Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

Landeskunde Der Klingenschmied Ferdinand Ridier Porträt eines Oberösterreichers Rudolf Walter Litschel Am Dienstag, dem 16. Mai 1854,flatterten in Spital am Pyhrn die Fahnen: um punkt 8 Uhr morgens übergab der Bezirks hauptmann von Kirchdorf an der Krems dem Klingenschmied Ferdinand Ridier das ihm von ,,Sr. k. k. apostolischen Majestät allergnädigst" verliehene gol dene Verdienstkreuz. in seiner Ansprache betonte der Herr Bezirkshauptmann, daß ,,diese hohe Auszeichnung nur für Per sonen geschaffen wurde, die auf dem civilen Sektor Außerordentliches und Vor bildliches geleistet haben und daher würdig sind, aus der Masse der Mit bürger herausgehoben zu werden". Ferdinand Ridier war damals 58 Jahre alt. Er wurde am 13. Oktober 1796 im Hause Nr. 31 der Ortschaft Gleinkerau — Pfarre Windischgarsten — als Sohn des Amtsmannes und Försters Leopold Ridier und dessen Gattin Elisabeth ge boren und verdingte sich nach dem Be such der Volksschule als ,,Jagabua". In dieser Eigenschaft durchstreifte er allein und mit seinen Brüdern, die ebenfalls als Jäger tätig waren, die Wälder rund um Windischgarsten und Spital am Pyhrn, wobei er seine Aufmerksamkeit in erster Linie den Pflanzen schenkte: Ferdinand Ridier studierte ihre Lebens bedingungen genau und galt schon nach relativ kurzer Zeit innerhalb seines Kreises als versierter Botaniker. Aber er war auch als guter Bergsteiget bekannt, und so engagierte ihn Sigmund Graf von Engl zur Erstbegehung des Großen Priel. Zur Erinnerung an dieses viel beachtete Ereignis fertigte Ridier eine Kupfertafel an, die bis lang nach dem ersten Weltkrieg am Prielkreuz zu sehen war und die Inschrift trägt: „Den 29. August 1817 bestiegen diesen Berg Herr Sigmund Graf von Engl, die Oberläger Hans und Anton Ridier, die Jäger Englberth und Ferdinand Ridier. Segen über alle. Gestochen von Ferdinand Ridier, Jäger in der Au." Der auf der Tafel erwähnte Engelbert Ridier machte übrigens noch einmal von sich reden: während der sogenannten Windischgarstener Revolte von 1846 stand Engel bert Ridier als Gleinkerischer Amtmann und Jäger treu auf der Seite seiner Herrschaft und zog sich deshalb den Unmut der Bauern zu; er konnte sich nur durch Flucht retten. Von einem solchen Schicksal blieb Ferdinand Ridier verschont. Als er er kannte, daß er mit seiner geringen Schul bildung niemals zum Förster avancieren könne, sagte er der Jägerei ade und erwarb in Spital am Pyhrn ein Haus samt Krämerladen. Damit schien seine Zukunft vorgezeichnet, doch für Ridier bedeutete die ,,Kramerei" nur eine finanzielle Basis — in Wirklichkeit kümmerte er sich um ganz andere Dinge. So begann er zu nächst auf dem kleinen, zu seinem An wesen gehörenden Grund mit botani schen Versuchen: er baute Futterpflanzen an, die sonst nur in warmen Gegenden gediehen, und hatte damit Erfolg; leider fand er wenige Nachahmer. Außerdem bewährte er sich als Lithograph, dessen Arbeiten bei J. F. Kaiser in Graz als Drucke erschienen sind. Schließlich wurde Ferdinand Ridier zum Erfinder. Über ihn berichtete das „Täg liche Beiblatt zum Wiener Boten" am 12. Oktober 1850: „Zur Hebung seiner materiellen Verhältnisse fing Ferdinand Ridier einen Handel mit für Tischler arbeiten bestimmten Holz-Aufiagbiättern an, weiche er namentlich aus Zirbelnuß bäumen erzielte. Diese wurden in einer gewöhnlich eingerichteten Sägemühie geschnitten. Herr Ridier, dem das Sägen zu langsam ging, brachte infolge eigenen Nachdenkens eine rotierende Radsäge an, die nun das gewünschte Resultat lieferte. In früheren Jahren wurde in Spital am Pyhrn auch Gips in verschie denen Färbungen in viereckige Hoizformen gegossen und von oben gepreßt, wodurch sich marmorähnliche Stücke ergaben, die zu Blättern geschnitten, auf Möbel aufgelegt und poliert, die über raschendsten Erfolge zeitigten. In des dortigen Sensenfabrikanten Herrn Wein meisters Behausung sah der Schreiber dieses Artikels eingelegte Tische, muscheiförmige Sophas, sogar Billard queues, alles wie aus Marmor, in den zartesten färbigen Schattierungen. Herr Ridier dürfte an diesen Arbeiten eines im Weinmeisterschen Hause beschäftigten einfachen Tischlers namens Johann Hofer, eines Tirolers von Geburt, der sogar nebst seinen wirklichen Kunst leistungen die Rosogliofabrikation aus allen Arten der dort wachsenden Gebirgskräuter verstand, auch Anteil ge nommen haben, wie sich überhaupt diese beiden industriellen Naturmenschen gegenseitig geistig unterstützten und anspornten." Ferdinand Ridier war also zweifellos viel seitig begabt, aber seine eigentliche Liebe gehörte dem Eisen und seiner Bearbeitung. Schon in jungen Jahren begann er, Gewehre zu reparieren, zu verbessern und schließlich selbst herzu stellen, obwohl er in diesem Gewerbe nie tätig war. Es ist deshalb sicher keine

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