Denkmalpflege Die Bildhauerwerkstätte Rauch in Altmünster Elfriede Priilinger Fahren Sie, liebe Kunstfreunde, doch ein mal kreuz und quer durch Oberöster reich; beginnen Sie mit Gampern, das einen sehr schönen gotischen Altar auf zuweisen hat; dann sollten Sie Gmunden besuchen, um das Meisterwerk Tho mas Schwanthalers, den Dreikönigsaltar in der Pfarrkirche, eingehend zu betrach ten. In Garsten müßten Sie die wunder volle barocke Stiftskirche anschauen und weiter nach Michaelnbach fahren, um einen wertvollen Reliefkreuzweg aus der Gotik zu sehen. Auf keinen Fall dürfen Sie eine Besichtigung von Oberrauhenödt bei Freistadt versäumen, diese pla stische Biblia Pauperum des gotischen Altares von St. Michael. An all diesen Kunststätten — und an vielen anderen in Oberösterreich — finden Sie die Hand schrift einer guten, verständnisvollen Re staurierung und wo immer Sie fragen: wer hat das alles so gut wiederherge stellt — die Antwort ist jedesmal gleich: Die Werkstätte Rauch. Diese Werkstätte in Altmünster, Eben Nr. 127, ist seit fast fünfzig Jahren ein Begriff für handwerkliche Qualität in allen Bereichen der Holzbildhauerei. Zu dieser schöpferischen Fähigkeit gesellt sich ein weiteres wichtiges Aufgabenge biet: die Erneuerung und Regenerierung historischer Bildwerke. Darum findet man stets irgendwelche gute Freunde aus der Kunstgeschichte des Landes in dieser Werkstatt; die ,,himmlische Landschaft" mit Madonnen, Bischöfen und Engeln ist ständig im Wandel. Gleichbleibend aber an diesem ,,Fließband der Heiligen" ist das Mühen der Werkstätte Rauch um eine ehrliche, werk- und sinngetreue Restau rierung. An und für sich ist ,,Restaurierung" zwar kein Gewerbe. Erst auf der Basis siche ren Könnens in einem bestimmten Beruf — in unserem Falle also der gesamten Holzbildhauerei samt allen Phasen des Fassens und Vergoldens — kann sich jene Feinfühligkeit entwickeln, die es er laubt, Schäden an alten Kunstwerken so auszubessern, daß künstlerische Intentio nen und Folgerungen vergangener Stil epochen unangetastet bleiben. Der Re staurator, der sein Dekret nach einer strengen Prüfung vom entsprechenden Bundesministerium erhält, muß stets sein besonderes Können als einen unauf dringlichen Dienst am vorhandenen Werk auffassen. Seine wichtigste Aufgabe ist daher die Einfühlung in stilistischer und technischer Beziehung, um sich sowohl den Grundgedanken eines wohlbekann ten als auch eines anonymen Meisters unterordnen zu können. Diese Unterordnung ist „ein weites Feld", um mit Fontane zu sprechen. Es ist manchmal unermeßlich schwierig, alle durch Zelt und Unverstand, Schmutz und blinde Erneuerungssucht verursachten Schäden von den verschiedenen Werken zu entfernen, ohne die Ursprünglichkeit zu verletzen. Allein das Konservieren stark verwitterter oder wurmzerfressener Gegenstände kann Monate in Anspruch nehmen und verlangt viel Geduld und Vorsicht. Wie oft muß die Fassung bis auf das Holz erneuert werden, dabei darf keiner der vielen Arbeitsgänge jemals übergangen werden. In solchen Fällen bleibt der Ausdruck „Rationalisierung" tatsächlich ein Fremdwort, denn Aufga ben dieser Art verlangen auch in unse rem Jahrhundert in erster Linie Zeit — und dazu die Atmosphäre einer umfas senden Werkstatt im Sinne eines organi schen Betriebes und einer echten Ge meinschaftsarbeit. Die Rauchsche Werkstätte lebt noch in diesem guten ,,altmodischen" Sinn; es kommt hier mehr auf Seele als auf, Akkordarbeit an, denn das wesentliche Anliegen aller Mitarbeiter ist noch das ,,Ganze" einer Arbeit. Man scheut darum auch keine Mühe: der Kreidegrund für die Fassung der Bildwerke wird selbst hergestellt, das wichtige Malmittel Ka sein wird aus zehn bis fünfzehn Jahre lang eingesumpftem Kalk unter Zusatz von Topfen im Hause gewonnen. Auch das Poliment, der wichtige Haftgrund für die Blattvergoldung, wird nach alten Re zepten angerührt. Solcherart entwickelt sich die notwendige Restaurierarbeit fol gerichtig und entspricht der originalen Technik; den Erfolg beweist ein naht loser Übergang vom ursprünglichen in den regenerierten Zustand. Vielleicht trifft in keinem anderen Bereich die Bezeichnung „Handwerkskunst" so sehr wie hier den Sinn. Können, Wissen und vielseitige Erfahrung sind unum gängliche Grundlagen für kundiges Re staurieren, die weitere Voraussetzung ist ein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl in allen Fragen der Stilkunde. Selbstver ständlich haben sich im Lauf der Zeit durch wachsendes Verständnis und neue Erkenntnisse auch die Auffassungen über gute Restaurierungsarbeit zum Teil ge wandelt, zum Teil differenziert. Doch be schränken sich die Vorstellungen im all gemeinen auf zwei Momente: auf eine Restaurierung, die dem Gefühlswert ent gegenkommt und daher auch im erneu-
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