Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

gesamten Bevölkerung werden müssen. Die Standorte und die Anzahl dieser gewerb lichen Betriebe aller Art wird notwendiger weise den heute tatsächlich vorhandenen Bedarfsverhältnissen anzupassen sein. Da her kann die Aufrechterhaltung oder die Ansiedlung von Gewerbebetrieben nur in Gebieten gesamtwirtschaftlich sinnvoll sein, in denen die Bedarfsverhältnisse einen halbwegs gesicherten Auftragseingang er warten lassen. Zur wirtschaftlichen Siche rung bestehender Gewerbebetriebe wird daher auch die Stillegung gleichartiger Be triebe in Orten (Gebieten) mit unzureichen den Bedarfsverhältnissen oder die Über siedlung in unterbesetzte oder in bereits unversorgt gewordene Bedarfsgebiete bei tragen. Die diesbezüglichen Untersuchun gen und Entscheidungen müssen aber den Gewerbetreibenden selbst im Einverneh men mit den gesetzlichen Interessenver tretungen überlassen bleiben. Hiebei wird sich das kollegiale Einvernehmen für die Gewerbetreibenden wirtschaftlich günstiger auswirken als eine durch das Absinken der Nachfragen begründete und um die Er haltung der Existenz ringende Konkurren zierung. Die Stillegung oder eine Über siedlung von Gewerbebetrieben zur Siche rung der wirtschaftlichen Existenz der am Orte verbleibenden Betriebe wird künftig die Förderung durch die öffentliche Hand ge nauso rechtfertigen, wie die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe in gewerblich unter besetzten oder bereits unversorgten Bedarfs gebieten. Eine maßgebliche Intention liegt also in der Anpassung der Standorte und der Anzahl der jeweiligen Gewerbebetriebe an die tatsächlich vorhandenen Bedarfsverhält nisse mit dem Ziele, daß zur vollen und ständigen Versorgung der Bevölkerung mit allen Bedarfsleistungen über das ganze Land ein Netz von einschlägigen Gewerbe betrieben erhalten bleibt oder errichtet wird. Sicherlich ist es mit dieser notwendi gen Anpassung oder Ansiedlung von Be trieben allein nicht getan. Die wirtschaft liche Sicherung hängt schließlich auch da von ab, daß diesen Betrieben die Bildung des zur ordnungsgemäßen Betriebsführung unerläßlichen Eigenkapitals im ausreichen den Maße durch eine entsprechende Steuer gesetzgebung des Staates ermöglicht und gesichert wird. Den wirtschaftlich gesicher ten Gewerbebetrieben ist es sodann finan ziell leichter möglich, gut ausgestattete Arbeits- und Lehrplätze zu bieten. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß seitens des Landes Oberösterreich jährlich Millionenbeträge zur wirtschaft lichen Sicherung und Förderung des Ge werbes, zur Errichtung und Modernisierung der Betriebsanlagen sowie zur Einrichtung und Verbesserung der Arbeitsplätze aus gegeben werden. Diese Förderungstätigkeit des Landes wird künftig noch weiter aus gebaut und stärker nach den jeweils auf tretenden Schwerpunkten ausgerichtet werden müssen. Eine weitere Überlegung zur wirtschaft lichen Sicherung der Gewerbebetriebe geht dahin, daß den Betriebsinhabern in der arbeits- und sozialrechtlichen Gesetz gebung die Möglichkeit eröffnet wird, in Zeiten von Auftragsmangel als Arbeit nehmer in Teilzeitbeschäftigung zusätz liches Einkommen zu erzielen. Mit dieser gesetzlichen Regelung würde entscheidend dazu beigetragen werden, daß zeitweise unterbeschäftigte, für die Versorgung der Bevölkerung jedoch unerläßliche Gewerbe treibende ihren Betrieb aufrechterhalten und nicht stillegen. Mit der Aufrecht erhaltung der Gewerbebetriebe würde aber auch der landweiten Pfuschertätigkeit wirksam entgegengetreten werden können. Schließlich wird dem beruflichen Nachwuchs vor allem in den Gewerbezweigen mit sinkenden Lehrlingszahlen besondere Auf merksamkeit zu widmen sein. Es wurde bereits erwähnt, daß die Entscheidung der Jugendlichen für gewerbliche Lehrberufe — die sogenannten Modeberufe sind bisher noch weniger betroffen — ständig zurück geht und die Beweggründe hiefür sehr mannigfach sind. Als ein maßgeblicher Grund hiefür wird das 9. Pflichtschuljahr angesehen. Dieses 9. Pflichtschuljahr kann nach der derzeit geltenden Gesetzeslage entweder durch den Besuch einer allgemein bildenden oder berufsbildenden höheren Schule oder durch den sogenannten Poly technischen Lehrgang absolviert werden.Die Erfahrung zeigt, daß viele Pflichtschüler nur deshalb in eine der vorgenannten höheren Schulen eintreten, um dem Polytechnischen Lehrgang zu entkommen. Von diesen ein mal einer höheren Schule zugewendeten Jugendlichen entscheidet sich nur mehr eine verschwindend kleine Zahl für gewerbliche Lehrberufe, insbesonders für handwerk liche, und diese Entscheidung fällt meistens auch erst bei ungenügenden Lernerfolgen in der höheren Schule. Der Polytechnische Lehrgang selbst hat bisher zur Berufsent scheidung für gewerbliche und hier wie derum für gewisse handwerkliche Lehr berufe keine nennenswerte Förderung er bracht. Aus dieser schulgesetzlich bedingten Lage ergibt sich, daß nicht nur die Anzahl, sondern auch die Qualität der Lehrlinge ge sunken ist. Eine Verbesserung des Lehr lingsnachwuchses wird sicherlich dadurch eintreten, daß durch eine Novellierung zum Pflichtschulgesetz der Eintritt in ein ordnungsgemäßes Lehrverhältnis im Sinne des Berufsausbildungsgesetzes dem Besuch des Polytechnischen Lehrganges gesetzlich gleichgesetzt und der Lehrling vom Besuch des Polytechnischen Lehrganges freigestellt werden könnte. Als letzte Intention soll in diesem Aufsatz die Verbesserung der gewerblichen Be triebsanlagen zum Schütze der Umwelt er wähnt werden. Bereits durch die Gewerbe rechtsnovelle 1873 wurden bestimmte ge werbliche Betriebsanlagen zum Schütze der Nachbarschaft und der Dienstnehmer der behördlichen Genehmigung unterworfen. Dank dieser gewerbebehördlichen Ge nehmigungspflicht wurden die gewerblichen Betriebsanlagen zum Schütze der Nachbar schaft (Umwelt!) vielfach an abgelegenen Stellen, außerhalb der Ansiedlung oder am Ortsrande errichtet. Die in den letzten Jahrzehnten stark einsetzende Sied lungsbautätigkeit hat die Siedlungs- und Wohnhäuser bis an die bestehenden Be triebsanlagen herangebracht. Andererseits wurden auch die Betriebsanlagen auf Grund der technischen und chemischen sowie wirtschaftlichen Entwicklung erweitert, mit starken Maschinen ausgerüstet, neue Pro duktionsweisen und Produktionszweige aufgenommen. Als drittes Moment ist noch das allgemein gehobene ümweltbewußtsein der Bevölkerung zu nennen. Wurden einstens rauchende Schornsteine, klingende Hämmer und surrende Räder als Symbol fleißiger Hände angesehen, besungen und gepriesen, werden diese heutzutage zum besonderen Anliegen des Umweltschutzes. Mit keinem Wort soll gegen begründete Forderungen auf dauerwirksame Maßnah men zum Schütze der Umwelt gesprochen werden, aber eines ist hiebei zu bedenken, daß die Betriebsanlagen nun einmal die Produktionsstätten, Arbeits- und Lehr plätze darstellen, die als Grundlage des wirtschaftlichen und sozialen Wohlstandes für die ganze Bevölkerung unerläßlich sind. Völlig emissionsfreie Betriebsanlagen kann es aus technischen Gründen nicht geben und die zur Minderung der Emissionen auf ein erträgliches und zumutbares Ausmaß notwendigen Maßnahmen oder Einrichtun gen kosten sehr viel Geld, das in vielen Fällen nur in einem größeren Zeitraum oder überhaupt nicht aufgebracht werden kann. Weiters gibt es Fälle, in denen nur eine Stillegung oder Verlegung des Betriebes als letzter Ausweg verbleibt. Daß mit diesen Maßnahmen vielfältige Probleme verbun den sind, bedarf keiner näheren Erörterung. Eines kann ausgesagt werden, daß die In haber der gewerblichen Betriebsanlagen für die Belange des Umweltschutzes volles Ver ständnis haben und die behördlich aufge tragenen Maßnahmen nur nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch führen können. Die Gewerbebehörden haben in Vollziehung der diesbezüglichen GesetzesVorschriften jedoch die verantwor tungsvolle Aufgabe, die zum Schütze der Umwelt erforderlichen Vorschreibungen auch auf die Möglichkeiten zu deren Ver wirklichung abzustimmen und mit ihren Vorschreibungen die Weiterführung des Betriebes zur Aufrechterhaltung der Pro duktion sowie der Arbeits- und Lehrplätze nicht unmöglich zu machen. In allen jenen Fällen, in denen die zum Schutz der Um welt vorgeschriebenen Maßnahmen vom Betrieb wirtschaftlich nicht verkraftet wer den können, wird eine finanzielle Unter stützung aus öffentlichen Mitteln zum Schütze der Umwelt unausbleiblich werden.

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