Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

geworden sind, daß man auf deren Texte verzichten kann. Sie werden beim Er klingen der Musik mitgedacht. Ein typi sches Beispiel ist das Lied vom guten Kameraden. Der Einsatz von Musikstücken, die un mißverständlich das aussagen, was ein Personenkreis in entsprechenden Situa tionen aussagen will, erfolgt selbst in kirchlichen Feiern. Ich erinnere an Lieder oder Orgelstücke, die für Trauungen (So nimm denn meine Hände), Begräbnisse, Festgottesdienste regelmäßig verlangt werden. Anlaßgebundene Musik finden wir bei Gefallenen- und Totengedenken, diversen Ortsfesten, Almtanz, beim Leopoldiblasen in Ebensee, beim ,,Fürziehen" und dem hochzeitlichen Ehrentanz. Mit den weni gen Beispielen kann sicherlich eine Vor stellung davon gegeben werden, wie groß das Bedürfnis nach Lied und Musik auch im gegenwärtigen Volksleben ist. Doch den beiden genannten ,,Musik bedarfsgruppen", nämlich brauch- oder anlaßgebundener Musik, sollte noch eine dritte hinzugestellt werden. Es müssen nämlich die mannigfachen Situationen berücksichtigt werden, in denen vor allem Lieder eine so entscheidende Rolle spie len, um das gesellige Zusammensein einer Freundesrunde spürbar werden zu lassen. Das Repertoire dieser Sänger kann am besten als ,,gelegenheitsgebun denes" Liedgut bezeichnet werden. Allein der Mechanismus des Ablaufes solcher Singgelegenheiten, wie sie sich bei längeren Autobusfahrten, Ausflügen, Hochzeitsgesellschaften, Geburtstags feiern, Wirtshausrunden usw. ergeben, ist interessant genug. Jeweils ein an derer Sänger initiiert gleichsam die ganze Runde mit einem Einfall aus sei nem persönlichen Liedervorrat, so daß richtige Liederreihen, Potpourris, Zu standekommen. Liederketten, wie ich sie meine, sind überaus bunt; sie reichen von der „Lu stigen Eicht", „Fein sein, beinander blei ben", weiter zur „Schwarz-braunen Haselnuß". ,,Das Hofbräuhaus", die „Kornblumenblauen Augen der rheini schen Frauen", der ,,Schwarze Zigeuner", „Die blauen Dragoner", „Der rollende Wagen", „Wilde Schwäne" gehören zum festen Bestand solcher Singgelegenhei ten. Obgleich eine vollzählige Liste hier nicht gut möglich ist, muß aber doch an viele Liebeslieder und Liebesschlager ebenso erinnert werden, wie an die ,,Schwalben" als Vorbild zum Nestbau, an „Heller und Batzen", an den „Wester wald", an den „Stelrerbua", ans ,,Dirndl hat gsagt..." an Gstanzl, an Tiroler Lie der, an Marschlieder vom Typ ,,Auf der Heide blüht..." und, und, und ... Der Liedbestand der Zeitgenossen ist immer noch beachtlich und keineswegs durch Musikmaschinen zerstört worden. Es zeigt sich, besonders bei Erwachse nen, daß nicht vorwiegend das gesungen wird, was eben Mode ist, und auch nicht nur jene Melodien, die individuell ,,ge fallen", sondern daß man sich lieber jenem Liedgut zuwendet, dem man durch Erlebnisse verbunden ist. Das sind Lie der, die aus Erlebnissen in Jugendge meinschaften stammen, aus der intensiv

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