Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

Denkmalpflege und Historische Kunst Drei Wallfahrtsorte an der Pilgerstraße im Mattigtal Gertrude Pretterebner Dieser kunstgeschichtliche Exkurs weist auf ein Aufgabengebiet hin, das seit vielen Jahren in der Denkmalpflege Oberösterreichs einen Schwerpunkt darstellt: die Erhaltung und religiöse Wiederbelebung unserer Filialkirchen Wer Umschau hält unter den kirchlichen Kunstschätzen des Landes Oberöster reich, wird feststellen, daß der Bezirk Braunau am Inn auf zwei Gebieten be sonders reich ist. Da sind zunächst ver schiedene interessante Bauformen der Gotik, die auch auf andere Landschaften — nicht nur Oberösterreichs — einge wirkt haben. Und es sind weiters die vielen Kirchen mit Stuckausstattung in Barock und Rokoko, weitaus die meisten im Vergieich zu anderen Bezirken des Landes. Darüber hinaus finden sich hier auch Werke jenes Dreigestirns von Ba rock-Bildhauern, deren Namen in der Kunstgeschichte einen besonders heilen Klang haben: die Brüder Zürn, Guggenbichier und verschiedene Vertreter der Schwanthaler-Dynastie. Dieses Streben nach sinnfällig schöner Gestaltung der Gotteshäuser selbst in entlegenen kleinen Landgemeinden mag ein bayrischer Wesenszug sein, dem die Barock-Kunst besonders entgegenkam. Gefördert wurde diese Freude am Schönen sicher auch dadurch, daß die Straße die Menschen, die aus Bayern zu einem der bedeutendsten Wallfahrts orte Österreichs, St. Wolfgang, pilgerten, durch das Mattigtal führte und daß viele Bewohner des Bezirkes aus der seit dem Ende des 15. Jahrhunderts rasch auf blühenden Marienwallfahrt Altötting mit reichen Eindrücken heimkehrten. Wolfgang, Bischof von Regensburg, der jahrelang in einer Klause am Wolfgang see lebte, genoß seit dem hohen Mittel alter und besonders im 17. und 18. Jahr hundert eine tiefe Verehrung, vor allem beim bayrischen Volk. Gustav Gugitz teilt in seinem Werk über österreichische Gnadenstätten in Kult und Brauch, Band 5, z. B. aus dem St. Wolfganger Mirakelbuch von 1753 mit, daß unter den 475 in St. Wolfgang Begnadeten weitaus die meisten, nämlich 156, aus Bayern stammten. Doch unzählige Menschen, die in vielerlei Not, besonders des Körpers, dringend höherer Hilfe bedurften, konnten keine weite Pilgerfahrt antreten. Wen nimmt es da wunder, daß auch andere Heilige an gerufen wurden und so eine Reihe von kleineren Wallfahrtsorten entstand, vor allem wenn bei der Kirche eine Quelle entsprang, die sich als heilkräftig erwies. Und wieder erweist sich der Bezirk Braunau als in Oberösterreich fast einzig dastehend: von den rund 350 Wallfahrten, die Gugitz für das Land aufzählt, sind ein gutes Siebentel hier zu finden. In sehr vielen wurde die Gottesmutter angerufen; doch auch der heilige Pan taleon, der heilige Stephan, die heilige Apollonia und andere Heilige genossen Verehrung. Viele Wallfahrtsstätten hatten zwar nur lokale Bedeutung oder standen bloß kurze Zeit in Ansehen. Drei der Wallfahrtsorte, an der Pilger straße durch das Mattigtal nach Sankt Wolfgang liegend, seien als besonders bemerkenswert hervorgehoben: Heillgenstatt im Gemeindegebiet von Lengau, St. Florian bei Uttendorf-Helpfau und Haselbach, das 1938 aus der Gemeinde Hanshofen ausgeschieden und der Stadt Braunau angegliedert wurde. Die derzeit bestehenden Bauwerke dieser drei Wallfahrtskirchen gehen, was das aufgehende Mauerwerk betrifft, auf die Gotik zurück, doch erhielt der heilige Florian im Mattiggau schon vor 800 zwei Schenkungen und dürfte dort schon eine Kultstätte besessen haben. Das Gut Hasilbach wurde von einer Frau Sigeburch 1089 letztwillig dem Stift Hanshofen übertragen, doch die älteste sichere Nennung der Kirche in diesem Ort findet sich 1299 in einem Ablaßbrief des Patriarchen von Grado. Einzig die Kirche von Heiligenstatt wurde — der Legende nach auf Grund eines Hostien fundes um 1400 - erst Anfang des 15. Jahrhunderts über Betreiben des Stiftes Mattighofen als Filiale von Lengau erstmalig errichtet. Gleichwohl genießt Heiligenstatt den Vorzug, nicht nur eine der verhältnis mäßig wenigen Wallfahrten Oberöster reichs zum Erlöser zu sein (insgesamt 35), sondern auch als die älteste zu gel ten, denn zu den meisten anderen Ver ehrungsstätten Christi beginnt die Be völkerung nicht vor Anfang des 18. Jahr hunderts zu pilgern. Der kultisch verehrten Hostie wurde um 1434 eine Kreuzpartikel zugesellt, die Hans der Kuchler zu Friedburg aus dem Heiligen Land mitgebracht hatte. Als man die Partikel teilen wollte, um die eine Hälfte dem durch die Kuchler in Mattig hofen eben errichteten Kanonikerstift zu übertragen, soll Blut daraus geflossen sein, so daß man die ganze Partikel in Heiiigenstatt beließ. Diese Begebenheit, die der Wallfahrt einen großen Auftrieb brachte, wurde bereits im 15./16. Jahr hundert in Mirakelbildern dargestellt, die sich jetzt im Landesmuseum in Linz be finden. Um 1460 wurde zur sinnfälligeren Ge staltung der Verehrung des Erlösers die Statue eines Schmerzensmannes ge-

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