Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 4, 1975

Fassadenabwicklung der gotischen und barocken Häuser an der Westseite des Stadtpiatzes Steyr mit dem „Bummerihaus" ais baugeschichtiichem Schwerpunkt wobei Ouvertüre und Finale Roiltreppen sein werden. Derartige „Eriebnisse" wird er in Hamburg und Chikago ebenfalis ha ben können. Die Endabrechnung wird aber dann prä sentiert, wenn ums Jahr 2000 die ölreserven iangsam, aber sicher zu Ende ge hen und damit der Individualverkehr ohnehin iangsam zum Eriiegen kommen wird. Wozu war aber dann die ganze gi gantische stadtzerstörende Aktion ,,gut"? Was hätte man mit diesen fehlinvestier ten Miiiiardenbeträgen leisten können, um ,,oben" eine schöne und menschen freundlichere Stadt zu bauen? Das ,,Leben" im Stadtkern hängt weit gehend von einem regen Geschäftsleben, aber auch von dem Anteil der Wohn bevölkerung ab. Leider hat sich in den vergangenen Jahren überall die Ten denz bemerkbar gemacht, daß immer mehr Dienstleistungsbetriebe in die City einsickern und die einstigen Wohnun gen derjenigen übernehmen, denen das Leben in der Altstadt wegen des schlech ten Bauzustandes vieler Häuser und der Geruchs- und Lärmbelästigung durch den Autoverkehr nicht mehr möglich erscheint. So verödet der Stadtkern lang sam — vor allem nach Geschäftsschluß, wenn jeder möglichst rasch nach Hause eilt. Sogar die guten alten Gasthäu ser und Speisewirtschaften wandern iangsam in attraktivere Zonen ab. Was bleibt — Bars und Diskotheken — trägt nicht unbedingt dazu bei, das Wohnen in der Altstadt angenehmer zu machen. Ein schwieriges Kapitel sind auch die Ladeneinbauten im gewachsenen Be stand der Altstadthäuser. Am besten sind da die Laubenganghäuser in Tirol und Vorarlberg dran, deren Erscheinungsbild durch moderne „Portalbauten" kaum be einträchtigt wird. Laubengänge bieten übrigens die menschenfreundlichsten Einkaufsmöglichkeiten. Geschützt vor dem Straßenverkehr, vor Wind und bren nender Sonne, Regen und Schnee, kann man sich hier beim Einkauf direkt ,,er holen". Sonst wird aber beim Portalbau schwer gesündigt, indem Häuser in ihrer Sub stanz durch Ausreißen eines breiten Lochs zerstört werden. Die Ursachen für diese Misere liegen weiter zurück, ais man zunächst vielleicht annimmt. Die mit telalterliche Parzellierung, die jedem Handelstreibenden möglichst den glei chen Platz an den nicht ausweit- und ver mehrbaren Geschäftsstraßen einräumte, mußte aus diesem Grunde fast funktionsiose, ,,handtuchähnlich" schmale Haus grundrisse schaffen, die teilweise (etwa in Innsbruck, Salzburg oder in Linz) Ex tremwerte von 1 (Straßenfront):10 (Ge bäudetiefe) aufweisen. Es ist deshalb verständlich, wenn Geschäftsinhaber heute am liebsten diese schmale Front zur Gänze in Glas auflösen wollen. Ob manche Gewerbezweige, wie etwa Fri seure oder chemische Reinigungen, Ca fes, Banken und vor allem Selbstbedie nungsgeschäfte, unbedingt so viel Glas brauchen, ist schon ziemlich fragwürdig. Man erkennt die Problematik schon äußerlich daran, daß viele der schönen Giasfenster später durch Sonnenblenden, Bauplatten oder Farbe wieder ,,geschlos sen" wurden, was schlagend beweist, daß man sie gar nicht will und auch nicht braucht. Auf jeden Fall muß man Handel und Ge werbe die Möglichkeit einer ausreichen den Schaufensterfläche zugestehen, schließlich handelt es sich dabei um eine Existenzfrage. Keine Existenz-, sondern eine Gestaltungsfrage ist es, ob man bei einem Geschäft mit zehn Metern Front breite noch zwei tragende Mauerpfeiler zu beiden Seiten des Schaufensters be läßt oder nicht, denn diese Pfeiler existie ren auf jeden Fall — wenn auch oft hinter der Glasfläche der Schaufenster verbor gen. Eine großzügige Gestaltung der Schaufenster muß völlig neue Wege ge hen, wobei sich die oft extrem großen Par-

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