Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 2, 1975

ten Graphiker Im Westen Österreichs an ders, ja gerade umgekehrt, bei dem In Innsbruck wirkenden Südtiroler Paul Flora. Flora wird gern als „zeichnender Philosoph" oder als ,,verkappter Maler poet" bezeichnet. Die einen nennen Ihn Nachfolger von Kubin oder Grosz, andere bezeichnen ihn ,,beeinflußt von Steinberg und Thuber, literarisch zwischen RodaRoda und Kafka beheimatet". Eines Ist so ehrenvoll wie das andere, nicht weni ger übrigens auch die Charakterisierung des bekannten Schweizer Dramatikers Dürrenmatt, der ihn als ,,charmanten Idylliker" schätzt. Die polltische Karikatur bildet neben einem umfassenden sati risch-graphischen Werk eher ein Rand gebiet, auch wenn er für die Hamburger ,,Zeit" allein über tausend politische Karikaturen gezeichnet haP°. „Er vermag mit ein paar Strichen" — so charakteri siert Ihn die „Zelt"-Ghefredakteurin Marion Gräfin Dönitz — ,,ein Problem, eine Situation, ein Geschehen schärfer, einleuchtender, schlagfertiger zu kom mentleren als wir mit noch so viel Zellen und Spalten"." Bei Floras politischen Karikaturen Ist es allerdings meist nur die ,,große Politik" zwischen Kennedy und Chruschtschow, De Gaulle und Er hard, Strauß, Ulbricht und Klaus, in die sich allerdings eine Eichmann-Karikatur (,,Amateur-Elchmann") mischte. So ne benbei stammen auch reizvolle Skizzen über die Schatzsucher vom Toplitz-See von Flora. In Oberösterreich hatte Inzwischen ,,Florian", mit wirklichem Namen Rudolf Nemec, der Karikatur neue, bisher stark vernachlässigte Selten abgewonnen, bis auch er stärker In die Landespolitik sprang: der lokalen Karikatur, der so seltenen Wirtschaftskarikatur und der sozialkritischen Karikatur, wobei Streiks, der Kampf um Entwicklungsgebiete In Österreich, Käuferstreiks, Wohnbaure form und Mietenreform Schwerpunkte bil deten. Zwei Beispiele aus dem Gebiet kommunaler und wirtschaftspolitischer Karikatur sollen dies charakterisieren. Verständllcherwelse waren die ersten öberösterrelcher, die sich zur Ehre der Karikatur hochturnten, jene, die als erste den Marsch In die Bundespolitik ange treten hatten — ob als Oppositionsführer wie etwa Peter, oder als Parlaments präsident wie Dr. Maleta, oder als Mit glied der Bundesregierung wie Doktor Kotzlna. Bautenminister Kotzina brachte das Auslöffeln der bitteren StrengbergAutobahn-Affäre gemeinsam mit seinem früheren MInlster-Chef in der Staats sekretär-Zeit, Dr. Bock, zu Karikatur ehren. Bei Maleta war es die Ermögllchung einer freieren Parlamentsbericht erstattung, die ihm Pluspunkte eintrug. Oppositionsführer Peter trat vorerst mit Abstand am meisten Im Karikatur-Wald In Erscheinung, wenn auch gewiß aus schließlich Im Rahmen der Bundespolltik wie bei der Karikatur ,,Linkswalzer". Gerade er vermag ein Lied davon zu singen, daß gewiß eine Karikatur den Bekanntheltsgrad zu steigern vermag, ohne daß die Karikatur selbst dem Be troffenen immer Freude oder gar reine Freude zu bereiten vermag. Aber das Ist ja bei Karikaturen die Norm: der Kontrast, das Besondere und Außer gewöhnliche — Im Körperlichen wie im Gelstigen — Ist ja nicht Immer das Schmeichelhafte, das, was die Menschen herausstellen oder herausgestellt wissen wollen. Das war bei Waldbrunner seine Nase, bei Raab die seine Gelassenheit und Unerschütterlichkeit andeutende Virginia, die gewellten Haare bei Kreisky und die gewellte Stirn bei ORF-GeneralIntendant Bacher. Aber eine Karikatur Ist nun einmal kein Spiegel für Eitelkeit — doch sollte sie gewiß ein solcher für Ehrlichkeit sein. Vor allem aber impo niert In den meisten Fällen die Einfach heit, die Vereinfachung, die klare, un komplizierte Aussage. ,,Durch gra phische Überbewertung den wahren Wert betonend", erklärt Hellmut Andics In der Einleitung zum Band ,,Dle sechziger Jahre" mit IronImus-Karikaturen'L Die Schwierigkelten liegen gleichermaßen auf der Hand: der Grafiker, der Künstler soll oder muß ein ,,homo pollticus" sein oder ein polltisch veranlagter Mensch hat gleichzeitig Künstler zu sein. Und Dop pelbegabungen sind überall, auch hier, selten. Für Oberösterreich Ist das merkwürdige Phänomen sichtbar, daß der langjährige Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner In den Karikaturen der fünfziger, sechzi ger und siebziger Jahre nicht aufscheint. War es seine Ausgegllchenhelt, war es die Ausgewogenheit der Landespolitik, die kaum Ansatzpunkte für einen Karika turisten erkennen ließ? Nemec-Florian erklärte: ein zu schöner Mann! Für Oberöstereich kommt der Durch bruch erst so richtig bei den Landtags wahlen von 1973. Das Ist nicht ganz ver wunderlich, denn die für jede Karikatur so wichtige Kontrast-Situation hat es bei dieser Wahl sogar bündelweise gegeben — auch wenn für den Karikaturisten keine

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