Anton Bruckner und Steyr Dr. Volker Lutz Die Eisenstadt Steyr hat eine so reiche Bruckner-Tradition, daß sie mit Recht die Wiederkehr des 150. Geburtstages des Meisters als großes kuitureiies Ereignis feiert. Die erste Verbindung Bruckners zu Steyr ist über seine Mutter Theresia zu ziehen, die aus der in Neuzeug bei Steyr wohnen den Familie Heim stammte. Sie heiratete am 30. September 1823 den Lehrer in Ansfelden Anton Bruckner, den Vater des Meisters. In diesem Ort wurde Anton Bruckner am 4. September 1824 geboren. Der junge Bruckner kam am 23. Jän ner 1843 als Schulgehiife nach Kronstorf. Von dort aus lernte er die an musikalischer Tradition reiche Eisenstadt Steyr kennen, deren Musikpflege auch damals auf beson derer Höhe stand. Der damalige Stadt pfarrer Joseph Plersch (1836 bis 1855) gestattete Bruckner über Empfehlung des Kronstorfer Pfarrherrn Alois Knauer, auf der Franz-Xaver-Ghrismann-Orgel in der Stadtpfarrkirche zu spielen. Diese Orgel wurde 1894 unter Anleitung Bruckners von der k. k. Orgelbauanstait St. Florian um gebaut. In Steyr lernte Bruckner seinen Berufs genossen, den Schulgehilfen in Gieink, Georg Pointner, schätzen. Pointner (1819 bis 1900) wurde später Bürgermeister und Ehrenbürger der Stadt Steyr. In seine Amtszeit (1879 bis 1888) fiel die 900-JahrFeier der Stadt Steyr. Bis Ende 1845 war Anton Bruckner in Kronstorf tätig. Am 2. Jänner 1846 wurde er an die Pfarrschule in St. Florian versetzt und zwei Jahre später zum dortigen Stifts organisten bestellt. Engere Verbindung mit Steyr nahm Anton Bruckner nach 1875 wieder auf. Die Auf enthalte im Stadtpfarrhof, nicht nur in den Sommermonaten, sondern auch oft zu Ostern und zu Weihnachten, wurden dem Meister zur lieben Gewohnheit. Gast freunde des Meisters waren die Stadtpfar rer Georg Arminger (bis 1883) und dann besonders Johann Aichinger (bis 1895). Besondere Freundschaft hegte Anton Bruckner zu dem Regens chori in Steyr, Franz Xaver Bayer (1862 bis 1921). Bayer war 1888 nach Steyr gekommen, nachdem er schon vier Jahre vorher kurze Zeit hier geweilt hatte. Er war Chorregent im nord böhmischen Warnsdorf und in Dresden Schüler des berühmten Hoforganisten Kretschmer gewesen. Als Nachfolger von Bernhard Rücker wurde Bayer am 12. Jän ner 1888 zum Regens chori in Steyr be steilt. Bayer stellte zeitlebens seine Schaf fenskraft und sein großes Können in den Dienst Bruckners und machte die Eisen stadt so zur ,,Bruckner-Stadt". Zu Bruckners Freunden und Verehrern zählten auch Gräfin Anna Lamberg, Josef Werndl, der Gemeindebeamte und sehr ''hr T- I Brucknerstiege, Steyr begabte Musiker Leopold Hofmeyr, der Kaufmann Karl Aimenroth und die Familie des Bürstenbinders im Wehrgraben Josef Mayr. Auch die herzliche Verbindung der Schulgehiifen aus Jugendjahren wurde vertieft — der Universitätsprofessor (und spätere Dr. h. c.) Anton Bruckner mit dem Bürger meister der Stadt Steyr Georg Pointner. Die 8. Sinfonie vollendete Bruckner 1890 im Stadtpfarrhof, nachdem er hier schon 1885 das Scherzo, das Trio und das mäch tige Finale komponiert hatte. Auch die ,,Neunte" ist zum Großteil hier entstanden. Am 17. September 1891 brachte der Meister Improvisationen aus letzterer auf der Orgel in der Stadtpfarrkirche zu Gehör. Auch das „Te Deum" hörte Bruckner zum erstenmal am 18. September 1892 in Steyr in einer von Franz Xaver Bayer geleiteten Auffüh rung. Am Ostersonntag des folgenden Jahres stand die große d-Moli-Messe in der Stadtpfarrkirche auf dem Programm, in einer Aufführung, in der Bruckner selbst auf der Orgel spielte. Im Sommer 1894 nahm Anton Bruckner zum letztenmal Aufenthalt im Steyrer Stadtpfarrhof. Leider mußten die Festlich keiten anläßlich des 70. Geburtstages we gen Krankheit des Meisters abgesagt werden. Am 6. Oktober 1894 verließ Anton Bruck ner Steyr, um nicht wieder zurückzukehren. Sein Freund Stadtpfarrer Konsistorialrat Johann Aichinger ging ihm am 2. Dezem ber 1895 im Tode voraus. Anton Bruckner starb am 11. Oktober 1896 in Wien. Seine Steyrer Freunde, unter ihnen auch Franz Xaver Bayer, nahmen am 15. Oktober am Begräbnis in St. Florian teil. Es war der Wunsch des Meisters gewesen, im dorti gen Chorherrenstift begraben zu werden. Hätte wider Erwarten der dortige Prälat Moser sein Versprechen nicht einhalten können, hätte Bruckner in der Steyrer Stadtpfarrkirche seine letzte Ruhe ge funden. Die Steyrer Bevölkerung war es, an ihrer Spitze der damalige Bürgermeister Johann Redl, der Stadtpfarrer Johann Strobl, der Regens chori Franz Xaver Bayer und Eduard Werndl, die dem Meisfer das erste sichtbare Gedenken mit der Enthüllung des Brucknerdenkmales von Victor Tiigner auf dem gleichnamigen Platz zu Pfingsten 1898 — schon eineinhalb Jahre nach dem Tode Bruckners — anläßlich des ober österreichischen Sängerbundfestes schu fen. Wien folgte erst später mit der Er richtung eines Denkmales am Zentralfried hof. Anton Bruckner war Ehrenmitglied der Ge sellschaft der Musikfreunde, seit 1889 des MGV ,,Kränzchen" gewesen, der am 28. Juni 1908 auf Anregung Bayers an läßlich des 50. Bestandsfestes des Ver eines am Stadtpfarrhof eine Gedenktafel enthüllte. Unvergleichliche Denkmale hat sich Anton Bruckner in seinen großen Werken selbst geschaffen, mit einem sinfonischen Schaf fen, das die ganze Weit erobert hat. Am Beginn dieser Entwicklung stand die Eisen stadt Steyr.
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