Oberösterreich, 24. Jahrgang, Heft 1, 1974

Inhaltsverzeichnis Dr. Erich Egg Tiroler Barockbildhauer in Oberösterreich Prof. Franz Eng! Die Reichersberger Augustiner chorherren in der Waldmark Kunst der Gegenwart Peter Baum Gestalterische Bewältigung der Umwelt — Anmerkungen zur bisherigen Tätigkeit des oberösterreichischen Architekten teams Haus-Rucker-Co Umschlagmotiv: Andreas Thamasch, Himmlische und irdi sche Dreifaltigkeit (um 1690) in der Pfarrkirche Strengen am Arlberg. — Foto: L. Neuhauser, Innsbruck. 33 Dr. Walter Luger Barocker Stuck in Oberösterreich Denkmalpflege Dr.Volker Lutz 500 Jahre Bummerlhaus Landeskunde Prof. Rudolf Walter LItschel Bildhauer, Draufgänger, Patriot — Bonaventura Schwanthaler und der bayerische Aufstand Josef Mader Max Bauböck — ein Leben für die Heimatforschung Dr. Eberhard Uebe 14 Der Theaterkeller im Linzer ürsulinenhof 41 Landschaft, Naturschutz, Raumordnung 21 Dr. Norbert Handel Handelskammer Oberösterreich verwirklicht langfristiges Umweltschutzkonzept 45 Wirtschaft und Fremdenverkehr 25 Alfred J.Waldbauer Plus und Minus im Tourismus 49 Kultureile Termine in Oberösterreich 30 und Buchbesprechungen 51

VOber reich Kulturzeitschrift Jg.24 1/1974 Kulturzeitschrift Oberösterreich 24. Jahrgang, Heft 1/1974. Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, Oktober, Dezember. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag; Redakteur: Dr. Otto Wutzel; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Elfriede Wutzel; Grafische Gestaltung: Herbert Friedl; Druck: OÖ. Landesverlag Linz; sämtliche 4020 Linz, Landstraße 41, Ruf (07222) 781 21. Jahresabonnement (4 Hefte): S 148.— ; Einzelverkaufspreis:S 45.—.

Tiroler Barockbiidhauer in Oberösterreich Erich Egg Der Triumph der Bildhauerkunst des Hochbarocks Im Innviertel hatte seine Ursachen nicht In den hochgestellten Auf traggebern, sondern In seiner Volkstüm lichkeit In einem reinen Bauernland, wo auch die Städte nicht vom großen Welt verkehr, sondern vom umliegenden Land lebten. Der Adel war vor 1624, well er vom Luthertum nicht lassen wollte, aus gewandert, große Klöster fehlten, der ,,gemeine", aber keineswegs arme Mann wollte seine Dorfkirchen mit den Werken der Meister schmücken, die In Ried oder Mondsee arbeiteten. So unterschied sich das Innviertel vom Herzogtum Österreich (Ober- und Niederösterreich), zu dem es erst 1779 geschlagen wurde, denn dort dominierte die nach Italien ausgerichtete Kunst des Wiener Hofes, die bis St. Flo rian Ihre Wirkung tat. Auf der anderen Seite bestand auch Im Hochstift Salz burg eine mit Wien verwandte Hofkunst, die In den Landgebieten kaum einen Niederschlag fand. Eine Situation, die mit der des Innvier tels vergleichbar war, gab es nur noch In Tirol. Auch dort hatte der Adel keine führende Rolle In der Kunst, und die Klö ster waren bescheidene Auftraggeber, denn beide kannten nicht den Reichtum des östlichen Österreich. Was In Inns bruck unter dem Einfluß des Hofes sich abspielte, war der Architektur verpflichtet und nicht der Bildhauerkunst. Ein dem Innviertel besonders verwandter Raum war das Tiroler öberinntal. Dort gab es keinen ansässigen Adel, keine Städte und nur ein Kloster, das Zisterzienser stift Stams. Die Bauern waren die do minierende Gesellschaft. Allerdings stammte Ihre Wohlhabenheit nicht von der bescheidenen Landwirtschaft, son dern von der Saisonarbelt. Im Sommer arbeiteten viele Oberländer In Süd- und Mitteldeutschland als Maurer, Steinmet zen, Zimmerleute und Stukkateure an den großen Kloster- und Schloßbauten und kamen Im Herbst mit voller Geld katze nach Hause. Daheim hätten sie von der kargen Landwirtschaft kaum leben können. Auch die Entwicklung der Barockkunst verlief Im Innviertel und Im Oberland fast gleichartig. Für beide war Schwaben die Heimat der großen Bildhauer, ge nauer gesagt, der Raum von Wellhelm, das seit 1600 dem volkstümlichen Barock der holzgeschnitzten Altäre zum Durch bruch verhalf, als an den Höfen noch der Manierismus mit seinen vornehmen, küh len Werken In Stein und Bronze herrsch te. Das Innviertel und Oberösterreich er hielten aus Schwaben Ihr erstes Barock. Hans Degler von Wellhelm schuf 1614 bis 1618 den Hochaltar In Kremsmünster (jetzt In Grünau), In dem sich balrlsche Handfestigkeit und schwäbische Emp findsamkeit vereinigen. Für das Tiroler Oberland war es der Hochaltar des Wellhelmers Bartlme Steinte In Stift Stams, geschaffen 1609 bis 1612. Der Dreißig jährige Krieg hat die schwäbischen Bild hauer der nächsten Generation zur Ab wanderung nach Oberösterreich gezwun gen: Hans Spindler von Wellhelm nach Stift Garsten (1618 bis 1650), die Brüder Martin und Michael Zürn von Waldsee nach Braunau und Hans Schwanthaier nach Ried. Dort legten sie den Grund für die einzigartige Blüte des ebenso großartigen wie volkstümlichen Hoch barocks, den Thomas Schwanthaier seit 1656 in Ried und später Meinrad Guggenbichier seit 1679 In Mondsee verkörpern. Im Tiroler Oberland verlief die weitere Entwicklung etwas anders. Hier war Schwaben unmittelbarer Nachbar, und junge Tiroler konnten dort Lehr- und Ge sellenjahre verbringen. So haben der Landecker Hans Patsch bei Christof Rodt 1623 In Neuburg an der Kammel und Adam Baidauf In Wellhelm gelernt und sind dann In Tirol In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die bedeutendsten Bildhauer geworden. Im spllttrigen Faltenstll und den heroischen Gestalten des ersten Barocks durchaus den großen Meistern ebenbürtig. Patsch arbeitete Im Raum zwischen Imst und Meran, Baldauf In Brixen und Im Pustertal. Die nächste Generation traf dann Im Inn viertel zusammen. Der aus See Im Paznauntal stammende Andreas Thamasch (1639 bis 1697) hatte ursprünglich das Kunsttischlerhandwerk in Schwaben ge lernt. Die Altäre des Früh- und Hoch barocks waren das gemeinsame Werk von Tischler und Bildhauer, der Tischler mußte die gedrehten Säulen und die Or namente des Ohrmuschelstlles und der Akanthusranken schnitzen können. Das Oberland hat Im Barock beachtliche Al tartischler aufzuweisen. Als Tischler stand Thamasch lange Zelt Im Dienst des Franz von Schwendl Im schwäbi schen Lauphelm. Dann entschloß er sich, Bildhauer zu werden. Wo er gelernt hat, wissen wir nicht, aber sein Frühwerk Im Oberland, die Kreuzgruppe am Kalvarlenberg In Rietz bei Telfs (1661), zeigt bei aller Grobheit und Massigkeit der Ausführung die Hand eines großen Ta lentes, dem die Dramatik des Gesche hens und die gewaltige Ausdruckskraft angeboren sind. Dann taucht Thamasch plötzlich als Ge selle beim jungen Thomas Schwanthaier In Ried auf, wo man seine Mitarbeit am Florlanlaltar (1669) vermuten darf. 1671 kam es In einer Novembernacht am Platz vor der Apotheke zu einem Auftritt. Andre Straßmayr, Geselle beim Bildhauer Veit Adam Vogl, und Thamasch als Geselle des Konkurrenten Schwanthaier gerieten aneinander. Es fielen harte bajuwarlsche Worte wie Schelm, Bärenhäuter, Hunds leder und schließlich der Vorwurf, Tha masch sei gar kein Bildhauer, sondern nur ein Tischler. Vor dem Stadtgericht wurde der Streit geschlichtet, und der schuldige Straßmayr mußte ein Pfund Strafe zahlen. Thamasch sah sich bei Thomas Schwanthaier In seinen Ideen bestätigt, er erlebte In Ihm einen gleich modernen, dem Hochbarock zugewand ten Künstler. Bald danach verließ er die RIeder Werkstatt und zog welter In die Welt. Vielleicht kam er sogar nach Italien, denn In seinem Werk Ist der unmittel bare Kontakt mit der Kunst des großen Vorkämpfers des Hochbarocks, Lorenzo Bernini In Rom, nicht zu übersehen und geht über das hinaus, was er bei Schwanthaier sehen konnte. Wenn auch viele neue Ideen durch Kupferstiche ver breitet wurden, so konnte das, was Tha masch mit Bernini verbindet, nicht durch sie vermittelt worden sein. 1673 tritt Andreas Thamasch mit einem Schlag unter die großen Bildhauer des Hochbarocks, als er den Auftrag des Hochaltares Im Zisterzienserkloster Kais helm bei Donauwörth erhielt. Dabei hatte das Kloster Stams, dessen Mut terstift Kaishelm war, sicher seine Hand Im Spiel. Ein Jahrzehnt arbeitete Tha masch In Kaishelm, denn dem riesigen Hochaltar mit seinen Statuen der Ver kündigung, der beiden Johannes, Mi chaels und der beiden knienden Engel folgte der tempelartige Tabernakel, das Orgelgehäuse mit Engeln und den Heili gen David und Cäcilla und schließlich 1682 der hl. Josef mit dem Jesusknaben. Dazu kam für den Im Ornamentschnitzen geübten jungen Meister eine Fülle von Ohrmuschelornamenten, Kapitellen und Kartuschen. Diese Ornamentik hat Ihn Immer vollauf beschäftigt, und In Stams liegt noch das Kupferstichwerk des Rut ger Krassmann ,,Archltectur nach anti quarischer Lehr und geometrischer Austhelllung, allen kunstreichen Handwerken zu Nutz und Gefallen Ins Kupfer geschnit-

Andreas Thamasch, Kreuzigungsgruppe In der Zisterzienserstiftskirche Stams (1681/84). Foto: A. Demagena, Innsbruck

Andreas Thamasch, Joachim vom Altar der HI.-Kreuz-KIrche In Rietz bei Stams (1690). Foto: G. Amann, Innsbruck Abb. 3 Andreas Thamasch, Madonna Im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck(um 1695). Foto: G. Amann, Innsbruck Abb. 4 Andreas Thamasch, Johannes Evangelist vom Hochaltar In Motz bei Stams (1690/95). Foto: G. Amann, Innsbruck V \*i//J CNJv'-»" « /Jf mf. ten" (erschienen In Köln 1653), das Tha masch 1688 gekauft hat. Er ist schon in Kaisheim der große Künst ler des Hochbarocks mit den heroischen Gestalten, die in dramatischer Gestik den Beschauer in ihren Bann ziehen — und die mit dem gewaltig gebauschten Fal tenwurf die innere Erregtheit in einem Gewühl weich geformter, aber stürmi scher, gegeneinander stoßender und wir belnder Bahnen verstärken. Die Gestik der Hände wird durch die in den Raum hinausweisenden Faltenzipfei noch zwin gender. Thamasch wühlt nicht nur die Oberfläche seiner standfesten Gestalten auf, er schafft ihnen einen Raum für ihre ekstatische Bewegtheit, auch wenn sie von Säulen und Podesten scheinbar ein geengt werden. Die sich selber Bewe gungsraum schaffende Plastik hat es im Frühbarock nicht gegeben. Schon während der letzten Arbeiten in Kaisheim wird er vom Kloster Stams sel ber mit Aufträgen überhäuft, ja erstmalig in Tirol wird er zum Stiftsbildhauer be stellt. Dies ist etwas Neues, das seit dem Hochbarock Schule macht, denken wir nur an zwei andere Tiroler, den Maler Johann Karl Reslfeld aus Schwaz, der 1684 Stiftsmaler in Garsten wird, und an Cyriak Hackhofer von Wüten (t 1725) als Stiftsmaler in Vorau (Steiermark). Tat sächlich vollzieht sich das weitere Wir ken Thamaschs im Umkreis von Stams im Oberland westlich von Teifs. Der große Auftrag der Jahre 1681 bis 1684 in Stams ist die neue Fürstengruft, errichtet als in den Boden versenkte offene Gruftkapelle mit abschließender Balustrade, eine Nachbildung der von Bernini im Petersdom in Rom geschaffe nen Confessio, einmalig jedenfalls im deutschsprachigen Raum und ein neuer Hinweis auf die Beziehungen zwischen Thamasch und Bernini. In der Gruft ste hen in Nischen die acht Statuen jener Fürsten, von Herzog Meinhard II., dem Stifter des Klosters (f 1295), bis zur Kaiserin Maria Bianca Sforza von Mai land, der Gemahlin Kaiser Maximilians I. (t 1511), die hier bestattet sind. Sind hier angesichts der Enge und Feierlich keit die idealisierten Ahnengestalten ru hig und ohne Gesten, so erweist sich die über der Gruft hochaufragende Kreuzi gungsgruppe als ein Werk von unge hemmter Plastizität. Diese Gruppe ist der Höhepunkt dessen, was Plastik im Raum sein kann. Sie steht völlig frei im Kir chenschiff und verdeckt mit ihren aus greifenden Gebärden sogar den riesigen Hochaltar des Bartlme Steinle, von dem die Barockkunst des Oberlandes ihren Ausgang genommen hat. Die Gruppe steht wie in einem vom Sturmwind durch tobten Freiraum. Die Madonna beugt sich in diesem Sturm vornüber, während Jo hannes und die kniende Magdalena sich ihm voll hingeben. Hier, am Lendentuch Christi und an den fliegenden Gewän dern der Assistenzfiguren, ist der Raum in das Geschehen ganz einbezogen und vibriert vom schmerzvollen, in pathe tischen Gebärden ausgedrückten Leid der Passion Christi. Die Kreuzigungs gruppe in Stams ist einer der Höhe punkte barocker Kunstäußerung nördlich von Italien. In dem Jahrzehnt, das Thamasch noch zum Leben und Schaffen bleibt, entste hen in gedrängter Fülle die großen Werke: die Altäre in Brennbichl bei Imst mit dem ruhenden Schmerzensmann (1688), in der Heiligkreuzkirche in Rietz 0690), in Birkenberg bei Teifs (1693), in Mötz (vor 1695), Ober- und Wildermieming und in der Grenzfestung Finster münz (1696). In Birkenberg ist der ganze Hochaltar von Thamasch und zeigt den Zusammenklang von Statuen und Orna mentik — hier sind bereits die phanta sievollen Akanthusranken dominierend — zu einem Gesamtkunstwerk der Plastik, wie es für den Hochbarock typisch ist. Auch die beiden Seitenaltäre stammen aus seiner Werkstatt. Oft sind nur mehr die Statuen erhalten, aber auch sie ge ben den später errichteten Altären das entscheidende Antlitz, wie die beiden Jo hannes in Mötz, nahe Verwandte der glei chen Statuen in Kaisheim. Daneben schuf Thamasch großartige Einzelbildwerke wie die sitzende Madonna mit Jesus und Johannes in Stams, die riesigen Blut kreuze in Seefeld und Kaltenbrunn (1697),

Andreas Thamasch, Hochaltar in Birkenberg bei Telfs (1693). Foto: Bundesdenkmalamt Innsbruck (H.-Hammer-Nachlaß) Abb. 6 Jakob Auer, Josef vom Altar der Laurentiuskirche In Stanz bei Landeck (1700/01). Foto: L. Neuhauser, Innsbruck in deren blutgetränkten, zerfetzten Lei bern und edlen Gesichtern die religiöse Inbrunst und ekstatische Hingabe der Zeit besonders stark zum Ausdruck kommen, die monumentale Madonna im Tiroler Landesmuseum, heroisch wie das Weib der Apokalypse, der mächtige Mag nus mit dem Drachen in Fließ (1696), die dem Schmerz hingegebene Pietä in Volders (1694) mit dem im Todeskampf verkrümmten Körper Christi, die Maria dolorosa in Prutz und die eigentlich un vollendete Madonna mit dem Kind im großartig gerankten Kranz der Akanthusblätter in der Stiftskirche Stams, die Tha masch in seinem Todesjahr 1697 als Vorsteher der Johannesbruderschaft schnitzte. Die Volkstümlichkeit dieser in höchster künstlerischer Vollendung ausgedrückten Kunst des Meisters vertritt die Prozes sionsgruppe der himmlischen und irdi schen Dreifaltigkeit in Strengen am Arlberg (um 1690 — Farbbild). Hier wird ein beliebtes Thema des Oberländer Ba rocks: von oben nach unten Gottvater, die Taube des Hl. Geistes und Christus (als Kind) und waagrecht Maria, das Je suskind und Josef, zu einer Einheit ver schmolzen, in der der Faltenwurf mit seinen nach außen schwingenden Rän dern die Personen wie ein Kranz um schließt und zur religiösen Idee der drei Personen in einer verschmilzt.

Abb. 7 Andreas Kölle, Katharina In Vent im Ötztal (1715). Foto: G.Amann, Innsbruck -■ Ar ■ fl. Schaffen der Altar in der Laurentius kirche in Stanz, der Heimat Jakob Prandtauers (1700/01), und eine Pietä in Ischgi berichten. Schließlich stand als letzter Meister aus diesem Kreis der aus Pendels gebürtige Andreas Kölle (1680 bis 1755) mit der Kunst Thamaschs in Verbindung. Er hatte bei Tschiderer in Donauwörth gelernt und fand in einem langen Leben den Übergang zum beruhigten Spätbarock. Seine Frühwerke stehen aber noch im Banne jener Kunst, die Thamasch ge schaffen hatte. Seine Heiligen Barbara und Katharina in Vent im hintersten Ötz tal (1715) zeigen starke Verwandtschaft mit den gleichen Heiligen Meinrad Guggenbichlers am Hochaltar in Lochen in Oberösterreich (1709). Hier tritt an die Stelle des monumentalen Pathos die Innigkeit des Ausdrucks und die Locke rung des Faltenwurfs, die zum Spät barock hinführen. Wir wissen nicht, ob Kölle in Oberösterreich war, aber mit ihm schließt sich der Kreis jener aus einer gemeinsamen volkstümlichen Kunst erwachsenen Beziehungen zwischen dem Tiroler Oberland und Oberösterreich, denn in Kölles erhaltenem Skizzenbuch befindet sich jene Serie von signierten Zeichnungen Thomas Schwanthalers, die In der Ausstellung zum ersten Male ge zeigt wird und sicher auf dem Weg über Andreas Thamasch zu Kölle ge kommen Ist. Mit Thomas Schwanthaler und Andreas Thamasch standen Ober österreich und Tirol in den entscheiden den Jahrzehnten vor 1700 bei der Grund legung der eigenständigen, aus dem Volkscharakter und nicht aus höfischen Antrieben entstandenen Barockkunst des Alpenlandes Seite an Seite. Thamasch war nicht nur ein Bildhauer des leidenschaftlichen Hochbarocks, er lebte auch in dieser erregten Welt. 1683 war er wieder in einen Raufhandel beim Heringsmahl in Stams verwickelt, im Schützenbüchl von Stams scheinen er und seine Gattin Maria Kluibenschädl als eifrige Schießstandbesucher auf. Sein früher Tod 1697 war ein schwerer Schlag für das Oberland, aber seine Kunst lebte in voller Kraft weiter. Sein Schüler Johann Paulln Tschiderer, In Plans geboren und schon 1683 als Lehr ling an der Rauferei seines Meisters be teiligt, war Thamaschs Vetter und lebte als Bildhauer in Donauwörth im Schatten des Klosters Kaisheim, wo er 1720 starb. Er setzt den hochbarocken Stil Tha maschs fort, nur sind seine Faltenzüge teigiger und weicher und seine Heiligen nicht mehr so heroisch und dramatisch. Ein anderer Oberländer aus dem Kreis um Thamasch, Jakob Auer von Grins (1671 bis 1706), taucht in Oberösterreich auf, wo er in Saisonarbeit für die Klöster In Lambach und Kremsmünster als Stein bildhauer und Elfenbeinschnitzer arbei tet. Das prachtvolle Portal in Lambach (1693) beweist, daß er die Übertragung des erregten Holzbildwerkes in Stein ver standen hat, indem er das Faltenwerk vereinfachte und weniger in den Raum greifen läßt. Im Winter kehrte er immer in seine Heimat zurück, wo von seinem Literatur: Ulrike Gauß, Andreas Thamasch, Weißen horn 1973 Erich Egg — Gert Ammann, Katalog der Aus stellung ,,Barock im Oberland", Innsbruck 1973 Heinrich Decker, Barockplastik in den Alpen ländern, Wien 1943 Gert Ammann, Zum Frühwerk des Bildschnit zers Andreas Kölle, Tiroler Heimatblätter, Innsbruck 1973, S. 67—73 J. Ringler, Die Marlahilfkapelle auf dem Bir kenberg bei Telfs, Festschrift Hermann Wopfner, Band II, Innsbruck 1948 H. Hammer, Der Stamser Stiftsbildhauer An dreas Thamasch, Wiener Jahrbuch für Kunst geschichte, Band XIII, Wien 1949

Die Reichersberger Augustinerchorherren in der Waidmark Franz Engl Die fast 900jährige Geschichte des Augu stinerchorherrenstiftes Reichersberg am Inn ist wohl eine der bewegtesten inner halb der oberösterreichischen Klöster. Dies ist nicht zuletzt darin begründet, daß die wichtigsten Besitzungen und der Hauptwirkungsbereich des Stiftes fern ab seines Innviertier Standortes im süd östlichen Niederösterreich lagen und lie gen. Da Wernhers von Reichersberg einziger Sohn jung starb, und die Verwandten schon frühzeitig um das Erbe zu strei ten begannen, wandelten Wernher und seine Gattin Dietburga auf Rat des Salz burger Erzbischofs Gebhard i., des Bru ders DIetburgas, 1084 Burg und Besitzun gen In ein Augustinerchorherrenstift um und unterstellten es der Schirmvogtei des Erzstiftes Salzburg. Daraus wird auch die weitere Unterstüt zung Reichersbergs durch die Erzbischöfe begreiflich. So war es Erzbischof Konrad i. (1106—1147), der den durch die Wirren des Investiturstreites (1077—1122) zerrütteten jungen Konvent neu festigte, indem er ihm 1132 mit dem energischen Gottesstreiter Magister Gerhoch (1132— 1169) einen überragenden Propst gab und darüber hinaus das Stift auch wirtschaft lich lebensfähig machte, als er ihm am 23. Oktober 1144 allen Zehent der Pfarre Pitten und den Feld-, Wein- und Blutzehent in der Pfarre Bromberg verlieh. In der hierfür ausgestellten Urkunde wird weiters betont, daß die Pfarre Bromberg von Pittenau bis zur Ungarngrenze und bis zum Hartberg, soweit das ,,Eigen des Grafen Eckbert" reicht, ausgedehnt wer den könne. Wenn neue Pfarren davon abgeteilt werden, solle aller Feld-, Weinund Blutzehent auch von den Neubrü chen (Neurodungen) dieses Gebietes dem Stifte Reichersberg entrichtet wer den. Zum ,,Eigen des Grafen Eckbert" (predium EkkebertI) darf folgendes er gänzt werden: Der Markgraf der karantanischen Mark, Gottfried (aus dem Ge schlecht der Grafen von Wels-Lambach), besiegte 1042 die Ungarn bei Pitten, so daß diese das Gebiet westlich der Leitha an Kaiser Heinrich MI. abtreten mußten. Gottfried erhielt darin reichen Eigenbe sitz, aus dem er die Mark Pitten grün dete, deren Hauptort Pitten mit einer Burg wurde. Die Grafschaft reichte von der Schwarza im Westen bis an die alte ungarische Grenze im Osten, vom Gebiet südlich des Wienerwaldes im Norden bis weit über das Wechseigebirge tief in die heutige Steiermark hinein, zu der das ganze Gebiet auch bis Anfang des 16. Jhdts. gehörte. Nach dem Aussterben der Wels-Lambacher (um 1050) kam die Grafschaft Pitten an die bayerischen Gra fen von Formbach (heute Vornbach am Inn, etwa 3 km innabwärts von Schärding auf dem bayerischen Ufer), nachdem Graf Eckbert von Formbach die Erbtochter Gottfrleds geheiratet hatte. Der Bischof von Würzburg, Adalbero, der Stifter des Klosters Lambach, war Sohn des Markgrafen Gottfried, in der „Vita Adalberonis", die aus dem Anfang des 13. Jhdts. stammt, lesen wir vom Herr schaftsbereich Gottfrieds und von Pitten als ,,urbs inclyta et famosa quae quasi metropolis et mater civitatum versus Pannoniam ad austraiem plagam" (be kannte und berühmte Stadt, gleichsam Hauptort und Mutter der Gemeinden ge gen Pannonien [Ungarn] und das süd liche Gebiet), errichtet gegen die feind lichen Einfälle und Verwüstungen aus Pannonien. Die Grafen von Formbach nannten sich nach ihrer neuen Burg, knapp oberhalb von Vornbach hoch über dem Inn, und dem Hauptort Schärding, auch Grafen von Formbach-Neuburg-Schärding und seit 1108 Grafen de Putine (Putinu ► Putine—► Pütten—►Pitten). Sie star ben 1158 mit Eckbert Mi. aus. ihr Besitz und ihre Hoheitsrechte in der Pittner Mark gingen auf die steirischen Ottokare über, 1192 an die Babenberger und 1282 an die Habsburger. Das stark hügelige und im Hochwechsei bis auf 1743 Meter ansteigende Gelände war Im Hoch- und auch im Spätmittel alter dicht bewaldet, woraus die Bezeich nung ,,Waldmark" verständlich wird, die in den landesfürstiichen Schirmbriefen für die Pfarren und den Zehent des Stiftes Reichersberg seit 1459 in den Ur kunden aufscheint. Der heutige Name ,,Bucklige Weit" ist erst eine Prägung des 19. Jhdts. und wenig bezeichnend. Der Waldcharakter ist auch jetzt noch be deutend. Das Erzbistum Salzburg, das bereits nach dem Sieg Karls des Großen über die Awaren in der Waldmark christianisiert hatte, machte nach der Niederwerfung der Ungarn auf dem Lechfeide 955 durch Otto i. 977 seine Besitzrechte im Grenz raum zu Ungarn deutlich geltend und nahm die Missionierung erneut auf, wo für es Im 11. Jhdt. die Pfarrorganisation einsetzte. So scheint 1094 Pitten als Pfarre auf, aus der sich bald Bromberg (Pramberg) im Schiattentale löste und selbst zu einer großen Mutterpfarre wurde, deren Sprengel bis über den Wechsel reichte. Da in den Pfarren von Bromberg und Pit ten bei der Zehentverleihung an das Stift Reichersberg 1144 noch Weltgelstilche angestellt waren, gründete Propst Gerhoch in Pitten zur Verwaltung und Einhebung des Zehents am Fuße des Pittner Berges eine Niederlassung für Chorherren und weihte darinnen 1149 eine Kapelle. 1160 erhielt dann das Stift von Salzburg das Recht, die Pfarre Brom berg mit Chorherren zu betreuen. Wie die Formbacher Grafen hatte auch Otto kar iV. von Steyr seine Ministerialen und andere Geschlechter mit noch ungerodetem Boden begabt, so daß immer mehr Wald urbar gemacht wurde und die Bevölkerung In der Waldmark rasch zu nahm, wodurch die Seelsorgeaufgaben Brombergs stark wuchsen. Um diese zu erleichtern, wurde Ediitz an der Pitten selbständige Pfarre und ebenfalls Rei chersberg untersteilt. Auch die Herrschaf ten und landesfürstiichen Ministerialen trugen dazu bei, Grundlagen für die Bil dung neuer Pfarren zu schaffen, indem sie Kapellen erbauten, um sich selbst, ihren Dienstmannen und dem Hausge sinde auf den Meierhöfen die Möglichkeit zu geben, die hi. Messe zu hören, ohne den manchmal sehr weiten Weg zur Pfarrkirche gehen zu müssen. Sicher stand dahinter oft auch die Absicht, die grundherriiche Selbständigkeit zu doku mentieren. Die Adeligen stellten an ihren Kapellen eigene Kapläne an, die auch Taufen, Osterbeichte, Leicheneinsegnun gen und andere Handlungen vornahmen, die eigentlich nur dem Pfarrer zustan den. Daraus erwuchs viel Streit zwischen Herrschaft und Pfarrer, dessen Beile gung entweder zur Gründung einer neuen Pfarre führte, oder die Kapelle erlangte als Teillösung eine gewisse Selbständig keit zugunsten der Herrschaft. So waren im Ablauf nur eines guten Jahrhunderts aus der weit ausgedehnten Mutterpfarre Bromberg sechs neue Pfarren entstan den: 1192 Ediitz, vor 1220 Aspang am Fuße des Wechseis und Mönichkirchen auf dem Wechselpaß, 1254 Krumbach, 1282 Lichtenegg und Kirchschlag i. d. Buck ligen Welt. Dazu noch Kapellen mit großen Privilegien zu Hochwolkersdorf (1203), Thernberg (1227) und Zöbern (1255). Mit Chorherren waren nur die Pfarren Bromberg und Ediitz besetzt, über die anderen hatte das Stift das Patronat.

Historische Ansicht der Kirche und des Pfarrhofes Bromberg, Niederösterreich, Ölbild, 18. Jh. i•''■■■' ' , ' ' t -. .r .; V-,'' /■: ' . f •- . , ' ■ . f^- L 1 n-»^' KA •■ -■ ' -^■■•^ ' ja"'::- ^ ^ ^ ''" v^ssv-s ''|j^l|j||||| "r .--- , ■;.;■>• & /S- ''' ''i^4 <, ^ikiA w ' I trl -■'k '^■'•■y m fy Im Pfarrhof zu Bromberg nahmen die Reiohersberger Pröpste Quartier, wenn sie die Waldmark bereisten. Von Brom berg aus wurden die Pfarrer präsentiert, hier der Zehent vergeben, Pachtverträge geordnet, Streitigkeiten bereinigt und die Zehenttagungen für das stiftliche Zehent gebiet abgehalten. Hielt der Propst sich in Bromberg auf, ritten die adeiigen Herren, Burggrafen und Ritter, später auch die Pfarrherren von allen Seiten dorthin, um Zehentver träge zu schließen oder zu erneuern. Der Zehent war die jährliche Abgabe des zehentpfiichtigen Grundbesitzers an den Zehentberechtigten. In der Regel mußte der zehnte Teil der Früchte gegeben wer den. Man unterschied den großen oder rauhen Zehent von den Haimfrüchten, von Wein, Öl und Kraut; den kleinen Feldzehent von Flachs, Mohn, Bohnen usw., den großen Blutzehent z. B. von Lämmern, den kleinen Blutzehent von Gänsen, Hühnern, Eiern. Der Zehent wurde in Natura gegeben, bei Feldfrüch ten auch auf dem Felde versteigert oder durch Geid (Zehentgilt) abgegolten. So war der Pfarrhof in Bromberg die Zehentburg des Stiftes geworden, und der Großteil der Pröpste war vor deren Wahl Pfarrer in Bromberg gewesen. Der Zehent war sehr begehrt, weshalb es immer wieder zu schweren Streitig keiten zwischen den adeiigen Geschlech tern, die in der Waldmark saßen, und den Stiftspfarrern kam, weil die adeligen Her ren oft widerrechtlich sich den Zehent aneigneten oder die Pfarrer zwangen, ihnen den Zehent zu verpachten. Die aufopfernde Seelsorge (1456 war auch die große Pfarre Pitten dem Stift inkorporiert worden), die Rodungs- und Kultivierungsarbeiten des Stiftes, beson ders auch die zahlreichen Verbesserun gen in der Viehhaitung, der Bodenpfiege und im Obstanbau wurden im 12. und 13. Jhdt. häufig durch ungarische Über griffe gestört, die zu Brandschatzungen und Verwüstungen führten, so etwa in den Kämpfen des babenbergischen Her zogs Friedrich Ii. des Streitbaren mit Beia iV. von Ungarn oder die Ausein andersetzungen zwischen König Otto kar II. PremysI von Böhmen und Bela IV. im Streit um das Erbe Herzog Fried richs II., der 1246 an der Leitha gefallen war. Vom späten 14. bis ins späte 15. Jhdt. waren es vor aliem die Erbzwistigkeiten innerhalb der habsburgischen Landesherren, die dadurch deren Auto rität schwächten und die Willkür der ade ligen Geschlechter gegenüber dem Stifts besitz übermächtig werden ließen und die Kolonisationsarbeit der Pfarren emp findlich schädigte. Aus der romanischen Zeit haben sich zwei interessante Bauten erhalten: die Pfarrkirchen in Thernberg und Scheib lingkirchen. Beide sind adelige Stiftun gen, die 1147 Erzbischof Eberhard I. als Kapellen weihte und beide sind heute Pfarren des Stiftes. Zeigt Thernberg den

Pfarrkirche Thernberg, Niederösterrelch, romanischer Quaderbau aus dem 12. Jahrhundert, Apsis. Foto: M. Eiersebner 1^^#' ' ■ st- . 94M»

Pfarrhof Ritten mit Bück in die „Buckiige Welt", historische Ansicht. *■Ä-V V. Typus des einschiffigen Langhauses mit Ostapsis in vornehm klarer Architektur und gediegener Steinmauerung, so stellt sich Scheiblingkirchen als völliger Rund bau mit einfacher Außengliederung durch Lisenen und Gesims dar. Trotz mancher Umbauten ist der romanische Adel noch vorhanden. Der Großteil der Kirchen der Waldmark gehört aber der Gotik des 14. und besonders des 15. Jhdts. an. Die letzteren stehen stark unter dem Ein fluß der Wr. Neustädter Bauhütte, die sich unter Förderung Kaiser Friedrichs III. (1439-1493), der gerne in Wr. Neu stadt residierte, bedeutend entwickelte. Fast alle sind als Wehrkirchen angelegt, mit kraftvollem Turm, Schießscharten, Pechnase und hoher Umfassungsmauer, in die meist auch der Pfarrhof einbezo gen war. In der stets gefährdeten Grenz lage sollten sie Fliehburg und Festung sein. Ein großer Teil von ihnen wurde im zwei ten Weltkrieg, als die Waldmark Kampf gebiet geworden war, schwer beschädigt und durch Erneuerung stark verändert. Eine Ahnung ihres alten Aussehens gibt z. B. Edlitz. Wie nötig sie waren, beweist die Zeit vom späten 15. bis ins 18. Jhdt., als die Grenzlandsituation der Waldmark zu Ungarn und den Türken in aller Schärfe wieder hervortrat. Es begann mit dem Vormarsch des ungarischen Königs Matthias Gorvinus 1477 gegen Kaiser Friedrich III., wobei die Waldmark stärkstens heimgesucht wurde. Nach kurzem Frieden flammte der Krieg 1482 erneut auf, in dessen Verlauf Matthias Gorvi nus das östliche Niederösterreich er oberte und auch Wien besetzte. Fitten und Wr. Neustadt hatten sich jahrelang zäh verteidigt. Wie die früheren Landes herren so übernahm nun der ungarische König 1488 die Vogtei über die Pfarren Bromberg, Fitten und Edlitz. 1490 starb Matthias Gorvinus, Maximilian I., der 1493 seinem Vater Friedrich III. als Kaiser folgte, zog mit Truppen über den Semmering und drängte bald die Ungarn in ihr Land zurück. Im folgenden Frieden von 1491 erholte sich die Waldmark durch intensive Aufbauarbeit rasch. Aber es war nur ein Atemholen vor den unbe schreiblichen wirtschaftlichen und physi schen Belastungen, die die bald ausbre chenden Türkenkriege und die ungari schen Vorstöße als Widerstand gegen die kaiserliche Politik für die Waldmark brachten, die immer im Angriffsfeld lag. Gesteigert wurden diese Leiden im 16. und bis zur Mitte des 17. Jhdts. noch durch die Heftigkeit, mit der hier Refor mation und Gegenreformation aufeinan derstießen. Die wirtschaftlichen Bedrängnisse wur den eingeleitet, als Ferdinand I., der Enkel Maximilians I., und nach dessen Tod neuer Landesherr, 1521 die Türken steuer auferlegte und die Schanzarbei ten vorschrieb, um die Grenzburgen ab wehrbereit zu machen. 1526 verlor der junge ungarische König Ludwig II. bei

Ritten, Pfarrtiof 1651—64, Fassaden 1728. Foto: M. Eiersebner 1' mm W'tiß ^ ''V ti I '■ 4>. .' ÄÜ%SS . • •> 1 'V' ' t. ■■ --^ X 1 /i t J;-.'C,I.' ' M" " , j iU m. ÄIl^. en, Pfa entiof n Foto: M. E

Mohäcs (östlich des Plattensees) Schlacht und Leben. 1529 belagerten die Türken bereits Wien und Wr. Neustadt, 1532 brachen sie durch die Steiermark ein und kamen bis vor Wr. Neustadt. Die Verwüstungen waren schrecklich, da zu kamen die ungewöhnlich hohen Ab gaben an Erzherzog Ferdinand I., der ein Drittel aller kirchlichen Einkünfte als Türkensteuer verlangte, später ein Vier tel und Ablieferung von silbernen und goldenen Geräten sowie Immer wieder Robot zu Schanzarbeiten. Inzwischen hatte die Reformation fast den gesamten Adel in der Waldmark er faßt. Die Herren stellten in ihren Burg kapellen eigene Prediger an, verboten den kath. Priestern, die Messe zu le sen, sperrten Kirchen und eigneten sich mit Gewalt zahlreiche Stiftszehente an. Die maßlosen Steuern und die Entzie hung vieler Zehenteinnahmen ruinierten fast die Stiftspfarren, well sie, um die Abgaben zu leisten, Güter verkaufen und Darlehen aufnehmen mußten. Auch Stlftsgelstliche erfaßte die Lehre Luthers, manche Pfarren konnten nicht mehr be setzt werden, well sich niemand darum bewarb oder, wegen der schlechten Ein künfte, es keine geeigneten Priester gab. Selbst Im Stift war die Klosterzucht sehr gelockert, und es fehlte an Nachwuchs. Nur langsam gelang in zäher Arbeit eine innere Kräftigung, die durch energische Pröpste und tüchtige Pfarrer vorangetrie ben wurde. Rückschläge brachte 1605 der Vorstoß des ungarischen Fürsten Ste fan Bocskay mit seinen Hajduken, die mehrere Pfarrhöfe niederbrannten oder verwüsteten, in Unteraspang auch die Kirche und Schule, viele Menschen töte ten oder verschleppten und das Vieh wegtrieben. 1608 überfiel ein wilder Hau fen Ungarn aus Güns Edlltz, plünderte Pfarrhof und Kirche und führte den Pfar rer Georg Hayden in Meßgewändern und mit den Meßgeräten in Händen fort. Erst sechs Wochen später konnte er sich los kaufen. Im Presbyterium der Edlitzer Kirche erinnert an den Vorfall ein großes Fresko, worin das äußerst seltene Thema ,,Streit der Töchter Gottes'" aufscheint, das auch in einem Grabepitaph von 1581 im Stiftskreuzgang dargestellt ist. im 30jährigen Krieg war die Waldmark wohl nicht unmittelbar Kampfraum, aber Durchmarsch- und Plünderungsgebiet kaiserlicher wie ungarischer Truppen ge wesen. Die Türkengefahr war seit 1529 nie ganz gewichen und wurde um 1663 plötzlich akut. Eil!I I '■wähn, .,, Kaiser Leopold I. gab daraufhin Befehl, sofort alle als Fluchtorte geeigneten Bur gen und Kirchen zu untersuchen, die not wendigen Ergänzungen vorzunehmen, Gewehre und Munition vorzusorgen und das Aufgebot jedes dreißigsten, zwanzig sten und zehnten Mannes je nach Ge fahr einzurichten und ihnen die entspre chenden Einsatzorte anzuweisen. Der ge waltige Vormarsch der Türken kam durch die schwere Schlacht bei MoggersdorfSt. Gotthard an der Raab, die Graf Montecuccoli an der Spitze der Reichsarmee 1664 gewann, knapp südlich der Wald mark zum Stehen. 1683, als Kara Mustapha mit über 200.000 Mann gegen Wien rückte, war die Lage ernster. Erneut er ging Befehl, Burgen und Kirchen zur Ver teidigung vorzubereiten. In Westungarn fielen alle Burgen außer Forchtensteln. Von der Grenze her drangen die Türken in den westwärts führenden Tälern in die Waldmark ein, zerstörten die Burg Kirchschlag, konnten aber das Schloß Krumbach nicht nehmen. Dafür beraub ten sie die ganze Umgebung. Türkische Haufen belagerten Wr. Neustadt, doch vergebens. Deshalb verheerten sie auch hier die Umgebung und stießen verwü stend Ins Pittental und seine Nebentäler vor, bedrängten Aspang schwer und ver schleppten zahlreiche Frauen und Mäd chen. Durch Türkensteuer, Brandschat zung, Tod und Gefangenschaft vieler

Ritten, röm.-katti. Pfarrklrctie, barocke Bisctiofsfigur vom Hochaltar, 1740. Foto: M. Eiersebner Ritten, röm.-kath. Pfarrkirche zum hi. Georg, Außenansicht. Foto: M. Eiersebner Menschen war die Geldnot groß, die Be sitzungen verschuldet. Nach kurzem Frieden und mühseligem Aufbau brachte der Aufstand der ungari schen Kuruzzen nach 1700 besonders für die südliche Waidmark neue Heimsu chung. Unter ihrem Führer Besseredy drangen sie über Gschaidt und Hoch neukirchen vor. Die Wehrkirchen hielten stand, doch von der Bevölkerung auf freiem Land wurden viele getötet. Zur gleichen Zeit aber tobte im Westen der Spanische Erbfoigekrieg. Umso erstaunlicher ist es, daß trotz all dieser schweren Zeiten und der riesigen Schäden, so bald es nur möglich war, vom Stift und den Pfarren Kirchen, Pfarr höfe, Kapellen und Wirtschaftsgebäude sowie Schulen neu errichtet oder im Ge schmack der Zeit umgebaut wurden. Einen bedeutenden Aufschwung brachte auch hier der Barock. Nur einige der wichtigsten Vorhaben seien angeführt: 1655 erbaute Pfarrer Braunsperger in Bromberg den neuen Pfarrhoftrakt mit zweigeschossigen, kraftvollen Arkaden. In Ediitz erstellte Pfarrer Zeyil den Hauptteii des Pfarrhofes und mehrere Neben gebäude in den Jahren 1658—1668. 1711 ließ Pfarrer Wasmayr die Sakristei und die Pfarrerwohnung reich stuckieren. in Pitten, dessen Pfarrhof durch Über schwemmungen stark gelitten hatte, be gann Pfarrer Guethrater 1652 den Neu bau. 1724 wurden Fassaden und Innen räume locker und elegant stuckiert. Die großzügige Vierfiügelanlage mit geräumi gem Arkadenhof ist wohl einer der schönsten Pfarrhöfe Österreichs. Die Tür kenkriege und Kuruzzeneinfäiie unter brachen fast für ein halbes Jahrhundert die Bautätigkeit. Propst Herkuian Kalchgruber nahm sie 1713 mit der Errichtung der Marien-Wallfahrtskirche in Walpersbach wieder auf. 1732 legte er den Grundstein zur prachtvollen Pfarrkirche Pitten auf halber Höhe des Pittner Burg berges, und Propst Matthias Führer be gann 1746 — trotz der Schulden des Stiftes durch den Österreichischen Erb folgekrieg — den Neubau der Kirche zu Holienthon (Hohenthann). Diesen wirt schaftlichen und kulturellen Aufschwung unterbrachen die Reformen Kaiser Jo sefs Ii. Zur Umgestaltung der Bistümer kam auch eine Umgruppierung der Pfar ren. So wurden z. B. aus der Pfarre Ed iitz Scheiblingkirchen als neue Pfarre ausgeschieden, aus Bromberg Thernberg, aus Pitten Waipersbach und von Lichtenegg Hollenthon wieder getrennt sowie einige eingegangene Pfarren er neuert. Bromberg, Pitten, Ediitz, Holien thon, Scheiblingkirchen, Thernberg und Waipersbach waren dem Stift inkorpo riert, während es über Aspang, Gschaidt, Hochneukirchen, Hochwolkersdorf, Kirch schlag (bis 1700, dann an Salzburg), Krumbach, Lichtenegg, Mönichkirchen, Schäffern, Schönau, Wiesmath und Zo bern das Patronat hatte. Durch die Ma ria-Theresianische Schulreform und die zunehmende Bevölkerung mußte auch in der Waidmark das Schulwesen gestrafft werden. Es waren neue Schulen zu bauen, alte zu vergrößern und Lehrer anzustellen. Da das Stift und die Pfarren dafür aufzukommen hatten, bedeutete dies eine schwere Belastung. Der Stiftsche Lehensverwalter kam oft in große Geldnot, weil die Zehenteinnahmen immer mehr zurückgingen und der Wi derwille gegen Abgaben und Robot ständig wuchs. 1848 wurde dann die Auf hebung alier Robot- und Untertanenlei stungen verfügt. Damit endete die Le hensherrschaft des Stiftes Reichersberg in der Waidmark nach fast genau 700 Jahren. Noch aber liefen die Verpflichtun gen weiter: Erhaltung von Kirchen, Pfarr höfen, Schulen und Wirtschaftsgebäu den, Besoldung von Lehrern und Geist lichen. Erst drei Jahre darnach wurde die durch die Grundentiastung zuer kannte Rente angewiesen, die aber viel niederer ausfiel, als die Einnahmen aus dem Zehent gewesen waren. Eine starke Erleichterung für die Patronatsverwaitung trat ein, als 1864 das Schulpatronat aufgehoben wurde. Für die Seelsorge wirkte sich die Auf hebung des Zehents sehr günstig aus, denn es fielen die Verwaltungsarbeiten weg, und vor allem hörten die zahlrei chen Streitigkeiten auf, die durch das Eintreiben des Zehents immer wieder entstanden. Durch die große Inflation nach dem ersten Weltkrieg wurde die für den abgeschafften Zehent gezahlte Ent lastungsrente völlig entwertet, damit aber auch die Erfüllung der Pflichten für die elf Patronate unmöglich. Am Ende des zweiten Weltkrieges er lebte das Stiftsland, das Kampfgebiet ge worden war, noch einmal die Grenzlage in alier Schärfe. Nach den Zerstörungen folgte eine harte Besatzungszeit. Heute sind die Schäden getilgt. Die Chorherren in ihren Stiftspfarren — als achte kam Erlach dazu — haben am Wiederaufbau großen Anteil. Sie wirken dort wie vor 800 Jahren im Auftrag des hl. Augustinus in Seelsorge und Kulturpfiege. Daß das einst so unwegsame und rauhe Waid land zur Kulturlandschaft umgewandelt wurde, ist mitentscheidend deren Ver dienst. Literatur (Auszug) Classen Reter, Gerhoch von Reichersberg, Wiesbaden 1960 Mitter Bernhard, Die Augustiner-Chorherren In der Rittner Waldmark, Wien 1950 Weiß Gerhoch, Das Chorherrenstift Reichers berg am Inn, Ried 1934 Urkunden des Stiftsarchlves Reichersberg Handbuch der historischen Stätten, Öster reich I, Donauländer und Burgenland, AlfredKröner-Verlag, Stuttgart 1970 Handbuch der historischen Stätten, Öster reich II, Alpenländer mit Südtirol, Alfred-Kröner-Verlag, Stuttgart 1966

Barocker Stuck in Oberösterreich Walter Luger Der leidenschaftliche Bewegungsdrang des Barocks bildet ideale Vorausset zungen für die Benützung von Stuck in dieser Stiiepoche. Mit seiner vielfachen Verwendungsmöglichkeit Ist Stuck eines der beliebtesten Mittel zur Ausgestaltung von Decken, Gewölben, Wänden und Fas saden. Freistehende plastische Teile, wie Putten, Engel, Altarfiguren, herabhän gende Vorhänge, Früchte, Blumen oder Blätter aus Stuck betonen den Flang zur Illusion. Durch den Obergang von Stuck arbeiten in die Scheinarchitektur der Freskomalerei werden oft prachtvolle Raumillusionen geschaffen, wie etwa in der ehemaligen Stiftskirche in Spital am Pyhrn. Ausgehend vom Italienischen Barock, wurde auch in den Ländern nördlich der Alpen der Stuck eines der beliebtesten Dekorationsmittel. In Kapitellen, Gesim sen und Profilen knüpfen die barocken Schmuckelemente an die Renaissance an. Eierstäbe, Perlenschnüre, Akanthus, Ro setten und Voluten sind beliebte Dekora tionsformen, die aber reicher und schwe rer werden. Die figurale Plastik findet sich immer häufiger auch im Gewölbe, wobei die Gesamtausführung schwung voller und formvollendeter wird. Weitere Möglichkeiten der Raumgestaltung bringt die farbige Fassung des Stucks wie zum Beispiel in der Stiftskirche Wilhering. Die Verwendung von Stuckmarmor bietet neue Mittel zur Ausgestaltung von Innen räumen. Im 17. und 18. Jahrhundert ge hört der Stuck auch in Oberösterreich zum üblichen Erscheinungsbild barocker Schmuckelemente zur Ausgestaltung von Kirchen, Klöstern, Kapellen, profanen In nenräumen und Eingangshallen. Zu den frühen Stuckdekorationen in Oberösterreich gehören diejenigen des Stiftes Schlägl von Jakob und Georg Kandier, die sich In den Verträgen mit dem Propst des Stiftes Schlägl als ,,Kalk schneider" bezeichnen. Die Stuckarbei ten in den Gewölben, an den Fensterein fassungen und Pfeilerkapitellen sind ein fach und erinnern noch an die Formen welt der Renaissance. Perlenschnüre und Eierstäbe herrschen vor. In der Prälaten kapelle schuf Jakob Kandier auch ein Stuckrelief des hl. Martin. Die Arbeiten in der Kirche und in den beiden Sakri steien waren Ende 1630 fertiggestellt. Vollendet hat den Stuck in der Loretokapelle und im Refektorium mit dem Stuckrelief Maria auf der Mondsichel Georg Kandier, der nach dem Tode sei nes Bruders Jakob die Fortsetzung der \f/ u begonnenen Stuckarbeiten übernommen hatte. Zu den heimischen Künstlern des Früh barocks gehört der 1601 geborene Tho mas Zaisel. Zaisel besaß in Linz das Flaus Domgasse 6 und wird in den Steuerbüchern der Stadt Linz als ,,Bürger und Stuckhator" bezeichnet. Sein Haupt werk sind die Stuckdekorationen in der 1652/56 neuerbauten Stiftskirche Lam bach. Sie besitzt ausgezeichnet durch gearbeiteten Stuckschmuck, wie Engels köpfe, Rosetten, Perlenschnüre und pla stisch geformte In Volutenmotive sich schließende Stuckrahmen. Für Stuck arbeiten des neuen Hochaltars in der Stiftskirche Lambach schloß Abt Maximi lian Pagl mit Diego Francesco Carlone und Paolo de Alllo 1713 einen Vertrag ab. Auch die beiden Chorfenster neben dem Hochaltar erhielten Stuckverzierungen. Der Fries der Kirche zeigt reiche Blatt verzierungen, die der Zeit der Neugestal tung des Hochaltars zuzuschreiben sind, da Zaisel ausdrücklich schrieb, daß ,,yedoch der frieß ohne laubwerk" ge staltet werden sollte. Zu Beginn des 17. Jhs. sind Stuckarbei ten von Italienern in Oberösterreich noch selten. Zu diesen frühen italienischen Künstlern gehört Johann Baptist Spaz der Ältere. Er ist in Oberösterreich von 1605 bis 1664 nachweisbar und bezeich net sich zunächst als ,,Johann Baptista Späz von Maylanndt, Stain Püldthauer am Schärnstein". Zwei Jahre später be zeichnet er sich bereits als ,,Welscher Pildhawer zu Linz". Im Stiftsarchiv Krems münster befindet sich ein Vertrag vom 5. April 1615, nach dem Spaz für ,,Stuckhator vnd GIbbs Arbeit" 450 Gul den bekam. Das Künstlergeschlecht Spaz stammte vom Luganer See. Diesem Ge schlecht entstammten vor allem Baumei ster und Bildhauer, nur vereinzelt sind Stukkateure nachweisbar. Zu der in Linz ansässigen Linie gehört auch Johann Peter Spaz, der sowohl als Bildhauer als auch als Stukkateur tätig war. Aus dem Linzer Bürgerbuch von 1667 ist ersichtlich, daß Johann Peter Spaz ,,nach Inhalt der mitbürgerl. Ange lobung aufgenommen worden ist und der titl. Bürger zu nennen und zu schreiben zugelassen". Nachdem Spaz 1660 in Linz das Haus Altstadt 14 gekauft hatte, er warb er 1685 um 3000 Gulden das Haus Altstadt 1. Zu seinen wichtigsten Arbei ten gehören die Stuckdekorationen, die er zusammen mit Giovanni Battista Mazza im Stifte Kremsmünster schuf. 1676 beka men beide Künstler für die ausgezeichne ten Stuckverzierungen in der Schatzkam mer des Stiftes Kremsmünster 350 Gul den. Im selben Jahre stuckierten beide Künstler einige Zimmer und die Prälaten kapelle, ein Jahr später die von Carlo Antonio Carlone neuerbaute Marlen kapelle im Stifte Kremsmünster. Vielleicht zu den interessantesten Schöpfungen

Schlag!, Prämonstratenserstlft, Blick In das Gewölbe der Stiftskirche mit Stuck von Jakob und Georg Kandier. Foto: Fr. MIchalek Kremsmünster, Benediktinerabtei, Gewölbe der Marlenkapelle mit Stuck von Johann Spaz und Giovanni Batt. Mazza. Foto: Fr. MIchalek Ti*i ¥«2< Lambach, Benediktinerstift, Gewölbe der Stiftskirche mit Stuck von Thomas Zaisel. Foto; Fr. Michalek gpssusmBsm^Bm, «muvja,- f . Olf '':;Ä;:«SSS|5»;e»>3*59/. m aaasHregoKüBs: «»ir fflssMMasKBsr .. .. .... von Johann Peter Spaz gehören die Stuckdecken im ehemaligen Kremsmünsterer Haus in Linz in der Bethlehem straße, bekannt als Nordico, heute Stadt museum Linz. Es ist das umfangreichste in Linz im profanen Bereich erhaitene Deckenprogramm,für das Spaz 1677 vom Stifte Kremsmünster 550 Gulden bekam. Ein anderes bedeutendes Künstiergeschlecht, das ebenfalls von Italien nach Oberösterreich einwanderte, ist das der Ganevale. Sie waren überwiegend als Baumeister tätig. Ais Stukkateur scheint nur Lorenz Caneval auf, der in Linz seß haft war und 1672 erstmalig für Arbeiten im Linzer Landhaus nachweisbar ist. Hier ist er auch mit Stuckarbeiten im Freihaus des Grafen Thürheim 1687 bis 1714 nach weisbar. im Stifte Kremsmünster bekam Caneval 1673 für Stuckarbeiten in der al ten Sakristei 45 Gulden (heute nicht mehr erhalten). 1679 war er in Spital am Pyhrn tätig, wo er u. a. die Stuckdekorationen in der Schatzkammer geschaffen hat. 1712 bestätigte Lorenz Caneval dem Abt von Lambach den Empfang von 40 Gul den für sieben Wochen hindurch gelei stete Arbeiten, ohne daß in dieser Bestä tigung aufscheint, welche Stuckarbeiten Caneval in Lambach gemacht hat. Viel leicht handelt es sich um Arbeiten im ehemaligen Kapitelsaal (heute Studentenkapeile), da gewisse Ähnlichkeiten mit dem von Lorenz Caneval geschaffenen Stuck in der Schatzkammer in Spital am

Pyhrn bestehen, z. B. im Blättermotiv In der Frieszone über den Kapitellen oder In den In Volutenmotiven sich schließen den Stückrahmen. Zu den bedeutendsten Künstlerfamilien, die von Italien In Österreich eingewan dert sind, gehören die Carlone. Sie ent falteten als Architekten und Baumelster, als Bildhauer und Maler eine überaus fruchtbare Tätigkeit. Aber auch Im barokken Stuck sind Ihre Werke Höhepunkte In Oberösterreich. Schwere Kränze aus Elchenlaub, üppige Blumengewinde und Früchte, Akanthusblättermotive gehören zum charakteristischen Carlone-Stuck. Stilisierte Pflanzen- und Fruchtgirlanden hängen oft vollplastlsch In den freien Raum hinein. Es verbindet sich auch flgurale Plastik mit diesem Stuckdekor zu einer lebendigen Einheit. Typisch für die Carlone-Werkstätte Ist die harmonische Verbindung der Architektur mit dem plastlsch-üpplgen Carlone-Stuck, was wahr scheinlich darin begründet Ist, daß viele Bauten vom Baumelster Carlo Antonio Carlone stammen. Zu einem Hauptwerk von Carlo Antonio Carlone gehört der barocke Neubau der Stiftskirche St. Florian. Die reiche Stuck ausstattung schuf Bartholomäus Carlone, der nach dem Tode von Carlo Antonio Carlone Im Jahre 1708 St. Florian verlas sen zu haben scheint, da 1709 Giovanni Manfredo MadernI allein Im Dienste des Stiftes stand, wo er auch am 17. Mal 1715 starb. Bartholomäus Carlone stand aber nicht nur Im Dienste geistlicher Herren, 1698 verfertigte er auch Stuckarbelten für den Grafen Thürhelm Im Schlosse Weinberg. Die ersten größeren Arbelten von Gio vanni Battlsta Carlone entstanden In der Stiftskirche Garsten, wo er vor allem den flguralen Stuck ausführte. Seine Mitarbei ter, die die ornamental-dekorativen Teile ausführten, waren Bartholomäus Car lone, Peter CamuzzI und Domenico Garon. Dieser Stuck Ist reich und schwer und besteht aus einer Vielfalt von Engeln, Blumen- und Fruchtgirlanden, wobei die allzu scharfen Überschneidungen durch Kartuschen und Figuren gemildert er scheinen. Neben Garsten gehört die Stiftskirche Schlierbach zu den bedeu tendsten Schöpfungen des Barocks In Cberösterrelch. Der 1684/85 von Gio vanni Battlsta Carlone geschaffene Stuck bedeckt alle freien Teile der Architektur. Prächtige und schwere Blumen- und Fruchtgewinde, üppiges Blattwerk, Engel und Putten sind charakteristische Formen des Carlone-Stucks. In seiner überquel lenden Pracht ist Schlierbach eines der reichsten Beispiele des österreichischen Barocks. Eines der letzten Werke von Giovanni Battlsta Carlone In Cberöster relch Ist die reiche und 1695 vollendete Stuckdekoration Im Sommerrefektorium des Stiftes Reichersberg. Der am 26. August 1728 In Linz gestor bene Domenico Carlone Ist in Cberöster relch mit Arbelten In Spital am Pyhrn und In Linz nachweisbar, wo er am 18. De zember 1726 ,.wegen des löbl. Stift und Closter Cremsmünster neuen Hauß alhler zu Linz gemachter Stockotor Arbelt" einen Betrag von 560 Gulden quittierte. (Es handelt sich um den heu tigen Bischofshof In der Herrenstraße.) Diego Francesco Carlone, 1674 In Scarla geboren, kam schon In jungen Jahren nach Bayern, wo er In der Passauer Dom werkstätte seines Vaters Giovanni Bat tlsta dessen Handwerk erlernte. In Cber österrelch Ist Diego Francesco Carlone von 1704 bis 1720 mit Arbelten In Linz und In den Stiften Kremsmünster, Lam bach und St. Florian nachweisbar. In einem zusammenfassenden Bericht des Jahres 1708 schrieb z. B. Maximilian Pagl, Abt von Lambach, über die Stuckarbelten dieses Künstlers. ,,Vor das Refectorlum hab Ich Ihme 740 fl, vor das große Recreatlonszimmer 600 fl accordlert." Diego Francesco Carlone ist In seinen Stuckarbelten bereits von einer neuen Richtung beeinflußt. Die schweren For men der früheren Künstler erfahren eine Lockerung. Ranken werden zarter und locker über größere Flächen verteilt wie etwa Im Sommerrefektorium und Ambu latorium Im Stifte Lambach. Die Dekora tionen sind plastisch gearbeitet. Neben herrlich durchmodellierten Figurenreliefs Im oben erwähnten Stifte Lambach oder Im Kaisersaal des Stiftes Kremsmünster schuf Diego Francesco Carlone auch flgurale Stuckplastiken wie z.B. die beiden Nischenfiguren Wachsamkeit und Keuschheit In der Saletta bei den Kai serzimmern Im Stifte St. Florian. Enge Bindungen bestanden zwischen den Künstlerfamilien Carlone und Alllo. Paolo de Alllo, In Cberösterrelch von 1686 bis 1722 nachweisbar, arbeitet häu fig mit seinem Schwager Giovanni Bat tlsta Carlone und später mit dessen Sohn Diego Francesco zusammen, so In der Karmelltenkirche In Linz und Im Stifte Lambach. Der 1722 geschaffene zierliche Wand- und Deckenstuck und das Kuppel relief In der Deutschordenskirche In Linz gehören zu den letzten Werken von Paolo de Alllo. St. Florian, Augustinerchorherrenstift, Saletta in der Raumflucht der Kaiserzimmer, Nischenfigur aus Stuckmarmor von Diego Francesco Carlone. Foto: Fr. Michalek Schlierbach, Zisterzienserstift, Gewölbe der Stiftskirche mit Stuck von Giovanni Batt. Carlone. Foto: Fr. Michalek

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