Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 3, 1974

Das Schulwesen Oberösterreichs Karl Albert Eckmayr Mit Stand vom 1. Juli 1974 gab es in Oberösterreich 1042 Pflichtschulen. 118 Schulen dienen als Berufsschulen bzw. als mittlere oder höhere allgemeinbil dende oder berufsbildende Lehranstal ten(AHS oder BHS). Im Schuljahr 1974 gab es in Oberöster reich den höchsten Stand an Lehrern, der je in der Schulgeschichte dieses Landes zu verzeichnen war. Es wirkten in diesem Schuljahr über 12.500 Lehrer, wovon al lein 9300 in der Pflichtschule arbeiteten. Trotz dieser außerordentlich hohen Zahl ist aber die Situation nach wie vor stark vom Lehrermangel gekennzeichnet. Es fehlen in Oberösterreich mehr als 3000 Lehrer, davon allein 2500 an den Pflichtschulen. Jüngste Ergebnisse der Statistik, die für die 80er Jahre einen starken Rückgang der Schülerzahlen ankündigen, dürfen daher nicht zu falschen Schlüssen, die Lehrer betreffend, führen. Zwar werden die Schülerzahlen beträchtlich sinken, doch wird dies z. T. aufgewogen werden durch Verringerung der Klassenschülerzahl. Zum anderen Teil aber ist allein schon im Interesse des Aufholens des Lehrerdefizits eine jährlich steigende Zahl von Neulehrern notwendig. Wenn jährlich rund 500 Neulehrer in den Dienst des Landes und rund 300 in den Ruhe stand treten bzw. aus anderen Gründen ausscheiden, so ist es pro Jahr nur mög lich, den Lehrermangel um rund 200 Lehrer zu verringern. Erschwert wird die Lehrersituation zusätzlich dadurch, daß ununterbrochen der Anteil der weiblichen Lehrpersonen ansteigt und diese in einem hohen Ausmaß der beruflichen Fluktuation unterliegen. Durch Vereheli chung und Geburten fallen jährlich viele Lehrerinnen aus und bei einem ständig wachsenden Anteil des weiblichen Ge schlechts wirkt sich das jährlich bedeut samer aus. Es ist also auf lange Zeit hinaus der Lehrermangel in Oberöster reich als existent zu erwarten. Auf dem Sektor des Schulbauwesens ist bei den Pflichtschulen Oberösterreich führend. In nahezu allen Landesteilen wurden die meisten Pflichtschulen in den letzten 25 Jahren entweder neu errichtet oder zumindest adaptiert. Es sind nur mehr wenige Schulen, die entweder feh len oder als unzumutbar betrachtet wer den können, sodaß der Schwerpunkt der Baumaßnahmen auf dem Schulsektor in Zukunft deutlich der Verbesserung der bestehenden Räumlichkeiten dienen muß. Auf dem Gebiet der Höheren Schulen gibt es die größten Raumschwierigkeiten. Der ständige Zustrom zu den weiterfüh renden Schuien hat große Engpässe be wirkt. Außerdem sind nicht nur die be stehenden Gebäude zu klein, sondern es müssen vieie berufsbildende Schulen überhaupt erst gebaut werden. Grundsätzliche Probleme auf dem schul politischen Sektor sind besonders in Richtung der gleichen Bildungschancen zu sehen. Im Interesse der Chancen gleichheit auf dem Bildungssektor wurde in Oberösterreich sehr viel geleistet. Bald steht ein lückenloses Netz von Haupt schulen zur Verfügung, sodaß es prak tisch allen Kindern des Landes möglich ist, nach dem Besuch der 4 Klassen der Grundschule einen weiterführenden Fachunterricht zu genießen. Einige Haupt schulen im Land sind noch zu errichten; doch wird diese Frage in den nächsten Jahren genereil gelöst sein. Die Entscheidungen im 10. Lebensjahr werden allerdings sehr unterschiedlich getroffen und hängen stark von der regionalen Gegebenheit ab. Im Zentral raum, also im Städtedreieck Linz — Wels — Steyr, besuchen über 40 Prozent der Zehnjährigen die AHS,in den ländlichen Bezirken liegen die Prozentsätze zwi schen 10 und 20 Prozent. Innerhalb der Bezirke herrscht aber oft wieder ein starkes regionales Gefälle, sodaß die Bezirksvororte, z. B. Rohrbach, Ried, Schärding, etc. die gleiche oder gar noch eine höhere Dichte aufweisen wie der Zentralraum. Je abgelegener aber ein Ort innerhalb eines Bezirkes ist, desto niedriger ist in der Regel die Besuchs frequenz der Höheren Schule. Über den Bau von Hauptschulen hinaus muß daher im Interesse der Ghancengerechtigkeit getrachtet werden, daß im ganzen Land die Hauptschulen möglichst gut mit Lehrern versorgt werden, daß die Qualität der Schulorganisation in den Hauptschulen erreicht wird und die ent sprechende Ausstattung mit Unterrichts behelfen ausreichend zur Verfügung steht. Ausbaumaßnahmen auf dem Sektor der weiterführenden Schulen werden in Oberösterreich in den nächsten Jahren besonders auf dem berufsbildenden Be reich erfolgen müssen, wobei sowohl den technischen Lehranstalten, als auch den mittleren Fachschulen und sehr vor dringlich den berufsbildenden Schulen für Mädchen Beachtung geschenkt wer den muß. Das kaufmännische Schulwesen mit Han delsakademien und Handelsschulen ist nahezu vollständig ausgebaut. Wenn in ganz Österreich, bezogen auf 1952, die Steigerungsrate im kaufmännischen Schulwesen bei 500 Prozent liegt, so er reicht sie in Oberösterreich bereits 700 Prozent. Größte Beachtung im Biidungswesen ist in Zukunft der Bildungsberatung zu wid men. Sowohl das Bundesministerium für Unterricht und Kunst, das in den Höheren Schulen Schülerberater eingesetzt hat, als auch der Landesschulrat werden hier initiativ. Der Landesschulrat für Ober österreich hat eine eigene Aktion ins Leben gerufen, die sich im Frühjahr 1974 gut bewährt hat, aber noch ausbauwürdig und verbesserungsfähig ist. Im kommen den Herbst wird ein Team von Schul psychologen, Hauptschulbildungsbera tern und Schülerberatern der Höheren Schulen in allen Bezirken Informations tage und Vorträge für die Eltern halten. Im Februar 1975 wird in jedem Bezirk von diesem Team ein Einzelberatungstag abgehalten, damit die Eltern von 10- bzw. 14jährigen Kindern sich ausreichend in formieren können. Eine vereinfachende Formel etwa für die 10jährigen könnte dabei lauten: ,,ln die Höhere Schule sol len mit 10 Jahren jene Schüler eintreten, die eindeutig begabt und selber am wei terführenden Besuch interessiert sind, deren Eltern aufgrund der eigenen Be obachtungen des Lernverhaltens zwei felsfrei überzeugt sind und deren Lehrer die Empfehlung zu diesem Schritt aus sprechen. Wenn hingegen auf einer der aufgezeigten Seiten Zweifel bestehen oder gar von verschiedener Seite her Zweifel geäußert werden, dann sollte zu mindest dem Kind die Orientierungspe riode der Hauptschulzeit gegeben wer den." Für ein funktionierendes Schulsystem in der heutigen Gesellschaft ist die Ver wirklichung demokratischer Prinzipien le benswichtig; daher wird vom Landes schulrat für Oberösterreich und vom Präsidenten aus versucht, mit Lehrern, Eltern und Schülern soviel an Kontakt aufzubauen, als es nur irgendwie möglich ist. Diskussionen mit den Schülervertretern, Beratungen mit den Elternverbänden und regelmäßige Information und Aus spracheveranstaltungen für die Lehrer in allen Bezirken werden vom Landesschul rat für Oberösterreich durchgeführt.

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