Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

Kunst der Gegenwart Granitene Beicenntnisse Von Peter Kraft Die Vorgeschichte ist rasch skizziert, ob wohl sie bis zum Heute bereits dem viel verzweigten Wurzelwerk eines hohen und breit ausladenden Baumes gleicht. Die Wurzeln werden allerdings darunter, weil sie in Dunkel und Tiefe ruhen, leicht ver gessen. Im Jahre 1959 wurde erstmals vom öster reichischen Bildhauer Karl PrantI im Steinbruch St. Margarethen im Burgen land ein Symposion für Sandsteinskulp tur ins Leben gerufen. Es war dies die Keimzelle für eine ganze Reihe weiterer, auch ausländischer Bildhauersymposien, die dem Naturstein gewidmet waren und sind. In Österreich seien außer St. Mar garethen noch erwähnt das Konglomerat gestein von Lindabrunn in Niederöster reich, der Marmor im Kärntner Krastel, der Serpentin in Bernstein im Burgen land und, seit 1970, der Mühlvlertler Gra nit im Bereich des Steinwerkes Poschacher, genau; in dessen Steinbruch Gusen/Langenstein bei Mauthausen. Der organisatorische Motor des Sympo sions, das nur in der witterungsbegünstigten sommerlichen Jahreszeit abgehal ten werden kann, ist der akademische Bildhauer Hannes Haslecker, ein Absol vent der Holzfachschule für Bildhauer In Hallstatt zunächst, und nach 1945 Stu dierender bei Professor Fritz Wotruba im Hause am Schillerplatz in Wien. Das Symposion von Mauthausen ist als Verein konstituiert, dem führende Persöniichkeiten des oberösterreichischen Kulturiebens vorstehen, und es bedarf zum ge deihlichen Fortbestand der Subventionen nicht nur von Bund, Landeshauptstadt und Bundesland, sondern ist auch auf förderndes Entgegenkommen von industrie und Wirtschaft angewiesen. Die Künstlerbeteiligung am Mauthausener Bildhauer-Symposion war von Anfang an international. Es überwiegen jedoch bis heute japanische Künstler, was aus einer landschaftlich-geologischen Eigen tümlichkeit einerseits und aus der Ideo logie des Themas andererseits erklärt werden kann. Denn wenn derzeit schon sieben japanische Bildhauer mit dem schweren und schwer zu bearbeitenden Mauthausener Material eingehend ver traut geworden sind, dann beruht dies auf der Tatsache, daß sowohl das oberöster reichische Mühlviertel als auch die ge samte japanische Inselgruppe sich aus Granit aufbauen. Weiter ist es jedoch die stark ausgeprägte japanische Tradi tion für eine landschaftsverbundene ge genstandsfreie Steinplastik, die wie derum ihren Einfiuß weiterspielt an eu ropäische Gegenwartstendenzen und sich schließlich mit neuesten Stilistiken, wie sie aus dem Westen der angloamerikanischen Welt vordringen, verbindet. Die wirtschaftlich-finanzielle Ökonomie des Mauthausener Symposions stellt sich folgendermaßen dar: Die Bildhauer erhalten von der Firma, auf deren Areal sich der Steinbruch und die ihm zugeordnete Industrie befinden, Material und Hilfswerkzeuge. Weiter sind ihnen Unterkunft und Verpflegung in ei nem naheliegenden ländlichen Gasthof sowie ein Taggeld zur Deckung der priva ten Unkosten garantiert. Die erarbeiteten Skulpturen werden ausgestellt, der Ve rein des Symposions versucht, Ankäufe zu vermitteln. Bei Verkauf seiner Arbeit zahlt der Künstler die Materialkosten wieder an die Firma zurück. Mit einem weiteren Teil des Gesamterlöses wird die Vereinskassa des Symposions zufrie dengestellt. Bisher hat das Mauthausener Symposion dreimal, nämlich im Sommer und Früh herbst 1970, 1971 und 1973 stattgefunden. Im Frühjahr 1974 wurden die jüngsten und einige noch erhaltene frühere Skulp turen zum künstlerisch gruppierten En semble - auch hier wiederum entfernt vergleichbar den Stein- und Garten künsten des japanischen Zen-Buddhismus - auf einer hochgelegenen Abraum halde über dem Steinwerk vereinigt. Es bietet sich von dort aus auch an kiaren Tagen ein faszinierender Panoramablick auf die nahe Donau, auf die Giebel und Turmumrisse der Stadt Enns jenseits des Stroms und südwärts weiter auf die Gip felkette der Vor- und Hochalpen. Das eigentliche Lebenselement dieses Symposions beruht allerdings auf der harten Disziplinierung der Teilnehmer durch das schwere, widerstrebende und dichte Material, dem nur teilweise auch mit maschineller Hilfe zu Leibe gerückt wird, das in seinen wesentlichen Partien aber getreu der jahrtausendealten Bear beitungstradition bewältigt werden muß. Dazu wirkt sich der seit Prantls ersten Initiativen immer wieder beschworene werk- und arbeitsbezogene idealistische Gemeinschaftsgeist aus. Es gibt auch Teilnehmer, die über der ungewohnten Anspannung resignieren, in der Mehrzahl freilich aber andere, die über solcher Arbeit neue Zuversicht und eine ihr ge samtes persönliches Leben beherr schende Werkeinstellung als Künstler ge winnen. Der Stein, vor allem die Hartstein- oder Granitskulptur, ist modefeindlich, dafür Der Bildhauer Osamu Nakajima (links) mit Sohn, der bereits in Oberösterreich die Volksschule besucht; rechts ein zweiter Japaner des Mauthausener Blldhauersympcsicns, HIrcml Aklyama. Flache Granitplastik von Kazuc KItajIma. Rechts oben: Ein mehrere Meter hohes, rostrot eingefärbtes Granitmonument von HIroshI MIkaml. Rechts unten: Das Stein-Mal von JIro Sugawara verrät auch noch als mehrfach durchgeschnittener Körper strenge Gesamtkomposition. Sämtliche Fotos; Eder

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