Andreas Thamasch, Joachim vom Altar der HI.-Kreuz-KIrche In Rietz bei Stams (1690). Foto: G. Amann, Innsbruck Abb. 3 Andreas Thamasch, Madonna Im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck(um 1695). Foto: G. Amann, Innsbruck Abb. 4 Andreas Thamasch, Johannes Evangelist vom Hochaltar In Motz bei Stams (1690/95). Foto: G. Amann, Innsbruck V \*i//J CNJv'-»" « /Jf mf. ten" (erschienen In Köln 1653), das Tha masch 1688 gekauft hat. Er ist schon in Kaisheim der große Künst ler des Hochbarocks mit den heroischen Gestalten, die in dramatischer Gestik den Beschauer in ihren Bann ziehen — und die mit dem gewaltig gebauschten Fal tenwurf die innere Erregtheit in einem Gewühl weich geformter, aber stürmi scher, gegeneinander stoßender und wir belnder Bahnen verstärken. Die Gestik der Hände wird durch die in den Raum hinausweisenden Faltenzipfei noch zwin gender. Thamasch wühlt nicht nur die Oberfläche seiner standfesten Gestalten auf, er schafft ihnen einen Raum für ihre ekstatische Bewegtheit, auch wenn sie von Säulen und Podesten scheinbar ein geengt werden. Die sich selber Bewe gungsraum schaffende Plastik hat es im Frühbarock nicht gegeben. Schon während der letzten Arbeiten in Kaisheim wird er vom Kloster Stams sel ber mit Aufträgen überhäuft, ja erstmalig in Tirol wird er zum Stiftsbildhauer be stellt. Dies ist etwas Neues, das seit dem Hochbarock Schule macht, denken wir nur an zwei andere Tiroler, den Maler Johann Karl Reslfeld aus Schwaz, der 1684 Stiftsmaler in Garsten wird, und an Cyriak Hackhofer von Wüten (t 1725) als Stiftsmaler in Vorau (Steiermark). Tat sächlich vollzieht sich das weitere Wir ken Thamaschs im Umkreis von Stams im Oberland westlich von Teifs. Der große Auftrag der Jahre 1681 bis 1684 in Stams ist die neue Fürstengruft, errichtet als in den Boden versenkte offene Gruftkapelle mit abschließender Balustrade, eine Nachbildung der von Bernini im Petersdom in Rom geschaffe nen Confessio, einmalig jedenfalls im deutschsprachigen Raum und ein neuer Hinweis auf die Beziehungen zwischen Thamasch und Bernini. In der Gruft ste hen in Nischen die acht Statuen jener Fürsten, von Herzog Meinhard II., dem Stifter des Klosters (f 1295), bis zur Kaiserin Maria Bianca Sforza von Mai land, der Gemahlin Kaiser Maximilians I. (t 1511), die hier bestattet sind. Sind hier angesichts der Enge und Feierlich keit die idealisierten Ahnengestalten ru hig und ohne Gesten, so erweist sich die über der Gruft hochaufragende Kreuzi gungsgruppe als ein Werk von unge hemmter Plastizität. Diese Gruppe ist der Höhepunkt dessen, was Plastik im Raum sein kann. Sie steht völlig frei im Kir chenschiff und verdeckt mit ihren aus greifenden Gebärden sogar den riesigen Hochaltar des Bartlme Steinle, von dem die Barockkunst des Oberlandes ihren Ausgang genommen hat. Die Gruppe steht wie in einem vom Sturmwind durch tobten Freiraum. Die Madonna beugt sich in diesem Sturm vornüber, während Jo hannes und die kniende Magdalena sich ihm voll hingeben. Hier, am Lendentuch Christi und an den fliegenden Gewän dern der Assistenzfiguren, ist der Raum in das Geschehen ganz einbezogen und vibriert vom schmerzvollen, in pathe tischen Gebärden ausgedrückten Leid der Passion Christi. Die Kreuzigungs gruppe in Stams ist einer der Höhe punkte barocker Kunstäußerung nördlich von Italien. In dem Jahrzehnt, das Thamasch noch zum Leben und Schaffen bleibt, entste hen in gedrängter Fülle die großen Werke: die Altäre in Brennbichl bei Imst mit dem ruhenden Schmerzensmann (1688), in der Heiligkreuzkirche in Rietz 0690), in Birkenberg bei Teifs (1693), in Mötz (vor 1695), Ober- und Wildermieming und in der Grenzfestung Finster münz (1696). In Birkenberg ist der ganze Hochaltar von Thamasch und zeigt den Zusammenklang von Statuen und Orna mentik — hier sind bereits die phanta sievollen Akanthusranken dominierend — zu einem Gesamtkunstwerk der Plastik, wie es für den Hochbarock typisch ist. Auch die beiden Seitenaltäre stammen aus seiner Werkstatt. Oft sind nur mehr die Statuen erhalten, aber auch sie ge ben den später errichteten Altären das entscheidende Antlitz, wie die beiden Jo hannes in Mötz, nahe Verwandte der glei chen Statuen in Kaisheim. Daneben schuf Thamasch großartige Einzelbildwerke wie die sitzende Madonna mit Jesus und Johannes in Stams, die riesigen Blut kreuze in Seefeld und Kaltenbrunn (1697),
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