Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

aufgelassenen Wiener Gräbern zur Bo denbedeckung rings um den Dom, wo sich ja jahrhundertelang ein Kirch- und Friedhof befunden hat, herangezogen werden soll. Bei den Bodenaushebungen für die Wiener U-Bahn sind alte Grund mauern zum Vorschein gekommen: von einer im Kirchenbereich gelegenen Bar bara-Kapelle und einer weiteren, noch äl teren, dem heiligen Virgllius geweihten. Diese Grundmauern als Grundrisse mit tels blldhauerlsch bearbeiteter Mauthausener Trittsteine und Sitzsteine nachzu zeichnen, ist wiederum ein Plan von Han nes Haslecker, der bruchlos und zäsurlos in das Projekt Prantls eingegliedert wer den könnte. Bisher haben folgende Künstler in den Symposien von Mauthausen zusammen gearbeitet: 1970 Hiromi Aklyama (Japan), Makoto Fujiwara (Japan), Walter Gürtler (Schweiz), Hannes Haslecker (Österreich), Mathias Hietz (Österreich, Leiter des Symposions von Lindabrunn), Stephan Kamenyecky (Ungarn), Osamu Nakajima (Japan), Karl PrantI (Österreich); 1971 Elmar Daucher (BRD), Gero Müller-Goldegg (BRD), Gottfried Hoellwarth (Öster reich), Osamu Nakajima (Japan), Takera Narita (Japan), Jiro Sugawara (Japan) und 1973 Kazuo Kitajima (Japan), Klaus Liedl (Österreich), Hiroshi Mikami (Japan), Os wald Stimm (Österreich), Adina Tucuiescu (Rumänien) und wieder, sowohl 1971 als auch 1973, Hannes Haslecker (Österreich). Aus den Personalien der verschiedenen Lebensläufe kann manches Charakteri stische abgeleitet werden: So schälen sich zunächst verschiedene Generatio nengruppen heraus, etwa eine älteste der Jahrgänge 1921 (Haslecker, Kamenyecky) und 1923 (PrantI, Stimm, Hietz). Ihr folgt altersmäßig eine gleichfalls schmale, die aus der Wende zwischen zwanziger und dreißiger Jahren stammt (Gürtler, MüllerGoldegg, Daucher), darauf setzt jedoch - Mitte der dreißiger bis Anfang der vierziger Jahre - die stärkste Gruppe der Japaner ein, auch die Rumänin Tuculescu gehört in diese Gruppe, und es folgen dann nur noch, Jahrgang 1945, Hoellwarth und Jahrgang 1949, als der Jüngste, Klaus Liedl. Bei allen Teilneh mern außer Walter Gürtler handelt es sich durchwegs um Bildhauer mit einer strengen akademischen Ausbildung. Was Internatlonalltät der Studienplätze be trifft, führen wiederum die Japaner. Karl PrantI scheint auf Grund seiner vielsei tigen Anregertätigkeit der am weitesten Gereiste zu sein, er hat sich blldhaue rlsch sogar schon in Japan beteiligt. Was die persönliche Situation als Granit bildhauer betrifft, so dürfte Hannes Hasl ecker in öberösterreich einsame Spitze darstellen, dennoch ist Oberösterreich reich auch an weiteren bildhauerischen Begabungen - unter den Altmeistern der Plastik sind sowohl Professor Walter Rit ter als auch Prof. Alois Dorn anzuführen - Haslecker hat sich, wohltuend beein flußt im Umgang mit seinen japanischen Freunden, auch während der letzten Jahre Immer wieder mit der Kleinplastik, auch aus anderen Steinmaterialien, aus Holz und aus Kunststoff, beschäftigt. Als Bewältiger des Granits gibt es für Haslecker jedoch derzeit in Mauthausen noch keine oberösterreichische Nach folge; einzig zwei Ritterschüler, Udo KIrchmayr und Klaus Liedl, kurzfristig auch Heinz Ritter, haben sich arbeitend der Situation gestellt. Liedl, der vor kur zem auch einen bildnerischen Wettbe werb für eine Wandgestaltung in Linz gewann, hat die Genugtuung, mit einer originellen Arbeit als Jüngster aus dem Treffen von 1973 hervorgegangen zu sein. Wichtig ist abschließend noch, auf den durch Mauthausen hindurchreichenden Einfluß zahlreicher anderer in- und aus ländischer Symposien hinzuweisen. Man kann fast von einer übergeordneten in ternationalen Symposiengemeinde spre chen, zwischen deren einzelnen Punkten es zu einem dauernden Hin- und Her fluktuieren der einzelnen Künstler kommt. Eigentlich mit Absicht hat man bis zu dem nun folgenden Schlußabschnitt mit einer stilistischen Ein- und Zusammen ordnung der bisherigen Skulpturen zu rückgehalten. Eines ist eindeutig: Nichts liegt diesen Steinkünstlern im Augenblick ferner als die Wieder-(Er-)Findung einer figuralen Plastik. Das schmal Aufragende oder sich wuchtig Ballende oder nieder am Boden Sich-entlang-Streckende wird eingesetzt als Zeichen in einer allgemei nen räumlichen und kosmischen Glei chung. Es fällt auf, daß im ersten Jahr dieser Symposien die schmalen, hohen Stelen einen erscheinungsmäßigen Vor rang hatten. Es gab dazu nur einige wenige mächtige Kontrapunkte, etwa die Findiingsbiöcke von Hietz oder den „Al tar für alle Konfessionen" von Haslecker. Durch die Japaner freilich kamen auch einige neue Töne ins Spiel: Steinarchi tekturen, die strenge, aber dennoch ge gliederte Horizontale, dann eigentüm liche Durchdringungen von organischen und kristallinen Formen. Mit dem extre men Geometrismus ineinanderverschachtelter und kunstvoll verschränkter Raum körper, die in schnurgerade Umgrenzun gen eingefaßt sind, korrespondierten schließlich dynamisch-expressive For men, die den Stein aufrissen, seine Ober fläche teils glätteten, teils rauhten (Ma koto Fujiwara, Oswald Stimm). Auch die zerschnittene, aber noch In der Trennung zusammenstimmende Form darf als ori ginale, eigengeistige Leistung angesehen werden (JIro Sugawara), genauso wie Gottfried Hoellwarth mit seinem riesigen steinernen Telephongerät ein erstes Bei spiel für realistische Pop-Art In Granit ge geben hat. Ali diese Kompositionen und Ordnungsversuche in der Landschaft zei gen, daß das Granit-Symposion von Mauthausen erst am Anfang einer hof fentlich noch sehr weitreichenden bild nerischen Zukunft steht.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2