Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

»ii(r' Links außen: Bürgermelster-Pruner-ZImmer Im Linzer Stadtmuseum Nordico: Kokosbectier mit Gehelmverschluß, der Inhalt bestand aus Indianischem Rausch gift, kreolische Dekormotive, San Domingo (?) um 1690. Foto: Fr. MIchalek Links: Bürgermelster-Pruner-Zimmer Im Linzer Stadtmuseum Nordico: Salbölbehälter für kultischen Gebrauch, Indien, 18. Jahrhundert. Foto: Fr. MIchalek Adam Pruner, der von 1662 bis 1734 lebte, war Großkaufmann mit weltweiten Handelsbeziehungen, Bankier und von 1721 bis 1732 Bürgermeister der Stadt Linz. Er sprach unter anderem fließend Latein, war vor Antritt des Bürgermei steramtes Stadtrichter und ,,Bankalassessor". Seine Stellung in Linz war nur mit der eines Großhandelsmannes und Patriziers in den freien Reichsstädten vergleichbar. Die Linzer Chronik berich tet von ihm mit Ehrfurcht, ,,daß die Oze ane seine Schiffe trugen". Zwei Gemäl de von Martine Altomonte zeigen ihn mit energischen Zügen, hagerer Gestalt und mit raumgreifender Geste. Als er einst Nachricht erhielt, daß ein mit besonders wertvoller Fracht beladenes Seeschiff, das 27 Tage überfällig war, den Hafen erreicht habe, faßte er den Entschluß, eine große karitative Stiftung zu errichten. Dieser Stiftung vermachte er auch sein Vermögen. Das ,,Bürgermelster-Pruner-Zimmer", einer der schönsten Räume im Nordico, repräsentiert den Wohnraum eines Lin zer Patriziers. Figürlich Intarslerte Schränke, eine kostbare Standuhr, Tische und Stühle bilden den äußeren Rahmen. Hinzu kommen zeit genössische Gemälde, unter anderem das Porträt J. A. Pruners von Martine Altomonte. Im Raum befindet sich in einer Großvitrine eine ,,Silber- und Rari tätensammlung", und zwar die dritte Lin zer Kollektion, die hier beschrieben wird. Diese Linzer Stadtsammlung ist natür lich auf J. Adam Pruner, seine Zeit, sein Amt und seine Teilhaberschaft an der „Ost-und Westindischen Compagnie"zu geschnitten und gerade deshalb beson ders beachtenswert. Hauptstücke dieser Kollektion sind zwei kleine Schiffe, das eine, eine Silber-Caravelle, diente einst bei feierlichen Gottesdiensten als Navlculum, als Prunkgefäß für die Darrei chung von Weihrauch. Die Schiffstake lung Ist abhebbar, dadurch wird der Weihrauchbehälter zugänglich. Das zweite Schiff ist ein ostindisches Dschun kenmodell, ein Staatsschiff für die Für stentafel zur Darbietung von Salz oder rotem Pfeffer. Es gibt dann noch zahl reiche Raritäten und Stücke aus der fer nen Welt — einen Nautilus, einen beson ders schönen Nußbecher, ein geheim nisvolles Salbgefäß für Tempelgebrauch, einen Steinfisch als Pfefferstreuer und eine Greifenklaue — Horn einer Büffel kuh; ferner ein Globus, eine Türmchen uhr und die bekannte Linzer ,,Univer sal Sonnenuhr" des Meisters Franz An ton Knittel vom Jahre 1713, in der J. A. Pruners Name unter anderen „ständi schen Verordneten", eingetragen ist. Auch aus der Sammlung des Linzer Apo thekers Rucker sind hier kostbare Gegen stände untergebracht, feine chinesische Elfenbeinarbelten, darunter komplizierte Spiele, das Besteck eines Arztes und besonders eine Sammlung von Dosen mit Wänden und Deckeln aus geschliffe nen Halbedelsteinen. Diese Sammlung wird ergänzt durch ein komplettes hö fisches Tafeießzeug. Die Schäfte von Mes sern und Gabeln sind oktogonal geformt und mit graviertem Perlmutter belegt. Auch eine Auswahl feingeschllffener und gravierter venezianischer Gläser ist aus gestellt. Zum Schatz dieser Kammer ge hören außerdem Holz-Elfenbein-Figuri nen von Stefan Feger, 1726 bis 1770, sie stellen arme Leute vor, denen J. A. Pruner seine Stiftung zugewendet hat. Hier ist ein Donauschiffer mit Ruder und eine leierspielende Bettlerin in dürftiger und zerrissener Kleidung. Auch eines der recht seltenen ,,Papageno-Flgürchen" Ist hier untergebracht, ein Jüngling in grü nem Federkleid, sein Schöpfer ist wahr scheinlich der Wachsbossierer Johann Bapt. Geto aus Tittmoning, der 1722 bis 1723 auch in Linz tätig war. Die Samm lung wirkt durch ihre Vielgestaltigkeit sehr ansprechend und wird durch das gleichfalls im Museum Nordico unterge brachte ,,Linzer Barockkabinett" sinnvoll ergänzt. So bilden die beiden beschriebenen Lin zer Silber- und Raritätenkammern, in Ge meinschaft mit der ,,geistlichen Schatz kammer" im Linzer Schloß Sondergrup pen mit besonderen Akzenten und Höhe punkten. Sie sind dazu angetan, das schöne innere Bild unserer Linzer kunst historischen Sammlungen durch Glanz und Schimmer edler Metalle noch mehr aufzuhellen.

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