Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 1, 1976

Wallfahrten in Oberösterreich Hertha Schober „Populi per diversa mundi clymata llluc concurrentes .. wurde bereits 1396 ge schrieben und gait noch iange Zeit hin durch für St. Wolfgang am Abersee, das rund hundert Jahre später in der Hierarchie der fast weitweit bekannten Gnadenstätten gieich hinter Rom,Aachen und Einsiedein reihte. Doch nicht aiiein St. Woifgang verkörperte die starke Heiiigenverehrung bzw. Walifahrtsgesinnung in diesem Land, auch andere weit über die Landesgrenzen hinausstrahlende Gnadenstätten entwickelten sich hier, doch weiß man bei kaum einer anderen so vieies über die Entstehung, hat kaum so frühe Bestätigungen, wie ja überhaupt die wahriich hohe Zeit der Walifahrten nach der Gegenreformation in der Prunk freudigkeit des Barocks aufblühte. Über 400 Kultgegenstände wurden in Oberösterreich in fast 350 Gnadenstätten verehrt, und es ist nicht voii erkiärbar, welche Faktoren zusammenwirkten, daß sich gerade Oberösterreich zu einem derart starken Walifahrtsiand entwickeite, wobei die Tatsache äußerst interessant bieibt, daß im südiichen Teil des Landes — der allerdings stark protestantisch ge blieben Ist -, wie aber auch Im Zentral raum diese Andachtsstätten verhältnis mäßig locker gestreut sind, während sie in den Randgebieten, vor ailem im We sten, dem ehemaiigen bayrischen Grenz gebiet, und im Mühiviertei sehr dicht ge drängt auftreten, aber auch im Über gangsgebiet nach Niederösterreich nicht Seiten sind. Gerade hier ist ja Adiwang als Wallfahrtsort von weitreichender Be deutung und hohen Aiters unbedingt zu erwähnen. Diese Baliung der Waiifahrtsziele in Oberösterreich mag zum Teil mit bestimmt sein vom Kiosterreichtum des Landes, denn gerade die Klöster waren es. In deren Schutz sich die bedeutend sten Walifahrten entwickelten. Auf den Einfluß der Klöster deutet auch die große Zahl der Marienheiligtümer (212 von 347) hin, denn gerade in den Mönchsgemein schaften wurde der Marienkult besonders gepflegt. Von den eben erwähnten 212 Marlenwallfahrtsstätten mit 219 Kult gegenständen unterstand fast ein Drittel, nämlich 80, einem Kioster. 23 von ihnen gehörten dem Orden der Benediktiner zu, 19 einem Stift der Augustiner-Chorher ren, die Zisterzienser betreuten 8, die Franziskaner 6, die Kapuziner 5, Prämonstratenser und Koliegiatstifte je 4, die Jesuiten 3, Dominikaner und Minoriten je 2 und schiießiich Redemptoristen, Karmeliten, ürsuiinen und Eiisabethinen je eine. Benediktiner und AugustinerChorherren waren aber auch jene Orden, die am meisten zur Christianisierung und Koionisierung unseres Landes beitrugen, und so kann es auch nicht Wunder neh men, daß neben der Muttergottes spe zieile Hellige dieser Orden zu großer und bleibender Verehrung geiangten, wie z. B.eben der hi. Wolfgang. Bereits 1183 wird unter dem Namen ,,Abersee" hier eine Kirche, dem hl. Jo hannes geweiht, urkundiich genannt. Die Darstellung der Krönung Mariens auf dem Pacheraitar läßt die Vermutung zu, daß auch der frühere Hochaltar ein Marienaitar gewesen ist; der hi. Wolf gang war nur Nebenpatron und gelangte erst durch die Wailfahrt zu seiner Bedeu tung. Verehrt wird vor aliem die Wolf gangstatue in der Kapelie, wie auch der sogenannte „Bußstein" des Heiiigen mit seinen Liegespuren; weiters spieite das Wasser aus dem Woifgangsbrunnen früher eine wichtige Roile im Waiifahrtsbrauch. Der Zuzug hierher war tatsäch lich unvorsteiibar groß, und die Zugehö rigkeit der Pilger ging quer durch alle Völker und alle Gesellschaftsschlchten. Viele begnügten sich auch keineswegs mit der einfachen Reise hierher, die zu jenen Zeiten ohnehin nicht einfach war, sondern sie iegten sich noch besondere Härten auf, wie z. B. barfuß zu wandern und unterwegs nur von Wasser und Brot oder von Aimosen zu leben. Auch beson ders krasse, fast zweifelhafte Fälle von Selbstkasteiung sind uns überliefert, wie z. B. als 1518 ein Pilger sich verpfiichtete, „nackend und mit aussgespanten Arm ben" oder 1529 ein anderer ,,mit einem eysernen Ring umb die Weichen und umb den Haiss" die Walifahrt zu absol vieren. Seibstverständiich wirkte sich die Walifahrt, hier wie überali, finanzieil äußerst positiv sowohi für das Kioster wie auch für den Markt aus; seibst zur Zeit Luthers betrugen die jährlichen Ein nahmen 15.000 bis 18.000 Goidgulden. Erst ais Kaiser Josef II. alle Wallfahrten, die länger als einen Tag beanspruchten, verbot, verlor auch die Wallfahrt in Sankt Woifgang etwas von ihrer weitreichen den Bedeutung, aber sie starb nie ab und sie ist auch heute keineswegs gestorben, denn jähriich, bald nach Ostern, beginnt der Piigerstrom hierher zu fiießen, vor ailem aus dem Innviertel und dem bayri schen Raum; es kommen Gruppen von 20 bis 30, bis zu 1000 Personen, teils in Autobussen, teiis zu Fuß, manche sin gend, Kreuz und Kerzen tragend, manche an den Gedenkstätten am Faikenstein vorbeiziehend, und auch die Diözese Regensburg, der Bischof ailen voran, ist bestrebt, die Verbindung mit der Woifgangkirche am Abersee aufrechtzuerhaiten. Neben dieser iandesbeherrschenden Waiifahrtsstätte gibt es in Oberösterreich dann noch einige andere Orte, die ebenfails dem hl. Wolfgang geweiht sind, jedoch niemais die Anziehungskraft der Verehrungsmetropoie am Abersee errei chen konnten. Da ist, vor aliem in ursäch lichem Zusammenhang mit der Person des Heiiigen seibst, Pupping ais seine Sterbestätte zu erwähnen. Hier wurde das ,,Gewaidt" des Heiligen in einer Kup ferkapsel aufbewahrt, ging aber im Laufe der Zeit verloren. Wenn auch der Zu strom der Gläubigen an diesen Ort anfängiich sehr stark war, geriet die Stätte baid fast in Vergessenheit. Viei trug dazu wohi die unterbrochene Kontinuität bei, da die Kirche 1801 abgebrochen und erst 1879 volikommen neu erbaut worden ist. Am Ausgang des Mittelalters kamen dort und da im Lande noch einige WoifgangWeihestätten auf, die zwar meist nur von lokaler Bedeutung, Im Volk aber doch stark verwurzelt waren. Einzig die Kirche von Kefermarkt konnte sich nicht als Wallfahrtsziel durchsetzen, die Reforma tion hemmte hier wohl die Entwicklung zu früh. Zu bemerken ist auch noch die interessante Tatsache, daß die Woifgangverehrung mit Ausnahme von Pupping und Kefermarkt immer mit einem Stein kult verbunden ist: da ist einmal der Wolfgangstein in der Nähe von Krems münster — urpsrüngiich ein Bildstock, später eine Kapelie neben einem Spuren stein; die Kapeiie mußte 1792 abgetragen werden. Dann ist da St. Woifgang am Stein bei Schiägi; hier hat sich der Heiiige, ebenso wie am Abersee, auch erst aiimählich durchgesetzt. Im Jahre 1430 wird eine Holzkapelle ,,Zum hl. Stein" genannt; sie hieß 1446 ,,capelia B. Mariae Virginia Visitationis Elisabeth in sancto iapide"; später kommt ein Aitar hinzu, der den Heiligen Woifgang, Barbara und Apoilonia gewidmet wurde, und mit dem neuen Kirchenbau in der Mitte des 17. Jahrhunderts ist der hi. Wolfgang vor herrschend und auch namengebend ge worden. Eine weitere kleine Woifgangsverehrungsstätte von rein iokaler Bedeu tung, in der Bevölkerung heute noch be liebt, findet sich im Gemeindegebiet von Eidenberg, im Miniwald, zur Ortschaft Staubgasse gehörend. Zwei Schalen steine sind es hier, die ihre Form und

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