Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 2, 1974

Kulturzeitschrift 24. Jahrgang 2/1974

Inhaltsverzeichnis Landeshauptmann Dr. Erwin Wenzl Umweltschutz — Eine Forderung unserer Zeit Dr. Hermann Kohl Das Wesen der Landschaft, ihr Aufbau,Ihre Kräfte Dr. Gerald Mayer Landschaftsschutz — Erhaltung, Pflege, Gestaltung Dipl.-Ing. Josef Aichhorn Der Baudienst des Landes Oberösterreich im Dienste des Umweltschutzes Denkmalpflege und Historische Kunst Dr. Gertrude Pretterebner Drei Wallfahrtsorte an der Pilgerstraße des Mattigtales 19 25 Landeskunde Sepp Waliner Der alpine Gedanke und der Alpenverein Im Salzkammergut 41 Kunst der Gegenwart Dr. Peter Kraft Granitene Bekenntnisse 46 Wirtschaft und Fremdenverkehr Wolfgang Sperner Urlaub am Bauernhof — Ein Fremdenverkehrszweig mitZukunft 50 Berichte Prof. Woifgang Dobensberger Franz-Steizhamer-Gedenkjahr 1974 55 33 Kulturelle Termine in Oberösterreich 56

Ober reich Kulturzeitschrift Jg.24 2/1974 Umschlagmotiv: Gobelin „Auferstehung" in der Hl.-GeistKirche Dornach-Auhof, gestaltet von Fritz Riedl mit einer mexikanischen Hilfskraft in Guadalajara, Mexiko. Geistlicher Rat Ernst Kofier, Pfarrer des kath. Stadtpfarramtes Hl. Geist Linz, stellte zur Deutung dieses Kunstwerkes einen Text zur Verfügung, der im Auszug wiedergegeben wird: „Die Hl.-Geist-Kirche Dornach-Auhof übt infolge der Bauwelse in Sichtbeton eine sehr nüchterne Wirkung aus. Sie ,funktionlert' als liturgischer Versammlungs raum durch Förderung des Gemein schaftserlebnisses. Die ,ratio' hat gute Arbeit geleistet. Aber der Mensch fühlt sich in seinen Lebensfragen weniger über den Verstand als über das Gemüt an gesprochen. Der Gobelin .Auferstehung' kommt diesem Bedürfnis entgegen ... Die Auferstehung Christi und als ihre Folge die Auferstehung des Menschen bildet das Fundament des christlichen Glaubens. Das Leben und Sterben Jesu haben seine Freunde erst im Lichte der Auferstehung gesehen. Von diesem Ereignis her rollten sie das ganze Heils werk Christi auf und deuteten es in ihrem Schriftzeugnis. Das Fragen und Suchen der Menschen wird nie verstummen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Hat das Leben einen Sinn? Wie stellen wir uns zum Leid in dieser Welt, ist mit dem Tod nicht alles aus? Wer hilft uns in unserer Lebensnot, wer gibt uns Antwort auf unsere Fragen? In dem Gobelin ist Frage und Antwort hineingewebt. Links unten ein gestalt loses Brodeln und Ringen. Farben wie Feuer und Blut lassen Unhell und Ver nichtung ahnen.Zweifel und Angst brechen auf. Aber selbst Im scheinbar chaotischen Durcheinander setzt sich noch eine Aufwärtsbewegung durch und eröffnet den Ausblick in das helle Blau der Verklärung. Der Ausblick In eine ver klärte Landschaft weckt Sehnsucht nach der .heilen Welt'..." Kulturzeitschrift Oberösterreich 24. Jahrgang, Heft 2/1974. Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, Oktober, Dezember. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag; Redakteur: Dr. Otto Wutzel; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Elfriede Wutzel; Grafische Gestaltung: Herbert Friedl; Druck: Oö. Landesverlag Linz; sämtliche 4020 Linz, Landstraße 41, Ruf(072 22)78 1 21. Jahresabonnement(4 Hefte):S 148.—; Einzelverkaufspreis:S 45.—.

Umweltschutz — eine Forderung unserer Zeit Landeshauptmann Dr. Erwin Wenzl Das Zusammenrücken der Menschen in Wohnsiedlungen und Städten, die rasche Industriallsierung und Technisierung und die sprunghafte Zunahme des Verkehrs haben in den letzten Jahren und Jahr zehnten weltweit Probleme geschaffen, denen es nun energisch entgegenzutre ten gilt. Erstmals wird sich der Mensch jener Grenzen bewußt, die ihm auf unse rer Erde gesetzt sind. Heute wissen wir, was wir zu verlieren haben, wenn wir unseren Lebensraum weiter gefährden. Seit einigen Jahren gelingt es, in der Öffentlichkeit die Probleme des Umwelt schutzes immer mehr als dringendes An liegen aller Menschen hervorzukehren, das heißt, als politische Aufgabe. Die Massenmedien bemächtigen sich in zu nehmendem Maße dieser Thematik und schärfen die Sinne der Menschen für die Umweltgefahren durch Luftverschmut zung, Abwässer, Müll, Lärm usw., über die man früher meist achtlos zur Tages ordnung übergegangen war. Aber mit dem allmählichen Bewußtwerden der Umweltgefahren beginnen sich auch be reits Meinungsverschiedenheiten über das Ausmaß und die Ursachen derselben sowie über die Beseitigungsmethoden abzuzeichnen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt jedoch wird der Umweitschutz zu einer brennenden politischen Aufgabe, die noch dazu ihresgleichen sucht, was die Kompliziertheit der Materie und die weitreichenden, in alle Ressortbereiche eingreifenden Kompetenzen betrifft. Die erforderlichen Maßnahmen des Um weltschutzes müssen so umfassend und teilweise auch so einschneidend sein, daß sie nur von einer breiten gesell schaftlichen Plattform aus vollzogen wer den können, auf der für Egoisten kein Platz mehr vorhanden Ist. Der Umwelt schutz verursacht Kosten, die jeder sei nem Einkommen und seiner Wirtschafts kraft entsprechend tragen muß. Nur so wird es möglich sein, daß wir und die künftigen Generationen in einem Land mit reiner und gesunder Umwelt leben können. Oberösterreich Ist einerseits ein Land mit Die unversehrte Landschaft Links: Blick auf den Vorderen Langbathses im Landschaftsraum des Höllengebirges. Rechts: Die Fiiiaikirche Oberrauhenödt im waldreichen Landschaftsraum des unteren Mühivierteis. Beide Fotos: H. Wöhrl.

großem wirtschaftlichem Wachstum, ver fügt aber andererseits über große schutzwürdige Erholungsräume. Dem zu einem Ballungsraum westeuro päischer Prägung sich entwickelnden Zentralraum um die Städte Linz, Weis und Steyr stehen die landschaftlich reiz vollen Hochlandgebiete des Mühlviertels und das immer mehr für den Fremden verkehr erschlossene Nordaipengebiet gegenüber. Der Umweltschutz hat daher, von regionalpolitischer Sicht betrachtet, in Oberösterreich zwei Hauptziele: 1. Die Verbesserung der in den Ballungs gebieten merklich gesunkenen Lebens qualität und 2. die Erhaltung und den Schutz der Erholungsräume bei deren gleichzeitiger besserer Erschließung für den Fremden verkehr. Weder die Gesetzes- und Kompetenziage, die aus einer Zeit stammt, in der die Umweltgefahren nur wenig bekannt waren, noch die Finanzierung und Kon trolle von Umweltschutzmaßnahmen, für die kaum brauchbare volkswirtschaftliche und rechtspolitische Modelle bestehen, sind für den verantwortungsbewußten Politiker kurzfristig in zufriedenstellender Weise lösbar, weil eben Umweltschutz keine Gefälligkeitspolitik sein kann. Wenn nun davon die Rede ist, daß die gesamte Problematik des Umweltschut zes nur langfristig gelöst werden kann. so könnte man allzuleicht dazu verleitet sein, dieses „heiße Eisen" mit einer der artigen Ausrede auf die lange Bank zu schieben. Daß in Oberösterreich dem nicht so ist, sondern ergänzend zu den langfristigen Überlegungen bereits zahlreiche für an dere Bundesländer zum Teil auch bei spielgebende Impulse gesetzt worden sind, kann leicht nachgewiesen werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die vielfältigen Aktivitäten im ober österreichischen Umweltschutzjahr 1972 oder an die großangelegten Modeli-Säuberungsaktionen im Pramtai und im Be zirk Urfahr-Umgebung, an denen sich Tausende freiwillige Helfer spontan und

r Gefährdungen der Umwelt Links oben: Der Smog industrieller Ballungszentren gefährdet die Atemluft. Links unten: Das neue oö. Abfalibeseitigungsgesetzsoll solche Mißstände beseitigen helfen. Unten: Unerträgliche Ballung des Verkehrs. Rechts: Lärmbelästigung muß in Grenzen bleiben. — Der Flugverkehr darf nicht Wohngebiete stören. Sämtliche Fotos: Fr. Gang). W ■ ohne finanzielle Gegenleistung beteiligt haben. Die beiden letztgenannten Aktionen, die kurzfristig gesetzt worden sind, sind auch Beispiele für eine langfristige und über regionale Umweltpolltlk; Mit den daraus gewonnenen Erfahrungen sollen in den nächsten Monaten alle Bezirke unseres Bundeslandes von wild abgelagerten Autowracks befreit werden. » IM'• T.iV;.-., 1.^ . ■ ' Abfall Gerade auf dem Gebiet der Abfallbesei tigung wird in unserem Bundesland Zu kunftspolitik praktiziert. Während mit dem neuen oberösterreichi schen Abfallbeseitigungsgesetz die ge samte rechtliche Problematik dieses The menkreises eindeutig geregelt wird, bie tet der Abfallbeseitigungsplan für Ober österreich die praktische Grundlage für die Durchführung dieses Gesetzes. Es ist vorgesehen. In Oberösterreich ins gesamt 25 Regionen {Mülleinzugs gebiete) einzurichten, wovon zehn Regio nen lediglich der Müllzwischenlagerung als Umschlagsstationen dienen. In den restlichen 15 Regionen sollen zentrale Müllagerplätze geschaffen werden. Auch für eine umweltgerechte Beseitigung des Sondermülls (Altöl, Glasabfälle usw.) wird vorgesorgt. Die Notwendigkeit der umfassenden Re gelung des Abfallproblems in Oberöster reich kann man aus der Berechnung er-

I s messen, daß im Bundesland eine tägliche Hausmüllmenge von zirka 600.000 Kilo gramm anfällt. Diese Menge würde einen Güterzug mit 30 Waggons füllen. Wenn man bedenkt, daß durch das ständige Steigen des Lebensstandards die Abfall mengen noch immer zunehmen, dann können die Gefahren wilder Ablagerun gen in Zukunft erahnt werden. Wasser Wasserwirtschaft, Umwelt und Lebens standard üben aufeinander eine zyklische Wechselwirkung aus, die bei sorgloser Außerachtlassung der wichtigen Funktion des Wassers für jedes Leben, seiner Verunreinigung, Vergiftung oder Ver schwendung, leicht zu einem circulus vitiosus mit Krankheit, wirtschaftlicher Depression und allgemeinem Niedergang führen kann. Denn ohne reines Wasser gibt es kein Leben. Auf dem Gebiet des Gewässerschutzes und einer umweitgerechten Wasserwirt schaft sind in Oberösterreich schon seit einer Zeit immer stärker intensivierte Maßnahmen im Gange,in der man diesen wichtigen Aufgabenbereich noch nicht als ,,Umweltschutz" gekannt hat. Lange, be vor dieser Begriff geschaffen wurde, ha ben wasserrechtliche Vorschriften und Maßnahmen dazu beigetragen, die Ver schmutzung dieser wichtigsten Lebens voraussetzung zu verhindern oder zu vermindern. Mit dem systematischen Bau von Kanaiisations- und Kläranlagen wird seit 25 Jahren in unserem Bundesland ak tiver Umweltschutz betrieben, in dieser Zeit wurden für die Hälfte der oberöster reichischen Bevölkerung moderne Anla gen projektiert und finanziell gefördert und zusammen mit den Gemeinden ge baut. Dazu ein Vergleich, der die wach senden Bemühungen der öffentlichen Hand für die Reinhaltung des Wassers veranschaulicht: Während im Jahr 1950 für den Bau von Abwasserbeseitigungsanlagen in unse rem Bundesland insgesamt 2,9 Millionen Schilling aufgewendet wurden, waren im Vorjahr Abwasserbeseitigungsanlagen mit einem Gesamtbauvolumen von 470 Millionen Schilling in Bau. Einen besonderen Schwerpunkt auf die sem Sektor des öffentlichen Bauwesens stellt das Sanierungsprogramm für die oberösterreichischen Salzkammergut seen dar, die am Gesamtbauvolumen des Vorjahres mit 75 Millionen Schilling be teiligt waren. Für die gesamten Seerein haltungsmaßnahmen wird die öffentliche Hand mindestens 1,4 Milliarden Schilling aufwenden müssen. Ermöglicht wurden bzw. werden diese Fortschritte in der Gewässersanierung in erster Linie durch die Einrichtung des Wasserwirtschaftsfonds des Bundes im Jahr 1958, der sich an diesen Baumaß nahmen mit Förderungsbeiträgen und günstigen langfristigen Krediten beteiligt. Darüber hinaus stellt auch das Land Oberösterreich für diese Zwecke be trächtliche Summen zur Verfügung. Luft und Lärm Weitgehend eine Frage der Information und Bewußtseinsbildung ist die Erfas sung der Problemkreise Luft und Lärm. Mehr noch als bei den anderen Umwelt gefahren ist hier auf das Phänomen Rücksicht zu nehmen, daß der Einsatz technischer und finanzieller Mittel aHein, auch wenn er durch Gesetze vorgeschrie ben wird, nicht ausreichen wird, um die Probleme zu lösen. Die besten Gesetze nützen nichts, wenn die Masse versucht, sie zu umgehen. Noch ist außerhalb der Ballungszentren genügend reine Luft vorhanden. Noch gibt es genügend ruhige Plätze in Ober österreich, abseits vom lärmenden Ge triebe der Städte und Überlandstraßen. Der Blick in andere Länder mahnt uns aiierdings zur Wachsamkeit. Die Erhaltung der ruhigen Erholungs zonen und Wohngebiete mit reiner Atem luft ist primär eine Aufgabe der Raumordnungspoiitik und muß sowohl in den Fiächenwidmungs- und Bebauungsplä nen der Gemeinden als auch in den über örtlichen Raumordnungsprogrammen der Landesregierung eine entsprechende Be rücksichtigung finden.

Links oben: Der Bau von biologischen Kläranlagen Ist aktiver Umweltschutz. Foto: Fr. Gangl. Links unten: Kraftwerk Rosenau - neue Eingriffe In die Natur können neue harmonische Landschaftsbilder ergeben. Foto: Fl. Wöhrl. »r ■'.r • J' ' Wesentlich schwieriger ist die Kontrolle und Sanierung der Luft und die Vermin derung der Lärmbelästigung in den Wirt schaftszentren. Geht es doch dabei nicht nur darum, durch technische Verbesse rungen kurzfristige Verminderungen der Umweltbelastungen zu erwirken, sondern um eine langfristige Verbesserung, die der Festsetzung von bundeseinheitlichen Grenzwerten bedarf, auf Grund derer ent sprechende Richtlinien der Landespolitik in Planung und Gesetzgebung geschaffen werden müssen. Die Problematik des Umweltschutzes ist zu umfassend, als daß sie auf wenigen Seiten auch nur annähernd erschöpfend dargestellt werden könnte. Ich habe mich daher auf einige, mir wichtig erschei nende Überlegungen und Themenkreise beschränkt. Die Politik muß heute im Dienste des Menschen stehen, wenn sie für sich in Anspruch nehmen will, ernstgenommen zu werden. Sie darf nicht nur auf die Versäumnisse der Vergangenheit und die Anforderungen der Gegenwart reagieren. Sie muß bewußt die Zukunft mitgestalten. Dies gilt im besonderen für den Umwelt schutz. Das Ziel fortschrittlicher Umwelt politik kann es nicht nur sein, auf bereits eingetretene Umweltschäden zu reagie ren, sondern die unerwünschten Neben wirkungen unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung rechtzeitig zu erkennen und durch vorausschauende Maßnahmen zu vermeiden. Umweltschutz ist aber nicht nur Aufgabe des Staates. Jeder einzelne hat die Ver pflichtung, umweltgerecht zu handeln und Verständnis für Umweltschutzmaßnah men aufzubringen. Wie die meisten Mitbürger hat auch die Wirtschaft die Herausforderung, die in den Umweltproblemen liegt, bereits auf genommen. Sie entwickelt in zunehmen dem Maße Verfahren und Produkte, die Umweltschäden vermeiden und trägt so der notwendigen Unterordnung der Pro duktionstechnik unter die Gesetze der Biosphäre Rechnung. Dieser Weg muß weiter beschritten werden. Das Land Oberösterreich kann eine mög liche Umweltkrise allein nicht bewältigen. Das Umweltproblem ist eine politische Aufgabe, die nur kooperativ, überregio nal und letztlich international gelöst wer den kann. A Rechts: Und wieder die unversehrte, lebenspendende Landschaft — Luftbild aus dem Traunviertel. Foto: Fl. Wöhrl.

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Das Wesen der Landschaft, ihr Aufbau,ihre Kräfte Hermann Kohl Begriffe wie Naturschutz, Landschafts schutz und Umweltschutz gehören längst zum allgemeinen Sprachgebrauch und sind schon zu täglichen Slogans gewor den. Das ist gut so und notwendig für den beabsichtigten Erfolg. Diese Verall gemeinerung birgt allerdings auch die Gefahr der Oberflächlichkeit und Ab stumpfung in sich oder gar die des Miß brauches für Propaganda- und Reklame zwecke, womit der mahnende Ernst, der hinter diesen Begriffen steht, allzu leicht verflacht werden könnte. Und wie steht es um die Kenntnis der Materie, die man schützen will, Natur, Landschaft, Umwelt? Reichen unsere Kenntnisse darüber über haupt schon aus und sind diese bereits so weit verbreitet, daß erfolgreich ge schützt werden kann? Das alles sind grundlegende Fragen. Alle drei Schlagworte verkörpern Bestre bungen, die erst auf Grund der immer rascher fortschreitenden Entwicklung un serer Zivilisation notwendig geworden sind. Bestrebungen, von denen jede für sich zwar gesonderte und bestimmte Ab sichten verfolgt, die aber letzten Endes doch dem übergeordneten Ziele dienen, der Menschheit die natürlichen Grundla gen für ein lebenswertes Dasein zu sichern. Denn was nützt es, wenn zwar wachsende Wirtschaft eine zunehmende soziale Geborgenheit, und das nur für die entsprechend entwickelten Gebiete, verspricht, gleichzeitig aber bereits in absehbarer Zeit die natürlichen und bio logischen Lebensgrundlagen der gesam ten Menschheit zerstört werden. Ein sinn voller Ausgleich muß daher gefunden werden. Die eindringlichen Mahnungen in Form wachsender Müllberge, stin kender Gewässer, kurz der sterbenden Landschaft, weisen bereits deutlich dar auf hin, daß wir ein Entwicklungsstadium erreicht haben, bei dem die Natur von sich aus die Aufrechterhaltung bzw. Wie derherstellung des notwendigen Gleich gewichtszustandes nicht mehr bewälti gen kann und daher die Menschen selbst aktiv für den Abbau dieser einseitigen Belastungen ihres Lebensraumes sorgen müssen. Die damit zusammenhängenden Fragen sind längst genauso zum weltweiten Pro blem geworden wie Sicherheit, Energieund Rohstoffversorgung u. a. Sie werden nie vom einzelnen Menschen, dessen po sitive Einstellung dazu allerdings notwen dig ist, auch nicht vom einzelnen Staat, gelöst werden können. Sie verlangen von allen Bereitschaft, engste Zusammenar beit und Opfer. Solange die einen auf Kosten der anderen sündigen und das außerordentlich komplexe Problem nicht in seiner Gesamtheit allgemein richtig erkannt und bekämpft wird, muß der Erfolg versagt bleiben und isolierte Ein zelmaßnahmen können nur dilettanti schen Charakter haben mit der Wirkung des Tropfens auf den heißen Stein. Da der menschliche Lebensraum sich aus bestimmten geographischen Land schaften zusammensetzt, wird es nützlich sein, sich einmal mit diesem Objekt ein gehender auseinanderzusetzen, um schließlich das Wesen der Landschaft und die in ihr wirksamen Kräfte besser zu erkennen. Sicher ließen sich bei bes serer Kenntnis dieses Objektes und Be achtung der gewonnenen Erfahrungen manche Fehler vermeiden und das hö here Ziel, den gesunden Lebensraum zu bewahren oder wieder herzustellen, schneller erreichen. Die Landschaft ist auf Grund ihrer Man nigfaltigkeit, der Vielfalt ihrer Einzelteile und der nicht immer leicht erkennbaren in ihr wirksamen Kräfte und Bindungen außerordentlich schwierig zu erfassen. Das Problem beginnt bei einer derart komplexen Materie schon mit der Frage der fachwissenschaftlichen Zuständigkeit. Es gibt eine große Zahl verschiedenster Fachdisziplinen, sowohl der naturwissen schaftlichen als auch der kultur-, wirt schafte- und sozialwissenschaftlichen Be reiche, die sich fast immer nur mit ein zelnen Teilen oder kleineren Komplexen beschäftigen. Die Landschaft als Ganzes fällt am ehesten in den Forschungsbe reich des Geographen, aber auch er wird mit mehr oder weniger Erfolg meist nur die wesentlichsten Strukturen und Zu sammenhänge herausarbeiten können, wobei er versuchen muß, durch ein sorg fältiges Abwägen der Argumente, sich von subjektiven Vorstellungen möglichst frei zu halten. Dazu gehört viel Erfah rung und engste Zusammenarbeit - Teamwork - mit den anderen Fachrich tungen. Der Begriff der geographischen Land schaft(Landschaft und Lebensraum] Das Wort Landschaft wird im verschie densten Sinne gebraucht. Die geographi sche Landschaft ist jedoch ein definierter Begriff, der von der Tatsache ausgeht, daß die Erdoberfläche sehr vielseitig ge staltet ist, wonach Landschaftstypen un terschieden werden können,die irgendwo mehr oder weniger scharf aneinandergrenzen. Verhältnismäßig scharf sind die Grenzen zwischen Meer und Festland, zwischen einer Flußebene und einem Bergland, zwischen verbautem und un verdautem Gelände usw. Meist geht aber ein Landschaftstyp eher fließend in einen anderen über, wo dann eine Abgrenzung schwerfällt. So umfaßt die geographische Landschaft einen Landabschnitt von ei nigermaßen gleichartiger Beschaffenheit mit all seinem Inhalt, bestehend aus der gesamten Landesnatur und dem Men schen mit seinen kulturellen und zivili satorischen Leistungen. Es unterscheidet sich eine Wüste sehr wesentlich von ei ner Waldlandschaft, eine Industrie- von einer Agrarlandschaft, die Donauebene des Eferdinger Beckens vom Flochland des Sauwaldes usw. Es grenzen dem nach verschiedene Landschaftsräume an einander, besser gesagt, sie gehen inein ander über oder überschneiden sich ge genseitig. Die beiden großen Teilbereiche der Landschaft, der naturräumliche und der kulturräumliche decken sich nur an nähernd; der meist nicht unmittelbar sichtbare funktlonelle Zusammenhang, der das Wirkungsgefüge in der Land schaft ausmacht, weist die verschieden sten Verflechtungen von einem Land schaftsraum in den anderen auf. So stellt z. B. eine Verwaltungseinheit, etwa ein politischer Bezirk, eine wohlabgegrenzte Fläche dar, die sich meist über verschie dene natürliche Landschaftseinheiten hin weg erstreckt, aber sie bildet ein auf ei nen zentralen Ort ausgerichtetes, ständig wirksames Funktionsgefüge, das an der Grenze endet. In jeder Landschaft gibt es eine Reihe für sie typische Merkmale, doch auch solche, die auf andere Landschaften übergrei fen. Während z. B. das Auftreten des ökologisch bedingten Auwaldes auf die zeitweise überschwemmten Bereiche der Flußlandschaft beschränkt Ist, verkörpert der natürliche Buchenwald den Berg wald einer bestimmten Höhenstufe. Beide Bereiche können aber als gemeinsames Merkmal Sandboden haben. Genauso können den einen Raum die ebenen Flächen, den anderen Hügel und Berge beherrschen, und trotzdem können beide aus Schotter bestehen. Nicht nur im Verhältnis zum Menschen gibt es schon von Natur aus lebens freundliche Landschaften, wie die alten fruchtbaren Kulturwiegen des Orients, Indiens und Ostasiens und lebensfeind liche, wie die Polargebiete, Wüsten, Hoch gebirge usw. Die lebensfreundlichen Landschaften bilden in ihrer Gesamtheit die Ökumene, den Siedlungs- und Le-

Abb. 1: H. Kohl: Das naturräumliche Fllesengefüge an der unteren Traun bei Hörsching Der Bildausschnitt zeigt im Bereich des unteren Trauntales drei natürliche Land schaftseinheiten mit jeweils verschiedenem Gefüge der einzelnen Landschaftsbestandteile (Fliesen). Im Norden ein kleiner Ausschnitt des Tertiärhügellandes, der Schwelle von Scharten, mit parallelen, flach abfallenden Rücken und breiten,teilweisefeuchten Mulden, In denen auch gnabenartlge Einschnitte auf treten. In der Mitte das untere Trauntal mit einer parallel zum Fluß verlaufenden streifenförmigen Anordnung der einzelnen ökologisch sehr unterschiedlichen Gefügeteile: Von der durch flache Mulden gegliederten, lößbedeckten Hochterrasse über die wasser verschluckenden Schotterfluren der Welser Heide bis zum Auland an der Traun. Im Süden ein kleiner Ausschnitt aus der alteiszeitlichen Traun-Enns-Platte mit Steilabfall, Plateauflächen und asymmetrischen Tälern, deren Flachhänge ähnlich gegliedert sind wie am Abhang im Norden. — Aus Atlas von Oberösterreich, 2. Lfg., Erläuterungsband S. 19. bensraum der Menschen auf der Erde. Die Begriffe Landschaft und Lebensraum decken sich also nicht, aber unser Le bensraum setzt sich aus Landschaften zusammen. Soweit z. B. in Gebirgen der Lebensraum auf kleinere isolierte Tal schaften und Becken eingeschränkt wird, stimmt er z. T. auch mit einzelnen Land schaftseinheiten überein. Die Landschaftsentwicklung Die geographischen Landschaften sind in langen erd- und kulturgeschichtlichen Prozessen zu dem geworden, was sie im Augenblick darstellen. In ständiger Entwicklung begriffen werden sie sich weiter verändern, und zwar nicht nur durch die menschliche Betätigung in ihnen, sondern auch durch stets wirk same Naturvorgänge. Wir können die Entwicklungsgeschichte einer Landschaft an ihren Merkmalen in großen Zügen rekonstruieren und dabei auch in Erfah rung bringen, wie die Natur sich zu der unterschiedlichen Tätigkeit der Menschen im Räume verhält und wie umgekehrt der Mensch bisher auf Naturvorgänge reagiert hat. Es gibt von menschlicher Kultur unbe rührte Räume; wir sprechen dann von Naturlandschaft (Abb. 2 und 3). Sie ist im wesentlichen auf die für menschliche Be siedlung und menschliches Wirtschaften bisher ungeeigneten, lebensfeindlichen Räume beschränkt. Bei uns gehören nur noch kleine Inseln des Hochgebirges in diese Gruppe. Alle anderen Landschafts räume sind bereits in irgendeiner Form von Menschen gestaltet und verändert worden, wobei diese Einflußnahme mit der Dichte der Besiedlung zunimmt und in den sogenannten Ballungsräumen der Erde am größten und mobilsten ist. Wir sprechen von Kulturlandschaft verschie dener Ausprägung und verschiedener Entwicklungsstufen (Abb. 4, 5, 6). Der Wandel von der Natur- zur Kultur landschaft setzte mit dem Seßhaftwerden der Menschen ein, als diese begannen, Siedlungen zu bauen, Wälder zu roden und die damit gewonnenden Flächen für sich zu nutzen, also etwa gegen Ende des Mesolithikums, vor ungefähr 5000 bis 6000 Jahren.Vorher war der Mensch als Samm ler und Jäger noch ein Bestandteil der Naturlandschaft. Wir wissen, daß die wei tere Entwicklung anfangs sehr langsam vor sich ging und nicht gleichmäßig er folgte. Im allgemeinen erfuhr dieser Ent wicklungsprozeß unserer Kulturlandschaft zur Gegenwart herauf eine zunehmende Beschleunigung, besonders in den letz ten 100 bis 150 Jahren. Dabei war die J V V V < ' * V »/ V V ^ ^V V V I i ^ ? mmhk H KOHL

Donauau bei Pichling Nur mehr an wenigen Stellen unserer einst so prachtvollen Donauauen gibt es noch Reste, die eine Vorstellung über das ursprüngliche, natürliche Auland vermitteln können. Verlandende Altwässer zeigen einen Vegetationsquerschnitt von reinen Wasser pflanzen bis zum typischen Auwald, der auf hohen Grundwasserstand und häufige Über schwemmung angewiesen ist. Hochwässer haben vor der Regulierung der Flüsse durch ständige Verlegung der strömungsreichen Arme dieses Bild immer wieder verändert. — Foto: H. Wöhrl. Naturabhängigkeit der Menschen bis zum Einsetzen des technischen Zeitalters und bei der bis dahin überwiegend agra risch orientierten Bevölkerungsstruktur natürlich noch wesentlich größer als heute. Diese Naturverbundenheit hatte dem Durchschnittsmenschen trotz Feh lens der entsprechenden wissenschaft lichen Erkenntnisse ein viel besseres Einfühlungsvermögen in die natürlichen Gegebenheiten gesichert, als das heute der Fall ist. Die fortschreitende Entfrem dung vor allem der städtischen Bevöl kerung von der Natur birgt die große Gefahr in sich, daß auch das Verständnis für die heute genauso wirksamen und geltenden natürlichen Gesetzmäßigkeiten schwindet. Die Kulturlandschaft ist also das Ergebnis einer langen und historischen Entwick lung und trägt Merkmale verschiedener Zeiten in mehr oder weniger glücklicher Kombination in sich. Aufbau und Gefüge der Landschaft Zum weiteren Verständnis soll nun ver sucht werden, ein wenig in den Aufbau und das komplizierte Gefüge einer Land schaft einzudringen. Wir können in ihr ein Mosaik einer fast unbegrenzten An zahl verschiedener und wiederkehrender Einzelbestandteile beobachten. Zu dem Reichtum an festen Mineralen und Ge steinen kommen noch die uns norma lerweise in gasförmigem und flüssigem 5

Abb. 4: Ausschnitt aus der Stadtlandschaft Steyr Städte verkörpern den höchsten Grad der Kulturlandschaftsentwicklung und zeigen, wie weit der Mensch imstande ist, nicht nur ein harmonisches Stadtbild, sondern mit der fortschreitenden Entwicklung auch ein aus geglichenes,funktioneiles Gefüge zu wahren. Die verschiedenen Funktionen, die sich aus dem geschichtlichen und wirtschaftlichen Zustand begegnenden Stoffe Luft und Wasser. Diesen beiden verdanken wir z. B. die Mannigfaltigkeit der Wetterer scheinungen. Wasser tritt als Ober flächenwasser, fließend oder stehend, als \A/asserdampf in der Atmosphäre oder als Grundwasser auf. Schließlich setzt sich die Erdoberfläche aus sehr verschiede nen Formenelementen zusammen, die das Relief ausmachen. Berge und Täler vereinen sich zu Gebirgen, daneben gibt es Ebenen, Hügel, Wälle, Mulden sehr verschiedener Ausdehnung u. dgl. mehr. Nicht weniger mannigfaltig wie die Mi neral- und Gesteinswelt ist die gesamte Tier- und Pflanzenwelt, die trotz der Ein schränkung bestimmter Arten auf be stimmte Lebensräume zahlenmäßig kaum erfaßbar ist. Zuletzt treffen wir in der Kulturlandschaft auf den Menschen und seine laufend zunehmenden Werke: Flu ren, Siedlungen, Verkehrswege, Brücken, Wehrbauten, Fabriken usw. Nach gewissen gemeinsamen Eigenschaf ten lassen sich diese vielen Elnzelelemente in drei große Seinsbereiche ein ordnen, die jeweils ihren eigenen Ge setzen und Gesetzmäßigkeiten folgen und eine sehr verschiedene Ortsgebundenheit aufweisen. Wir können demnach unter scheiden: 1. Die leblose Natur. Zu ihr zählen wir die feste Erdkruste (Lithosphäre), die Wasser- (Hydrosphäre) und die Luft hülle (Atmosphäre). Abb. 3: Links unten: Dachstein mit Hallstätter Gletscher Häufiger noch als in den zwar unbewohnten, aber wirtschaftlich genutzten Aulandschaften sind im Hochgebirge Reste der Naturland schaft erhalten. Der felsig zerklüftete Hohe Dachstein überragt das nach Norden geneigte, verkarstete Hochplateau, das in seinem obersten Teil über der Schneegrenze liegt und so die Voraussetzung für die Vergletscherung dieses Gebirgsstockes bildet. Gletschern kommt besonders in verkarsteten Gebirgen die wichtige Funktion zu, die sonst stärkstens schwankenden Abflußverhältnisse und die damit verbundene Schüttung der großen Karstquelien auszugleichen. — Foto: H. Wöhri. Wandel ergeben haben, sind im Stadtbild verkörpert: Die Wehr- und Festungsiage auf dem Terrassensporn im Flußzwiesel, die geschlossene bürgerliche Altstadt aus der Zeit des blühenden Handeis mit den Erzeugnissen der Eisenwurzen zwischen Ennsfluß und der anschließenden Terrassenstufe; auch der nicht voll verdaute Umbruch, den der Rückgang dieses Handels und der Bahnbau gebracht haben, ist auf dem rechten Ennsufer (im Bild links) gut erkennbar, sowie schließlich die Wohnsiedlungen der Industriestadt, auf der Ennsleiten aus der Zwischenkriegszeit und in Form von modernen Reihen- und Hochhäusern aus der Nachkriegszeit. Das christliche Kultur bild äußert sich in den Kirchen und Klöstern der Gotik und des Barocks. Verschieden hohe Terrassenstufen gliedern den Stadtboden in eine Reihe auch funktionell getrennter Stadtteile. — Foto: H. Wöhrl. '' i II •-■ft-Hrff- ,r . Isolierter Großindustriebetrieb Ranshofen inmitten des Lachforstes Die engen funktionellen Bindungen an die Stadt Braunau und die Innkraftwerke sowie die Beziehungen des Betriebes zu vielen Stellen des In- und Auslandes kommen im Landschaftsbild nicht unmittelbar zum Aus druck, gehören aber zum Wirkungsgefüge der Landschaft, wie z. B. der Pendelverkehr, die Rohstoffanlieferung, der Abtransport der Erzeugnisse usw. — Foto: H. Wöhrl.

Agrarlandschaft in der Traun-Enns-Platte Blick entlang des Aiterbachtales nach Süden über den auf dem Bild nur als flache Schwelle erscheinenden eiszeitlichen Voltsdorfer Moränenwall bis zu den Flysch- und Kalk alpen. Der quellenreiche,feuchte Talzug Ist durch Wiesennutzung, die Hecken längs des Baches und kleine Waldstrelfen an den Stell hängen gekennzeichnet. Die fast ebenen Flächen der Platte unterliegen der Feld nutzung. Das Bild der Agrarlandschaft wird auch von den Flurformen (Einöd- und Streifen fluren) und dem bäuerlichen SIedlungsblld mitgeprägt,für das hier die einzeln stehenden und fallweise zu Wellern gruppierten Vlerkanthöfe sprechen, hinter denen sich, funktioneil betrachtet, der gesamte moderne landwirt schaftliche Betrieb mit all seinen Begleit erscheinungen verbirgt. — Foto: H. Wöhrl. EU arisss:^. ■f H. Maurer: Überblick über die landwirtschaft liche Bodennutzung In Oberösterreich Die landwirtschaftliche Bodennutzung hängt stärker als andere Wirtschaftszweige von natürlichen Faktoren ab, was sich sehr deutlich In dieser Karte abzeichnet. So unter scheiden sich vor allem die wald- und grün landreichen Bereiche des alpinen Teiles, des Hausrucks und Kobernaußerwaldes und der höheren Teile des Sauwaldes und Mühlviertels von den Acker-Grünland-Waldwlrtschaftsgebleten des Hochlandes und den ausgespro chenen Feldgemeinden des klimatisch, boden mäßig und bezüglich der Oberflächenformen begünstigten Vorlandes. — Aus: Atlas von Oberösterreich, 2. Lfg., Bl. 28 7m 2. Die belebte Natur (Biosphäre) umfaßt die gesamte Pflanzen- und Tierwelt. 3. Die Kuiturweit des Menschen, worun ter wir das mit Geist begabte und den kende Lebewesen selbst mit all seinen Kulturlelstungen im weitesten Sinne des Wortes verstehen. Für den ersten Bereich gelten die Ge setze der physikalisch-chemischen Kau salität. Ein Minerai entsteht durch be stimmte chemische Reaktionen und wächst nach dem ihm zukommenden Kristallgitter. Ein aus einer Felswand ausbrechender Stein fällt in freiem Fall solange, bis er aufschlägt, zerbricht, Zer störungen anrichtet oder solange weiterroiit, bis ihm die Reibung Einhalt gebie tet. Das alles erfolgt streng kausal, be rechenbar nach den Naturgesetzen. Diese Bestandteile haben, von einer später zu erwähnenden Ausnahme abgesehen, keine Eigenbewegiichkeit, sie sind an ih ren bestimmten Raumkompiex gebunden, sind also bestenfalls passiv durch eine von außen kommende Kraft beweglich. Pflanzen und Tiere folgen dagegen ihren eigenen biotischen Gesetzmäßigkeiten, wie sie etwa für die Fortpflanzung, Aus breitung, die Anpassung an den Lebens raum usw. gelten. Sie haben die Fähig keit einer Eigenbeweglichkeit, die bei Pflanzen gering ist, aber bei den hö heren Tieren bereits sehr groß sein kann. Die Eigengesetziichkeit des Menschen aber wird vor allem durch die Denkfä higkeit und seine freie Entscheidungsmögiichkeit begründet. Er hat auch die größte Bewegungsmögiichkeit. Seine un mittelbare Abhängigkeit von der Natur ist wesentlich geringer und nimmt mit fortschreitender Zivilisation weiter ab. Die mittelbare Abhängigkeit bleibt jedoch weitgehend bestehen, d. h. daß er In Gebieten, die ihm als natürlichem Lebe wesen kaum ausreichende Lebensmög lichkeiten bieten würden, infolge seiner Intelligenz sich eben mittelbar geeignete Lebensbedingungen schaffen kann. Ja Astronauten nehmen Sauerstoff und die gesamte Nahrung bis zum Mond hinauf mit, um vorübergehend dort leben zu

Tallandschaft bei Großraming In den engen Talabschnitten des oberöster reichischen Ennstales und seiner Nebentäler bieten nur wenige nicht zusammenhängende Hangverflachungen und Terrassenflächen Möglichkeiten für Siedlung und wirtschaftliche Nutzung. Mit der abnehmenden Rentabilität der landwirtschaftiichen Nutzung nimmt die Verwendung dieser Flächen für Siedlungs und Verkehrszwecke zu. — Foto: H. Wöhrl. », 'i i;-. i können. Der Mensch kann also z. B. im Hochgebirge eine heizbare Behau sung mit allen Bequemlichkeiten bauen, über einen Aufzug zu allen Jahreszei ten seine Lebensbedürfnisse decken, selbst auf die Gefahr hin, daß Unwirtlich keiten der Natur einen hohen finanziellen Einsatz notwendig machen und sein Le ben bedrohen. Mittelbar bleibt er abhän gig, weil er sich die Rohstoffe zum Bau material, zu seiner Verpflegung usw. dort beschaffen muß, wo sie die Natur bie tet. Er wird also, wenn man den not wendigen Einsatz bzw. Aufwand berück sichtigt, im Hochgebirge nie unter glei chen Bedingungen hausen können und schon gar nicht auf dem Monde, wie in einem von Natur aus gesegneteren Le bensraum. Die gerade für unseren Zweck wesent liche Erkenntnis über den Aufbau der geographischen Landschaft ist die, daß Einzelbestandteiie nicht kontaktios ne beneinander liegen; also die Landschaft nicht einfach als deren Summe bezeich net werden kann, daß diese Teile viel mehr nicht nur in gegenseitiger Abhän gigkeit stehen, sondern sich auch in ver schiedenem Maße gegenseitig durchdrin gen. Infolge dieser Durchdringung oder Integration der Einzelteile, wie sie H. Schmithüsen und H. Bobek in ihren iandschaftsanalytischen Untersuchungen genannt haben, und auch der Durch dringung der drei großen Seinsbereiche untereinander verschmelzen diese Ele mente zu einem neuen Ganzen. Der Ver such, einzelne Bestandteile daraus zu entfernen oder zu verändern, kann eine Reaktion und damit eine Veränderung des Ganzen auslösen. Die aus verschiedenen Gesteinen be stehenden Gebirge oder andere tektonische Einheiten bilden damit die unterste festgefügte integrationsstufe der Land schaft. Mit dieser verbinden und durch dringen sich ähnliche Integrationsstufen der Hydro- und Atmosphäre zu einer Stufe höherer Ordnung, der Stufe der un belebten Natur, die dann auch das Relief der Erdoberfläche, einen sehr wesent-

.. i-v; '' .-j»-' 'f .;- ''■'l ■ . Nm 2 .-; ■ - •■ , .-5 "SVi ■• *• liehen landschaftsbestimmenden Faktor, mitumfaßt. Wir bezeichnen diese Stufe innerhalb der Kulturlandschaft als Naturraum (Abb. 1). Nehmen wir auch noch die belebte Natur hinzu, so erreichen wir eine weitere In tegrationsstufe, bei der sich Lebewesen mit der festen Erdoberfläche auseinan dersetzen, durchdringen und zu einem neuen Ganzen vereinen und dort z. B. den Boden bilden, die sich aus anor ganischen und organischen Substanzen zusammensetzende Verwitterungsrinde des Gesteinsmanteis der Erde. Alle Le bewesen sind aber mit der Luft und dem Wasser nicht nur dadurch engstens verzahnt, daß sie auch mit aus Luft und Wasser bestehen, sondern mit diesen anorganischen Naturkörpern in einem ständigen Auseinandersetzungs prozeß stehen. Denken wir doch an die Atmung und an die Assimilation der Pflanzen. Damit ist schon der Aufbau der Natur landschaft gekennzeichnet. Linter Berück sichtigung ihrer Verbindung mit dem gesamten menschlichen Bereich er reichen wir als Krönung die höchste In tegrationsstufe, die ihren Ausdruck eben in der Kulturlandschaft findet. Die Inten sität der Integration nimmt allerdings mit zunehmender Stufenhöhe ab, d. h. es können bei den höherrangigen Land schaftsstufen eher Einzelteile ausge tauscht werden, ohne daß es dabei zu einer Änderung des Gesamtcharakters dieser Stufe kommen muß. Auch das ist wesentlich für die Planung, weil sonst jede Änderung des bestehenden Gefüges Störungen und womöglich ungewollte Re aktionen auslösen müßte. Folgende Bei spiele sollen das besser verständlich machen. Entziehen wir der Luft den Sau erstoff, dann haben wir eben keine Luft mehr vor uns, sondern nur mehr Stick stoff und die übrigen Nebenbestandteile. östlichstes Mühlviertel, Hinterland von Grein an der Donau Das durch den kleinräumigen Wechsel in den Landschaftsformen und damit auch in deren Nutzung für das Mühlviertler Hochland so charakteristische Landschaftsbild unterscheidet sich wesentlich von den Plateauräumen und mittelgebirgsartigen Rücken und Kuppen des oberen und mittleren Mühlviertels. Vom Steil abfall der Donau im Strudengau erhebt sich das hier besonders stark gegliederte Plateau, in dessen Kerbtäler vom Donausteilrand her der Wald zurückgreift. Das Plateau geht bei Pabneukirchen (links) und Dimbach (rechts) in das Aist- und Naarnkuppenland über. Die Kuppen sind am linken Bildrand deutlich erkennbar. Im Hintergrund schließt sich das Kuppsnland zum weniger gegliederten, wald reichen Hochland des Frei- und Welnsberger Waldes. — Aus: Atlas von Oberösterreich, 2. Lfg. 1960, Erläuterungsband, 8. 24, Foto: österr. Luftbildanstalt Linz.

Abb. 10: Oberösterreichische Flysch- und Kaikaipen Das Biid zeigt die kuiissenartige Anordnung der oberösterreichi schen Alpen vom Aipenrand bei Aurach über die kaum 1000 m hohen waldreichen Fiyschrücken zwischen Attersee und Traunsee und über die von Steilrändern begrenzte Altlandschaft des bis 1862 m hohen Höiiengebirges bis zum fast 3000 m aufragenden Dachstein. Im Hintergrund sind zum Teil noch die Niederen Tauern erkennbar. Mit dieser stockwerkartigen Anlage ist auch die durch die Klimafaktoren bedingte Höhengiiederung der Landschaft verbunden, die in der Wald-, Baum-, Krummholz- und Schneegrenze zum Ausdruck kommt. — Aus: Atlas von Oberösterreich, 4. Lfg. 1971, Eriäuterungsband 5. 55, Foto: Westmüiier. Abb. 11: Hausruck und Kobernaußerwaid Diese mit 800 m Seehöhe höchste Erhebung des oberösterreichi schen Alpenvorlandes ist auf Grund des Bergiandcharakters und des Aufbaues aus Schottern Waldiand geblieben. Die sich verzweigenden Schotterrippen, die sogenannten Firste des Haus rucks, verzahnen sich mit dem umliegenden, vorwiegend land wirtschaftlich genutzten Schiierhügeliand. Die West-OstVerkehrsstränge umgehen das Bergiand im Norden (innviertier Pforte) und im Süden (Vöcklapforte).- Foto: H. Wöhri. ■"M"

• ■. p Abb. 12: Bergrutsch am Attersee 1959 Das Wirkungsgefüge in der Landschaft kann auch von Natur aus gestört werden, wenn zum Beispiel, wie hier, an eiszeitlich überstellten Hängen stark wasseraufnahmefähige Gesteinsmassen nach andauernden Niederschlägen aufgeweicht und dann so schwer werden, daß der vorhandene Widerstand der Reibung überschritten wird und die aufgelockerten Gesteinsmassen murenartig abfließen. Die Natur sorgt auch für die Heilung dieser Wunden im Laufe der Zeit. — Foto: Westmüiier. ^ /ssf- . . ■ - ■ 1-. > •»" Abb. 13: H. Maurer: Personenverkehr in Oberösterreich Der Verkshr ist eine von Menschenhand gesteuerte Kraft im Wirkungsgefüge der Land schaft, die wohl durch die Verkehrswege sichtbar wird, nur zum Teil aber in seiner Intensität und Qualität. Die thematische Karto graphie ist heute in der Lage, die vielfältigsten Auswirkungen und Erscheinungen karten mäßig darzustellen. — Aus: Atlas von Oberösterreich, 3. Lfg., Bl. 50. . A,.\ K .'''11 / T" r,.. V/'/ * Die Folgen wären unvorstellbar. Entfer nen wir aus einem Gestein ein bestimm tes Minerai, so wird ein anderes Gestein daraus. Bei einer Pflanzen- oder Tierge sellschaft können wir uns schon eher vor steilen, daß durch Wegnahme oder Hin zufügen einer einzelnen nicht gerade do minanten Pfianzen- oder Tierart noch nicht unbedingt eine andere Geseilschaft daraus werden muß; noch weniger wird dadurch der Naturlandschaftscharakter verändert, solange eben nicht ein ge wisser Schwellenwert überschritten wird. In höherem Maße gilt das für den menschlichen Bereich, in dem noch viel mehr verändert werden kann, ohne daß sich der Gesamtcharakter etwa einer Siedlung oder gar einer bestimmten Kul turlandschaft zu ändern braucht. % i /' ' • « ' L kWI*4lull|4rtlM / ( •< • Die Dynamik in der Landschaft Es Ist bereits darauf hingewiesen wor den, daß die so kompliziert gefügte Land schaft kein stabiles Gebilde darstellt, son dern in ständiger Veränderung begrif fen ist. Es sind Kräfte wirksam, die diese Veränderungen bedingen, aber auch ei nen bestimmten Gleichgewichtszustand aufrechthalten. Wir sprechen von der Har-

Abb. 14; H. Bobek u. M. Fesl: Regionsbildung durch Versorgungs- und Arbeitszentren Die im Original farbige Karte stellt den Versuch dar, mehrere kultur- und sozialräumlich wirksame Faktoren gemeinsam dar zustellen. Sie zeigt die zentralen Orte (ZO.) nach Rang und Wirtschaftscharakter, die Ver sorgung mit zentralen Diensten: Schulen, Krankenhäusern, Gerichten, Banken, Versiche rungen usw.(punktiert = außerhalb der zumutbaren Entfernung vom ZO., Horizontal striche = schlechte Versorgung durch den berelchsblldenden ZO.) sowie die Einzugs gebiete der Arbeltsmärkte (Tages- und Nlchttagespendler In verschiedenen Farben). Die völlig unbesledelten Gebiete des Berg- und Gebirgslandes sind weiß ausgeschieden. — Aus: Österreich-Atlas, 5. Lfg. 1971, XII/3. Abb. 1, 7, 9, 10, 13 mit Genehmigung des Liandeslnstltutes für Volks- und Helmatpfliege aus dem Atlas von Oberösterreich, 2. u. 4. Lfg., bzw. den Erläuterungsbänden dazu entnommen. Die Luftbilder von Hans Wöhrl wurden gem. Luftfahrtgesetz mit Zahl 2721 u. 13.620 freigegeben. / \ <■ ^ 5 \ I—■ f.V •Jf =0S AWctdhoitnlk \ Kv ri • ■ ; V-. 1:2. monie der Landschaft, einem erstrebens werten Zustand, der allerdings selbst in der reinen Naturlandschaft nie voll er reicht, aber stets angestrebt wird. Er ver körpert den gesunden Naturhaushalt. In der Kulturlandschaft müßte diese Har monie der Kräfte auch Ausdruck in ei nem ästhetischen Landschaftsbild finden. Wird nun dieses Gleichgewicht durch ir gend einen Vorgang gestört, so foigt nach Überwindung eines gewissen Ver zögerungswiderstandes, also eines Schwellenwertes, eine Reaktion. Wir kön nen das durch unzählige Beispiele aus dem Natur- und Kulturbereich belegen. So tiefen sich in einem für unsere Be griffe sich meist sehr iangsam hebenden Landschaftsraum die fließenden Gewäs ser immer mehr ein. Die Täler werden tiefer und ihre Gehänge steiler. Je nach dem Gesteinsverband wird früher oder später ein Neigungsgrad erreicht, bei dem die Stabilität nicht mehr gegeben ist. Wenn nun die Schwelle, d. h. die innere Gesteinsfestigkeit oder bei Lokkergesteinen die Reibung überschritten und die Schwerkraft größer als der Wi derstand wird, kommt es, ausgelöst durch Frost oder besonders starke Durchfeuch tung, von bescheidenen Steinstürzen und Erdschlipfen bis zu katastrophalen Bergstürzen und Geländerutschungen (Abb. 12). So entstehen Wunden, die zwar von Natur aus wieder heilen, in dem durch kleinere Nachsackungen die Hänge wieder stabii werden und sich allmählich ein Boden bildet, auf dem sich Pionierpfianzen ansiedeln, denen schließ lich im Laufe längerer Zeiträume der hö here Bewuchs folgen kann, aber eine Narbe bleibt zurück. Der Vorgang ist nicht umkehrbar. Es ist eine dauernde Veränderung eingetreten und ein neuer Gleichgewichtszustand hergestellt wor den. Der gleiche Vorgang kann natürlich, etwa beim Straßenbau usw. auch durch menschliche Tätigkeiten ausgelöst wer den. Die Technik sucht nach den Erfah rungen in der Bodenmechanik, diesen Ereignissen vorzubeugen. Wir sehen somit, daß die Erdoberfläche auch von Natur aus dauernd weiter ge formt wird. Maßgebend dafür ist das Zu sammenwirken der aus dem Erdinneren kommenden Kräfte mit den von außen, von der Luft- und Wasserhülle her auf die feste Gesteinsoberfläche einwirkenden Kräften. In diesem Zusammenspiel ist auch die Möglichkeit einer Eigenbeweg lichkeit von leblosen Naturbestandteilen begründet. Ähnlich gehen Kräfte von allen Pflanzen und Tieren aus und zunehmend immer massiver natürlich vom Menschen. Wer kennt nicht etwa den Wurzeldruck von Bäumen, die chemischen Reaktionen, die durch Fäulnis und Verwesung hervorge rufen werden, ferner die heute fast unbe grenzten Möglichkeiten des Menschen, mit seinen technischen Hilfsmitteln die Landschaft mehr oder weniger vorteilhaft zu gestalten. Ja, es liegt bereits in seiner Macht, ganze Seinsbereiche lokal und, wenn es darauf ankommt, weltweit aus zuschalten und sich wohl unbewußt — und darin liegt die menschliche Unzu länglichkeit — die eigenen Lebensgrund lagen zu nehmen. Damit sei auf die große und zunehmende Verantwortung hinge wiesen, die wir alle in diesem fortge schrittenen Entwicklungsstadium bezüg lich der Sicherung des zukünftigen Le bensraumes tragen. Wie sehen die landschaftsgestaltenden Kräfte und Vorgänge im Kuituriandschaftsbereich aus? Ausgehend vom bio-

logischen Bereich, sei ein Hinweis auf die immer mehr von Schädlingen bedrohten Fiuren und Wälder gestattet. Es handelt sich hier um das einseitige Überhand nehmen biologischer Kräfte, trotz zuneh mender Bekämpfungsmaßnahmen und -möglichkeiten. Über dieses Problem ist schon viel geschrieben und gesprochen worden, doch steht eines fest, daß ein Stärkstens gestörtes biologisches Gleich gewicht nicht durch die vermeintliche Vernichtung der Schädiinge allein mit Er folg bekämpft werden kann. Es wird of fenbar, wie vielfältig die Zusammenhänge in der Landschaft sind, wie ein Rädchen in das andere greift und wie jede Maß nahme bedacht werden muß. Nun zu weiteren Beispielen (vgl. auch Abb. 14) über das Zusammenwirken der Kräfte in der Kulturlandschaft. Die Autobahn ist als Fern- und Schnellstraße erster Ordnung gebaut worden. Den Ausgleich mit der Natur hat man bei diesem Bau werk erfreulicherweise größtenteiis gut gelöst, indem man durch entsprechende Hangsicherung, Entwässerung, Abstützung. Abschrägung und Bepflanzung das gestörte Gleichgewicht durch einen neuen, den veränderten Verhältnissen angepaßten Gleichgewichtszustand weit gehend ersetzt hat. Durch die Auf- und Abfahrten an bis dahin mittleren bis eher untergeordneten Verkehrsknoten ist plötzlich eine gewaltige Aufwertung die ser Orte durch ihre Verkehrslage erfolgt. Denken wir, um in der Nähe zu bleiben. an Sattledt und Vorchdorf. — Es ist da mit eine gewisse Entwicklungskapazität entstanden, die sich als eine Art Sog auswirkt und dem betreffenden Ort auch schon ohne Planung eine neue Ent wicklungsrichtung weist. Die ursprüng lichen, vor allem durch die kleinen Ne benbahnen gegebenen, oft sehr beschei denen zentralörtlichen Funktionen erfah ren einen raschen Ausbau. Es kommt fortlaufend zu neuen gewerblichen und sogar industriellen Betriebsniederlassun gen, die ihrerseits wieder eine entspre chende Kraft auf abhängige Einrichtun gen ausüben und eine Verbesserung der Infrastruktur verlangen. Es wird also eine Art Kettenreaktion ausgelöst, die mit dem Erreichen eines neuen Gleichgewichts zustandes wieder abklingt, wenn nicht inzwischen neue andere Impulse wirk sam werden. Dieser wirtschaftlich posi tiven Entwicklung steht der Nachteil ent gegen, daß Verkehrswege wie Eisenbah nen, Autobahnen und Schnellstraßen das Gefüge der bestehenden Landschaft zer schneiden. Man hiift sich durch erhöhten finanzielien Einsatz, indem möglichst viele Über- oder Unterführungen gebaut, Grundstücke verlegt und Entschädigun gen gezahlt werden. Die raschere moto risierte Fortbewegungsmöglichkeit hilft ebenfalls mit, diesen Nachteil wieder aus zugleichen. — Alle diese Dinge sind aus reichend bekannt und studiert und las sen sich durch sorgfältige Strukturana lysen wenigstens in ihren Tendenzen vor aussehen. Die Planung kann sie beim Bau solcher Anlagen mit berücksichtigen. Wesentlich schwieriger wird die Sache natürlich dann, wenn in dicht besiedel ten und wirtschaftlich stark verflochte nen Landschaftsräumen eine Kumulie rung womöglich sich gegenseitig aus schließender Entwickiungstendenzen ein tritt. Hier wird die planlose Weiterent wicklung schließlich zum Chaos führen, zur vollkommen gestörten, ungeordneten, zur kranken Kulturlandschaft. Hier sei noch kurz auf das Umweltpro blem hingewiesen. Wirtschaftlicher Ehr geiz, engstirniges egoistisches Profitden ken und Unkenntnis haben die mensch liche Gesellschaft verleitet, sich verant wortungslos über die Grenzen der na türlichen Selbstreinigungskräfte hinweg zusetzen. Ja diese Kräfte werden noch bedeutend geschwächt, so daß eine Wie derherstellung des gestörten Gleichge wichtszustandes nur durch Maßnahmen erreicht werden kann, die entweder im Sinne dieser Naturkräfte wirksam wer den oder primär die Verunreinigung der Umwelt auf das von der Natur zu ver kraftende Maß reduzieren. Das Problem ist insofern schwierig, weil es auf das dis ziplinierte Verhalten jedes einzelnen an kommt, ein hoher finanzieller Aufwand der Allgemeinheit ohne unmittelbar faß baren wirtschaftlichen Nutzen notwendig ist und die Umweltverseuchung an poli tischen Grenzen nicht Halt macht, also international,ja weltweit besteht. Wegen Wohlstandsbrache geschlossen. Die österreichische Landschaft Noch ist es nicht so weit! Den Wald pflegt der Forstwirt, den Garten der Gärtner, den Park der Wärter und die Landschaft der Landwirt; so ist es in unserer heilen Welt. Wer pflegt die Landschaft, wenn der Landwirt ausfällt? Im westdeutschen Spessart versucht man mit Schafbeweidung, Chemie und Mulchmaschinen das Problem zu lösen. Bisher ohne Erfolg, aber mit erheblichem Aufwand. Besser leben ohne Bauern? Landwirtschaftskammer für Oö. Rechts: Vorderstoder - Natur und Menschen werk bilden die Einheit der Landschaft.

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