Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 1, 1975

und als Taverne noch einmal kurz zu rückzublenden. Erst mit der Enns-,,Regulierung" und der Anlage eines ,.Treppelweges" durch den Wasserbaumeister Hans Gastelger (Bauzelt von 1559—1583) wurde es mög lich, als Transportmittel für das Eisen das Floß durch Schiffe zu ersetzen. Flöße wurden ab 1583 in der Regel nur mehr zur Beförderung des Holzes benützt. Dies ergab noch immer die stattliche Zahl von einigen hundert Flößen, die jährlich in Kastenreith abgefertigt werden mußten. Als Schiffe wurden sogenannte ,,Waldln", ,,Waldzillen" oder ,,Waidhofnerzillen" be nutzt, die am Hinterteil („Steuer") ziem lich hoch gebaut waren, damit sie beim Gegenzug nicht allzuviel Wasser schöpf ten. Sie besaßen, ähnlich den Flößen, vier Ruderbäume, die bei der Naufahrt (= Talfahrt) zur Steuerung dienten. Eine Zille konnte im Gegentrieb (flußauf wärts) ungefähr 300 Metzen Getreide und Hafer und 80-100 Zentner andere Güter aufnehmen. Noch im Jahre 1852 wurden nauwärts 56.152 Zentner Eisen und Stahl, gegenwärts 15.315 Metzen Getreide ver frachtet. Eine ganz wichtige Rolle kam durch den Gegentrieb den hiefür erfor derlichen Pferden zu. Für eine ,,normale" Gegenfuhr wurden vier Pferde benötigt. Sie wurden in den ,,Ladstätten", also z. B. im Kasten an der Enns, eingestallt und per Schiff bis zur nächsten Ladstatt nauwärts befördert, damit sie wieder zur Verfügung standen. Roßknechte und ,,Ennsreiter" (analog den ,,Traunreitern") waren es daher vielfach, die die Her berge und Taverne am Kasten bevölker ten, ein rauhes Volk, dessen Ton durch die „Fahrer", „Stoirer", „Stutzenknechte" und „Wildbahner", so war die Besatzung eines Floßes benannt, kaum gemildert wurde. Die ,,Ladstattordnungen" erhalten daher eine genaue Anführung der Rechte und Pflichten' der ,,Wirte" am Kasten, die damit aber auch in den Rang einer respektgebietenden Amtsperson erhoben waren. Unter den 20 ,,Wirten am Kasten", die aus der Zeit von 1479 bis 1794 in der Chronik des Marktes Weyer angeführt sind, wurde Adam Stainer, der den Auf trag für das heute wiederhergestellte Fresko mit der Darstellung der Situation von 1699 gab, schon erwähnt. Zeitweise war der Kasten im Besitz der 1625 ge gründeten ,,lnnerberger Hauptgewerk schaft", einer Vorläuferin der heutigen verstaatlichten österreichischen Montan industrie. Als reichster Besitzer des Ka stens gilt Sebastian Freindl (etwa 1707 bis 1735). Nach einer Aufstellung seiner Steuerabgaben für Getränke (= „Tatz") hatte er in seinem Keller 1125 Eimer Wein und 10 Eimer Bier gelagert. Die Zeit seines Wirkens kann man als die Blütezeit der ,,Wirte am Kasten" anse hen. Der Abstieg hängt mit den Änderun gen des Eisenwesens (1709 kam in Eng land der erste Kokshochofen in Betrieb, 1769 Einführung des Floßofens, 1855 wurde das Bessemerverfahren paten tiert), damit aber auch des Feuerungs-, d. h. des Holzwesens und damit wieder des Transportwesens zusammen. Ein la stender Markstein in der Geschichte der Enns-Schiffahrt und des Kastens an der Enns war die Fertigstellung der Eisen bahnlinie Weyer—Selzthal. Johann Ga briel Frey, der Lokaltopograph von Weyer (und man kann sagen der ganzen Eisenw'urzen), hat die Szene der Begeg nung von Schiff und Eisenbahn in ge radezu dramatisch anmutenden Lithogra phien mehrfach festgehalten. Sie sind an besonderer Stelle im heutigen Ennsmuseum ausgestellt. Freilich, die der Holzlieferung dienenden Flöße fuhren weiter, bis die Errichtung der Kette der Ennskraftwerke ihnen buchstäblich ,,den Weg versperrte". Das letzte Floß landete am 30. August 1967, von Kleinreifllng kommend, nachdem es an dem bereits im Bau befindlichen Kraftwerk Weyer vorübergeglitten war, am Kasten an der Enns. Als mit Kaufvertrag vom 13. Juni 1961 der derzeitige Besitzer, die Ennskraft werke A. G. Steyr, das Eigentumsrecht am Kasten erwarben, hatte er eine na hezu baufällige Ruine übernommen, die schon Jahre vorher ein Sorgenkind der Heimat- und Denkmalpflege des Landes Oberösterreich geworden war. Nur durch Initiativen des Vereines für Denkmalpflege mit seinem damaligen Sekretär Dr. Otto Wutzel in Linz und durch Beihilfen des Denkmalamtes konnte das Ärgste,ein Ein sturz des Daches und die völlige Durch feuchtung der zwischen Berghang und Flußufer gelegenen, allen auftretenden Hochwassern ausgesetzten Gebäude, hintangehalten werden. Wiederholter Lo kalaugenschein, Kommissionen, Resolu tionen und Petitionen, die für die Erhal tung des „Kastens" als Denkmal eintre ten, kennzeichnen seine Situation in den Nachkriegsjahren. Nun aber war ein neuer Besitzer da, und es ergab sich für ihn das Dilemma des totalen Äbbruchs, der wirtschaftlicher erscheinen mochte, oder einer sinnvollen Weiterverwendung. Es ist dem Zusammenwirken von Kultur und Wirtschaft, Persönlichkeiten, die sich um die Traditionen des Raumes an Enns und Steyr stets eingesetzt haben, wie W. Hofrat Dipl.-Ing. Hermann Goldbacher, Bezirkshauptmann Hofrat Dr. M. Grabner, Med.-Rat Dr. Hans Wawra, Bürger meister von Weyer, den Sammlern und Heimatfreunden, Gemeindesekretär Ernst Reichmayr, Mag. Lothar Russegger, Oberförster Hans Harrer und dem Ver ständnis der leitenden Herren der Enns kraftwerke Ä.G., Gen.-Dir. Dipl.-Ing. Franz Pepelnik und Dr. Kurt Baumgartner, zu danken, daß der Beschluß gefaßt und ver wirklicht wurde, die gesamte Objekt gruppe des ,,Kastens" zu erhalten, zu sanieren und weiterhin als ,,FlößereiMuseum" - so lautete zunächst der Ärbeitstitel — zu verwenden. Äls erstes Ärbeitsinstrument wurde im Jahre 1967 ein Verein „Flößermuseum Taverne in Kastenreith" in Weyer gegrün det, dem in der Hauptsache der oben genannte Personenkreis als Proponenten angehörte. Das Interesse für den Verein war sehr groß, und es gehörten ihm als bald 112 Mitglieder an, darunter so pro minente wie der inzwischen verstorbene steiermärkische Landeshauptmann Josef Krainer und der Prälat von Ädmont, Äbt Koloman Holzinger. Entscheidend für die Verwirklichung des gesetzten Zieles wurde jedoch der von der Kulturabteilung vorgetragene Beschluß der oö. Landesre gierung, das Projekt Flößermuseum vor rangig in die Gesamtplanung regionaler Heimatmuseen einzubeziehen und ent sprechende Beihilfen dafür bereitzustel len. Dies konnte ermöglicht werden, weil die Ennskraftwerke als Besitzer inzwi schen begonnen hatten, beträchtliche Ei genmittel in das Gebäude zu investieren. Im besonderen übernahmen die Enns kraftwerke die gesamte Bausanierung vom Dach bis zu den Wänden und im Einvernehmen mit dem Denkmalamt die Wiederherstellung der gesamten Fas sade. Um diesen einige Millionen Schil ling überschreitenden Äufwand als ver staatlichtes Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, wurde, bis zur Fertigstellung des Kraftwerkes Weyer das Baubüro untergebracht und auf Dauer ein Teil des Gebäudes, und zwar der Quertrakt Ost, für Zwecke des Kraftwerkes vorbehalten (u. zw. als Woh nung für den Werkleiter und den Taver nenpächter). Im flußwärts gelegenen „Westtrakt" wurde durch Errichtung ei nes zeitgemäß ausgestatteten Restau rants an die Tradition der alten Taverne angeknüpft. Der historische Haupttrakt

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