Landeskunde Universitäts professor Dr. Waither Kastner und seine Sammlung Otfried Kastner Es mochte das Wetter noch so schön sein und die Seelandschaft in Ihrem Glanz bestechen, wenn die ersten Sommer gäste aus Wien auf der Esplanade in Gmunden auftauchten, wurde der Finanz rat Dr. Kastner unruhig, nahm seine beiden Buben aus der Volksschule und brach mit seiner Familie samt Dienst mädchen in die Sommerfrische ins Mühl viertel auf. In der rauhen, jedoch überaus maleri schen Mühiviertier Sommerfrische traf man viele Professorenfamilien. Die Väter fanden sich leicht zu Tarockpartien, oft auch zu Quartetten zusammen. Vater Kastner spielte sogar Geigensoli im Flochamt in der Kirche. Er verstand es, aus Föhrenrinde Schiffchen, die die braunwässrigen Bächlein belebten, und Pfeile zu schnitzen. Walther wurde 1902 geboren. Wie es um die Jahrhundert wende üblich war, wurde nicht nur ge meinsam musiziert, es versuchte sich auch unsere Mutter in der Malerei. Sie malte gerne Stilleben. Der Mohn der Mühiviertier Mohnfelder, die Kornblumen in ihrem Blau, von der Stadt mitge brachte Marillen waren besonders bevor zugte Vorwürfe. Ein Junggeselle nahm sich die Fiammerschmiede mit ihrem Gärtchen mit den farbigen Glaskugeln zwischen den hohen Maiven als Motiv vor. Er war der Bruder des berühmten Heldenbaritons Schipper. Zu Kaisers Geburtstag erklang überall Musik. Hinter der Kapelle marschierten Feuerwehr und Veteranenverein. Nach mittags traten wir Kinder in den Trachten der Nationen auf und sagten Verse der Verehrung. Je nach dem Alter begeisterte die Kinder erst der Schmetterlingsfang, später das Leben am Kriegspfad der Indianer und noch vor dem Krieg kam das Exerzieren mit Hoizgewehren in bun ten Röcken und bäuerlichen Strohhüten auf. Walther exerzierte mustergültig. Doch da gab es noch ganz andere Erleb nisse: Kirchtage, an denen man Peit schenschnüre und bunte Lebzeitenher zen erwerben konnte. Einmal zogen Spaniolen durch. Ein Professor, der zehn Sprachen beherrschte, konnte sich in allen mit ihnen unterhalten. Leider blie ben sie viel zu kurz, doch bald gab es neue Eindrücke. Artillerie zog zum Scharfschießen durch. Die Männer neben den Rohren waren weiß, als wären sie Gegenstände aus Karlsbadersprudel. Das war ein buntes Leben! Es kam noch zu einem Manöver und man sah die Infan teristen ameisengleich die Berge erklim men. Die Sommerfrischler waren nicht abzuhalten, den Feldherrnhügel auch ihrerseits zu besteigen. So liefen die Jahre und Sommer dahin. Dem Rudern und Schwimmen zuliebe, hatten wir nun einen See in Salzburg aufgesucht. Hier war alles neu. Hatten wir früher den Kefermarkter Altar be sucht — es wurden dorthin sogar Leiter wagenfahrten unternommen — so durch wanderten wir hier gerne das Land, über das der Watzmann leuchtete und die barocken Heiligen in ihrem Gold. Den Soldaten, die von Tirol herauf in den Krieg fuhren, brachten wir vierblättrigen Klee. Dieses Glückszeichen freute sie mehr als Essen, das sie zur Genüge hatten. Walther studierte im Realgymnasium stets mit Vorzug und lernte privat auch Griechisch. Er übernahm die Leitung des Wandervogels, nachdem viele gefallen waren, und es gelang ihm, von der Amerikanischen Aktion Zuteilungen zu erbitten. Der Zulauf zum Wandervogel war so stark, daß man auch andere Bünde aufbaute. Vortragsreihen wurden von diesem Bund veranstaltet. Innerhalb der Schule wurden Redeübungen gehal ten. Walther nahm sich Greil vor, einen guten Aquarellisten mit überwiegend heimatlichen Themen. Da man bei Fahr ten nicht ohne Skizzenheft ausrückte, entstanden Zeichnungen von Burgen und auch im Aquarell erreichte Walther eine beachtliche Beherrschung der Technik. In unserm Haus wohnte auch unser Vetter Diller, der auf unsere Krtik sehr viel hielt. Blieb er auch immer dem Spät biedermeier verhaftet — im öl hatte er eine sehr differenzierte Palette —, so waren doch seine Gespräche und Be suche stets anregend. Wir blieben über seine Entwicklung durchaus im Bilde und erfuhren von ihm über die anderen Mit glieder des ,,Kunstvereines", später von der ,,Grille", vom ,,Ring" und vom ,,März". Wir lernten einige Künstler bei ihm kennen. Unsere Mutter hielt Zeit schriften, wie ,,Kunstwart" und die ,,Kunst", durch die wir auch Künstler aus Spanien, Holland, Finnland usw. kennen lernen konnten, und sie nahm uns in jede Kunstvereinsausstellung mit, so daß sich bald ein kritisches Urteil bildete. Mit Maler Ritzberger verband die Eltern eine persönliche Freundschaft. Er besaß als einziger ein Atelier. Dort zu sein, hatte für uns etwas Feierliches. Wir stan den vor den mächtigen Bildern, die meist unser Land verließen und auch über See gingen. Auch der Zeichenprofessor besuchte mit uns Kunstausstellungen
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