Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

Lehrlinge in Ausbiidung. Bei ihrer feier lichen Aufnahme versprechen die Lehr linge: „Wir versprechen die Lehrzeit gut zu nützen." Nach beendeter Lehrzeit er halten sie anläßiich der Freisprechungs feier den „Facharbeiterbrief" aus der Hand des Hüttendirektors. In seiner An sprache gibt er ihnen noch einige Mah nungen auf den Weg ins berufliche Leben und überbringt die Grüße des Werkes mit dem nachdrücklichen Wunsche: „Sie mögen gute Mitarbeiter werden." Die Feier wird durch Vorträge der Musik gruppe der Lehrlinge umrahmt. Im Betrieb müssen sie sich dann manchen Ulk und Spott gefallen lassen. Das sogenannte „Hänseln" und „Anrennen lassen" ist auch Bergwerkerbrauch, damit wird der Neuling oder Jung bergmann in die Grube, wie im Betrieb in die Arbeitsgemeinschaft aufgenommen. Wird der Maurerlehrling um die „Wasserwaage und die G'wichter" geschickt, soll der Lehrjunge der Montage-Abteilung einen ,,SiemensLufthaken" holen. Einer, der gerne „in Oben: Marketenderinnen vor einem Staatsbesuch in der VÖEST. Links: Die Werksmusik der VÖEST in Knappenuniform mit Marketenderinnen in Mühiviertier Tracht. iL—.L., Rechts oben: Barbarafeier der VÖEST-Alplne, Linz 1974. die Luft schaut", muß ,,Schaufelstiel schmiere" holen, womit sein Gerät dann später beschmiert wird, ohne daß er es merkt. Einer, der es immer eilig hat, vom Arbeitsplatz wegzukommen, dem wird einmal eine große Schraube durch die Knopflöcher des Überrocks gesteckt und das Gewinde dann fest verschlagen. Der so Gefoppte hat viel Ärger, bis er als letzter den Arbeitsplatz verlassen kann. Die Arbeit am Hochofen hat durch den Arbeitsablauf bedingte Ruhepausen. Doch muß jeder jederzeit bereit sein. Läßt sich's einer zu gut gehen, ,,muß er Radfahren lernen". Den meisten Spott aber müssen die Mühlviertier erdulden, weil sie meist als ungelernte Arbeiter in den Betrieb kamen. Wer ein Leben lang dem Werk gedient hat, wird mit einer Jubiiare-Ehrung feier lich entlassen. Geradezu rührend sind die menschlichen Beziehungen der Scheiden den zu ihren Kollegen, ihrem Arbeits platz und dem Werk. 1956 trat z. B. Herr Franz Maier, nachdem er schon 67 Jahre alt geworden war, aus den Diensten der VÖEST aus. ,,Seine Drehbank", an der er zehn Jahre in fleißiger Arbeit stand, war zum Abschied reich mit Blumen ge schmückt. Das haben die Arbeitskame raden für ihn gemacht. Auch die Direktion dankte sehr persönlich für seine Lei stung. 1956 wird von Ing. J. Eimer, Maschinenbau, berichtet, daß er sein 70. Lebensjahr und sein 56. Dienstjahr beging. Er stand im Mittelpunkt einer Ehrung durch die öffentliche Verwaltung, bat aber, welter im Betrieb bleiben zu dürfen. Herrn F. Gessenhart wurde aus Anlaß seines 60. Geburtstages von seinen Arbeitskollegen, der Ofenmannschaft un ter der Führung des Ofenmeisters, eine kleine Feier am Arbeitsplatz bereitet. Bei Schichtwechsel gratulierte auch der Betriebsingenieur und dankte ihm für seine Leistung. Ein Geschenkkorb mit einem handgeschriebenem „Glück auf", von Tannenreisig und Papierblumen um geben, zierte seinen Arbeitsplatz. Solche Beispiele gibt es viele. Auch zu seinem Arbeitsgerät muß der Arbeiter eine gute Einstellung haben. Viele Handwerksgeräte zeugen von der Liebe ihrer Besitzer, sie sind nicht nur schön in der Form, sondern auch ge ziert. Manchmal erhalten sie spezielle Bezeichnungen mit Tier- oder Menschen namen. Die großen E-Ofen im Stahl werk wurden aus der gleichen Einstel lung heraus zu einer „Berta" und einer ,,Cilli", die Verschublokomotive zur ,,Dora". Für künstlerische Ausgestaltung des Gerätes ist in einem Großbetrieb keine Zeit. Aber die Pflege des Werk zeuges ist doch ein Gebot. Die Schaufel der Former muß in Ordnung sein — sie wollen auch nur mit der ,,eigenen" Schaufel arbeiten, weii sie ihnen „hand-

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