmeister. Zu diesen zählte Hieronymus Fischer, der im Stift Kremsmünster als Hofzeugwart tätig war, seinem katholischen Glauben treu blieb und von den Bauern zum Mitziehen ge zwungen wurde; daß man von dem Mann keinen vollen Einsatz erwarten konnte, ist verständlich. Gleichfalls im Juni tauchten in den La gern sogenannte Verordnete und Kriegs räte auf, die eine Art von Polit-Offizieren darstellten und die Aufgabe hatten, für Zucht und Ordnung zu sorgen; außer dem sollten sie die Verbindungen zwi schen den Lagern aufrechterhalten. Die Anzahl dieser Kriegsräte scheint beträcht lich gewesen zu sein, denn allein im Weiberauer Lager waren 24 solcher Kriegsräte — ,,deren Befehlen muß ge lebt werden und halten gar scharfe execution" — tätig, und im Lager vor Linz sollen noch mehr „ihr Handwerk getrie ben haben". Tatsächlich sind einige Kriegsräte namentlich bis heute bekannt geblieben, was für ihren Einfluß zeugt. Die Hauptbeschäftigung in den Lagern war natürlich und den militärischen Ge pflogenheiten entsprechend das Exerzie ren. Wie das vor sich ging und welcher Erfolg sich einstellte, ist nirgendwo zu lesen, aber man kann mit großer Sicher heit annehmen, daß es eine Quälerei für jeden Beteiligten war, denn die Kom mandierenden hatten in der überwiegen-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2