Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

Wirtschaft und Fremdenverkehi' Oberösterreichische Wanderzieie itni Jahr des Denkmaischutzes Hertha Schober Die Mobilität der Massen ist ein furcht bares Wort, aber es trifft die Situation; wohl niemals waren so viele Menschen freiwillig unterwegs als heutzutage. Man setzt sich ins Auto und fährt... irgend wohin; man setzt sich in den Autobus und läßt ein vorbereitetes Programm an sich herankommen. Und man wandert sogar wieder! Vielfach tut man dies auch in der Masse, denn Organisiertes genie ßen ist einfacher als selbst planen, und das Angebot ist ja groß. Fast jeder Ort, der etwas auf sich hält, veranstaltet min destens einen Wandertag im Jahr, mit Abzeichen ntürlich! Aber man wandert zuweilen auch allein, das heißt im pri vaten Verband. Reiseunternehmen haben für ihre Fahr ten vielfach das kulturelle Angebot auf gegriffen und bauen verschiedene Be sichtigungen in ihr Programm ein, ja veranstalten sogar Fahrten zu besonde ren Sehenswürdigkeiten. Wallfahrten, heute natürlich auch zum größten Teil im Autobus durchgeführt, werden mit Kulturfahrten verbunden. Das ist alles sehr schön, aber ist es genug? Selbstfahrern und Einzelwanderern man gelt es oft an Wissen um entsprechende Ziele, ja sie gehen oder fahren an man chen Sehenswürdigkeiten einfach unwis send vorbei. Man könnte nun vorschlagen, einmal die Greinburg oder das Freilichtmuseum in Mondsee, St. Florian oder Reichers berg zu besuchen, aber diese Orte sind allmählich doch bekannt geworden. Ich möchte vielmehr heute von kleinen Glanzpunkten erzählen, deren es so viele in unserem Lande verstreut gibt, die zum Teil immer noch Geheimtips einiger we niger sind und die teils gut gepflegt oder restauriert werden oder wurden, teils aber noch darauf warten, auch einmal in den Terminkalender des Restaurators aufgenommen zu werden. Da wäre einmal ganz an der süwestiichen Ecke unseres Bundeslandes die Pfarr kirche Maria Ach zu nennen, ganz am Ufer der Salzach gelegen, eingezwängt zwischen dem steilen Höhenrücken, der nach Hochburg hinaufleltet, und der Stadt Burghausen mit ihrer mächtigen Burganlage auf der anderen Seite. Klein und versteckt ist diese Kirche und eng die Straße, die an ihr vorbeiführt, so daß kaum jemand die Muße hat, auf sie auf merksam zu werden, und das ist schade. Ach selbst war bis 1780 ein Bestandteil der Stadt Burghausen, und erst nach der Loslösung von Bayern wurde diese Kir che, die nicht einmal in Ach selbst liegt. sondern in Wanghausen, zur Pfarrkirche; als Wallfahrtsstätte war sie schon lange bekannt, denn bereits 1324 äußerte sich ein Passauer Bürger, daß er ,,gen Ach wollt chirlch fahrten". Ursprünglich muß das Gotteshaus noch näher an der Salz ach gestanden sein, da man vor einigen Jahren beim Bau einer Kläranlage auf Reste einer scheinbar romanischen Apsis gestoßen ist. Die häufigen Hochwasser waren wohl dann die Ursache, die Kirche vom Fluß etwas abzurücken. 1404 war der Kirchenumbau vollendet und umfaßte ursprünglich nur das jetzige Langhaus. 1770/71 erfolgte die Erweiterung, und daraus ergibt sich schon der erste, äußerst reizvolle Eindruck dieses sakra len Raumes. Noch umfangen von gotisch gedämpftem Licht, bricht völlig unerwar tet rokokohafte Helle herein, öffnet sich die Enge zum quadratischen Zentralbau des Chores mit den abgeschrägten Ekken. Ein reiches, barockes Gitter trennt diese beiden Welten. In den Schrägen beiderseits des Hochaltares sitzen Balkone, einer von ihnen wird als Kanzel verwendet; die gegenüberliegenden wur den schon früher entfernt. Helle Farben, reicher Rokoko-Schmuck und gute Altar bilder von Johann Nepomuk della Croce, Holzplastiken von Johann Georg Lind, die plastische Dreifaltigkeitsgruppe auf dem Hochaltar und das gotische Gna denbild Maria mit Kind — das alles wird zu einer überwältigenden Erlebniswelt, besonders überwältigend, weil so uner wartet; die laute Welt scheint entrückt, innerer Friede greift Platz. Und noch einmal, dieses Gitter! Es führt uns geradewegs etwas nach Osten, in eine andere Wallfahrts- und Filialkirche, die heute vielleicht noch unbekannter ist als jene in Ach. Gemeint ist Hart bei Pischelsdorf. Ein paar Häuser umschlie ßen einen großen freien Platz um eine Kirche; er ist von einer niederen Mauer umgeben, und hier haben früher oft Pil ger die Nacht verbracht, denn sie kamen zu dieser, 1580 erstmals genannten Wall fahrtsstätte aus einem Umkreis von rund sieben Gehstunden, aus 52 Pfarren und Filialgemeinden in Bayern, Salzburg und natürlich des Innviertels. Tritt der Besu cher durch das mit schönen gotischen Beschlägen versehene Tor, sieht er vor erst nur das prachtvolle, schmiedeeiserne Ghorgltter; auf den ersten Blick be herrscht es die gesamte Kirche. Es wurde 1637 in einer Burghausener Werkstatt gefertigt und kann in seinem Aufbau, in seinen wesentlichen Gestaltungsmomen ten seine Verwandtschaft mit dem ungeBlick auf den Hochaltar der Pfarrkirche Ach (BH. Braunau) mit schmiedeeisernem Abschlußgitter aus dem 2. Viertel des 17. Jahrhunderts

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2