Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Landeskunde Oberösterreich im 17. Jahrhundert Prof. Rudolf Walter LItschel Wo man von der schweizerischen Freiheit träumte - Oberöster reichische Bauernlager im Kriegsjahr 1626 2 Dlpl.-Arch. Anton Wilhelm Linzer Silber- und Raritätenkammern 10 Dr. Georg Heilingsetzer Die andere Barockkultur — Erasmus der Jüngere von Starhemberg (1595-1664) 17 Dr. Harry Siapnicka Oberösterreich — letztes Refugium in zwei Weltkriegen 42 Wirtschaft Dr. Gustav Walter Baumgartner Die oö. Handelskammer im Jubiläumsjahr Kulturinformationen Bücherecke 48 52 55 Denkmalpflege und Musealwesen Dr. Norbert Wibirai Die Losensteiner-Kapelle in Garsten und ihre Restaurierung Josef Mader Zum Ausbau des Innviertier Volkskundehauses 24 30 Bildende Kunst Prof. Carl Hans Watzinger Aloys Wach und seine Bilder vom obderennsischen Bauernaufstand 1626 34 Kulturzeitschrift Oberösterreich 26. Jahrgang, Heft 2/1976 Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag: Redakteur: Dr. Otto Wutzel; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Elfriede Wutzel; Druck: OÖ. Landesverlag Linz; sämtliche 4020 Linz, Landstraße 41, Ruf(072 22)78 1 21. Jahresabonnement(4 Hefte):S 178.—; Einzelverkaufspreis: S 55.-. (Alle Preise inkl.8 °/o MWSt.) Umschlagmotiv: Prunkstück im Bürgermeister-Pruner-Zimmer im Linzer Stadt museum Nordico: Naviculum — Weih rauchschiffchen für den Altargebrauch. Dieses Zierstück zeigt die Form einer aufgetakelten und armierten Oaravelle und gibt hiemit einen künstlerischen Hin weis auf die spanische Silberflotte. An seinem Fuß weist es kreolische Dekor motive auf. Herkunft San Domingo (?), um 1690. Umschlaggestaltung: Herbert Friedl Foto: Max Eiersebner

Kulturzeitschrift Das Redaktionsprogramm für Heft 2/1976 der Zeitscfirift „Oberösterreich" nimmt auf das Bauernkriegsgedenkjahr Bezug, das seit Mai im ganzen Lande festlich begangen wird, zu dem bereits einige wertvolle Publikationen erschienen sind und in dessen Mittelpunkt vom 14. Mai bis 31. Oktober 1976 die Ausstellung des Landes Oberösterreich im Linzer Schloß und im Schloß zu Scharnsteln ,,Der oberösterreichische Bauernkrieg 1626" steht. Das Schwerpunktthema lau tet „Oberösterreich im 17. Jahrhundert". Damit soll angedeutet werden, daß, wie in der großen Landesausstellung, nicht nur der Bauernkrieg selbst, sondern vor allem der historische Hintergrund uns wichtig erscheint. Rudolf Walter Litschel berichtet über die oberösterreichischen Bauernlager. Es ist sein Verdienst, den Bauernkrieg 1626 einmal auch wehrhisto risch zu erforschen. In gleicher Zielset zung entstanden seine Beiträge für den Ausstellungskatalog und in der Publika tion des Oö. Landesverlages „Wellß gilt die Beel und auch das Guet". Sie bilden mit der Abhandlung in unserer Zeitschrift eine thematische Einheit und ergeben wertvolle Einsichten in das mili tärische Geschehen des Jahres 1626. Die folgende Abhandlung von Anton Wil helm ,,Linzer Silber- und Raritätenkam mern" führt weiter in die Zeit herauf, hinein in das sinnenfrohe Barockzeitalter, In dem die Folgen der Glaubenskämpfe überwunden werden konnten. Die „Sil berkammer im Linzer Schloß", die neben der geistlichen Schatzkammer im Schloß museum und der Sammlung im Nordico zur kurzen Darstellung kommt, ist übri gens auch Bestandteil der BauernkriegsAusstellung im Linzer Schloß — Raum A 3, Kat. Nr. 34 und 35. Neue Forschungsergebnisse stellt Georg Heilingsetzer in seiner biographischen Skizze über Erasmus den Jüngeren von Starhemberg (1595-1664) zur Verfügung. Er gewährt Einblick in das adelige Land leben dieser Zeit, das kulturell und poll tisch ein ganz eigenes Gepräge besaß. Auch diese Abhandlung ist mit dem Bei trag des Autors Im Katalog der Landes aussteilung (,,Der Adel zur Zeit des Bauernkrieges") in einem Zusammen hang zu sehen. Als Nachklang zum Europäischen Jahr des Denkmalschutzes, aber auch im Sinne des historischen Hintergrundes für die oberösterreichische Landesge schichte im 17. Jahrhundert ist der Auf satz von Landeskonservator Norbert Wibiral über die Losensteiner-Kapelle In der ehemaligen Stiftskirche Garsten zu verstehen. Ihre Restaurierung bildete im Vorjahr für die oberösterreichische Denk malpflege einen Bezirksschwerpunkt. Ein Kulturdenkmal, das verloren schien, konnte nicht nur konserviert, sondern in altem Glanz wiederhergestellt werden. Da sich in Oberösterreich gerade auf dem Gebiet des Musealwesens derzeit viele Aktivitäten ergeben, wurde erstmals ein Beitrag dieser Art in unser Redak tionsprogramm aufgenommen. Josef Ma der berichtet über den Ausbau des Innviertler Volkskundehauses in Ried im Innkreis. Diese kulturelle Leistung weist bereits auf ein neues Jubeljahr hin, das in Kürze in Oberösterreich zu begehen sein wird, die Eingliederung des Inn viertels nach Österreich (1779 Friede zu Teschen). Oberösterreich und das Inn viertel werden dieses Gedenkjahr sicher lich festlich feiern. Das Innviertier Volks kundehaus wird ein Mittelpunkt dieser Feierlichkeiten sein. Wieder im Bezug zum Bauernkriegsge denkjahr ist der Beitrag von Carl Hans Watzinger über den bedeutenden ober österreichischen Maler Aloys Wach zu verstehen. Hier wird auf eine Großlei stung der heimischen Kunst hingewiesen. Dieser Artikel möge dazu beitragen, daß der Künstler und Mensch Aloys Wach endlich der Vergessenheit entrissen wird. In einem gewissen Sinne kann zum Schwerpunktthema des Heftes auch vom Aufsatz Harry Slapnickas ,,Oberöster reich — letztes Refugium In zwei Welt kriegen" ein Bezug hergestellt werden. Es wird damit hingewiesen, wie sehr in allen Zelten unser friedliches Heimatland immer wieder in die kriegerischen Ereig nisse der Weltgeschichte hineingezogen worden Ist. Den Abschluß des Heftes bildet ein wirt schaftlicher Beitrag von Kammeramtsdi rektor Dr. Gustav Walter Baumgartner über die heuer jubilierende Handelskam mer Oberösterreichs. Nach der Ge schichte erhielt mit diesem Beitrag auch die Gegenwart einen Platz im Redak tionsprogramm.

Wo man von der schweizerischen Freiheitträumte Oberösterreichische Bauernlager Im Kriegsjahr 1626 Rudolf Walter Litschel Sofort nach Ausbruch des Aufstandes am 17. Mai 1626 legten die Bauern in Ober österreich etliche Lager an. Sie bewiesen dabei - sehr im Gegensatz zu ihrem Verhalten während der kriegerischen Auseinandersetzungen — einigermaßen taktisches Geschick. So entstanden das Lager Obermühlham nächst Pöndorf, das die Straße von Salzburg nach Linz zu sperren hatte, und das Lager Doppelhof-Peuerbach, dessen Aufgabe es war, den Zuzug von Schärding zu unterbin den. Doppeihof bildete auch den Aus gangspunkt für den Marsch einer Bauern schar nach Engelhartszeii und von dort in den Raum von St. Aegidi, wo gleich falls ein Lager eingerichtet wurde. An der Grenze gegen das damals zu Bayern gehörende Innviertel sammelten sich die Bauern noch bei Haag am Hausruck, das eine Schlüsselposition markierte; Das La ger Haag rückte im September 1626 als „Hauptquartier der gesamten Obersten, Hauptieute und verordneten Kriegsräte des Bauernheeres" sogar deutlich in den Vordergrund. Im südlichen Oberösterreich begnügten sich die Aufständischen mit einem La ger nächst St. Georgen im Attergau, das allerdings keine Rolle spielte wie eben so das Vöcklabrucker Lager und andere kleinere Stützpunkte, die nur die Auf gabe hatten, besonders frequentierte Verkehrswege zu kontrollieren. Anders stellte sich die Situation in den Lagern Lambach und Waizenkirchen dar: das Lager Lambach wurde am 25. Mai 1626 angelegt und beherbergte bis zum 28. August 1626 stets rund 200 Mann; dann wurde es verlassen, jedoch nach dem Einmarsch der Bayern im September so fort wieder bezogen und als Nachschub basis benützt. Dieselbe Funktion wurde dem Lager Waizenkirchen zugesprochen, obwohl es aller Wahrscheinlichkeit nach nur einen Alarmplatz darstellte. Sicher ist, daß zahlreiche Bauern aus den La gern Lambach und Waizenkirchen am 18. und 19. September 1626 gegen Pram eilten, um den Einmarsch der baye risch-kurfürstlichen Truppen unter Generaiwachtmeister von Lindio zu verhin dern, was auch gelang; das Treffen bei Kornrödt wurde zum größten Triumph der obderennsischen Bauern. Im Mühlviertel, wo Christoph Zeiler, der Schwager Stefan Fadingers, das Kom mando führte, bildeten sich im Mai 1626 gleichfalls Lager; So bei Grein, Gramastetten, Freistadt, Peiistein — hier hielten sich im Juni 1626 zeitweise mehr als 2000 Mann auf - und vor allem bei Ottensheim, in diesem Lager, das als das größte im Mühlviertel galt und in dem sich angeblich an die 4000 Bauern zum Sturm auf Linz rüsteten, befehligte Chri stoph Zeiler persönlich und formierte von hier aus den ,,Brückenkopf Urfahr", der dazu beitragen sollte, die von Statthalter Herberstorff verteidigte oberösterreichi sche Landeshauptstadt zu Fall zu brin gen, was allerdings nicht gelang; als Zeiier im Juli 1626 während der Aniadung bayerischer Verstärkungen töd lich verwundet wurde, löste sich das La ger Ottensheim weitgehend auf. Auf Befehl Stefan Fadingers, der südlich der Donau die Geschicke bestimmte, be zogen die Bauern im Mai 1626 ein La ger bei Enns und eines bei Steyr, das später nach Ebelsberg und Linz verlegt wurde. Das Lager Eferding, in dem ein gewisser Paul Obermayr den Ton an gab, errichteten die Aufständischen erst Ende August 1626, und zwar in erster Linie als ,,Auffanglager"; hier traf sich ein Teil jener Bauern, die nach der ver geblichen Einschließung von Linz den Rückzug angetreten hatten und nur noch einen Waffenstillstand erhofften, zu dem es tatsächlich kam. Die Insassen des Eferdinger Lagers zeigten sich dement sprechend gesinnt und gaben am 6. Sep tember 1626 die „friedlichsten Erklärun gen" ab, so daß Graf Herberstorff darauf verzichtete, gegen sie mit Waffengewalt vorzugehen, wie er ursprünglich geplant hatte. Das größte und bedeutsamste Bauern lager, dem schließlich ein fast legendärer Ruf vorausging, bestand während des Krieges von 1626 in der Weiberau, ge legen zwischen Weibern und Aistersheim im Hausruckviertei, aus dem sich die ,,Schwarzen Bauern" — so benannt nach Rekonstruktionen von Strohzelten, wie sie die aufständischen Bauern v\(ährend des Krieges im Jahre 1626 in ihren Lagern - vor allem in der Weiberau - errichteten, sind im Bauernkriegsgedenkjahr 1976 im Hof des Schlosses Scharnstein (Almtal) zu sehen. Foto: Schachhuber AI— .I I • ■ H i ll

.1 • yi.ri j Oben: Taufgang oberösterreichischer Bauern um 1626 in der damals üblichen Tracht: Dargestellt von Alois Grell (geboren 1841 In Linz) nach einer Original vorläge, die Im Stift Kremsmünster verwahrt wird. Foto: M. Elersebner Der oberösterreichische Bauer trug den sogenannten Jodlhut, eine etwas eigenwillig geformte Kopf bedeckung, von der sich nur ein — historisch gesichertes — Exemplar erhalten hat, das Im Linzer Schloßmuseum ausgestellt Ist. Foto: M. Elersebner

ff iÖaf^,n^sr<*|t^jfcj' |/ ^ÄiifKwift^cvv ü(%*eit^^CM,^i'*n.l'm. 1 •Jini66H;n/ö^ic^"£i^3^ri6%6.*?l^e^x'aMoeH. Die Waffen der oberösterreictiiscfien Bauern waren primitiv und denen ifirer Gegner unterlegen. Trotzdem fügten die AufständiQctien damit den kaiseriicfien und bayerischen Truppen schwere Verluste zu, wie etwa bei Beuerbach und Kornrödt im Mai und im September 1626. Foto: M. Eiersebner ihrer Tracht und Elite der Aufständi schen — rekrutierten. Bei der Weiberau handelte es sich um eine sogenannte Ge meinweide, deren Besitzer die Bauern waren: sie genossen daher auf der Au, die ihr abgabenfreies Eigentum war, be sonderen rechtlichen Schutz und Nut zungsanspruch. Solche Gemeingründe fanden sich noch andernorts in Oberöster reich und es ist zu vermuten, daß die Bauern mit Vorliebe auf ihnen ihre La ger aufschlugen. Hugo Wurm berichtet darüber in seinem Aufsatz „Die Wei berau — Die Geschichte einer Gemein weide" (00. Heimatblätter, Jg. 11, 1957, Heft 1): „Gemeinweide und Sammelplatz sind sachlich identisch. Schon der erste Bauernkrieg 1525 nahm seinen Ausgang von Gemeinweiden des Attergaues, und zwar zunächst von der Halt, wo die Auf rührer erstmals beim Kaltenprunner zu sammenkamen und das Netz legten, wel ches sämtliche Unzufriedenen vereinigen sollte. Die Halt, auf halbem Wege zwi schen Straß und Powang, war, wie schon der Name besagt, der Weidepiatz für die Bauern der Umgebung. Rasch zün gelte der Aufstand nach St. Georgen heraus, und bald sehen wir die Bauern unter Anführung des Hauptmannes Hans Bayr vom Markt auf die Lach marschie ren. Lach, die heutige Ortschaft Lohen, war das Gebiet, wo auf dürftigem Morä nenboden eine Gemeinweide ihr Dasein fristete. Die Praxis, Gemeingründe als Lagerplätze zu benützen, haben die Bauern auch im Kriegsjahr 1626 wieder aufgegriffen. Außer dem Lager in der Weiberau ist das Lager bei Beuerbach auf einem uralten Gemeingrund errich tet worden, und wahrscheinlich beruhten die anderen Bauernlager auf derselben Voraussetzung." Das Lager in der Weiberau, wo ,,man von der schweizerischen Freiheit träu men konnte" und in dem „die heilsten Freiheitsglocken gegossen worden sind", bezogen die Bauern am 22. Mai 1626, einen Tag nach ihrem Überraschungs sieg über die Haufen Herberstorffs bei Beuerbach. Das bekam in erster Linie die Herrschaft Aistersheim zu spüren: die vom Erfolg noch trunkenen Bauern plünderten das Schloß Aistersheim so wie etliche Pfarrhöfe in der Umgebung. Dabei tat sich ein Mann hervor, der nach dem Tode Stefan Fadingers dessen Stelle übernahm: Achaz Wiellinger von Au, ein kleiner Landadeliger, der schon während der Besetzung Oberösterreichs durch bayerische Truppen im Jahr 1620 von sich reden gemacht hatte. Wiellin-

ger soll im Weiberauer Lager zunächst die — völlig unwirksame und bedeutungs lose — Reiterei der Bauern komman diert haben: Vor ihm scheinen als An führer der Jäger Georg Kietoppler, der Hutmacher Alexander Treiber und der aus Weibern gebürtige Tobias Angerholzer auf. Darüber hinaus befehligten im Weiberauer Lager Wolf Kreitterer die Vöcklamarkter Bürger und Bauern, Se bastian Müller jene aus Vöcklabruck und Marktrichter Reitinger die Aufständischen aus dem Attergau; dazu kamen die Bauernführer Ludwig Schrögenauer aus Grieskirchen und ein gewisser Wagner aus Schwanenstadt, der nach Wiellinger die Reiterei übernahm, die übrigens nicht im Lager selbst biwakierte, sondern vor allem in Aistersheim und Weibern un tergebracht war. Stuckmeister Abraham Katzenberger — er wurde Ende August 1626 zum Dänenkönig Christian IV. ent sandt, um von ihm Waffenhilfe zu erbit ten — bemühte sich um die Artillerie. In den Bauernlagern hielten sich nun keineswegs nur Bauern auf, sondern auch zahlreiche Bürger, die freilich nach den ersten Niederlagen zumeist den Mut verloren und zu ihren Familien heim kehrten. Doch allein die Tatsache, daß sich in der Weiberau zeitweise fast eben so viele Bürger befanden wie Bauern bestärkt die Meinung, daß 1626 zwar die Bauern die ganze Last des Kampfes zu tragen hatten und dementsprechende Op fer bringen mußten, die wirklichen Draht zieher aber im protestantischen ober österreichischen Landadel und in den Städten zu finden waren: diese Herren verstanden es allerdings, im Hintergrund zu bleiben und sich nach dem Zusam menbruch zu arrangieren. Ausnahmen bilden der Steyrer Advokat Lazarus Holz müller und der Steyrer Stadtrichter Wolf Madlseder, die als Haupträdelsführer mit Achaz Wiellinger — obwohl sie im wahr sten Sinn des Wortes ,,zu Kreuze kro chen" — enthauptet v.*urden: Im Fall Holz müller konnte das Urteil nur noch an der Leiche vollzogen werden, denn der Advokat war kurz vor der Justifizierung gestorben. Über das Aussehen und über die Form der Bauernlager können weitgehend le diglich Vermutungen angestellt werden, denn authentische Darstellungen fehlen fast völlig. Ziemlich sicher scheint zu sein, daß als Behausungen einfache Strohzelte dienten, in deren Herstellung die Bauern geübt waren: es bleibt frei lich die Frage offen, wo man im Monat Mai — in dem 1626 die Lager entstan den — die ungeheure Menge von Stroh hernahm. Die Hauptleute hausten — nach Felix Stieve — in ,,Krämerbuden": eine nähere Erklärung gibt es dafür nicht; vielleicht handelte es sich dabei um holz gezimmerte Unterstände, wie sie die Mar ketender verwendeten. Die Einrichtung der Zelte und der Lager an sich war primitiv, doch mag sie den Erfordernis sen entsprochen haben. Die Verpflegung bezog man in erster Linie aus Klöstern, Schlössern, Städten und Märkten, was allerdings nicht aus reichte. Das beweist ein Schreiben Ste fan Fadingers aus dem ,,haubtquartier Ebersperg" vom 23. Juni 1626, mit dem ein „großer mangl und abgang an proviant" eingestanden und der Befehl erteilt wird, alles zu unternehmen, um Vieh, Getreide und Wein herbeizuschaffen. Die Leidtragenden bei solchen Requisitionen waren vorwiegend jene Bauern, die sich nicht den Aufständischen angeschlossen hatten oder sich nach wie vor zur katho lischen Religion bekannten, denn ,,die evangelischen sollten zimlicher massen begnadet werden". Die Kopfzahl in den Lagern schwankte und war von den Ereignissen sowie von der Jahreszeit bestimmt. So wurde wäh rend der Ernte ein Turnusdienst einge richtet; wenn keine unmittelbare Gefahr drohte, hielten sich in den Lagern re lativ wenige Männer auf. Die Lagerbe satzungen bestanden durchaus nicht nur aus Bürgern und Bauern, zu ihnen ge hörten auch zahlreiche Taglöhner, Knechte und ganz junge Burschen. Das damals von der Gegenseite anscheinend oftmals kolportierte Gerücht, daß Frauen in den Lagern wohnten, läßt sich nicht bestätigen, obwohl bestimmt Frauen in die Lager kamen, um ihre Männer mit Lebensmitteln zu versorgen, und Felix Stieve vermerkt: „Sogar Weiber sollen bisweilen die Wachen bezogen haben". Denkbar wäre das schon, denn die Mehr zahl der Oberösterreicherinnen war da mals in ihrem Glauben an Religion und Sieg fanatischer als die Männer und un terstützten den Kampf mit allen Mitteln. Als sich im Juni 1626 immer deutlicher zeigte, daß man mit bloßem Dreinhauen und mit zahlenmäßiger Überlegenheit den Aufstand nicht siegreich beenden werde können, begann sich das Bauern heer militärisch zu organisieren. Freilich: Es fehlten dazu sämtliche Voraussetzun gen und das Ergebnis war praktisch gleich Null. Es gab zwar im Bauernheer gediente Soldaten, aber keiner von ihnen erlangte einen einflußreichen Posten — vielleicht deshalb nicht, weil die Bauern jeden Soldaten haßten und ihm mit größ tem Mißtrauen begegneten. Daß diese Haltung nur Nachteile für sie bringen mußte, erkannten die Bauern selten und sie wählten zu ihren Anführern Männer, die von der Kriegführung so gut wie nichts verstanden. Der also von Anfang an zum Scheitern verurteilte Versuch, die Aufständischen militärisch zu schulen, vollzog sich in den Lagern. Zunächst wurden Chargen eingeführt, und zwar nach der damals üblichen Rangordnung: der Bogen reichte vom Korporal bis zum Generalobristen. Doch zahlreiche Bauernführer kümmerten sich recht wenig darum und versahen sich mit Titeln, die ihnen zu sagten: So nannte sich zum Beispiel der Gallneukirchner Veit Prill Obristwachtmeister, und Georg Reiter, der Richter von Lasberg, Rittmeister, obwohl solche Chargen gar nicht vorgesehen waren. Neben den Offizieren agierten — wie bei der regulären Truppe — Feldschreiber, Feldscherer, Proviantmeister, Schanzmei ster und Büchsenmeister. Zu diesen zählte Hieronymus Fischer, der im Stift Kremsmünster als Hofzeugwart tätig war, seinem katholischen Glauben treu blieb und von den Bauern zum Mitziehen ge zwungen wurde; daß man von dem Mann keinen vollen Einsatz erwarten konnte, ist verständlich. Gleichfalls im Juni tauchten in den La gern sogenannte Verordnete und Kriegs räte auf, die eine Art von Polit-Offizieren darstellten und die Aufgabe hatten, für Zucht und Ordnung zu sorgen; außer dem sollten sie die Verbindungen zwi schen den Lagern aufrechterhalten. Die Anzahl dieser Kriegsräte scheint beträcht lich gewesen zu sein, denn allein im Weiberauer Lager waren 24 solcher Kriegsräte — ,,deren Befehlen muß ge lebt werden und halten gar scharfe execution" — tätig, und im Lager vor Linz sollen noch mehr „ihr Handwerk getrie ben haben". Tatsächlich sind einige Kriegsräte namentlich bis heute bekannt geblieben, was für ihren Einfluß zeugt. Die Hauptbeschäftigung in den Lagern war natürlich und den militärischen Ge pflogenheiten entsprechend das Exerzie ren. Wie das vor sich ging und welcher Erfolg sich einstellte, ist nirgendwo zu lesen, aber man kann mit großer Sicher heit annehmen, daß es eine Quälerei für jeden Beteiligten war, denn die Kom mandierenden hatten in der überwiegen-

Oben; Schloß Aistersheim im Hausruckviertel diente den Anfütirern der Bauern des öfteren als Quartier. Foto: M. Eiersebner Unten: Die Weiberau - ziwischen Weibern und Aistersheim gelegen —, wie sie sich heute darbietet: Hier befand sich 1626 und 1632 das größte Bauernlager; es wurde zum „Herzstück" der Aufständischen in ideeller, personeller und materieller Hinsicht. Foto: M. Eiersebner - vv*' I V V ;t ei-i •« •*

den Mehrzahl keine Ausbildung und Qualifikation dazu, und die kommandiert wurden, mochten oft recht wenig Lust ge zeigt haben, den Befehlen — vorausge setzt, daß sie überhaupt richtig gegeben und verstanden werden konnten — zu folgen. Das Ergebnis zeigte die Praxis: Bis zu ihrem letzten Kampf um Wolfsegg waren die Bauern nicht in der Lage, sich einigermaßen taktisch und nach den da mals gültigen Regeln der Kriegskunst zu verhalten. Immer wieder stürmten sie mehr oder minder blindwütig drauflos - einzig im Treffen bei Kornrödt, am 20. September, bewiesen sie eine Spur von Geschick und Umsicht. Doch das fleißige Exerzieren sollte auch der Disziplin im Bauernheer dienen. In dieselbe Kerbe schlugen Strafandrohun gen verschiedenster Art, es wurden In den Lagern Ausschüsse eingesetzt, die sich mit Rechtsstreitigkeiten zwischen den Bauern zu beschäftigen hatten, und es gab sogar Ansätze zu einem Regle ment, das für jedermann in und außer halb des Lagers verbindlich war. Geholfen hat das alles nichts. Die Diszi plin blieb schlecht und erwies sich als eine der Ursachen zur totalen Nieder lage der Aufständischen. Immer wieder kam es in den Bauernlagern zu Exzessen und Zusammenstößen — bestimmend war dabei gewiß der beträchtliche Alkohol konsum -, und schließlich ging es so gar den Anführern an den Kragen. So wird berichtet, daß ein Schanzmeister, der sich offensichtlich unbeliebt gemacht hatte, ermordet v/urde, Christoph Zel ler — Generalobrist Im Mühlviertel — wäre In dem kleinen Lager von Mars bach, als ,,er zu viel befehlen wollte", fast von den Bauern erschlagen worden, und als Georg Kietoppler daran dachte, im Weiberauer Lager einen Galgen er richten zu lassen, um zumindest symbo lisch für Zucht und Disziplin zu sorgen, bleuten ihn die Bauern dermaßen, daß er tagelang nicht einsatzfähig war. Selbst Achaz Wiellinger gestand: ,,Habe oft et was den paurn zu gefallen geschriben, weil vielmallen von inen ibi gehalten wor den". Nach dem Einmarsch der kaiserlichen Truppen in Wels unter Obrist Löbl und dem Zerfall des Einschließungsringes um Linz im August 1626 lösten sich die meisten Bauernlager rasch auf. Sogar aus der Welberau flüchteten die Aufstän dischen, vor allem als sie erfuhren, daß sich bayerische Einheiten näherten: ,,Das churbairische Kriegsvolk hat einen An schlag gemacht, die in dem Lager Weiberau zusammengelaufenen Bauern un versehens zu überfallen. Und als zu sol chem Zwecke etliche Truppen voranzo gen, das Lager zu rekognoszieren, sind die Rebellen gleich in solche Gonfusion geraten, daß sie den Streich nicht er wartet, sondern sich in die Flucht bege ben und das Lager ganz verlassen ha ben" (Mitteilung von Balthasar Ranspeck an Franz Christoph Khevenhüller vom 15. September 1626). Doch nach den großen Bauernsiegen bei Neukirchen am Wald und Kornrödt füll ten sich die Lager wieder — freilich nur für kurze Zeit. Als Pappenheim im No vember 1626 auf den Plan trat und die Aufständischen bei Emling, Pinsdorf, Vöcklabruck und Wolfsegg vernichtend schlug, blieb nur ein Lager noch beste hen, und zwar das von Doppelhof-Peuerbach. Hier versammelten sich die Über lebenden und Unentwegten, die nicht glauben wollten, daß all ihr Einsatz um sonst war. Sie zeigten sich auch ent schlossen, erneut loszuschlagen, doch als sich ihnen Pappenheim näherte, gaben sie auf und suchten das Weite. Aber bereits sechs Jahre später — im Sommer 1632 — bezogen neuerdings obderennsische Bauern, darunter freilich ,,mehrern Theils ledige, theils auch aus gerissene Bursch", vor allem die bekann ten Lager in der Welberau und auf der Hagleiten nächst Eferding, von wo sie unter der Führung von Jakob GreimbI wieder In den Krieg zogen. Doch dies mal brauchte man keinen Pappenheim, um die Aufständischen, die ganz offen kundig mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf konspirierten, zur Räson zu brin gen. Am 9. Oktober 1632 wurden die rebellierenden Bauern von kaiserlichen Truppen - vorwiegend handelte es sich um Söldner aus Ungarn und Kroatien — nächst Eferding eingeschlossen und nie dergemetzelt; das Lager auf der Hag leiten ging in Flammen auf, die Welberau wurde für immer verlassen. Sichtbare Hinweise auf die Bauernlager in Oberösterreich haben sich kaum er halten; in den meisten Fällen weiß man nicht einmal genau den Ort anzugeben, wo sie errichtet worden sind. Sogar In der Welberau — Herzstück der Aufstän dischen von 1626 und 1632 in ideeller, personeller und materieller Hinsicht — verändern sich die Verhältnisse laufend, obwohl man noch ahnen kann, wo sich das Lager ausdehnte. Wer das erkennen will, soll alte Pläne studieren, die vor handen sind. In einem 1750 gezeichne ten Plan ist der Galgenhügel eingetra gen, auf dem man die Leichen der Bauernführer Tobias Angerholzer und Abraham Starl 1627 bzw. 1633 als ab schreckende Beispiele zur Schau stellte — beiden hat es nichts geholfen, daß sie sich den Siegern völlig unterwarfen. To bias Angerholzer aus Weibern — wie erwähnt, mächtiger Mann im Weiberauer Lager — war sogar zu den Kaiserlichen übergelaufen und damit zum Verräter geworden, dennoch pflanzte man seinen Kopf in der Welberau auf. Auch das einstige Bauernlager auf der Hagleiten bei Eferding ist nur noch zu ahnen; allerdings hat sich jener Hof er halten, nach dem die Hagleiten benannt ist, und es sind einige Ansätze von Wäl len zu erkennen, die das Lager ab schirmten. Doch sonst haben hier die dreihundertfünfzig Jahre, die seit dem Bauernsturm ins Land gingen, wie an anderen Orten sämtliche Spuren ver wischt, und es scheint tatsächlich, daß es ausschließlich den Barden vorbehal ten ist, von Krieg und Leid, von Sieg und Niederlage, von Bauerntrotz und Sterben zu berichten.

Stadtturm Schwanenstadt Schwanenstadt feiert im kommenden Jahr ein besonderes Fest: „350 Jahre Stadterhebung" Vor 1200 Jahren als Siedlung genannt, vor 600 Jahren mit dem Marktrecht ausgestattet, 1627 zur Stadt erhoben. Eine moderne Stadt, die viel vom Reiz der Vergangenheit erhalten hat, die Tradition pflegt und in der es sich zu leben lohnt.

Wolf Madiseder und Steyr Volker Lutz L Das doppelgiebelige Haus des Steyrer Stadtrichters und Bauernführers Wolf Madiseder (hingerichtet zu Linz am 26. März 1627), heute Steyr, Stadtplatz Nr. 39. i!' ■■ Ii : ■■ r 7 >■ i ^■/ i Die traditionsreiche Elsenstadt spielte auch Im Bauernkrieg von 1626 eine große Rolle. Schon knapp nach dem Beginn dieser Er hebung, die vor allem politische, soziale und konfessionelle Ursachen hatte, öff nete Steyr dem Bauernheer seine Tore; vor allem deshalb, well sich bedeutende Bürger mit den Forderungen der Land leute solidarisch erklärten und In Ihrem Sinne wirkten. Besonders der ehemalige Stadtrichter Wolf Madiseder, selbst ein Anhänger des protestantischen Glaubens, trat energisch für die freie Religionswahl ein und setzte sein ganzes Bestreben gegen die überaus harten Aktionen der Gegenreformation und die Übergriffe der bayerischen Be satzungssoldaten ein. Mit dem Stadtadvokaten Dr. Lazarus Holzmüllner, dem Stadtschreiber Hans HImmelberger, dem ehemaligen Bäcker meister Toblas Angerholzer und dem früheren Gerichtsschreiber Balthasar Mayr, alle aus Steyr, gehörte Wolf Madis eder zu den eigentlichen geistigen Füh rern des Bauernaufstandes Im Lande ob der Enns. Als die Bayern mit Hilfe der kaiserlichen Soldaten den Aufstand dämpften, am 22. August 1626, kampflos die bis dahin von den Bauern besetzte Stadt Steyr ein nahmen und schließlich die bäuerliche Erhebung blutig niederschlugen, wurde Wolf Madiseder am 26. März 1627 nebst anderen Steyrer Bürgern am Hauptplatz zu Linz enthauptet und gevierteilt, obwohl er seit September 1626 In Haft war und die letzten Schlachten des Bauernkrieges nicht mehr beeinflussen konnte. Seine Körperteile wurden zur Abschrekkung am Ortsausgang zu Linz In Richtung Steyr zur Schau gestellt. Sein Kopf, nebst dem von Dr. Holzmüllner, am Stadtplatz seiner Heimatstadt Steyr auf eine aufge richtete Stange gespießt. Erst am 22. September 1628 — eineinhalb Jahre nach der Hinrichtung — wurde über wiederholtes Bitten der Witwe Regina Madiseder der Kopf abgenommen und mit den übrigen Leichenteilen vereint und beim Bruderhaus In Steyr begraben. Der Witwe hatte man auch die Exekutions kosten In der Höhe von 332 Gulden zur Bezahlung vorgeschrieben. Noch 1631 — 4 Jahre nach dem Tode Madlseders — war die Nachlaßabhandlung noch nicht abgeschlossen. Die einzige Erinnerung In Steyr an den Bauernführer und Stadtrichter Wolf Madiseder Ist das ,,Madlseder-Haus" (Stadtplatz Nr. 39), das aus Anlaß des Gedenkjahres In die Fassadenaktion ein bezogen wurde. Der Vater, Hans Madiseder, hat um 1579 zwei nebeneinanderliegende Häuser an gekauft und durch einen Umbau vereinigt. Aus dieser Zelt stammt auch der bemer kenswerte Renaissancehof mit dem schö nen Laubengang. Von 1620 bis 1627 be saß dann Wolf Madiseder mit seiner Gat tin Regina dieses Haus. p. r.

Linzer Silberund Raritätenkammern Anton Wilhelm Die Linzer Silber- und Raritätensamm lungen umfassen Insgesamt 120 cha rakteristische Objekte und bestehen aus drei getrennten Gruppen; Der „Silber und Raritätenkammer" des Oberöster reichischen Landesmuseums Im Linzer Schloß, der gleichfalls Im Linzer Schloß museum untergebrachten ,,geistlichen Schatzkammer" und einer aus 50 Ob jekten bestehenden Kollektion Im ,,Johann-Adam-Pruner-ZImmer" des Linzer Stadtmuseums Nordico. In Ihrer Gesamt heit bilden diese Objekte zwar keine umfassende Darstellung alter Sllberschmlede- und Gürtlerkunst, In der gro ßen Fülle erhalten gebliebener Raritäten, dennoch vermitteln diese Sammlungen weiten Einblick In die künstlerische Ge staltung und Stilwandlung feiner Metall bearbeitung. Gut wirkt auch die völlige Trennung der einst dem profanen oder kirchlichen Gebrauch dienenden Objekte. Silber bedeutete für die Welt bis zum Beginn unseres Jahrhunderts mehr, als wir uns heute allgemein vorstellen. Nur mit gemünztem Silber, dem Sold, konnte man Soldaten und Offiziere halten und dadurch Macht und Einfluß gewinnen. Gold gab es hIefür zu wenig und für Kupfer und Versprechungen wollte nie mand kämpfen oder gar sterben. Die Gefolgschaftsheere des Mittelalters ver sagten schließlich. Infolge Ihrer Auswei tung, denn auch sie benötigten Silber. Nach den lang hingezogenen Kriegen, die Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich über länderweite Gebiete und mit großen Heeren führten, trat eine Sil berkrise In Erscheinung. Die europäi schen Silbergruben waren ausgebeutet. Silberkäufe waren nur noch durch da mals schon bestehende Geldkonzerne, die der Welser und Fugger In Augs burg, der Medicl, BardI und PIttl In Flo renz, der Grittl und der Casa S. Giorgio In Venedig, sowie durch die Hansa mög lich. Die Hansa kaufte Silber, das aus dem Ural stammte. In Nowgorod. Dieser Zustand währte fünfzig Jahre, bis sich ein Morgenrot am Silberhimmel zeigte. Die Spanler hatten Elnschau In die neue Welt, die Neuspanien hieß, genommen. Verwegene Abenteurer, die man Conqulstadoren nannte, hatten mit Hilfe der Krone nacheinander Mexiko, Yukatan, Kolumbien, Bolivien und selbst das An denhochland ,,Blrl — Peru" erobert und besetzt. Cortez, da Soto, PIzarro, Almagro, Gasca und viele andere lechzten und schrien nach Gold, das Goldland „El Dorado" mußten sie finden. Sie fan den Gold In Überfluß, da Soto plünderte In Tolomecco den Grabtempel der Kazlden. In dem unermeßliche Schätze an Gold und Perlen lagen. PIzarro bemäch tigte sich des Inka Atahualpa von Peru, Meß Ihn töten und erntete Gold Im Wert von einhundert Millionen Dukaten. Von all diesen Schätzen gelangten nur Spu ren In das spanische Mutterland. Die Conquistadoren und das anhängende Raubvolk brachten einander um, teilten die Beute und strebten nach den Küsten. Aber Gold, Perlen und Ihre Besitzer ver schwanden meist spurlos In Wäldern und Sümpfen, ehe sie das Meer erreichten. Der Fluch der Inka hatte sie begleitet. Anders war es mit der Auffindung von Silber. Nach Almagro beherrschte der Abenteurer Gasca nach 1535 ein In 4000 Meter Höhe gelegenes Tal mit einer Indlosledlung, die sie PotosI nannten, Tal und Siedlung lagen Im Hochland von Bolivien. Es gab dort dünne Luft, Ent behrung und Hunger. Am 22. April 1545 verwies ein Indlo-HIrte die Spanler auf einen 800 Meter hohen Berg, der aus dem Hochtal aufragte, und zeigte schwere graue Erzbrocken, die er dort gefunden hatte. Nach Untersuchungen stellte sich heraus, daß der Berg wahr scheinlich zum Großteil aus Silbererz be stand, ein ,,Wunder der Natur". Die Schwierigkeit aber, hier Silber zu gewin nen, war enorm. Man meldete den Fund der „Casa de contrataclon", die das Gebiet dem Kronschatz einverleibte. Kö nig Karl I. (als deutscher Kaiser der V.) besprach sich mit den Fuggern, die Fach leute nach PotosI sandten. Die Fugger warnten vor Überstürzung. So baute man In PotosI sehr sorgsam zuerst Unterkünfte, dann suchte man nach geeigneten Pfaden, die zur Küste führten und ausbaufähig waren. Der Ha fen von Gartagena In der Karibischen See stand nun mit PotosI In unmittel barer Verbindung. Schließlich wurde an geordnet, daß Silberflotten nur In Ge leltzügen fahren durften, und zwar In der Route Gartagena, San Domingo auf Haiti, über den Atlantik nach Gadiz und Sevilla. Gerade als König Philipp II. 1556 die Herrschaft über Spanien übernom men hatte, begann der ,,Silbersegen von PotosI" sich auszuwirken. Ein Silberstrom ergoß sich In die Kassen der Krone. König Philipp II. hatte von seiner Groß mutter Johanna Wahnsinn ererbt. Erst ließ er mit dem Silber aus der neuen Welt den gigantischen Escorlal, ein Re sidenzkloster, erbauen, dann aber er richtete er seine „Armada", eine Flotte mit 130 Hochseeschiffen, die mit 3000 ... .4«'>

Links oben: Silberkammer im Linzer Schloß: Gedeckeiter silberner und zum Teil vergoldeter Buckeipokai, Meisterzeichen Laubbaum, Nürnberg um 1550. Foto: M. Eiersebner Links unten: Siiberkammer im Linzer Schloß: Silberner Tulpenkeich,zum Teil vergoldet, Meisterzeichen des Andreas Michel (1630-1648), Nürnberg. Foto: M. Eiersebner Unten: Silberkammer im Linzer Schloß: Gedeckeiter Siiberhumpen,zum Teil vergoldet, mit Attributen der Jagd und Landwirtschaft, Meisterzeichen K. B., Augsburg,1690. Foto: M. Eiersebner .Mg ? h' : mmh -it- >

Geschützen bestückt waren. Heute wissen wir, daß die Schiffe schlecht und unfach gemäß, meist von Gefangenen gebaut wurden. Als er die ,,Armada" 1588 an die Themsemündung schickte, um Engiand zu erobern und zu rekatholisieren, ver lor er gegen England und gegen die rauhe Nordsee eine der größten See schlachten der Geschichte. Wie vor ihm die Conquistadoren das Goid, so hatte jetzt König Phiiipp il. das Siiber aus der neuen Welt sinnlos vergeudet. Potosi aber wurde im folgenden v/eiter ausgebaut, es erreichte im 17. Jahrhun dert 160.000 Einwohner, der Siiberstrom floß weiter, obwohl die Siiberflotten im mer wieder von Engländern, Franzosen und Holländern, besonders in der Karibi schen See, mit Erfolg aufgebracht und geplündert wurden. Siiber floß unentwegt in die Kassen der ,,Casa d' Austria", des Hauses Habsburg-Österreich, gleich ob es sich um die Primo-, Secundo- oder Tertio-Genitur des Erzhauses handelte, bis König Karl III. (in Österreich Kaiser Karl VI.) im Jahre 1711 Spanien ver lassen mußte. ,,Das Wunder von Potosi" aber blieb bestehen. Man schätzt, daß den Habsburgern von 1556 bis 1710 aus den Siibergruben in Bolivien und Mexiko Siiber im Wert von mindestens zwei Mil liarden Dukaten zugeflossen ist. Die Hälfte davon verschlang der Dreißigjäh rige Krieg, den anderen Teil Türkenund Franzosenkriege, aber auch die kost spieligen Hofhaitungen der spanischen Könige Phiiipp Iii. und Philipp IV. und Links außen: Silberkammer im Linzer Schloß: Griffe eines höfischen Eßzeuges für Kinder, Elfenbein geschnitzt, Messer und Gabel aus Stahlschnitt, Süddeutsch um 1600. Foto: M. Eiersebner Links: Silberkammer Im Linzer Schloß: Mohrenknabe mit Vogelkäfig und Jagdwaffen, Holz-Sllber-Montlerung, ehemals Ehrengabe der Ostindischen Compagnie, Amsterdam um 1700. Foto: M. Eiersebner die Verschwendungssucht Kaiser Ru dolfs il. Der hungernde Ziegenhirte In Potosi hat 1545 indirekt dem Haus Habs burg zu neuem Ruhm und Ansehen ver holten. Der durch den Siiberfluß wieder entstan dene Reichtum ließ die Silberschmiede kunst neu beleben. Zentren der Silber schmiede lagen in Amsterdam, Augs burg, Nürnberg und in Florenz. Es ge hörte zum Ansehen, Silber zu besitzen, besonders Tafelgerät. So entstanden Sil berkammern an den Höfen und in den Ansitzen des Adels. Fürsten und Reichs grafen speisten auf Silber, der niedere Adel und die wohlhabenden Bürger auf Zinn. Die Bauern mußten sich mit höl zernen Teilern und Schüsseln begnügen. Aber auch die Städte legten Siiberkammern an, vorrangig die freien Reichs und Hansastädte. Sie bedurften dieser mit prunkhaften Siibergeräten ausgestat teten Kammern zur Repräsentation und der Darstellung ihres Reichtums, im spä ten 17. Jahrhundert fügten sie, nach dem Hochkommen der ,,Ost- und Westindi schen Handeiskompagnien", auch Rari täten, Mitbringsel aus fernen übersee ischen Ländern hinzu, in anderen Fällen kostbare Uhren und astronomische In strumente. Den Untergang der zahlrei chen Siiberkammern bewirkten die Kriege Kaiser Napoleons I. Bonaparte. Um Truppensold zu erlangen, ließ er erst die französischen Siiberschätze, später die seiner Verbündeten einschmelzen und vermünzen. Den besiegten Gegnern gebot er, die auferlegten Kontributionen in Siiber zu bezahlen. Diesem Gebot fiel unsere größte Silberkammer, der Schatz der Kirche von St. Wolfgang,zum öpfer. Die Silberkammer im Linzer Schloßmu seum beinhaltet eine übersichtliche Sammlung von Münzen und Medaillen, die im oberösterreichischen Raum geidgängig, bei Medaillen denkv^ürdig waren. An den Wänden wird das Ducatus, das Erzherzogtum Österreich ob der Enns, in alten Kartenstichen festgelegt. Sehr sinnvoll glänzt inmitten der Kammer in einem Rahmen im ,,Eskuriai-Stii" das Porträt Kaiser Rudolfs il. Der Kopf des kunstliebenden und schatzgierigen Herr schers, der Tafeifreuden ebenso wie seine Schätze liebte, blickt schnurgerade in die kostbare Sammlung edler Silber schmiedearbeiten. Es sind Werke aus Nürnberger und Augsburger Siiberschmieden, besonders aus dem 17. Jahr hundert. Auch hier ist feststeilbar, daß die Prachtstücke der Repräsentation dienten. Besonders hervorzuheben sind Seltenheiten, wie der Nürnberger Braut becher des Meisters Wolff Ghristoff Rit ter II., der nach 1617 starb, das Pariser Hochzeitschiffchen mit fünf Meister- und Beschauzeichen um 1600, ein Tulpen kelch vom Meister Andreas Michel 1630 bis 1648, ein gedeckeiter breiter Silber becher mit Medaillons in feiner Relief arbeit, die Kundschafter Kaief und Josua, Rebekka und den harfenspielenden David darstellend, Augsburg 1660. Zu den erstrangigen Stücken zählt auch der ge-

Rechts; Geistliche Schatzkammer im Unzer Schloß: Monstranz mit Strahlenkranz, Nodus und verziertem Fuß. Neuer Stil nach dem Konzil von Trient, Oberösterreichisch um 1600. Foto: M. Eiersebner Rechts außen: Geistliche Schatzkammer im Linzer Schloß: Meßkelch, Silber vergoldet und reich ornamen tiert, Linzer Meister um 1770. Foto: M. Eiersebner Rechts unten: Geistliche Schatzkammer im Linzer Schloß: Silbernes Navicuium - Weihrauchschiffchen mit Akanthusmotiven, Linz um 1730. Foto: M. Eiersebner deckelte Silberhumpen, der drei Kava liere mit Breithut, Mantel und Degen zeigt, im Deckelgriff ein Donauweibchen, um das sie offenbar stritten. Die Inschrift lautet: STATT LINZ 1612. Unter den Ra ritäten und Nautilen glänzen besonders ein silbergefaßtes Straußenei, das Seeohr-Haliotis mit dem Goldkrebs, eine del phingetragene Mördermuschel und ein Nautilus mit Turboschnecke. Zu den be sten Stücken der Kammer gehört auch der Mohrenknabe mit dem Vogelkäfig, ,,Mörischer Prinz", mit Lanze, Bogen und reichem Federschmuck, das Vorbild des Papageno der Zauberflöte: sicherlich war er einst ein Werbegeschenk der Ostin dischen Compagnie. Die Eßzeuge der Linzer Silberkammer grenzen an die Spit zenwerke der Silberschmiedekunst: voran das Damen-Eßzeug mit Schäften aus Heliotrop und ein Kinder-Eßzeug mit spielenden Putten aus Elfenbein; sie stammen von einer höfischen Tafel. Dann setzen uns russische Feldbestecke, herr liche Arbeiten aus Tula, in Erstaunen, die dem Zarenhof gehörten. Fürsten speisten an ihren Tafeln auf Tellern, die aus ausgesuchten Steinen, Marmor, Ser pentin oder aus Jaspis gefertigt waren. Den letzten Teil der Linzer Silberkammer bilden seltene Uhren, Gold-Silberwaa gen und astronomische Instrumente, die mit Ausnahme einer Sternzeituhr, De monstrierzwecken dienten. Der Sternzeit uhr, einer Erfindung Tychos aus Prag, bediente sich in Linz Johannes Kepler. Schon bei nur flüchtiger Betrachtung der

Geistliche Schatzkammer im Linzer Schloß: Partikeimonstranz, Silber vergoldet. Prunkstück mit Reiiquienkapsei und Darstellung der hl. Trinität über der Weitkugel, reich gestalteter und ornamentierter Fuß, Linzer Meister um 1780. Foto: M. Eiersebner Siiberkammer im Linzer Schloß kommt man zur Überzeugung, daß die darge botenen Objekte einst aristokratische Herren als Besitzer hatten. Nur Reich bemittelten war diese Kunstqualität da mals zugänglich. Nachforschungen nach der Besitzherkunft eines Teiles der Sammlung ergaben bekannte Namen, wie die Grafen von Kuenburg, die Gra fen Thun, die Harrach und Khevenhiller. Der Eintritt der Objekte in die Samm lung erfolgte meist auf komplizierten Um wegen. Nicht unerwähnt möge der pracht volle Renaissanceschrank der Kammer bleiben, der wie in allen Silberkammern dazu bestimmt war, die Schätze unter Verschluß zu bringen. Viele erstaunlich schöne Gegenstände der Linzer Silber kammer, mit an der Spitze die Linzer Kanne von 1612, beweisen, daß selbst in Notzeiten, da die Schrecken von Krie gen und Unruhen weite Länder über zogen, meisterhafte Kunstfertigkeit nicht verblaßte. Im Linzer Schloßmuseum ist ebenso eine Kollektion von Kirchengerät mit der Be zeichnung ,,Geistliche Schatzkammer" untergebracht. Diese Sammlung ist in die bedeutende Gotik-Ausstellung, Zeit und Stil entsprechend, eingebunden. Für Re naissance und Barock stehen besondere Räume zur Verfügung. Die in Gruppen zusammengefaßten Altargeräte erhalten durch die ausgestellten Statuen und Ta felbilder in den herrlichen Räumen einen sehr ansprechenden Hintergrund. Beson ders Relikte unserer ältesten geistlichen Stiftung Mondsee wurden hier wieder vereinigt. Bischof Josef Calasanctius Fliesser, ehedem Kooperator in Mond see, hat sich um das Zustandekommen dieser Sammlung sehr bemüht. Die Spitze repräsentiert ein vorromanischer Kruzifixus, der ehemals auf dem Einband eines Missales angebracht war. Er entstand noch im Ottonischen Imperium und wurde im Mondseer Stiftsland aufgefunden. Zur Mondseegruppe dieser geistlichen Schatzkammer zählen noch ein liegen des Reliquiar mit sehr früher Emailar beit, die Verklärung am Berge Tabor dar stellend; ein Setzkelch mit Brotschüssel und Apostellöffel, ein Kelch, so gewicht los wie eine Feder, ein Gefäß mit dem Maß eines Kreuznagels und schließlich der Krummstab des Abtes Wolfgang Ha berl, den Kaiser Maximilian I. seinen Pfarrer und Freund nannte. Die Fülle go tischen Altargerätes in dieser Linzer Sammlung wirkt nicht überraschend, stammen doch viele Stücke dieser Kost barkeiten aus aufgelassenen geistlichen Stiftungen. Während in der Silberkammer des Schloßmuseums der Stilübergang Gotik, Renaissance, Manierismus naht los verläuft, klafft in der geistlichen Schatzkammer eine beachtliche Lücke, die durch die Reformation entstand. Hier mußte in der Sammlung die katholisch gebliebene Lombardei einspringen, die durch ein hervorragend gestaltetes sil bernes Vortragskreuz vertreten ist. Durch die Reformdekrete des Konzils von Trient 1564 werden Kirchenparamente und das Altargerät förmlich genormt, der Jesui tenstil tritt in Erscheinung. Ein Meßkelch und eine Monstranze bezeugen in der Linzer Sammlung diese Stileigenheit ganz besonders. Nun aber beginnt im 17. Jahrhundert der Barockwind erst zu säuseln,dann jedoch sturmartig zu wehen. Die entwickelte Seefahrt nach Ostindien brachte aus den Hochkulturen, die sich in Java und Sumatra entwickelt hatten, neue Stilelemente nach Europa. Knorpel, Laub- und Bandwerk verformte der Ba rock zu phantastischen Gebilden. Diese Formungen entsprachen, jetzt nach völ liger Uberwindung des Protestantismus, den Vorstellungen der ,,Ecclesia triumphans", einer jubelnden Kirche, die nicht nur den Himmel,sondern jetzt auch, nach Uberwindung und Besiegung der Türken, unsere Welt umfaßte. Prachtvolle Gebilde dieses barocken Triumphes sind nun im Raum l/3 des Schloßmuseums unterge bracht. Dieser Raum war ursprünglich das Amtszimmer des Vizedom, also des Vertreters des Statthalters. Der helle Raum besitzt ein hohes Tonnengewölbe und bietet den Reiz der Überraschung. Tritt man ans Fenster, vermeint man, die Donau fließe hier unter dem Fenster aus dem Schloßberg. Im Raum ist eine Fülle kostbarer Ornate, Leihgaben der Linzer Stadtpfarrkirche, untergebracht, Meßkleider, Pluviale, Stolas und Manipel aus Brokat und Seide mit kunstvollen Stickereien übersät, ein Pfingstornat mit schweren Goldauflagen und prachtvollen Seidenstickereien, von Ordensfrauen der Linzer Klöster angefertigt. Die reiche Sammlung von Altargeräten in diesem Raum zeigt die große Fülle erhalten gebliebener feiner Silberschmiedearbei ten aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Hier zeigt sich Linz im Glänze des strah lenden Barock. Grandios geformte Partikelreliquiare waren einst Stolz der Linzer Frauenklöster. Uber Hersteller, Werkstät ten und Meister erfahren wir sehr wenig, obwohl es im oberösterreichischen Raum hervorragende Silberschmiede gab. Die Besteller von Altargerät liebten es nicht. wenn diese Gegenstände, die vor Gebrauchnahme geweiht wurden, mit oft unverständlichen Signaturen bezeichnet waren. Bei Meßkelchen war die Anbrin gung von Inschriften und Zeichen, auch am Unterteil des Fußes, nur mit bischöf licher Genehmigung erlaubt. Aussagen über Meister sind meist nur aus Kirchen rechnungen aufspürbar. Ein besonderer Hinweis hingegen findet sich auf einem außerordentlich schönen, an ein Hausaltärchen erinnernden Zunftzeichen der Lin zer Gürtler aus dem Jahre 1720 mit Na men von Gürtlermeistern aus Linz und Oberösterreich, und zwar Joseph Anselmus Heiss in Linz, Franz Hess von Schongau, Johannes PantI von Schwanenstadt, Sebastian Margetsch von Frei sing, Georg Weissbach von Enns, Joseph Paur von Linz, Andreas Steiger von Graz, Martin Meilinger von Arting, Christof Leutner von Paaden, Joseph Prei von Straubing und Georg Eisenreich von Landshut. Diese Meister bildeten in der ,,Linzer Glanzzeit des Barock" eine an gesehene Zunft, das Wort „von" bezeich net ihren Geburtsort. Als sicher gilt aber, daß der Großteil des edlen und teuren Kirchengerätes im oberösterreichischen Raum aus Augsburg kam. Nach dem Beschluß, das Linzer Prunerstift als Musikschule der Stadt Linz um zugestalten, wurde angeregt, im ,,Stadt museum Nordico" ein ,,BürgermeisterPruner-Zimmer" einzurichten. Johann

Wandvitrine im Bürgermeister-Pruner-Zimmer im Linzer Stadtmuseum Nordico mit Kunstgegenstän den aus der Zeit Pruners. Foto: Fr. Michaiek

»ii(r' Links außen: Bürgermelster-Pruner-ZImmer Im Linzer Stadtmuseum Nordico: Kokosbectier mit Gehelmverschluß, der Inhalt bestand aus Indianischem Rausch gift, kreolische Dekormotive, San Domingo (?) um 1690. Foto: Fr. MIchalek Links: Bürgermelster-Pruner-Zimmer Im Linzer Stadtmuseum Nordico: Salbölbehälter für kultischen Gebrauch, Indien, 18. Jahrhundert. Foto: Fr. MIchalek Adam Pruner, der von 1662 bis 1734 lebte, war Großkaufmann mit weltweiten Handelsbeziehungen, Bankier und von 1721 bis 1732 Bürgermeister der Stadt Linz. Er sprach unter anderem fließend Latein, war vor Antritt des Bürgermei steramtes Stadtrichter und ,,Bankalassessor". Seine Stellung in Linz war nur mit der eines Großhandelsmannes und Patriziers in den freien Reichsstädten vergleichbar. Die Linzer Chronik berich tet von ihm mit Ehrfurcht, ,,daß die Oze ane seine Schiffe trugen". Zwei Gemäl de von Martine Altomonte zeigen ihn mit energischen Zügen, hagerer Gestalt und mit raumgreifender Geste. Als er einst Nachricht erhielt, daß ein mit besonders wertvoller Fracht beladenes Seeschiff, das 27 Tage überfällig war, den Hafen erreicht habe, faßte er den Entschluß, eine große karitative Stiftung zu errichten. Dieser Stiftung vermachte er auch sein Vermögen. Das ,,Bürgermelster-Pruner-Zimmer", einer der schönsten Räume im Nordico, repräsentiert den Wohnraum eines Lin zer Patriziers. Figürlich Intarslerte Schränke, eine kostbare Standuhr, Tische und Stühle bilden den äußeren Rahmen. Hinzu kommen zeit genössische Gemälde, unter anderem das Porträt J. A. Pruners von Martine Altomonte. Im Raum befindet sich in einer Großvitrine eine ,,Silber- und Rari tätensammlung", und zwar die dritte Lin zer Kollektion, die hier beschrieben wird. Diese Linzer Stadtsammlung ist natür lich auf J. Adam Pruner, seine Zeit, sein Amt und seine Teilhaberschaft an der „Ost-und Westindischen Compagnie"zu geschnitten und gerade deshalb beson ders beachtenswert. Hauptstücke dieser Kollektion sind zwei kleine Schiffe, das eine, eine Silber-Caravelle, diente einst bei feierlichen Gottesdiensten als Navlculum, als Prunkgefäß für die Darrei chung von Weihrauch. Die Schiffstake lung Ist abhebbar, dadurch wird der Weihrauchbehälter zugänglich. Das zweite Schiff ist ein ostindisches Dschun kenmodell, ein Staatsschiff für die Für stentafel zur Darbietung von Salz oder rotem Pfeffer. Es gibt dann noch zahl reiche Raritäten und Stücke aus der fer nen Welt — einen Nautilus, einen beson ders schönen Nußbecher, ein geheim nisvolles Salbgefäß für Tempelgebrauch, einen Steinfisch als Pfefferstreuer und eine Greifenklaue — Horn einer Büffel kuh; ferner ein Globus, eine Türmchen uhr und die bekannte Linzer ,,Univer sal Sonnenuhr" des Meisters Franz An ton Knittel vom Jahre 1713, in der J. A. Pruners Name unter anderen „ständi schen Verordneten", eingetragen ist. Auch aus der Sammlung des Linzer Apo thekers Rucker sind hier kostbare Gegen stände untergebracht, feine chinesische Elfenbeinarbelten, darunter komplizierte Spiele, das Besteck eines Arztes und besonders eine Sammlung von Dosen mit Wänden und Deckeln aus geschliffe nen Halbedelsteinen. Diese Sammlung wird ergänzt durch ein komplettes hö fisches Tafeießzeug. Die Schäfte von Mes sern und Gabeln sind oktogonal geformt und mit graviertem Perlmutter belegt. Auch eine Auswahl feingeschllffener und gravierter venezianischer Gläser ist aus gestellt. Zum Schatz dieser Kammer ge hören außerdem Holz-Elfenbein-Figuri nen von Stefan Feger, 1726 bis 1770, sie stellen arme Leute vor, denen J. A. Pruner seine Stiftung zugewendet hat. Hier ist ein Donauschiffer mit Ruder und eine leierspielende Bettlerin in dürftiger und zerrissener Kleidung. Auch eines der recht seltenen ,,Papageno-Flgürchen" Ist hier untergebracht, ein Jüngling in grü nem Federkleid, sein Schöpfer ist wahr scheinlich der Wachsbossierer Johann Bapt. Geto aus Tittmoning, der 1722 bis 1723 auch in Linz tätig war. Die Samm lung wirkt durch ihre Vielgestaltigkeit sehr ansprechend und wird durch das gleichfalls im Museum Nordico unterge brachte ,,Linzer Barockkabinett" sinnvoll ergänzt. So bilden die beiden beschriebenen Lin zer Silber- und Raritätenkammern, in Ge meinschaft mit der ,,geistlichen Schatz kammer" im Linzer Schloß Sondergrup pen mit besonderen Akzenten und Höhe punkten. Sie sind dazu angetan, das schöne innere Bild unserer Linzer kunst historischen Sammlungen durch Glanz und Schimmer edler Metalle noch mehr aufzuhellen.

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