Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

mit dem Salvaguardla-Doppeladlertor von 1699 und dem wiederhergestellten Fresko wurde zur Aufnahme des geplan ten Museums bestimmt. Damit hatte der Gesamtkomplex sinnvolle neue Zweckbestimmungen: entsprechend der geänderten Funktion der Enns als Kraft werkskette wurde die alte Flerberge Büro und Wohnung des Kraftwerksleiters, die alte Flößertaverne zum Restaurant, das dem nun mächtig einsetzenden (und ge rade durch das Museum belebten) Frem denverkehr gerecht wird, und aus dem Eisenspeicher und der alten Ladstatt wurde nun ein Ort der Besinnung auf die alte Schiffahrt an der Enns. Doch als im Flerbst 1971 mit den eigent lichen musealen Einrichtungsarbeiten be gonnen wurde, war es dem Verfasser dieses Berichtes, der von Landesmuseum und Kulturabteilung mit der wissenschaft lichen und museoiogischen Einrichtung betraut wurde, längst klargeworden, daß in der einmaligen geographischen und kulturhistorischen Situation des Kastens an der Enns die Chance gegeben sei, das Blickfeld von der Flößerei auf die ge samte Bedeutung der Enns, als des mit einer Länge von 254 km größten öster reichischen Binnenflusses, dessen Ein zugsgebiet ausschließlich innerhalb der Grenzen des Bundesstaates liegt, zu er weitern. Es wurde das Konzept eines Ennsmuseums mit entsprechender Wid mung der vorhandenen 10 Räume (ein schließlich der zu Ausstellungszwecken genutzten Gänge) ausgearbeitet und dem von der Landesbaudirektion dafür frei gestellten Architekten Oberbaurat Di plomingenieur Karlheinz Hattingen als Grundlage für die weitere technische und innenarchitektonische Ausgestaltung des Museums übergeben. Zur Durchführung der Gestaltung der einzelnen Räume, be sonders aber zum Zweck der Beschaf fung von Leihgaben, wurde ein Arbeits ausschuß gebildet, dem u. a. der zum Kustos ausersehene Oberförster Hans Harrer (Flößerei, Holzwesen, Jagd), Dok tor Josef Ofner (Eisenwesen), Mr. Lothar Russegger und Dir. Roman Maderthaner (Volkskultur), Kons. David Mitterkalkgruber (Prähistorie), Dr. Herbert Hofer (Wachszieherei, J. G. Frey) und Vertreter der Ennskraftwerke angehörten. Später wurde auch noch Dr. Hermann Kohl (Mi neralogie) zugezogen. Diese Arbeitsge meinschaft, die unter dem Vorsitz des Berichterstatters stand, bewährte sich sehr, allerdings blieb die Schwierigkeit der Beschaffung geeigneter Objekte bis zum letzten Augenblick der Einrichtung bestehen, so daß zahlreiche Exponate als Leihgaben des Landesmuseums und ein zelner privater Sammler aus Linz und Weyer beschafft werden mußten. Das Raumkonzept hatte, wie ersichtlich, auch gewisse Kulturtraditionen von AltWeyer und die Wirtschaft des Ennsraumes zu berücksichtigen. Es handelte sich also von vornherein um einen weitge steckten Rahmen, innerhalb dessen sehr konkrete Anliegen zu erfüllen waren. Der Architekt hat mit Erfolg versucht, so weit es einigermaßen mit der jeweiligen Raumordnung vereinbar war, der histo rischen Raumsituation Rechnung zu tra gen. So wurden sämtliche gewölbten Räume in ihrer Innenstruktur erhalten, der Tavernenkeller und die frühere ,,schwarze Küche" sogar mit der patinierten bzw. geschwärzten Haut des alten Steingewölbes. In den wenigen Räumen mit flacher Decke wurden die notwen digen Armierungen mit Holz verkleidet. Die Wände wurden mit grünem NaturRohleinen bespannt, wodurch sich für die zwei Haupträume des ersten und zwei ten Stockwerkes ein angenehmer braun grüner Akkord ergab, der auf die dort angeschlagenen Themen: Flößerei, Ei senwesen und Volkskultur sehr gut abgestimmt war. Dagegen wurde den Räumen der bis zur Gegenwart herauf geführten Wachszieherei und der Enns kraftwerke ein modernes, mehr oder we niger raumunabhängiges Image verlie hen. Sehr ,,modern" sind auch die Ex ponate der kleinen, aber intensiv gestal teten mineralogischen und prähistori schen Schau dargeboten. Wie schon in den neuen Spezialmuseen von Hohenbrunn, Greinburg, Scharnstein und Hailstatt wurde auch im Fall von Kastenreith den Dioramen - wie immer gestaltet von Meister Hans Pertlwieser - eine besondere museumspädagogische Aufgabe zugewiesen. Allein eine Betrach tung und Erläuterung der dreidimensio nalen Schaubilder von Hans Pertlwieser kann z. B. einer Volksschulklasse einen runden und bleibenden Eindruck der im Ennsmuseum angeschlagenen Themen vermitteln. Wie immer ging es idem wiissenschaftlichen Berater der Aufsteliung auch darum, durch graphische Schaubilder und Verbreitungskarten historische und naturwissenschaftliche Tatbestände sicht bar zu machen. Die sechs Wandkarten wurden nach Unterlagen der einzelnen Fachleute von Reinprecht Schober gra phisch gestaltet. Wie auch bisher bei der Neuaufstellung von der Landesregierung geförderter Heimathäuser stellte das Lan desmuseum seine technischen Fachkräfte ebenso für Kastenreith zur Verfügung. Ein kurzer Gang durch das neue Enns museum, das am 8. Juni 1974 durch den Kulturreferenten der oö. Landesregie rung, Landesrat Dr. Josef Ratzenböck, seiner Bestimmung übergeben wurde, läßt diese Mehrschichtigkeit der museumspädagogischen Aufgabe deut lich erkennen. Der Besucher betritt durch das bereits mehrmals erwähnte historische Adlertor den Kassenraum und erblickt geradeaus sogleich eine Übersichtskarte über das Museumsthema: eine Kulturkarte des ge samten Ennsraumes vom Ursprung bis zur Mündung. Dieses Thema wird an hand von Bildreproduktionen im Gang des Erdgeschosses weitergeführt. Thema:,,Eisenstraße und Enns als Schiff fahrtsweg, Städte und Märkte an der Enns". Links vom Vorraum befindet sich der Abgang zum Tavernenkeller, der die ursprüngliche Funktion dieses Raumes als ,,Zeugkammer" der Flößer und Fuhr leute mit ihrem entsprechenden Gerät veranschaulicht. Im Vorraum zu diesem urtümlich wirkenden Tiefgeschoß sind in modernen Vitrinen die Gesteinsproben von drei Mineraliensammlern aus Weyer, darunter die berühmte Erzbergsammlung von Herrn Friedrich Reithofer, ausgestellt. Ein Zentrum des ganzen Museums ist Raum 1 des Erdgeschosses, rechts (E 1) die lebensgroße Figurine eines Flößers in Originaltracht scheint hier mit seinem (verkürzten) Floß den Raum zu queren und sich jenen Zunftgenossen anzu schließen, die in Originalfotos aus der Zeit (der Jahre zwischen 1930 und 1950) in eindrucksvoller Lichtzeichnung (be leuchtete Großdias) die gefahrvolle Ar beit des Flößers drastisch illustrieren. Dioramen, welche die Holzlieferung zur Enns verdeutlichen oder das Schiffahrts fresko aus 1699 auf dem Haus drei dimensional darstellen, Flößertruhen, Zunfthumpen, Schiffahrts-Urkunden, der berühmte Nikolausornat der Pfarrge meinde Weyer aus 1720, vor allem aber der ,,Treidelstein" mit den tief eingefurch ten Seilspuren jahrhundertelanger Be nützung verdichten das hier angeschla gene Thema ,,Flößerei und Schiffahrt auf der Enns, Eisenverarbeitung und Eisen handel". Für letzteres stehen das Origi nalporträt des Hammerherrn Leonhard Kerzenmandl (1570—1644) und Dokumen tationen zur Kleineisenindustrie des Ennstales. Der Raum E 2 des Erdge schosses, mit seinen vier Stichkappen als

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