Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

Stammbuch des Erasmus des Jüngeren von Starhemberg mit einer Eintragung aus dem Jahre 1608 des Johann Christoph von Gera, Oö. Landesarchiv. Foto: Oö. Landesarchiv .r "RS-: Im ^i T /s Vp > :n .!f Zu Beginn des Jahres 1648 bewarb sich auch Erasmus um die Aufnahme in die Gesellschaft, nachdem schon vorher zwei österreichische Adelige als Mitglieder angenommen worden waren, und zwar Georg Ehrenreich von Roggendorf (1642) und Rudolf von Dietrichstein (1647). Die Bewegung stieß zunächst auf einige Schwierigkeiten. Fürst Christian, an den er sich gewandt hatte, schrieb an den Fürsten Ludwig, daß er nicht genau wisse, was er dem Erasmus antworten solle, da er nicht sicher sei, ob es sich bei diesem tatsächlich um seinen alten Bekannten, den gelehrten Erasmus, Herrn Reinhards Sohn, handle, da er sich Graf und noch dazu Erasmus der Jün gere nenne. Hierauf wurden Erkundigun gen eingezogen, vor allem was die Reli gion des Bewerbers betraf. Dabei konnte Fürst Christian schließlich mit Genugtu ung feststellen, daß „Herr Erasmus von Starhemberg rechtgläubig erzogen und Herrn Reichards Sohn seye, steht außer allem Zweyfel und er ist über das mit vielen schönen tagenden begäbet und mier wol bekandt"^®. Die Konfession spielte also damals noch eine bedeu tende Rolle, obwohl Fürst Ludwig in die ser Frage keineswegs eine starre Hal tung einnahm. So sträubte er sich stets, Theologen in die Gesellschaft aufzuneh men. Drei Jahre nach der Aufnahme des Erasmus — Fürst Ludwig war inzwischen gestorben — konnte auch ein Katholik, der Obrist Georg Adam von Kuefstein, als der ,,Kunstliebende" Mitglied der Ge sellschaft werden". Weitere Österrei cher, die aufgenommen wurden, waren Johann Wilhelm von Stubenberg, der ,,Unglückselige", Wolf Helmhard von Hohberg, der ,,Sinnreiche", Gottlieb von Windischgrätz, der „Kühne", um nur die bedeutendsten zu nennen®". Erasmus wählte den Gesellschaftsnamen der ,,Leidende" und als Symbol den „Welschen Nußbaum"; er trug folgenden Vers in die Stammrolle ein: Der welsche Nußbaum hab' ein Art (sagt man mit Grund) Je mehr man ihn zerklopf je mehr er Früchte bringe Doch fruchtet leiden mehr. Ich bin in Christi Bund Und leide gern, ihm auch noch Lob darneben singe Der Leidend' heiß ich drum; wann in Geduld mit Mund Und Hertzen ich zu Gott durch alls Trübsal dringe. So wird mein Leiden süß, so wird mein Geist entzückt. Je mehr ich bin zerklopft, je mehr bin Ich erquickt®'. Eine bedeutende dichterische Tätigkeit hat Erasmus nicht entfaltet, ja es hat den Anschein, daß ihm selbst die Verse in der Stammrolle nicht leicht von der Feder gingen, denn die erste Fassung des Gedichtes ist dermaßen holprig ge raten, daß Fürst Ludwig sie gründlich überarbeiten mußte. Der Starhemberger selbst bekannte, auch „in Zierlichkeit der Teutschen Sprache und Dichtkunst ein noch wenig geübter Schüler zu sein"®®. Ein einziges Widmungsgedicht ist von ihm noch bekannt, das er einer Über setzung seines Freundes Kuefstein bei steuerte. („Vertheidigung der kunstilebenden und gelehrten anständigen Sit ten aus dem italiänischen gedolmetschet von einem Mitglied der Hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft, den Kunstliebenden", Nürnberg 1654); Sehr lieblichen Geruch mit erster Blüh uns giebet Der Hungrisch Balsam Baum, deß Kraft bekannt der Welt. Also von Jugend auf, wer freie Künste liebet. Zu dichten Tag und Nacht für seine Kurzwell hält. Auch welcher sucht den Ruhm der Ta pferkeit zu Feldt Im Schweiß der Waffen er von Jugend auf sich übet. Ihr Herr Kunstliebender seid eben dieser Heid, Dem Kriegs- und Friedenskunst zugleich allzeit beliebet. Daher ihr dergestalt nunmehr fruchtbrin gend seid. Daß Eur Tugend Ruhm erschallet weit und breit. Indem ihr andre mehr zur Tugendlieb anweiset. Durch das Wohl-deutsche Buch von wahrer Weisheit Lehr, So zu gemeinem Nutz und Euch gereicht zur Ehr, Daß, was fruchtbringend ist, solch Eur Arbeit preiset. Meines geehrt. Hn. Mitgesellschafters ge treuwilligster Diener Der Leidende (Erasm. v. Starhemberg)®® Auch wenn sonst aus seiner Feder nichts erhalten ist, so zeigt doch ein Blick in die Bibliothek, daß sich Erasmus zumin dest passiv mit Dichtung und Überset zung auseinandergesetzt hat. Natürlich sind es zunächst Mitglieder der ,,Frucht bringenden Gesellschaft", wie zum Bei spiel Martin Opitz, deren Werke hier an zutreffen sind, daneben aber auch fremd ländische Autoren wie Boccaccio, Tasso, Guarini, Rabelais und Cervantes. Be merkenswert ist der Reichtum an fremd sprachigen Werken neben den dazuge hörigen Wörterbüchern (Griechisch, La tein, Italienisch, Französisch, Spanisch und Holländisch), so daß der Ruf, den Erasmus genoß, nämlich ein sehr ge lehrter Herr zu sein, sicher keine panegy rische Übertreibung ist. Auch aus seinen Briefen spricht die tiefe humanistische Bildung, sowie die Neigung zu elegan ten, mitunter auch sarkastischen und pathetischen Formulierungen. Es wurde oft darauf hingewiesen, daß die ,,Fruchtbringende Gesellschaft" auch zu einer Nivellierung ständischer ünterschiede geführt habe, da sie ja auch Bürgerlichen offenstand. Die österreichi schen Mitglieder — besonders deren Wortführer Dietrichstein — hatten für diese Tendenzen aber wenig Verständ nis, denn wie sonst wäre der Vorschlag Dietrichsteins, die Gesellschaft in einen Ritterorden umzuwandeln, zu erklä ren®"? Wenn auch die österreichischen Adeligen mit Bürgerlichen wie Harsdörffer durchaus freundschaftlich verkehrten, so standen sie doch der Aufnahme öster reichischer Neugeadelter, wie Heinrich Kielmann von Klelmannsegg oder Mat thlas Abele von Lilienberg, mit Reserve gegenüber®®. Hier war also das Den ken in ständischen Kategorien noch sehr stark vorhanden. Erasmus selbst äußerte

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