Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

Übertreibung, wenn der 26jährige Ridler aniäßlich seiner Trauung mit Juliane Stocksmayr — sie war die Tochter eines Schuilehrers in Spitai am Pyhrn - am 11. Februar 1822 von Pfarrer Leopold von Rechberg bereits als ,,Büchsenmacher meister" bezeichnet wird: Ferdinand Rid ler galt als solcher und hatte seine Kund schaft; geschätzt waren vor allem seine Gewehr-Drahtiäufe und seine Doppeistutzen mit übereinander gelegten Läu fen, die ein Schießen mit Kugein und Schrot ermöglichten. Schon aliein all das würde es recht fertigen, daß man sich an Ferdinand Ridier erinnert, doch der Mann leistete in dem kleinen, abgelegenen Spital am Pyhrn noch mehr. Vermutlich ab 1835 begann er mit der Erzeugung von damaszierten Büchsenläufen und Klingen. Solche Klingen waren seit den Kreuz zügen in Europa bekannt, aber sie er reichten niemals die Qualität wie in den Ursprungsländern Indien und Persien. Es mangelte den in Europa gefertigten Klin gen der Damast, das sogenannte Wasser, worunter man die regelmäßig wieder kehrenden, fast symmetrischen Figuren verstand. Erst im 19. Jahrhundert gelang es etlichen Meistern wie Breant, Mille, Duc de Luynes und Crivelli — sie wurden berühmt — damaszierte Klingen herzu stellen, die den orientalischen Mustern weder in Güte, noch in Schönheit der Form nachstanden. Mit diesen Männern wollte nun Ferdinand Ridier konkurrieren. Er war sich dabei über zweierlei im klaren: ein so kühnes Vorhaben konnte nur dann gelingen, wenn einerseits die Erzeugnisse allen Ansprüchen genügten, und wenn anderLinks außen: Porträt der Juliane Ridier, geborene Stocksmayr; sie war die Gattin Ferdinand Ridlers und Tochter eines Lehrers in Spitai am Pyhrn. Daneben: Porträt des etwa 60jährigen Klingenschmieds Ferdinand Ridier, der die ihm von Kaiser Franz Joseph im Mai 1854 verliehene Auszeichnung trägt. seits der Name Ridier weit über Spital am Pyhrn hinaus bekannt werde. Für die Qualität seiner Klingen vermochte Ferdinand Ridier alsbald zu garantieren, aber wie sollte er Märkte erobern? Er hatte zwar schon mehrere Maie ausge stellt und verfügte auch über Gönner, zu denen die Sensenschmiedfamiiie Wein meister zählte, für die er einen zur Sensenhersteiiung tauglichen Gußstahl erfand, aber diese Gönner waren zu wenig einflußreich und ausschließlich auf den lokalen Bereich beschränkt. Eine erfolgversprechende Idee kam Ferdinand Ridier im Jahre 1848, als Feidmarschaii Graf Radetzky durch seine Siege in Italien zum populärsten Heer führer Österreichs wurde. Ridier fertigte in monateianger, mühsamer Arbeit eine Säbelklinge an, die er Radetzky widmete und die allseits Bewunderung erregte: will man zeitgenössischen Berichten glauben, so ,,löste sie bei ihrer Zurschausteiiung in Innsbruck wahre Wall fahrten aus, und es gab nur Lob über diese schöne Arbeit". Auch der Feidmarschail war von dem Geschenk sehr angetan und versprach in seinem Dank schreiben an Ridier, daß er die Klinge stets tragen werde. Damit war dem Klingenschmied aus Spital am Pyhrn der erste Durchbruch geglückt, und wer bisher über ihn und sein Tun gelächelt hatte, war nun über zeugt, daß Ferdinand Ridier wirklich ein Meister war. Um diesen Eindruck zu verstärken, wagte Ridier einen weiteren Vorstoß: er sandte eine Klinge direkt an den Kaiser - und der junge Franz Joseph nahm sie tatsächlich ,,wohl gefällig" an und verlieh Ferdinand Ridier Rechts: Dankschreiben des Feldmarschalis Radetzky an Ferdinand Ridier, der dem Heerführer eine Säbelklinge ins Mailänder Hauptquartier übersandt hatte. Fotos: R. Lang spontan die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Ridier mag überglücklich gewesen sein, aber seine bedrückte finanzielle Lage änderte sich dadurch nicht, und auch die Aussicht, eine Werkstatt, wenn nicht gar eine Fabrik gründen zu können, nahm um kein Jota zu. Ridier war nach wie vor gezwungen, alles allein zu tun, er konnte sich nicht einmal einen Tagiöhner halten, obwohl er den gesamten Verdienst aus der Krämerei für seine Klingenerzeugung verwendete. Diese triste Situation schien sich schlag artig zu ändern, als Ridier im September 1850 mit Dr. Alois Fischer, dem damiigen Statthalter von Qberösterreich, bekannt wurde. Fischer war von der Persönlich keit Ridiers fasziniert und, ohne zu zö gern, wandte er sich mit einem Schrei ben an den Minister für Landeskultur und Bergwesen von Thierfeidt, das folgenden Inhalt hatte: „Hochwohigeborener Herr Ministeri Wer bey uns in Oesterreich eine damaszirte Waffe, Säbel oder Läufe, haben wollte, mußte sich an das Ausland halten, mir wenigstens ist im inniand keine Fabrik bekannt, weiche solche Fabrikate liefert. Aber zu Spitai am Pührn lebt ein Mann, der es, wie ich höre, vermag, mit den Ausländern, mit den Franzosen und Engländern in diesem Zweige der Fabrikation aufzunehmen. Er heißt Ferdinand Ridier. EE. haben wahr scheinlich von der Säbelklinge gehört, weiche Ridier 1848 dem Marschall Radetzky verehrte, sie war der Gegen stand allgemeiner Bewunderung. Ridier hat auch Sr. Majestät eine damaszirte Klinge zum Geschenke angebothen, und der Kaiser war so gnädig, sie anzu-

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