Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

der Landschaft. Der Bewohner eines Bal lungsraumes hat keinen oder nur mini malen Grundbesitz und damit auch keine Möglichkeit, selbst eine Landschaft so zu gestalten, daß sie allen Lebensansprü chen gerecht wird. Für die grundbesit zende und landschaftsgestaltende Min derheit der Gesamtbevölkerung ist die Landschaft intensiv zu nutzendes Kapi tal, die Erholungsfunktion tritt dagegen weit zurück. Im Grunde genommen wird von ihr der Erholungsanspruch nicht ver standen und kann auch nicht voll ver standen werden. Für ein volles Verständ nis fehlt das persönliche Erleben einer ständigen. Streßbelastung. Die alte Einheit von Mensch und Lebens raum hat sich also aufgelöst. Der Lebens raum des einzelnen erfüllt nicht mehr alle Anforderungen: die Räume für die Funktion des Arbeitens, Wohnens und Erholens sind getrennt und in den Hän den verschiedener Gruppen von Besit zern. Diejenigen, die die Landschaft be wirtschaften, wünschen eine andere Ge staltung als jene, die dort Erholung su chen. Damit sind aber Interessenkon flikte gegeben. Treten in einer Gesell schaft jedoch solche Konflikte auf, so muß die Gesellschaft regelnde Maßnah men setzen, die einen Ausgleich zwi schen den Interessengruppen herbeifüh ren. In unserem Falle ist dies der Land schaftsschutz. Alle Maßnahmen des Land schaftsschutzes müssen von der Zielvor stellung ausgehen, daß die Landschaft als Lebensraum einer Bevölkerung so zu erhalten oder gestalten ist, daß sie auf Dauer allen Ansprüchen gerecht wird. Gemäß der Erkenntnis, daß die Räume, die den Funktionen des Wohnens und Arbeitens, der Produktion von Nahrungs mitteln und des Erholens dienen, räum lich getrennt sind, werden auch die Ziele und Aufgaben des Landschaftsschutzes in verschiedenen Landschaftsräumen verschieden sein müssen. Jene Räume,die in erster Linie dem Woh nen und Arbeiten vorbehalten sind — die städtischen Baiiungsräume — stellen den Landschaftsschutz wohl vor seine schwierigste Aufgabe. Die Probleme die ser Räume sind dem traditionellen Na turschutz, dessen erstes Anliegen die Er haltung ursprünglicher Natur war, fremd. Andererseits kann kein Zweifel darüber bestehen, daß in den Ballungsräumen ein eigener Landschaftstyp entsteht. Auf die Dauer darf der Landschaftsschutz an die sen Räumen nicht mit der Feststellung vorübergehen, daß hier keine Natur vor handen wäre, wenn auch heute noch diese Ansicht viele Vertreter hat. Da aber die Landschaft des Wohnens und Ar beitens erst in Entwicklung begriffen ist, wird die wesentliche Aufgabe hier weni ger in der Erhaltung bestehender als in der Gestaltung entstehender Strukturen liegen müssen. Das Schwergewicht wird in der Schaffung von Grünzügen und Grünräumen und ihrer Ordnung zu ei nem Grünsystem liegen. Diese Grünzüge müssen die einzelnen Bereiche des Woh nens, der Industrie, des Verkehrs und dergleichen trennen und den gesamten Ballungsraum so unterteilen, daß die ein zelnen abgeschlossenen Räume mensch lichen Maßstäben entsprechen. Grünflä chen sind nicht einfach das, was zwi schen den Baumassen übrigbleibt, sie müssen nach zwingenden logischen Ge setzen wachsen. Unsere Ballungsräume sind zur Zeit noch weit entfernt davon, diese Forderungen zu erfüllen. Sie wachsen unorganisch zu einem gestaltlosen Brei von Bauten und einem zum Teil chaotischen Nebenein ander von Wohnstätten und Betrieben. Die Tatsache, daß kaum ein Tag vergeht, an dem die Presse nicht von Kontrover sen zwischen Wohnbevölkerung und In dustrie- bzw. Gewerbetreibenden zu be richten weiß, unterstreicht diese Fest stellung und zeigt gleichzeitig auch, daß dieser Zustand Unbehagen hervorruft. Den Naturschutzbehörden ist dieser Teil des Landschaftsschutzes und der Land schaftsgestaltung weitgehend entzogen, erst in den neuesten Entwürfen zu Na turschutzgesetzen setzt sich in Öster reich der Gedanke, daß auch Ballungs räume das Tätigkeitsfeld des Land schaftsschutzes sein können, langsam durch. Es ist zumindest daran gedacht, Grünflächen, die zur Erhaltung des KleinLinks; Gut gegliederte, abwechslungsreiche Agrarlandschaft im Weiler Gebertsham, Gemeinde Lochen, im Innviertel. Rechts: Das Tal der Feldaist besitzt ebensoiche Erhoiungsfunktion wie... die Gebirgslandschaft des Traunsteins.

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