Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

von Holz in Kohle als Brennstoff der Hochöfen und Essen der Eisenwurzen veranschaulicht. Im schönen gewölbten Gang des ersten Stockes grüßt gleich von der Fensterselte die mächtige Fiößerfahne aus dem 18. Jahrhundert (als Leihgabe der Pfarr gemeinde) mit einer Darstellung des Trei delzuges flußaufwärts. Sie weist auf das Thema „Die Enns" hin, die hier vom Ursprung bis zur Mündung in Fotomon tagen in Erinnerung gebracht wird. Mit den ,,Vögeln an der Enns" und den ,,Nutzgesteinen des Ennsraumes" (dar unter natürlich den Elsengesteinen) wird das naturwissenschaftliche Thema an geschlagen, das noch ergänzt Ist durch eine Vitrine „Die Fische der Enns". Wand karten über ,,Das Fiußnetz und Einzugs gebiet der Enns" erleichtern als wissen schaftliche Hilfsmittel dem aufmerksa men Besucher das Gesamtverständnis. Der historische Raum geradeaus (i/1) schlägt das Thema ,,Erdgeschichte und Vorgeschichte" an. Innerhalb der knap pen geologischen Übersicht, von Pro fessor Dr. H. Kohl, Landesmuseum, bear beitet, weisen Darstellungen des berühm ten ,,Buch-Denkmales" und der „Weyrer Bögen" auf spezieile geologische Pro bleme der näheren Umgebung hin. Konsulent D. Mitterkalkgruber hat eigenes Material und Intimste Lokal- und Situa tionskenntnisse des prähistorischen Be fundes seiner Aufstellung zugute kom men lassen. Aus ihr geht hervor, daß das Ennstai bereits im Neolithikum relativ ebenso besiedelt war wie heute. Provinzlalrömische Funde, Leihgaben des Museums Lauriacum der Stadt Enns und eine von D. Mitterkalkgruber bearbeitete Fundkarte runden das Thema ab. Von den drei noch zur Verfügung stehen den Schauräumen ist i/2 der „Volkskul tur des oberösterr. Ennsraumes" gewid met. Ein schönes und abwechslungsrei ches Thema. Die Vielfalt hat der Bear beiter dadurch zu meistern versucht, daß die 12 ausgewählten Themen: Das bäuer liche Gehöft, bäuerliche Nahrung und Küchengerät, Brauchtum im Jahres- und Lebenslauf, Trachten, Ackerbau und Vieh zucht, der Fischer, der Jäger, der Holz knecht... so dargeboten werden, daß über den zugehörigen Vitrinen jeweils eine große Fotodokumentation auf das Darsteliungsmotiv hinweist. Also über dem ,,Brauchtum" beispielsweise eine Gruppe von Sternsingern aus dem Enns tai aus dem Jahre 1925. Die Volksfröm migkeit ist besonders hervorgehoben, ihr sind 7 kleine Vitrinchen gewidmet, eine davon enthält Dokumentationen zur Sebaidiverehrung am Heiligenstein. Weitere Anziehungspunkte dieses Raumes sind das Modell eines Gaflenzer Haufenhofes und ein Trachtenfigurenpaar von Tiiiy Mitter, Steyr. Den Abschluß der Schau bilden die Räume i/3 ,,Wachszieherel einst und jetzt" und i/4 ,,Die Enns als Energie quelle". Beide Themen sind aufs engste mit der Lokatlon des Museums verbun den. in Weyer befindet sich der größte österreichische Wachszieherbetrieb (Wachswarenfabrik Eduard 'Hofer), gleich zeitig der bedeutendste Ableger der seit dem 17. Jahrhundert über den ganzen Ennsraum verbreiteten Wachszieher und Lebzelterfamilie Hofer. Hier sieht man u. a. die Erzeugung von „strangge preßten", ,,gegossenen" und ,,gezoge nen Kerzen", die ,,Zierkerzenerzeugung", alte Kerzengußformen vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, zahlreiche Abgüsse von Lebzeltmodeln und handgegossenen Osterkerzen. Sämtliche Schaustücke wur den von der Wachswarenfabrik Eduard Hofer in Weyer zur Verfügung gesteilt. Wie bereits mehrmals erwähnt, befindet sich der ,,Kasten an der Enns" seit 1961 im Besitz der Ennskraftwerke AG, der auch die bauliche Sanierung und damit letztlich die ,,Rettung" des Gebäudes zu verdanken ist. Die neuzeitliche Funktion der Enns als Energiequelle der Elektri zitätswirtschaft gehört wesensmäßig zu einer Gesamtdarstellung des Begriffes Enns. Im Raum 4 des ersten Stockes wird anhand von Modeilen, Großaufnahmen und Karten die Bedeutung der Enns als Kraftwerkskette dargestellt. Die Tatsache, daß seit einem knappen halben Jahrhundert die Enns ihre wirt schaftliche Funktion geändert hat, sollte den Besucher des Ennsmuseums nicht (nur) mit romantischer Wehmut und Trau rigkeit erfüllen. Gewiß, die Enns war ein herrlicher, ungebärdiger Gebirgsfiuß, die Flößer gingen einer überaus harten, männlichen und mutigen Arbeit nach .. ., aber für das Weiterieben der Menschen an der oberen Enns war entscheidend, daß sie zwar in völlig geänderter Form wieder Energie und damit Arbeit und Brot lieferte. Durch den Bau der Kraft werkskette hat die Ennsiandschaft zwar ihr Gesicht verändert (aber nicht verlo ren), diie sogenannte ,,Lebensquaiität" ihrer Bewohner hat sich jedoch den alige meinen Verhältnissen der Umweit ange paßt. Daß überhaupt ein Funktionswech sel in der Sache selbst (,,Enns") möglich war und damit die „Kirche beim Dorf" geblieben ist, um es mit einer Redewen dung auszudrücken, sollte dem nach denklichen Besucher des Ennsmuseums zuletzt auch freudig stimmen. Und der Schreiber dieser Zellen darf die Betrach tung mit den Worten schließen, die bei der Eröffnung des neuerstandenen Enns museums gesprochen wurden; ,,Es ist ein Werk entstanden, das ... einen neuen Kristallisationskern kultureller Besin nung ... abgeben kann. In dem Ablauf der Geschichte der Enns, zunächst als Kultur- und Völkergrenze, dann als Klam mer zwischen den Erzherzogtümern ob und unter der Enns, als Zubringer von Holz und Eisen aus den obersteirischen Erz- und Waldrevieren, schließlich als Energiespeicher und Kraftstromquelle, fügt sich nun mit dieser musealen Zweck widmung dieses Denkmai kultureiler Rückbesinnung, das auf das Menschiiche zielt, auf Herz, Geist und Bildung der Bewohner des gesamten Ennsrau mes, die in dem neuen Ennsmuseum eine Pilgerstätte ihrer wesensmäßigen Herkunft und Bestimmung erblicken mö gen". Anmerkungen; 1 O.Q.UB. VI., S.9, Nr.8 2 N. Preuenhuber, Annales Styrenses, Nürn berg 1740, S. 145 3 Josef Perndl, Weyer an der Enns, eine kulturgeschichtliche Studie, Linz 1959/60 4 Dieser Zustand ist inzwischen durch den Bau der neuen Eisenstraße, die ungefähr 60 m oberhalb der Enns in die Terrasse geschnitten ist, überholt, war aber für das Verständnis des Kastens als Schnittpunkt von Fluß und Straße ganz entscheidend. 5 Die älteste Ladstattordnung, die von dem Garstener Abt Thomas Rauscher erlassen wurde, datiert aus dem Jahre 1466. Literatur; Gamsjäger Max, Der Kasten an der Enns und seine Bedeutung, in österr. Zeitschr. f. Elek trizitätswirtschaft, Steyr 1970, 23. Jg., Heft 5, S. 238 ff Grüll Georg, Der Markt Weyer und sein Archiv, Weyer 1937 Lipp Franz, Das Ennsmuseum Flößertaverne am Kasten, Kastenreith-Weyer, Kurzführer, Linz 1974 Ders., Das neue Ennsmuseum in Kastenreith bei Weyer, in O.ö. Kulturbericht, XXVIII Jg., Folge 18 Perndl Josef, Weyer an der Enns. Eine kultur geschichtliche Studie, Linz 1959/60 Preuenhuber Valentin, Annales Styrenses, Nürnberg 1740

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