Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 1, 1974

voll und ganz, er spielte sich rasch in den Vordergrund, und Johann Georg Meindl — der ,,Student", wie ihn seine Gegner nannten - avancierte zum ,,Feidmarschaii und Generai über ein Re giment Reutter"; hochgestochene Titel, die jedoch ihre Wirkung im einfachen Volk nicht verfehlten. Mit Meindi traten Sebastian Georg Piinganser und Bonaventura Schwanthaier auf den Plan. Piinganser — natürlicher Sohn eines Adeligen und aus Pfarrkir chen in Niederbayern stammend - war wie Meindi ein ,,g'studierter Herr", der an der Universität Ingolstadt immatriku liert hatte, um Jurist zu werden. Bona ventura Schwanthaier hingegen konnte nichts vorweisen als seinen guten Wil len, dem schwerbedrängten bayerischen Vaterland zu helfen, dennoch übertrug man ihm das Kommando über die Artiiierie der „Kurbayerischen Landesdefension", deren wenige Geschütze aller dings kaum in Aktion traten. Man ver wendete Bonaventura Schwanthaier au ßerdem als ,,Kommissär" — oder besser ausgedrückt; als Spitzel, dessen Aufgabe es war, jene bayerischen Adeligen aus findig zu machen, die mit den Österrei chern konspirierten. Heidentaten voll brachte Bonaventura Schwanthaier nicht, und wahrscheinlich fand er dazu auch keinerlei Gelegenheit. Die ersten Anzeichen von einem bewaff neten Aufruhr gegen die kaiserliche Be satzungsmacht zeigten sich — gut orga nisiert und vorbereitet von Meindi und Piinganser — im Spätherbst 1705 im Raum von Neuburg; kurze Zeit später erfaßte die Bewegung ganz Niederbayern und das innviertei. Über die Ziele gab es keine Unklarheiten: den Aufrührern ging es vor allem um die Besitznahme der Festungen von Burghausen, Braunau und Schärding. Zunächst entbrannte der Kampf um Burg hausen, das Meindi und Piinganser noch von ihrer Gymnasiaizeit her kannten. Die Bauern versuchten ab Mitte November 1705 wiederholt, Burghausen in direktem Angriff oder durch List zu nehmen, doch die Kaiserlichen — nur 170 Grenadiere zählend — wehrten sich erfolgreich; erst als ihre Gegner eine Stärke von 4000 Mann erreichten, verlangten sie einen ehren vollen Abzug, der ihnen auch gewährt wurde. Mit Burghausen ist übrigens Generaifeidwachtmeister Johann Adam De Wendt verbunden, der als Inhaber eines ,,Deutschen Regimentes zu Fuß" die Stadt und die Feste im Dezember 1705 ergebnislos belagerte, sich aber dabei m S *J solche Grausamkeiten zuschulden kom men ließ, daß er in die Geschichte der bayerischen Erhebung als ,,Bluthund" und ,,Bauernschiächter" einging und dort die gleiche Rolle spielte wie Graf Herberstorff im oberösterreichischen Bau ernkrieg von 1626. Nach der Eroberung von Burghausen marschierten Meindi und Piinganser mit ihren Männern gegen Braunau und Schärding; sie erhielten laufend Verstär kungen und wurden nicht nur von der Landbevölkerung unterstützt, sondern auch von den Landsassen: so lieferte zum Beispiel das Stift Reichersberg — ohne dazu aufgefordert worden zu sein — 1200 Portionen Brot ins Bauerniager. Auch die Bewaffnung entsprach durch aus den Anforderungen; lediglich mit der Disziplin scheint es gehapert zu haben. Die war bei den Kaiserlichen gut, aber sie konnte keine Wunder wirken: als ent scheidend erwies sich das Kräfteverhält nis von etwa eins zu dreißig. Es fällt heute sehr schwer, eine Ordre de bataiiie für die Österreicher anzugeben, dennoch ist es gelungen, etliche Einheiten zu fin den, die gegen die aufständischen baye rischen Bauern eingesetzt waren.. So wurde Braunau von einem Bataillon des 1701 formierten Regimentes ,,Bay reuth" (später k. u. k. Infanterieregiment Nr. 41, Ergänzungsbezirkskommando Gzernowitz) verteidigt — allerdings nicht lange: Ais die Bauern begannen, die Stadt mit glühenden Kugein zu beschie ßen, woran Bonaventura Schwanthaier als Artiiieriekommandant vermutlich sei nen Anteil hatte, streckten die Bayreuther ihre Waffen, und Meindi und Piinganser erlebten in Braunau einen begeisterten Empfang. Trotzdem war Meindi klug ge nug, den Sieg nicht zu überschätzen; er wußte, daß seine Bauernhaufen einer straffen örganisation bedurften; er glie derte sie deshalb nun in Kompanien und ,,Landesdefensionskorps" und bemühte sich um eine geregelte Ausbildung. Frei lich blieb ihm dazu kaum Zeit; vor allem Piinganser drängte zum Weitermarsch nach Schärding, das am 4. Dezember den Aufständischen die Tore öffnete.

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