Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

Geistliche Schatzkammer im Linzer Schloß: Partikeimonstranz, Silber vergoldet. Prunkstück mit Reiiquienkapsei und Darstellung der hl. Trinität über der Weitkugel, reich gestalteter und ornamentierter Fuß, Linzer Meister um 1780. Foto: M. Eiersebner Siiberkammer im Linzer Schloß kommt man zur Überzeugung, daß die darge botenen Objekte einst aristokratische Herren als Besitzer hatten. Nur Reich bemittelten war diese Kunstqualität da mals zugänglich. Nachforschungen nach der Besitzherkunft eines Teiles der Sammlung ergaben bekannte Namen, wie die Grafen von Kuenburg, die Gra fen Thun, die Harrach und Khevenhiller. Der Eintritt der Objekte in die Samm lung erfolgte meist auf komplizierten Um wegen. Nicht unerwähnt möge der pracht volle Renaissanceschrank der Kammer bleiben, der wie in allen Silberkammern dazu bestimmt war, die Schätze unter Verschluß zu bringen. Viele erstaunlich schöne Gegenstände der Linzer Silber kammer, mit an der Spitze die Linzer Kanne von 1612, beweisen, daß selbst in Notzeiten, da die Schrecken von Krie gen und Unruhen weite Länder über zogen, meisterhafte Kunstfertigkeit nicht verblaßte. Im Linzer Schloßmuseum ist ebenso eine Kollektion von Kirchengerät mit der Be zeichnung ,,Geistliche Schatzkammer" untergebracht. Diese Sammlung ist in die bedeutende Gotik-Ausstellung, Zeit und Stil entsprechend, eingebunden. Für Re naissance und Barock stehen besondere Räume zur Verfügung. Die in Gruppen zusammengefaßten Altargeräte erhalten durch die ausgestellten Statuen und Ta felbilder in den herrlichen Räumen einen sehr ansprechenden Hintergrund. Beson ders Relikte unserer ältesten geistlichen Stiftung Mondsee wurden hier wieder vereinigt. Bischof Josef Calasanctius Fliesser, ehedem Kooperator in Mond see, hat sich um das Zustandekommen dieser Sammlung sehr bemüht. Die Spitze repräsentiert ein vorromanischer Kruzifixus, der ehemals auf dem Einband eines Missales angebracht war. Er entstand noch im Ottonischen Imperium und wurde im Mondseer Stiftsland aufgefunden. Zur Mondseegruppe dieser geistlichen Schatzkammer zählen noch ein liegen des Reliquiar mit sehr früher Emailar beit, die Verklärung am Berge Tabor dar stellend; ein Setzkelch mit Brotschüssel und Apostellöffel, ein Kelch, so gewicht los wie eine Feder, ein Gefäß mit dem Maß eines Kreuznagels und schließlich der Krummstab des Abtes Wolfgang Ha berl, den Kaiser Maximilian I. seinen Pfarrer und Freund nannte. Die Fülle go tischen Altargerätes in dieser Linzer Sammlung wirkt nicht überraschend, stammen doch viele Stücke dieser Kost barkeiten aus aufgelassenen geistlichen Stiftungen. Während in der Silberkammer des Schloßmuseums der Stilübergang Gotik, Renaissance, Manierismus naht los verläuft, klafft in der geistlichen Schatzkammer eine beachtliche Lücke, die durch die Reformation entstand. Hier mußte in der Sammlung die katholisch gebliebene Lombardei einspringen, die durch ein hervorragend gestaltetes sil bernes Vortragskreuz vertreten ist. Durch die Reformdekrete des Konzils von Trient 1564 werden Kirchenparamente und das Altargerät förmlich genormt, der Jesui tenstil tritt in Erscheinung. Ein Meßkelch und eine Monstranze bezeugen in der Linzer Sammlung diese Stileigenheit ganz besonders. Nun aber beginnt im 17. Jahrhundert der Barockwind erst zu säuseln,dann jedoch sturmartig zu wehen. Die entwickelte Seefahrt nach Ostindien brachte aus den Hochkulturen, die sich in Java und Sumatra entwickelt hatten, neue Stilelemente nach Europa. Knorpel, Laub- und Bandwerk verformte der Ba rock zu phantastischen Gebilden. Diese Formungen entsprachen, jetzt nach völ liger Uberwindung des Protestantismus, den Vorstellungen der ,,Ecclesia triumphans", einer jubelnden Kirche, die nicht nur den Himmel,sondern jetzt auch, nach Uberwindung und Besiegung der Türken, unsere Welt umfaßte. Prachtvolle Gebilde dieses barocken Triumphes sind nun im Raum l/3 des Schloßmuseums unterge bracht. Dieser Raum war ursprünglich das Amtszimmer des Vizedom, also des Vertreters des Statthalters. Der helle Raum besitzt ein hohes Tonnengewölbe und bietet den Reiz der Überraschung. Tritt man ans Fenster, vermeint man, die Donau fließe hier unter dem Fenster aus dem Schloßberg. Im Raum ist eine Fülle kostbarer Ornate, Leihgaben der Linzer Stadtpfarrkirche, untergebracht, Meßkleider, Pluviale, Stolas und Manipel aus Brokat und Seide mit kunstvollen Stickereien übersät, ein Pfingstornat mit schweren Goldauflagen und prachtvollen Seidenstickereien, von Ordensfrauen der Linzer Klöster angefertigt. Die reiche Sammlung von Altargeräten in diesem Raum zeigt die große Fülle erhalten gebliebener feiner Silberschmiedearbei ten aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Hier zeigt sich Linz im Glänze des strah lenden Barock. Grandios geformte Partikelreliquiare waren einst Stolz der Linzer Frauenklöster. Uber Hersteller, Werkstät ten und Meister erfahren wir sehr wenig, obwohl es im oberösterreichischen Raum hervorragende Silberschmiede gab. Die Besteller von Altargerät liebten es nicht. wenn diese Gegenstände, die vor Gebrauchnahme geweiht wurden, mit oft unverständlichen Signaturen bezeichnet waren. Bei Meßkelchen war die Anbrin gung von Inschriften und Zeichen, auch am Unterteil des Fußes, nur mit bischöf licher Genehmigung erlaubt. Aussagen über Meister sind meist nur aus Kirchen rechnungen aufspürbar. Ein besonderer Hinweis hingegen findet sich auf einem außerordentlich schönen, an ein Hausaltärchen erinnernden Zunftzeichen der Lin zer Gürtler aus dem Jahre 1720 mit Na men von Gürtlermeistern aus Linz und Oberösterreich, und zwar Joseph Anselmus Heiss in Linz, Franz Hess von Schongau, Johannes PantI von Schwanenstadt, Sebastian Margetsch von Frei sing, Georg Weissbach von Enns, Joseph Paur von Linz, Andreas Steiger von Graz, Martin Meilinger von Arting, Christof Leutner von Paaden, Joseph Prei von Straubing und Georg Eisenreich von Landshut. Diese Meister bildeten in der ,,Linzer Glanzzeit des Barock" eine an gesehene Zunft, das Wort „von" bezeich net ihren Geburtsort. Als sicher gilt aber, daß der Großteil des edlen und teuren Kirchengerätes im oberösterreichischen Raum aus Augsburg kam. Nach dem Beschluß, das Linzer Prunerstift als Musikschule der Stadt Linz um zugestalten, wurde angeregt, im ,,Stadt museum Nordico" ein ,,BürgermeisterPruner-Zimmer" einzurichten. Johann

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