Meisterklasse für Schrift- und Buchgestaltung, Leiter ao. Prof. Friedrich Neugebauer, Assistent Wilfried Hopf. Foto: Burgi Eder. ab, auch in der konkreten Situation der Schule hatte sich Wesentliches verändert. Die erste Schülergeneration, durch den Kriegsdienst gieicherweise gereift, wie an einer künstlerischen Ausbildung ge hindert, hatte sich bedingungslos ihrer künstlerischen Selbstverwirklichung hin gegeben. Dann aber kamen jüngere Menschen mit einer rationaleren Einstel lung zum Leben; sie erwarteten von der Schule eine existenzorientierte Ausbil dung. Auch das Lehrerkollegium konnte sich letztlich nicht der Tatsache verschließen, daß es immer nur einem kleinen Teil der Absolventen gelungen war, sich als wirk lich freischaffende Künstler durchzuset zen, während die Mehrzahl — zwar durch aus mit Erfolg — hauptberuflich in an deren Bereichen ihrem Broterwerb nach ging (so auch viele Maler und Graphiker in der Gebrauchsgraphik oder der Lehr tätigkeit). Es war auch nicht zu übersehen, daß — wenigstens damals — der gesellschaft liche Bedarf an „freier Kunst" nur ge ring war, und daß es, um darin dennoch Erfolg zu haben, nicht nur einer zu Erkenntnisleistungen befähigenden Bega bung bedürfe, sondern auch einer Reihe anderer Voraussetzungen. Gleichzeitig gab es da Tätigkeiten, die ebenfalls künstlerische Ambitionen und Fähigkeiten erforderten, zugleich aber ihren Mann ernährten und von der Ge sellschaft dringend gebraucht wurden. Sowohl die heimische Wirtschaft, wie auch Unternehmen des Auslands, meldeten immer mehr einen Bedarf von für Ihre Anliegen vorgebildeten künstlerischen Mitarbeitern an. (In der Folge konnten Studierende solcher Fächer regelmäßig schon vor dem Schulabgang unter einer Reihe ausgezeichneter Stellenangebote wählen.) Es begann nun,zwar nicht von allen Leh rern gebilligt, doch von der Stadt Linz als Schulerhalter und vom Unterrichts ministerium gefördert, eine stärkere Hin wendung zu Bereichen funktionsbezogener bildnerischer Tätigkeit. In dieser Orientierung wurden, etwa seit dem Jah re 1960, eine Reihe weiterer Meisterkiassen eingerichtet, die in der Folge sowohl in ihrer Frequentation, wie in ihrer engen Beziehung zur Wirtschaft be sondere Bedeutung erlangten: Die Meisterklasse für Gebrauchsgraphik mit Prof. Erich Buchegger, die sich vor nehmlich dem Gebiet der Werbung wid mete, während die bereits bestehende Meisterklasse für Schrift und Typographik sich im besonderen der Buchge staltung zuwandte; Die Klasse für Metallarbeit und Industrie form mit Helmut Gsölipointner, die durch ihre Einbeziehung in den Industriebetrieb der VÖEST, von der sie zur Gänze er halten wurde und auch im Hochschul stadium erhalten wird, in einer, zumin dest für europäische Verhältnisse, opti malen Form die Möglichkeiten des Zu sammenwirkens von Industrie und Kunst vorstellt; Die unter Mithilfe der ÖSPAG einge richtete Meisterklasse für Keramik, deren Aufbau nach dem frühen Tod ihres Lei ters, Prof. Kurt Ohnsorg, von seinem jungen Assistenten Günter Praschak in hervorragender Weise fortgesetzt wurde; Und 1972 die Meisterklasse für Umraumgestaltung mit Arch. Dr. Günther Feuer stein. Feuerstein war vorher schon seit Jahren an der Kunstschule mit Seminaren im Rahmen der Innenarcbitekturklasse, die in Nachfolge Wersins von Arch. Dipl.-Ing. Johann Harlaß geleitet wurde, tätig ge wesen, hatte sich aber auch maßgeblich an der Konzipierung der Linzer Kunst hochschule beteiligt. Abgeschlossen wurde diese Entwicklung damit, daß die beiden bis dahin selbstän digen Meisterkiassen für Malerei und für freie Graphik, nach dem altersbedingten Ausscheiden Prof. Dimmeis, in einer Klasse vereinigt wurden. Zugleich mit der Einrichtung dieser fach spezifischen Klassen war aber auch das Bedürfnis nach einer künstlerischen Vor lehre, stärker als bei einem früher von Prof. Arch. H. B. Gallee angestellten Ver such, hervorgetreten. Es wurde daher, ebenfalls zu Beginn der 60er Jahre, eine viersemestrige Gundklasse unter Prof. Dr. Roxane Guvay eingerichtet, die we nigstens 16 Jahre alte Studierende für die Aufnahme in eine Meisterklasse — für sie war das 18. Lebensjahr vorge schrieben - vorbereiten und ihnen auch eine notwendige Erzänzung in der All gemeinbildung (z. B. Darstellende Geo metrie, Mathematik, Fremdsprachen) ver mitteln sollte. Durch die gesamte Dauer der Kunst schule wurde auch regelmäßig ein Kurs für die bildnerische Betätigung von Kin dern zwischen 5 und 14 Jahren abgehal ten, der nicht einer künstlerischen Vor bildung dienen, sondern ganz allgemein dazu beitragen sollte, die im üblichen Schuibetrieb gewöhnlich zu kurz kom menden schöpferischen Fähigkeiten an regen und entwickeln zu helfen. Auch hierin hatte die Schule bedeutende Er folge zu verzeichnen. Als Privatschule der Stadt Linz seit 1954 mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet (wobei sie als eigener zwischen den all gemeinbildenden höheren Schulen und den Hochschulen einzustufender Schul typ anerkannt worden war), aber doch formalrechtlich den staatlichen Akade mien nicht gleichgestellt, wurde die Kunst schule, ebenfalls Anfang der 60er Jahre, durch legistische Maßnahmen in ihrem Studienbetrieb wie auch in der Stellung ihrer Studenten (z. B. keine Studienbeihiifen) und Absolventen empfindlich be einträchtigt. Seit Beginn des Jahres 1964 bemühten sich daher die Stadt Linz und das Land Oberösterreich gemeinsam, die nun drin gend gewordene Umwandlung der Kunst schule in eine staatliche Kunstakade mie (bzw. seit 1970 zur Kunsthochschule) zu erreichen. Diese Unternehmung, an der sich Landshauptmann Dr. Erwin Wenzl und Bürgermeister Franz Hillinger in besonderem Maße beteiligten, fand 17
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