Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 2, 1975

Franz von Zülow, sein frühes Werk Oskar Matulla Wien, letztes Jahrzehnt vor Ausbruch des ersten Weltkrieges. Noch einmal fan den sich geistige Größe und künstlerische Kraft In der Hauptstadt des Reiches zu sammen, noch rief die Metropole die besten Geister der Kunst und Wissen schaft In Ihre Mauern, um eine späte — und letzte — Blüte der Kultur des Vielvölkerstaates heranreifen zu lassen. Vielfältig waren die Kräfte, die jene Kul turhöhe entwickelten, die das Bild der Epoche bestimmten. Es war das letzte Zusammenfinden, eine sichtbare Darle gung dessen, wozu die Nationen des Reiches fähig waren. Knapp vor Anbruch des 20. Jahrhunderts hatten sich In der Kunst Europas Art nouveau. Modern Art, Jugendkunst und Sezessionismus etabliert. Im Rückgriff auf eine Kunst, die um 1850 lebendig war, und In Vorschau auf das kommende Jahrhundert sollten diese für zwei Jahr zehnte hin das kulturelle Bild einer Zelt prägen, über die bildende Kunst hlnausgrelfend, die Architektur, die Mode, die Literatur erreichen, einen ,,Stir bilden, ehe sie In den Umbrüchen von 1918 untergingen. Freilich darf nicht über sehen werden, daß vor der Zerstörung des alten Gefüges, das In die Zukunft Welsende und diese auf Jahre Bestim mende, der Expressionismus, schon seine Fahne entrollt hatte. Beiden Bewe gungen, dem Sezessionismus, wie dem Expressionismus, waren auf dem Boden Österreichs ein langhinlaufender Nach sommer beschieden. Noch 1930 wurde In Schrelblingkirchen In Niederösterreich das Gewölbe der romanischen Rund kirche mit sezesslonlstlscher florealer Ornamentik bemalt, der Expressionismus sollte noch 1950 bis 1960 In den Werken abstrakter Maler anwesend sein. Das Ist die künstlerische Welt, die der am 15. März 1883 In Wien geborene Franz von Zülow betritt. Sie formt sein Leben und sein Werk. Nach einer In Haugsdorf Im niederösterreichischen Weinviertel verbrachten Jugend kam er 1901 nach Wien, um die ,,Graphische Lehr- und Versuchsanstalt" zu besuchen. War auch damals die ,,Graphische" vor wiegend für die Ausbildung der Im Tages bedarf notwendigen Drucker und Ge brauchsgraphiker eingerichtet, so wur den ebensogut junge Menschen durch den Unterricht In der Handhabung der verschiedensten graphischen und druck graphischen Techniken für die freie Gra phik gewonnen. Zülow geriet mit der Übersiedlung nach Wien In eine Welt künstlerischer Auseinandersetzungen und kultureller Spannungen. Es war auch eine Welt der Zukunftsgläubigkeit, was die Moderne betrifft. In Wien wirkten zu jener Zelt drei künst lerische Institutionen, die für Zülow be deutsam werden sollten: der Hagenbund, die Sezession und die Wiener Werk stätte. Die Gründung der Sezession lag damals vier Jahre zurück, schon war das von J. M.Olbrich erbaute Haus mit m LlIL Links: Franz von Zülow in seinem Atelier in seinem Häuschen In der Ortschaft Auerbach, Gemeinde Hirschbach bei Freistadt. Rechts: Gang zur Maiandacht in Haugsdorf, Tuschfeder aquarelliert, 1908

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