Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 1, 1974

Max Bauböck Ein Leben für die Heimatforschung Josef Mader „Sie studieren also die humaniora", stellte ein Professor an der Philosophi schen Fakultät der Universität Wien fest, als er den Studenten Max Bauböck ne ben den Fächern, die zur Lehrbefähigung in Deutsch, Geschichte und Geographie führen sollten, auch noch mit Musik und Kunstgeschichte eingehend beschäftigt sah. In Max Bauböck lebten diese „hu maniora"längst, genährt aus denWurzein eines sehr früh bewußten Heimatgefühies und bereits in den ersten Gymnasial jahren entscheidend geformt durch das Beispiel großer Lehrerpersönlichkeiten. Von Anbeginn fand ich mich selber ein gefangen in dieses Koordinatensystem umfassender geistiger Bezüge, aus de nen dieser ungewöhnliche Mann lebte — ein Stück Weges habe ich ihn zuletzt auch begleiten dürfen. Das mag begreif lich machen, daß die Aufgabe einer bio graphischen Skizze zunächst dazu ver führt, kostbare persönliche Erinnerungen ans Licht zu heben. Ein gutes Dutzend Jahre, nachdem wir uns als Maturanten von ihm verabschie det hatten, bin ich Max Bauböck auf eine recht bezeichnende Weise wieder nahegekommen. Mit Eifer hatte ich mich über die Fragen hergemacht, die den Rieder ölberg - ein Spitzenwerk der Schwanthaler — umgeben, und hoffte, weiß Gott Besonderes darüber ausgra ben und schließlich aussagen zu kön nen. Allerdings bin ich schon nach weni gen Zeilen auf der Strecke geblieben, weil sich das Werk meiner Unerfahrenheit wie mit sieben Siegeln verschlossen hielt. In dieser Ratlosigkeit wandte ich mich an meinen ehemaligen Lehrer, von dem ich wußte, daß er sich in besonderer Weise der Lokalgeschichte verbunden fühlte. Daß ich dabei an eines der Haupt themen seiner Lebensarbeit rührte, wußte ich damals noch nicht. Unter sei ner liebenswürdigen Hiife, die mir groß mütig auch seine privaten Forschungs ergebnisse öffnete, kamen meine krau sen Vorstellungen einigermaßen ins Lot. Er hätte den ungebetenen Teilhaber, der ihm in keiner Weise nützen konnte, von sich weisen oder mitleidig belächeln können. In der Folge habe ich diesen hochherzi gen Wesenszug in vielen Varianten erle ben dürfen. Wiederholt schickte es sich, daß ich meinen alten Lehrer zu irgend einer offenen Frage um Literaturhinweise bat. Oft brachte er dann in rührender Dienstbereitschaft eine gewichtige Akten tasche mit den nötigen Unteriagen ange schleppt, ungeachtet seines schmerzhafn.fUF '■ItU)-;', '. . ifr.Mii.-' ' '-. ,1 1 ten Beinleidens und des verhäitnismäßig weiten Weges. Bewundert aber habe ich ihn am tief sten, als das nebenstehende Bild ent stand: Wir saßen über vergilbten Rech nungsbüchern der Pfarre Pram, um Hin weise auf die dortige Pfarrkrippe aufzu spüren. Die hellwache Sondierungsarbeit dieses Mannes war faszinierend; aus un scheinbarsten Vermerken, Daten, Perso nennamen knüpften sich über sein uni versales heimatgeschichtliches Wissen Querverbindungen zu allen möglichen Spezialgebieten der Volkstumsforschung, zu abgelegenen Familienchroniken, be deutenden Namen oder geschichtlichen Ereignissen, Vermutetes fand überra schende Stütze oder gewann unverhoffte Richtung. Jedenfalls füllte sich seine Mappe mit einer Unzahl von Notizen. Hochbefriedigt verließ er nach vielstündiger Bemühung den Ort, obwohl wir das Gesuchte gar nicht gefunden hatten. Die allgemein ver wertbare wissenschaftliche Ausbeute war ihm reich genug. Wie es ihm später auf analytischem Wege gelang, den Meister der Krippe festzulegen, ist ein kunsthi storisches Kabinettstück und im Textteil der Bildmappe „Das Schwanthaler-Krippenwerk von Pram" nachzulesen. Solche Reisen dienten im letzten Jahr zehnt immer häufiger der Schwanthaler forschung. Eine ganze Reihe liebenswür diger Episoden ließe sich darüber er zählen, bis sie in der Fassungslosigkeit über den unerwartet raschen Tod Max Bauböcks am 22. Februar 1971 versie gen. In zahlreichen Nachrufen trat nun die unglaubliche Lebensleistung dieses Mannes zutage und machte bewußt, was an unersetzlichem Wissensgut ins Grab gesunken war. Das randvoile Leben Max Bauböcks war vom Beginn mit Ried im Innkreis engstens verflochten. Hier kam er am 9. April 1897 als Sohn des Gasthofbesitzers Karl Bauböck zur Welt, genoß in dieser da mals ganz und gar bäuerlichen Stadt Kindheit und Jugend bis zur Matura am dortigen Gymnasium im Jahre 1915. Dok tor Franz Berger, Dr. Wilhelm Gärtner und Dr. Franz Schöberl, noch heute viel gerühmte Namen der damals jungen Innviertler Heimatbewegung, zählten zu sei nen Lehrern^ Das Vorbild Hugo von Preens, der als Maier, Archäologe und Volkskundler im Räume Braunau überaus erfoigreich wirkte, trat dazu und gab den persön lichen Neigungen des Studenten das ent scheidende Profil. Die Möglichkeit, an den Ausgrabungen Hugo von Preens mit zuarbeiten und mit dem Skizzenbuch bei den Bestandsaufnahmen der Innviertier Bauernhausverzierungen mitzuhelfen, hat eine Begeisterung entfacht, die für das ganze Leben Bauböcks bestimmend wurde. In diese unbeschwerten Lehrjah re, in denen es ,,eine Lust war, zu le ben" — wie sich Bauböck später aus drückte - fällt auch die erste selbstän dige Veröffentlichung: eine von Dr. Ber ger angeregte Abhandlung über die Glocken der umliegenden Kirchen. Nach der Reifeprüfung rückte Max Bau böck zum Infanterieregiment 59 ein. Erst 1918 konnte er an der Universität Wien die Studien aufnehmen, die er mit dem Lehramt für Mittelschulen in Deutsch, Geographie und Geschichte abschioß. Schwierigste Zeitumstände verhinderten zunächst die Aufnahme des Lehrberufes und zwangen zu einer Wartefrist, die er notgedrungen als Krankenkassenbe amter überbrücken mußte. 1929 konnte er endlich den angestrebten Schuldienst antreten, eine glückliche Fügung führte ihn an ,,sein" Gymnasium zurück. Damit ist er wieder nach Ried heimgekehrt und hat es seitdem nicht mehr verlassen. Die berufliche Laufbahn ist durch eine überaus fruchtbare Erziehertätigkeit ge kennzeichnet; er ist seinen zahllosen Schülern gleichzeitig ein väteriicher Freund gewesen, auch als er längst Direktor des Gymnasiums (1953) und schließlich vielfach geehrter Hofrat (1961) geworden war. Es würde eine eigene Ab handlung erfordern, hier auf Einzelheiten einzugehen. Das Jahr 1963 brachte den

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