Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 3, 1975

Zu den wichtigsten Personen am Schießplatz gehört der „Zieler", rot-weiß gewandet, mit Spitzhütel, der in einer überlieferten Gebärden sprache die Treffer anzeigt. Er schwenkt den Hut, kniet sich nieder oder wälzt sich gar zum Schützen hin, juchzt. Jede Gebärde hat ihren Sinn. Fotos: W. Fettinger P - /-■ J?' Gesellschaft an einem der drei goldenen Sonntage (= Sonntage nach Michaeli) endet. Um an den regelmäßigen „Kranzlschießen" teilnehmen zu können, müssen sich die Schützen in die Schützenlade eintragen lassen. Nur eingeschriebene Mitglieder dürfen um das jeweilige ,,Kranzlbest" schießen, das früher aus dem ,,Vortl" genommen und heute von den Schützen selbst bestritten wird. Die Umlage, die dafür eingehoben wird, be rechtigt außerdem, am Schützenmahl, das unbestritten den Höhepunkt im Schützenjahr darstellt, teilzunehmen. Dazu begeben sich die Schützen eine Woche vorher zu ihrem Wirt, um das Mahl „anzudingen". Auch die ,,Ladmän ner" sind unterwegs. Ahnlich wie die Hochzeitslader gehen sie mit einem blumengeschmückten Ladstock zu den ,,Mahlleuten", d. s. Inaktive Schützen und Nachbarn, um sie zum Mahl einzuladen. Am Vortag wird noch die Schießstätte auf Hochglanz gebracht. Unter der Anleitung des Zielers binden die ,,Bolztrager" aus Tannenreis und Herbstblumen Girlanden, mit denen sie die Scheibenwand, den „Panzer", schmücken. Das Wahrzeichen des Festes bildet aber der ,,Fahnlbaum", an dem die Armbrustschützen unver brüchlich festhalten. Mit einer Salve von Böllerschüssen wird das Mahischießen eröffnet. Zunächst gilt es nämlich die Sieger und — was noch wichtiger ist — den Letzten zu ermitteln. Darin liegt ja das Wesensmerkmal der Schießkon kurrenzen im Salzkammergut, daß sie nicht sportlicher, sondern gesellschaft licher Natur sind. Es geht nämlich nicht darum, die meisten Treffer zu erzielen. sondern den schönsten ,,Punkt", das beste ,,Blattl". Und das ist wiederum nicht so sehr vom Können als vom „Reim", vom Glück, abhängig. Die Abhängigkeit von äußeren Umständen und Zufällig keiten, denen die Schützen mit vielerlei geheimnisvollen Rezepten und auch mit ,,Zielwasser" zu begegnen trachten, schafft gerechte Voraussetzungen, die auch schlechte und bereits zittrige Schüt zen hoffen lassen. Hierin liegt das Ge heimnis des Schützenwesens im Salz kammergut. Der Tiefschuß sollte daher vom kulturellen und gesellschaftlichen Standpunkt nicht durch das sportliche Kreisschießen verdrängt werden. Das Schießreglement sorgt aber noch weiter für ausgleichende Gerechtigkeit. So kann das ,,Kranzlbest" von einem Schützen nur einmal während der Saison gewon nen werden, an den folgenden Sonn tagen erhält immer der nachfolgend Best plazierte den 1. Preis. Beim Mahl schießen ist es nun aber so, daß die Preise vom Ersten bis zum Vorletzten gleich sind. Jeder erhält ein seidenes Trachtentuch, das er sich selbst aus suchen darf. Der Letzte aber, der an diesem Tag keinen ,,Reim" hatte, be kommt ein weißes Leintuch — die ,,Schneiderfahne" —, auf das Schere und Bügeleisen appliziert sind. Jeder Schütze trachtet daher, nicht ,,Schneider" zu wer den. Erschwerend wirkt, daß ihm nur eine sehr beschränkte Anzahl von Schüs sen zur Verfügung steht, doch werden die jeweils besten Ergebnisse auf der Inventionsschelbe, auf der Mahlscheibe und auf der Laufscheibe (,,laufende Gams"), die besonders viel Geschick-

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