Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 4, 1974

Dann schiebt er wieder einen volkskundlichen Bericht ein, wie über die ,,Palmbuschen", oder es wird ein historischer Tatsachenbericht ge geben, wie in dem Kapitel ,,Kriegszeiten im Böhmerwald". Die Texte von Adalbert Stifter sind gekenn zeichnet, die übrigen Kapitel Nacherzählungen des Autors aus zwei Sammlungen, die um die Jahrhundertwende im Preßverein Rohrbach erschienen sind, und einer Sammlung ,,Heim gartenabende" von P. Zephyrin Tobner. Aber auch Neufassungen nach den mündlichen Berichten eines Bauern am Oberschönhub bei Hohenfurt — Josef Panhölzl — sowie anderer Heimatvertriebener werden angeführt. ,,Die Waldleute lassen ihr Herz in diesen Geschich ten blühen", schreibt der Autor. Es wäre wünschenswert, für diese Neufassungen ge nauere Quellenangaben zu erfahren oder sie zumindest genau zu kennzeichnen. Dieser Wunsch sollte für eine Neuauflage vorgemerkt werden. Als Illustrator dieser Sagensammlung be währte sich erneut Gerhard Hirnschrodt, der schon lange mit dem Autor zusammenarbeitet. Aus dem reichen Angebot von Kunstausstel lungen in der benachbarten Bundesrepublik Deutschland ragen für 1974 zwei Veranstal tungen heraus: Die Gaspar-David-FriedrichAusstellung vom 14. September bis 3. No vember 1974 in der Hamburger Kunsthalle und die Ausstellung ,,Wilhelm Leibi und sein Kreis" vom 25. Juli bis 29. September im Münchner Lenbachhaus. Von beiden Ver anstaltungen erschienen im Prestel-Verlag München Kataloge, die nicht nur wegen des Ausstellungsthemas, sondern vor allem we gen ihrer vorzüglichen fachlichen Gestaltung Erwähnung verdienen. Sie können als Mu sterbeispiele für ähnliche Pulbikationen ge wertet werden. Die Ausstellung über den Romantiker Caspar David Friedrich (1774 bis 1840) in der Hamburger Kunsthalle wurde zu einer deutschen Kunstsensation. In 51 Tagen wurde sie von 220.000 Menschen besucht. Mit eigenen Augen und Ohren konnte ich mich überzeugen, daß diese Besucher mit innerer Anteilnahme kamen. Ganz einfache, wie sehr fachkundige Gäste gingen still durch die Aus stellungsräume, hielten sich meist stundenlang vor den Bildern auf, nahmen geduldig viele Unannehmlichkeiten auf sich, die ein solcher Massenandrang eben mit sich bringen muß. Es mag sein, daß sich dieses wache Interesse aus manchen Bezügen zu zeitgenössischen Kunsttendenzen erklären läßt, entscheidender erscheint mir das Erlebnis der religiösen Ver senkung dieses Malers der deutschen Roman tik in die Natur. Die Erklärung dürfte in dem Kapitel ,,Von den zwei wunderbaren Sprachen und deren geheimnisvoller Kraft" in der klei nen Schrift ,,Herzensergießungen eines kunst liebenden Klosterbruders" von Wilhelm Hein rich Wackenroder liegen. Zwei Sätze seien daraus zitiert: ,,lch kenne aber zwei wunder bare Sprachen, durch welche der Schöpfer den Menschen vergönnt hat, die himmlischen Dinge in ganzer Macht, so viel es nämlich (um nicht verwegen zu sprechen) sterblichen Geschöpfen möglich ist, zu fassen und zu begreifen ... Die eine dieser wundervollen Sprachen redet nur Gott; die andere reden nur wenige Auserwählte unter den Menschen, die er zu seinen Lieblingen gesalbt hat. Ich meine: die Natur und die Kunst." Die Besu cher in der Hamburger Kunsthalle spürten die Kraft dieses Bekenntnisses und sie bewiesen, daß auch in unserer Zeit Kunst noch ergreifen kann. Nun zum Ausstellungskatalog. Er bietet in anschaulicher, mustergültig genauer und um fassender Weise ein Sachverzeichnis über den Künstler und seine Zeit. Besondere Erwäh nung verdienen das Kapitel über ,,Friedrichs Bildthemen und die Tradition", die verglei chende Zeittafel und schließlich der Katalog über die annähernd 240 Exponate selbst, wo bei jedes — neben der allgemeinen Bebilde rung — mit einer dokumentarischen Abbildung festgehalten ist. Kritisch muß lediglich die mangelnde Qualität der Farbtafeln angemerkt werden. Die Farbwerte sind durchwegs unzu länglich. Zufällig besitze ich eine Vergleichs möglichkeit mit einer Kunstmappe, die über Caspar David Friedrich im Krieg im Angel sachsen-Verlag Bremen herauskam. Die Qua lität der Farbreproduktionen ist dort ausge zeichnet. Inzwischen hat aber die ReproTechnik eigentlich Fortschritte gemacht. Mit der Ausstellung ,,Wilhelm Leibi und sein Kreis" werden eine spätere Generation und ein späteres Kunstwollen des 19. Jahrhunderts vorgeführt. Auch hier erweist sich unser stei gendes Interesse an einer Zeit, die noch vor kurzem verkannt worden ist. Es dürfte nicht nur Nostalgie sein, die zu dieser Kunstperiode hinführt. Eher glauben und hoffen wir auf die Wiederholung eines geistigen und kulturellen Vorganges, der auf die Aufklärung die Roman tik folgen ließ. Der Ausstellungskatalog ist persönlicher ein gerichtet als der Gaspar-David-Friedrich-Katalog. Er wird dadurch lesbarer. Die Zeit kommt selbst zu Wort mit Auszügen aus Briefen des Künstlers, mit Beiträgen von Zeitgenossen und Freunden, die ein reizvolles Zeitkolorit vermitteln. Im Katalog der Exponate finden wir dann wieder eine verdienstvolle Bild dokumentation aller Nummern, vor allem kann in diesem Werk die Qualität der Farb reproduktionen befriedigen. Q. Wutzel Auflage konlrolliert undveröffenllichlim HSNDBÜCHDERPBESSB Verlag und Redaktion danken den Firmen, die durch ihre Inserate das Erscheinen dieser Zeitschrift gefördert und damit zugleich die für beide Teile so fruchtbare Wechselwirkung Wirtschaft-Kultur dokumentiert haben.

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