Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 4, 1975

Bildende Kunst „Linzer Tore" von Karl Hayd Georg Wacha Die Voraussetzung für ein sinnvoiies Wir ken der Denkmaipflege ist die Erfassung des Bestandes. In der Bundesrepublik wurde dies erst jüngst durch die Ersteilung von Kurzinventaren vor Inkrafttreten eines neuen Denkmalschutzgesetzes deutlich, in Österreich bemüht sich das Bundesdenkmaiamt bzw. das diesem eingegiiederte Institut für Österreichische Kunstforschung um die Herausgabe der „österreichischen Kunsttopographie", doch geiang in siebzig Jahren nur die Veröffentiichung von 41 Bänden. Kärnten ist durch ein seibständiges Unternehmen in bescheidenen Formen zur Gänze be arbeitet worden, in den voluminösen Bänden der „ÖKT" liegt die komplette Beschreibung ailer Bezirke des Bundesiandes Salzburg vor (es fehlen die Pro fanbauten in der Landeshauptstadt selbst), von Niederösterreich sind ebenso wie von Vorarlberg einige Bezirke, Stifte und Klöster erfaßt. Ein Ende ist derzeit noch nicht abzusehen, da mit Steiermark erst begonnen wurde (Bezirk Murau, Stift St. Lambrecht), vom Burgeniand nach einem Band über Eisenstadt und Rust (1932) erst 1974 der Bezirk öberwart nachfolgte, mit Tirol ja noch gar nicht an gefangen wurde. Die Zahl der oberösterreichischen Bände ist bescheiden: Schärding (1927), Braunau (1948), Gerichtsbezirk Lambach (1959, der Rest des Bezirkes Wels ist 1977 zu erwarten). Speziell die Behand lung größerer Städte stößt auf Schwie rigkeiten. Da ist zuerst glücklicherweise ein Band über die Außenbezirke Wiens erschienen, der im Jahre 1908 auch ver schiedene Privatsammiungen in den ehe maligen Vororten erfaßte, oft knapp be vor diese im Kunsthandel verschwanden oder durch Besitzwechsel nach dem er sten Weltkrieg in alle Winde zerstreut wurden. Im Hinblick auf die laufenden Bedürfnisse des Denkmalschutzes, auf Baubeschreibungen, Gharakterisierung von Straßenzügen, Erfassung von Bauten des Historismus sowie des 20. Jahrhun derts kann der Band den heutigen An sprüchen nicht genügen. Eine Bauge schichte der Hofburg und des Stephans domes, jüngst die Beschreibung der kirchlichen Denkmaie im 3. Wiener Be zirk sind die bescheidenen Anfänge für die kunsttopographische Erfassung von Wien, der Band Profanbauten der Inns brucker Altstadt der erste Versuch für Tirol. Für die Stadt Linz ist 1965 ein umfang reicher Band über die Linzer Kirchen er schienen, in dem erstmals alle kirchli chen Baudenkmale mit genauer Ver zeichnung der Pläne, mit Hinweisen auf die Baugeschichte, auf die Einrichtung und Ausstattung beschrieben wurde. Die ser Band fand auch im internationalen Vergleich mit ähnlichen Kunsttopogra phiebänden Deutschlands und der Schweiz volle Anerkennung. Die Fortset zung der Bearbeitung soll sich auf die Profanbauten der Landeshauptstadt er strecken. Der rasche Wechsel im Stadt bild, die großen Veränderungen durch die Umbauten der nationaisoziaiistischen Zeit, durch die Kriegszerstörungen und durch die zahlreichen Demolierungen der bauiustigen sechziger Jahre machten es schwierig, einen Aitbestand in herkömm licher Weise zu erfassen. Einen spezieilen Abschnitt in den Kunst topographien bildet die Erfassung der al ten Ansichten. Hier kommen alle bildli chen Ouelien von Ölgemälden aus der Renaissancezeit über Zeichnungen und r'i Abb. 1 Das Hauptportal der abgerissenen Wollzeug fabrik auf der Unteren Donaulände, eines der bedeutendsten barocken Profandenk mäler in Linz. Aquarelle, über Kupferstiche, Radierun gen und Lithographien bis zu den Fotographien des 19. und 20. Jahrhunderts in Frage. Auf ein Phänomen sei in diesem Aufsatz spezieil hingewiesen: Man würde annehmen, daß das bildliche Festhalten des Bestandes nur im Auftrag öffentlicher Stellen erfolgen konnte oder kann. In Linz aber war es bereits in den dreißiger Jahren das Zusammenwirken zwischen einem privaten Mäzen und einem heimi schen Künstler, das hier ein umfangrei ches Material über ein spezielles Thema zustandebrachte: Der Linzer Maler Karl Hayd schuf im Auftrage des Sparkassen präsidenten und Druckereibesitzers Ju lius Wimmer eine Serie von Aquarellen von 75 Linzer Toren. Julius Wimmer, selbst ein eifriger Sammler von Lincensien und speziell von alten Ansichten von Linz (diese Bestände gingen 1950 in den Besitz der Stadtgemeinde über) hatte in der Person des damaligen Museumsdi rektors Dr. Hermann übell einen Berater gefunden. Er schreibt selbst in der Einlei tung zu einem kleinen gedruckten Ver zeichnis, wie es um das Projekt stand: ,,Die 75 vorliegenden Blätter der Samm lung ,Linzer Tore' sind die Verwirklichung meines jahrelang gehegten Wunsches, die kennzeichnenden Tore der Stadt Linz im Bilde festzuhalten, im Maier Karl Hayd fand ich den Künstler, welcher die Bilder nach meinen Angaben ausführte." Im Anschluß daran versuchte Julius Wim mer die Tore nach der Entstehungszeit zu gruppieren. Aus der Gotik ist nur das Friedrichstor im Linzer Schloß und ein spitzbogiges Portal am Hause Aubergstraße 50 (Abb. 3) aufgenommen. Hier hätten sich noch verschiedene Details von Linzer Altstadthäusern hinzufügen lassen, doch besitzt Linz tatsächlich keine repräsentativen gotischen Portale. Für das 16. Jahrhundert war die Aus beute schon reicher. Julius Wimmer schreibt dazu: ,,Reich vertreten ist die Zeit der Renais sance in Linz, von der prunkvollen Form der italienischen Renaissance, dem Nordtor des Landhauses, bis zur schlich ten Form der deutschen. 23 Tore konnte ich hier aufnehmen, die in Linz von der Mitte des 16. Jahrhunderts an durch hun dert Jahre entstanden sind." Auch für die folgende Zeit stand ein rei ches Material zur Verfügung: ,,Schwer war die Wahl der Barocktore. Ich be mühte mich, in den vierzig Blättern aus der Zeit von 1669 bis 1780 alle Typen der Linzer Tore dieser Zeit zu sammeln. Es ist wohl kaum die Hälfte unserer Barock-

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