Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

Salz und Brot, Speck und Most als Will kommengruß des Landes Oberösterreich den Gästen anzubieten. Die Damen der Delegation erhalten meist Blumen sträuße, in der Art der Biedermeierzeit gebunden, und werden schließlich In den Gästespeisesaal geführt. Anwesend sind die Vertreter der Bundes- und Landes regierung, Vertreter der Stadt Linz, die Geistilchkeit, Presse und Rundfunk so wie die ieitenden Herren des Unter nehmens. Die Tafel wird prächtig ge schmückt mit Blumenarragements, die möglichst die Nationalfarben der Gäste länder symbolisieren. Das traditionelle ,,Kaiseressen" wird in der Werksküche zubereitet, in einer Pause, nachdem die offiziellen Tischreden verklungen sind, bringt eine Volkstumsgruppe aus Ober oder Niederösterreich in ihrer Tracht Lieder und Voikstänze zum Vortrag. Mit dem ,,Hinausspielen der Gäste" durch die Werksmusik ist meist der Besuch be endet. Im Gelände steht der Sonderzug bereit, der die Gäste zum Hauptbahnhof bringt. Zum Abschied erklingt die Weise „Muß i denn ...", die von den begleiten den Gastgebern, manchmal auch von den Gästen, mitgesungen wird. Es muß wohl nicht erst betont werden, daß diese Be suche wesentlich zur Hebung des Selbst bewußtseins der Arbeitnehmer diese Betriebes beitragen. Die bisher geschilderten großen und kleinen Betriebsfeiern haben sozusagen den „Festtag der Arbeit" aufgezeigt. Das ist aber nur das „außerordentliche" Werksleben. Zum Unterschied vom Bauern und Handwerker, der mehr oder minder auf sich allein gesteilt ist, muß der Arbeiter in der Gemeinschaft leben und die Tugend der Einordnung üben. Ein so vielseitiger Betrieb, wie etwa die VÖEST, verfügt über eine festgefügte Ordnung. Die Pflichten des Arbeiters sind besonders in der Sorgsamkeit für sich und seine Kameraden, in der Pünkt lichkeit, in der Selbsthilfe und im Fest halten an der Gemeinschaft begründet. Ein fauler Kamerad muß ausgemerzt werden, das entspricht einem Natur gesetz. Dies kann man durch Spott er reichen, denn er ist ein gutes Erziehungs mittel. Ein Fauler kann eine ganze Arbeitspartie an der Erreichung des Arbeitszieles hindern. So wird er zur Gefährdung des Betriebes. Festgefügte Sitte und brauchmäßige Handlungen hel fen zusammen. Kommt ein neuer Mann zur Arbeitspartie oder gar ins ,,Radi"(das ist eine Arbeits gemeinschaft von drei Leuten, die arbeitsmäßig aufeinander abgestimmt ist), hat er seinen ,,Einstand" zu zahlen. Verläßt er diese Einheit, gilt es den „Ausstand" zu entrichten. Erst nach der Erfüllung kann der Neuling in einer Ar beitsgruppe auf Solidarität rechnen. Hei ratet ein Kamerad, steuern alle für eine Hochzeltsgabe zusammen. Stirbt ein — auch völlig unbekannter — Werksange höriger, so bekennt sich die Mehrzahl der Arbeitnehmer zu einer freiwilligen Hinterbliebenen-Leistung, die etwa den Betrag von 8000 bis 10.000 Schilling aus macht. (50 Groschen werden jedesmal durch die Lohnverrechnung abgezogen.) Die Lehrlinge erhalten eine theoretische und praktische Ausbildung in den Lehr werkstätten, 1974 standen 661 gewerb liche Lehrjungen und 85 kaufmännische

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