Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

Landeskunde Der alpine Gedanke und der Aipenverein im Saizkammergut Sepp Wallner Eine Betrachtung dieses Themas er scheint gerade im Jahre 1974 beson ders aktuell, sind doch 1974 genau 100 Jahre vergangen, seit die ersten Alpenvereins-Sektionen im Salzkammergut ge gründet wurden. Wenn man die Entwick lung eingehend und erschöpfend behan deln will, muß man zeitlich um etwa 170 Jahre, also zum Beginn des vorigen Jahr hunderts, zurückschauen. Damais galten die Berge vielfach noch als unerfreu liche, ja unheimliche Werke der Schöp fung. Sagen und Mystik umgaben sie, und die Menschen mieden sie meist ängstlich. Nur Bergbauern, Jäger und Holzknechte drangen, soweit dies ihr wirtschaftlicher Alltag erforderte, in diese Welt vor. Ihr Interesse endete jedoch bei den Almen und letzten Latschenbüschen. Die Fels- und Firnregion war das Reich der bösen Geister und damit der großen Einsamkeit. Erst das Interesse der Naturwissen schafter für das Gebirge — denen man anfangs als praktischen Beweggrund auch die Suche nach Edelsteinen und ähnliches unterschob — und Ihre Be richte über die ersten Bergbesteigungen brachen ailmählich den Bann. So finden wir auch im Salzkammergut zu Anfang des 19. Jahrhunderts solche Alpenrei sende, die sich besonders für die Glet scherwelt des Dachsteins interessieren und in sie vordringen. Im Jahre 1804 stieg J. A. Schultes durch den Tiergarten zum Gletscher auf, und am 3.September 1810 erreichte ihn F. J. Kleyle von der Gjaidalm aus. Ebenso überschritt Erz herzog Johann, der volkstümliche und beliebte Kaisersproß, am 28. August 1810 von der Gjaidalm aus über die Feister scharte das Gebirge nach Schladming. Es ist kiar, daß gerade dieses Vorkomm nis lebhaften Widerhall Im Volke fand, noch mehr vielleicht das Beginnen Erz herzog Karls, des Siegers von Aspern, der am 27. August 1812 auszog, um den Dachstein zu besteigen, allerdings nur bis ins Taubenkar vordrang, bis wohin damals der Hallstätter Gletscher hinab reichte. Vom Jahre 1817 an wurden im Auftrage Erzherzog Johanns eifrig Ver suche zur Besteigung der Dachsteingipfel unternommen, die schließlich auch 1819 zur Ersteigung des Torsteins durch den kaiserlichen Jäger Jakob Buchsteiner aus Schladming führten. Da bei diesen Ver suchen verschiedene Jäger und Holz knechte herangezogen wurden, drang der Gedanke immer mehr ins Volk, einen Berg um des Berges willen, also um das bloße „Obengewesen-Sein", zu bestei gen. Die Geburtsstunde des alpinen Ge dankens im Salzkammergut war gekom men! Als Beweis hIefür führe Ich an, daß Peter Gappmayer aus Filzmoos Im Jahre 1832 vom Gosau-Gletscher aus über den Westgrat den Hohen Dachstein erstmals erstleg (als erster Tourist folgte unter seiner Führung 1834 Peter Carl Thurwieser) und daß im Jahre 1841 der Zimmer knecht Johann Ramsauer und der Pfann knecht Franz Linortner, beide aus Kal tenbach bei Bad Ischi, den Gipfel des Hohen Dachsteins vom Hallstätter Glet scher aus erstmals erreichten. Diese Bergfahrten wurden bereits ohne frem den Auftrag und ohne wirtschaftliche Not wendigkeit, also aus eigenem innerem Antrieb, ausgeführt. Eine besondere Vertiefung wie Verbrei tung der alpinen Idee im Salzkammergut brachte die Tätigkeit von Prof. Dr. Fried rich Simony, dem Nestor der Dachstein forschung. Er erstieg als erster Tourist am 8. September 1842 mit dem Führer Johann Wallner aus Hallstatt den Hohen Dachstein vom Hallstätter Gletscher aus und erstattete über diese Bergfahrt Erz herzog Johann einen eingehenden Be richt. Er interessierte die hohe Aristo kratie in Wien für den ,,Dachsteinweg von Hallstatt" und sammelte unter ihr 260 Gulden, mit welchem Betrag er schon 1843 durch Führer Wallner und fünf an dere Männer die Route von der Rand kluft ab durch Sprengungen, Einbauen von Kerben und Anbringung von Eisen stiften, Ringen und eines fixen Seiies für die Aligemeinheit gangbar machte, im gleichen Jahr richtete er die am Weg zur nachmaligen „SImonyhütte" liegende ,,Wildkarhütte" (Höhle) für Dachsteinbesteiger als Notunterkunft ein. Wir se hen in beiden Arbeiten bereits die prak tische Tätigkeit im Sinne einer Erschlie ßung, d. h. eines aipinen Vereines. Es würde hier zu weit führen, alle weiteren Arbeiten und Bergfahrten (erste Winter ersteigung des Dachsteins! usw.) Simonys anzuführen; das eine soii aber noch mals deutlich und dankbar hervorgeho ben werden, daß er der wirkliche Vater des alpinen Gedankens im Saizkammer gut war. Die Bergfahrten auf die verschiedenen Gipfel mehrten sich nun von Jahr zu Jahr. Es dauerte jedoch noch drei Jahr zehnte, bis sich die Bergsteiger, hier we nigstens die des Salzkammergutes, zu praktischen Gemeinschaften zusammen fanden und so der alpine Gedanke in die Alpenvereinsidee überging. Im Jahre 1874 wurden in Bad Aussee,

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