Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

fähr gleich alten Gitter in Ach nicht ver leugnen. Hier aber ist die ursprüngliche Bemalung in Kornblumenblau und Gold noch erhalten, die aufgesetzten Blech schnitt-Engel in Blau und Rot. Allmählich erst kann man sich von dieser eindrucksvoilen Arbeit lösen und wird von neuem gefangengenommen von der gewachse nen Einheit des gotischen Raumes und der barocken Innengestaltung; allmählich nimmt man die guten Statuen auf den Altären wahr — vom Braunauer Bildhauer Sebastian Hagenauer 1716 geschaffen —, bemerkt die Altarblätter in der Art des Siemens della Croce, die Kanzel, das Ghorgestühl, die Beichtstühle, eine lie benswerte Madonna mit Kind aus dem 17. Jahrhundert, das Kruzifix — vermut lich von den Brüdern Zürn —, wird auf merksam auf 18 Tafelbilder, die angeb lich von einem früheren Altar stammen und die Geschichte der Walifahrt — Raub und Auffindung des Kelches mit geweih ten Hostien — schildern und die beson ders kostümgeschichtlich interessant sind, ebenso wie die vielen Votivbilder aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die sich vor allem an der Rückwand des Hoch altares befinden. Es wirkt alles ein wenig überladen, ein wenig verstaubt und ein wenig wilikürMch hier, ganz anders ais in Ach, wo die einzelnen Stücke sparsam und vorbestimmt angebracht sind. Aber vielleicht ist es gerade das, was dem leicht dämmrigen Raum dieses ergrei fende Fluidum verleiht, dieses stille Stau nen über die jahrhundertealte Synthese vom gläubigen Schaffen des Künstlers und dem gläubigen Sinn des Volkes nährt. Im Inn- und Hausruckviertel gibt es noch so vieie Stätten alter Kunst, daß es wirk lich schwerfällt, Namen zu nennen. Soll es die nun renovierte Kirche von Sankt Florian bei Heipfau sein mit ihren ein maligen Apostelfresken und ihren selten in solchen Mengen vorhandenen groß formatigen Walifahrtskerzen? Oder Schloß Zeil an der Pram, in dem die Restauratoren eifrig an der Arbeit sind, die kieine FiMalkirche von Jebiing mit ihrer rätselhaften Vergangenheit und ih rer neu erworbenen, intimen Gegen wartsfunktion, oder etwa Brunnenthai bei Schärding, das nicht nur wieder eine Wallfahrtskirche, sondern in Verbindung mit seinem Heilbrünndl einen ganzen Weihebereich aufweist? Oder soll man vielleicht die vollkommen versteckte, in frisch grünende Taihänge eingebettete Pankratiuskapeiie bei St. Ägidi nennen? Die Namen der Objekte, die man sich erwandern sollte, häufen sich, und das nicht nur hier! Machen wir nun den großen Sprung über die Donau, erobern wir uns die Höhen des oberen Mühlviertels! Kennen Sie den Hoiierberg bei St. Peter am Wimberg? Mitten im Wald steht auf einem gelichteten Hügel eine Kirche und etwas abgerückt davon — nein, kein Gasthaus —, eine Schule, das frühere Benefiziatenhaus. Beglückt genießt man zu jeder Jahreszeit dieses Naturerleben, diese Stille, freut sich der Fernsicht. Die Höhe war einst dicht mit Wald bestan den, der Orkan im Juli 1929 hat ziemlich viel von ihm gebrochen und so den Bück freigegeben. Einige Bänke laden vorerst zur Rast; dann umschreitet man die Kir che, sieht den Maria-Raststein und tritt schließiich durch das bescheidene Por tal. Fällt die Sonne richtig ein, steht der Besucher einem strahlenden Leuchten gegenüber. Wieder befindet er sich, wie so oft in unserem Lande, in einem goti schen, netzrippengewölbten Raum mit barocker Ausstattung. Es sind gute Sta tuen da, die meisten barock, an der Nord wand des Langhauses befindet sich eine wunderbare Kanzel, an der Brüstung in Flachreiief den wunderbaren Fischzug zeigend, ebenso in Goid gefaßt wie die Statuen, und den Hochaltar schmückt ein beachtenswertes Gemälde des Titelheili gen der Kirche, des hl. Georg, von Jo hann Georg Dam. Grasmair aus dem Jahre 1732. Die Kirche wurde 1462 ge weiht, doch muß schon ein Vorgänger bau vorhanden gewesen sein, da roma nische Reste festgestellt worden sind. Die barocke Umgestaltung ist im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts geschehen. Interessant ist auch die Tatsache, daß die Kirche, obwohl sie eine aite Wall fahrtsstätte war, in der Reformationszeit, wohl auf Grund ihrer Abgelegenheit, den Protestanten ais Gotteshaus diente und diese Funktion am längsten im ganzen Lande behielt, nämlich bis 1717. Doch solche Daten und Sensationsfakten zähien wenig, wenn das Empfinden so direkt angesprochen wird wie hier. Vom Hollerberg ist es nicht weit nach Steinbruch; ein paar Häuser nur und eine verhältnismäßig große Kirche einsam auf einer Hochfläche... Es Ist rauh hier heroben, die Mauer, die die Kirche um gibt, verstärkt den abweisenden Ein druck, und doch gehört gerade diese Kirche in diese Gegend. Wiederum zum Ganzen passend ist der Innenraum, trotz mancher barocker Gestaltungsmomente vom Stein bestimmt. Schon das reich verstäbte Südtor, die altertümlich anmu tenden Pfeiler, eine an die Romanik an klingende Kopfkonsole, und dann die Prachtstücke der sechs Marmorreliefs vom Kreuzweg zwischen der Burg Pürnstein und der Kirche St. Anna zu Stein bruch — sie wurden 1886 hierher in die Gruftkapelle übertragen —, weiters der Wappenstein der Familien StarhembergRosenberg in der Sessionsnische, ein bemerkenswertes Marmorrelief, wohl von einem Hochgrab, der Votivstein anläßlich der Grundsteinlegung 1509 mit AnnaSelbdritt-Gruppe und dem Stifterpaar, der Grabstein des Stifters und eine wunderliiebe, herbe, kleine Anna-SelbdrittGruppe im Relief... dies alies ist wie in einem Museum, erzählt so viel von der lokalen Geschichte und ist doch leben dig gebliebener Andachtsraum. Es sind allerdings nicht nur Kirchen in dieser Reihe eines Kulturausflugs zu nen nen! Es gibt auch schöne Bürgerhäuser, gut erhaltene oder wiederhergestellte Schlösser anzuführen, bei denen wegen Privatbesitz der allgemeine Zutritt aller dings oft erschwert, die Privatimitiative In der Erhaltung in jedem Einzelfall je doch sehr lobenswert ist. Ein Beispiel wäre Schloß Lichtenau bei Haslach, das nach argen Zerstörungen im zweiten Weitkrieg nun wieder, zwar in vermin derter Bausubstanz, in ausgezeichneter Weise instand gesetzt wurde. Die Ka pelle an der Westseite des Hofes ist übrigens noch ganz im alten Bauzustand erhalten. Überallhin frei ist der Zutritt In eine Ruine, soweit der Bauzustand es eben eriaubt, und in dileser Hinsicht ist Vorsicht unbe dingt am Platz. Eine der markantesten ehemaligen Bur gen des Mühlviertels ist die Ruttenstein, weithin schauend und von vielen Stellen aus zu sehen. Es handelt sich dabei um eine ursprünglich kleine, durch spätere Zubauten aber stark vergrößerte Burg anlage, deren ältester Teil, der romani sche Palas an der Nordostecke des ge samten Komplexes, wie ein brüchiger Zahn In den Himmel ragt. Im zweiten Stock dieses Bauwerkes, dem Burghof zugewendet, sieht man noch ein romani sches Doppeifenster. Die Rückwand die ses rechteckigen Baues, der wie ein Turm anmutet, fehlt. Gegenüber dem Palas in westlicher Richtung finden sich Reste einer Kapelle. Der Verfall dieser Burg ist leider schon stark fortgeschrit ten, obwohl sie von außen mit ihren Wehrmauern und den Rundtürmen noch immer einen imposanten Eindruck macht.

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