Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

pausen (d. h. aus eigenem Entschluß) ein Lied erklingen zu lassen. Es folgen ver einzelte Angaben wie „zuhause" ferner beim Basteln, bei Partys oder gar „im Bett vor dem Einschlafen". 60 Prozent der Schüler erklären, daß sie für sich selbst, also allein, singen. Weniger als ein Drittel singt in Jugendgruppen oder in der Familie. Nur drei Schüler ver raten, daß sie ,,zum Radio" mitsingen. Auf diese Befragung wird noch in an derer Richtung hinzuweisen sein. Vorder hand möge nur eine ungefähre Haltung der Kinder gegenüber dem Singen er tastet werden. Der geneigte Leser vorliegender Zeilen möge doch einmal versuchen, unter den Erscheinungen unseres Volkslebens selbst ein bißchen Umschau zu halten, und eigene Beobachtungen werden ihm vermutlich bald zeigen, wie viele An lässe es gibt, die das selbst gesungene Lied immer noch verlangen. Das gilt keinesfalls bloß für den Landbewohner, von dem einzig und allein aus uner findlichen Gründen ,,Bräuche und Volkstum" erwartet werden. Das stimmt ebenso wenig, als daß es nur ,,alte" Bräuche gäbe. Darauf hatte ich weiter oben schon angespielt, muß also nun wohl auch das unvermeidlich heiße Eisen anpacken und erklären, daß zum Lied bestand aber nicht nur das gute, alte, brave Volkslied gehört, sondern ein großer Teil dessen, was als Schlager gerade gängig ist. Gerade die Gesänge dieser Gattung haben oftmals mehr ,,Funktion" im Zusammenleben von Gruppen, Runden oder Gemeinschaften, als sie das Volkslied haben kann. Schlager sind keine Volkslieder, doch nicht selten erweckt es den Eindruck, als ob so ein Liedchen, landauf landab ge sungen und gepfiffen, gerade auf dem Wege sei, ein Volkslied zu werden; denn, manches was heute als Volkslied er kannt und geschätzt wird, mußte sich diesen Titel auch erst einmal erwerben. Übrigens: eine verbindliche, befriedi gende Definition, was Volkslied wirklich ist, gibt es trotz jahrzehntelanger For schung immer noch nicht. Wir spüren, wir erahnen, fühlen es mehr, als wir es beschreiben können. So wird man dem nach also fragen müssen, welches Lied gut der Gegenwart einerseits an über lieferte Bräuche, andererseits an be stimmte Anlässe gebunden ist. Bn Überblick über die beiden Bereiche möge das oben Gesagte etwas erhellen. /. Brauchgebundenes Liedgut im Jah res- und Lebenslauf: Adventssingen, ais äiterer wie auch ais Neubrauch Antiaßsingen „Biauer Montag", Moritaten der Eber schwanger Burschen Brautlied bei den tanzerten Hochzeiten Vierzeiier der traditionellen Brautweiser oder Hochzeitsiader Dreikönigssingen (Sternsingen) Herbergsuchen, Frauentragen Krippenliedersingen Rauchnachtslied und „Verschreien" Weihnachtsliedersingen in den Familien usw. Dementsprechend kann auch brauch gebundenes Musizieren angeführt wer den, wobei auch hier wieder der ümstand entscheidend ist, daß es der stets not wendige Bestandteil in einem Brauch verlauf ist: Adventsmusiken, Allerheiligen blasen, Dreikönigsblasen, Faschingsmär sche, Heiligenabend-Turmblasen, Heozatblaser (Hochzeitsbläser), Prozessions musiken, Schützenmahl und Schützen tanz usw. II. Anlaßgebundenes Singen und Musi zieren: Das Landlaiied u. a. Lieder im Rüge brauchtum, wie Vierzeiier der Jahreshachei, Kiapphornverse ... Hoch soll er leben, Happy birthday to you (häufige Textvarianten), Trink ma no.. Wer soll das bezahlen So ein Tag,so wunderschön ...(Fußbali stadien) Abschiedsiieder: Sag beim Abschied..., Aul Wiedersehn,auf Wiedersehn ... Die Beispiele lassen sich fortsetzen, und genauso verhält es sich mit Instrumental stücken, die aus Liedern entstanden und derart zum musikalischen Allgemeingut j Gruppe von jugendlichen städtischen Schwegel-(Seitel-)pfeifern vor der Kulisse des Predigtstuhls Im Gemeindegebiet Bad Geisern. Die Seitelpfeifer sind ein fester Bestandteil des lebendigen Brauchtums Im Salzkammergut. Die Erneuerung hat auch auf die städtische Jugend übergegriffen. Foto: W. Fettinger

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