Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 2, 1975

Zeitgenössische Kunst in barocken Räumen Margret Bilger(1904—1971) Otto Wutzel In der Reihe der großen oberösterrei chischen Landesausstellungen folgt nach der „Kunst der Donauschule" In Sankt Florian und der „Blldhauerfamllle Schwanthaler" In Reichersberg nunmehr die Ausstellung „Margret Bilger 1904 bis 1971" Im Zisterzienserstift Schilerbach. Sie dauert vom 24. Mal bis 31. August 1975. Ihr kennzeichnender Untertitel lau tet „Zeitgenössische Kunst in barocken Räumen". Unzweifelhaft kann diese Aus stellung als das zentrale kulturelle Ereig nis In Oberösterreich für das heurige Jahr angesprochen werden. Margret Bilger zählt zu den bedeutend sten und liebenswertesten Persönlich kelten der österreichischen Moderne. Ihr Werk Ist gekennzeichnet von einer tiefen Mystik, einer gläubigen Menschlichkeit und einer märchenhaften Versponnenhelt. Nicht umsonst wird Immer darauf hingewiesen, daß Ihre bildnerische Welt In erster Linie aus dem Empfinden einer Frau verstanden werden muß, die Ihr ganzes Leben In leidenschaftlicher Hin gabe der Kunst gewidmet hat. Geboren am 12. August 1904 In Graz, fand sie In der Ortschaft Leoprechting In dem Innvlertler Dorf Taufkirchen an der Pram eine Helmstatt fürs Leben. Künstlerische Heimat wurde das Zisterzienserkloster Schlierbach Im oberösterreichischen Kremstal mit seiner Glaswerkstätte, die Ihren Internationalen Aufstieg In erster Linie Margret Bllgers künstlerischem Genius verdankt. Die Lebensbahn der Künstlerin endete am 24. Juli 1971 In Schärding am Inn. International bekannt wurde Margret Bil ger zunächst mit Ihrer Druckgraphik, für die sie In regem Gedankenaustausch mit Alfred Kubin persönlich die technische Bezeichnung des ,,Holzrisses" erfand. Alfred Kubin schrieb 1942: „Holzrisse sind wie eine glückliche Eingebung. Sie geben mit Rissen einen Wink auf die Im Grunde malerische, zeichnerische Tech nik und mit Holz als für das Materlall" Margret Bllgers Holzriß-Werk bildet heute eine Kostbarkelt In der abendländischen Graphik. Von dieser graphischen Welt fand sie den Weg zu der modernen Glasmalerei, die In unserer Gegenwart Im Kirchenbau eine entscheidende Rolle spielt. Margret Bil ger hat dem sakralen Glasfenster einen völlig neuen Impuls gegeben. Sie schuf für alte und neue Gotteshäuser eine Fülle von großartigen Farbsymphonien, die ausschließlich In der Glaswerkstätte Schilerbach geschaffen worden sind. In allen Glasfenstern spricht die Künstlerin als Mystikerin zu uns, erfüllt von einem Geist, der nur mit Franz von Assisi ver glichen werden kann. Das Land Oberösterreich hat stets das Schaffen dieser Künstlerin mit wachem Interesse gefördert. Mit rund 350 Expo naten wird In Schilerbach erstmalig eine Gesamtschau geboten, die nicht nur die Holzrisse und Glasmalerelen umfaßt, sondern auf die ganze Breite aufmerksam macht, die Margret Bilger erfüllt hat: erstmals werden In großem Umfang auch Ihre Ölbilder, Hinterglasbilder, Weberelen, Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen ge zeigt, die sie Im allgemeinen bis zu Ihrem Tode zurückhielt. Eingerichtet wurde die Ausstellung Im Zisterzienserkloster Schlierbach, wo Mar gret Bilger glückliche Jahre verbringen durfte. Für die Aufstellung der Schau ste hen prunkvolle Barockräume zur Ver fügung, die einen Imposanten äußeren Rahmen ergeben. Mittelpunkte des Ausstellungsbereiches sind der Bernhardl-Saal und die Stlftsblbllothek, die zu den künstlerisch wert vollsten barocken Innenräumen In Ober österreich gezählt werden dürfen. Für die Ausstellung wurden diese histo rischen Räume gewissenhaft restauriert, so daß sich — nach bewährtem Beispiel — eine wirkungsvolle Ergänzung von Denkmalpflege und Kunstpflege ergibt. Den Besucher erwartet eine stimmungs volle Einheit von historischer Kunst mit modernem Kunsterlebnis. Schlierbach, Zisterzienserstift, Bibliothek, erbaut 1712, als Baumeister wird der Linzer Barockarchitekt Johann Michael Prunner (?) angenommen. Die Kiosterbibiiothek von Schiierbach kann zu den schönsten barocken innenräumen in Oberösterreich gezählt werden, ihre Restaurierung zählt zu den wichtigsten Aktionen anläßlich des Europäischen Jahres des Denkmaischutzes.

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