Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

Historische Kunst Alois Riegl und Linz Georg Wacha In Alois Riegl verehrt die österreichische Denkmalpflege einen ihrer bedeutendsten Lehrmeister. Es erscheint demnach richtig, seiner im Europäischen Jahr des Denkmal schutzes in seiner Geburtsstadt Linz zu ge denken. Sein Werk „Der moderne Denkmaikuitus. Sein Wesen und seine Entstehung" (Wien 1903) würde gerade in unserer Zeit eine Neuauflage verdienen.(Anm. d. Red.) Das Andenken an bildende Künstler wird am ehesten dadurch wachgehalten, daß man Ihr Schaffen würdigt, Ihre Werke unter Zuhilfenahme der modernsten tech nischen Möglichkeiten In Abbildungen wiedergibt, daß man Ausstellungen ver anstaltet oder die Kunstwerke In Museen öffentlich zeigt. Will man aber des großen Sohnes einer Stadt gedenken, der nicht als Künstler, sondern als Wissenschaftler — man kann Ihn als Kunsthistoriker oder als Kunstpsychologen bezeichnen - Be deutung erlangt hat, so sind die Mög lichkeiten stark beschränkt; Benennung eines Straßenzuges, Anbringung einer Gedenktafel, Veranstaltung einer Feier stunde etc. Hermann Bahr, auch ein Sohn dieser Stadt, sagt In seinem Buch über den Expressionismus, daß Franz Wickhoff und Alois Riegl zu den wenig bekannten österreichischen Kunsthistorikern zäh len: beide sind Söhne des Landes ob der Enns und lehrten zur gleichen Zeit an der Wiener Universität; der gebürtige Steyrer Franz Wickhoff von 1885 bis 1909, der Linzer Alois Riegl in den Jahren 1895 bis zu seinem Tode 1905. Alois Riegl kann mit Berechtigung als Linzer angesprochen werden, wurde er doch am 14. Jänner 1858 In Linz als Sohn eines Fabrikatlonsoffizlals der Ta bakfabrik geboren. Linz stellt ja im öster reichischen Staatsgebiet zweifellos die älteste Industriestadt dar: In den Gebäu den der Wollzeugfabrik (die schon Im 17. Jahrhundert gegründet worden war) nahm seit dem Jahre 1850 die Tabak fabrik Ihren Betrieb auf. Der Vater des Jubilars (1975 erinnern wir uns seines Todestages vor sieben Jahrzehnten) war nun der dort beschäftigte Fabrlkatlonsofflzlal Johann Riegl, seine Mutter Ka tharina war eine geborene Mayr. Der Name Mayr Ist auch In Linz ziem lich häufig, doch sagt der Matrikenaus zug aus der Pfarre St. Josef, daß der Vater der Kindesmutter, also der Groß vater RIegls, der jubilierte — das heißt pensionierte — Einnehmer hier In Linz namens Josef Mayr war. Wie die Nach forschungen ergaben, scheint In den Schematismen am Ende der dreißiger Jahre dieser Josef Mayr als Einnehmer beim k. k. Verzehrungssteuer-Llnlenamt an der Linzer Donaubrücke auf, wohnhaft beim Amte. Von mütterlicher Seite Ist also die Zugehörigkeit zu einer Linzer Familie gesichert. Die Lebensschicksale des Vaters erfährt man ausführlich aus dem „Status-Grund buch der Tabakregie" (Band III, fol. 50). Dort wird ausgeführt, daß Johann Riegl am 15. Mal 1823 In Adlerkosteletz (Kostelec nad Orllcl) In Böhmen geboren wor den war, daß er während seiner Studien zelt in Prag Mathematik und Geometrie hörte (1840), ebenda auch Höhere Mathe matik (1842), daß er seine Ausbildung In Wien fortsetzte mit Physik (1843), Dar stellender Geometrie (1844), Beschäfti gung mit Land-, Wasser- und Straßen bau (1843/44), mit Allgemeiner Tech nischer Chemie (1843) und mit Steno graphie. Die Prüfung aus drei Baufächern hat Johann Riegl bei der k. k. Baudirek tion in Graz abgelegt. Er sprach deutsch, slawisch (böhmisch) und etwas franzö sisch. Am 7. Juni 1850 trat er als Mani pulations-Praktikant In den Dienst der Tabakwerke, wurde am 18. August 1851 Fabrikationsassistent. Diese fixe Anstel lung gab Ihm wohl die Möglichkeit, sich am 10. Oktober 1852 — wie oben gesagt — mit Katharina Mayr zu verehelichen. Zu erst hatte er (wie sich aus dem ge nannten ,,Status-Grundbuch" ergibt) In Rossau seinen Dienst begonnen, war dann In die Tabakfabrik Fürstenfeld ge kommen und von dort — wohl 1851 oder 1852 — nach Linz übersiedelt. Die Lauf bahn In den Tabakwerken ging den lang samen Weg des Beamten: Am 14. Mal 1853 wurde Johann Riegl Fabrlkatlonsofflzlal, am 27. August 1858 Kontrollor (dem Finanzministerium zugeteilt). Seine höchste Stelle erreichte er als Elnlöseamts-Verwalter ab 1866. Nach einer kur zen Einschulung In Stein war er ab 1. Mal 1867 In Zabtotow In Galizien beschäftigt. Auch die Höhe der Einkünfte Ist genau festgehalten: Am Schluß seiner Laufbahn verdiente Johann Riegl 1400 fl, dazu 11 fl Holzgeld und zehn Prozent Quartlergeld. Diese Versetzung nach Zabtotow führt uns heutzutage auch die Welte des Rau mes vor Augen, der damals ,,Österreich" war; es müssen aber noch andere Gründe dafür maßgebend gewesen sein, die vielleicht In persönlichen Erlebnissen, In Wünschen und Hoffnungen RIegls be gründet lagen. Die eigene Spalte über ,,Urlaub" läßt solches bei aller Nüchtern heit der Eintragungen erahnen: Im Jahre 1865 wird Riegl ein sechswöchiger Ur-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2