Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

I&iiiiiliital böte der Gewerbetreibenden immer reich haltiger wurden, so daß heutzutage eine überaus vielfältige Struktur des Gewerbes mit zahlreichen Spezialbetrieben gegeben ist. So erfreulich dieser Entwicklungsstand für die Bedarfsträger ist, kann doch die erhöhte Krisenanfälligkeit der hochspeziali sierten Betriebe nicht übersehen werden. Einstens standen der Handwerker als Er zeuger der Bedarfsgegenstände oder als Er bringer der Leistungen sowie der Handels treibende allein dem Bedarfsträger gegen über. Die Auftragserteilung und die Auf tragsdurchführung war von persönlichen Gesprächen begleitet. Die erbrachte Lei stung war als Einzelanfertigung durch die Person des Handwerkers oder des Handels treibenden geprägt. Der Gewerbetreibende war also in seiner Konkurrenz praktisch auf die persönliche Leistung beschränkt. Später erwuchs den Handwerkern eine un erwartete Konkurrenz in der technischen Entwicklung der Maschinen, die von den Handwerkern zur Erleichterung und Be schleunigung ihrer Arbeiten entwickelt und eingestellt wurden. Mit diesen Maschinen wurde die Massenproduktion von Bedarfs gegenständen möglich, die bisher als Einzel stücke von den Handwerkern angefertigt worden waren. Die maschinelle Erzeugung der Bedarfsgegenstände schwoll zur Mas senproduktion an, die nicht auf das Land beschränkt blieb. Aus den wirtschaftlich aufblühenden Industriestaaten der Welt brachte der Handel die Massenerzeugnisse in das Land mit einer schier unbegrenzten Fülle an Auswahl und zu Preisen, die vom heimischen Handwerker aus verständlichen Gründen nicht geboten werden konnten. Überdies übte das industrielle Massenpro dukt einen bestimmenden Einfluß auf die bisherigen Gebrauchs- und Verbrauchsge wohnheiten und damit auf den Bedarf aus. Die industriellen Produzenten und der Handel begannen mit wissenschaftlich be gründeten Werbemethoden, den Bedarf zu wecken und zu heben. Neben der weit gehenden Verdrängung des Handwerks aus der Herstellung der Bedarfsgegenstände haben viele Industriebetriebe zum Absatz ihrer Massenerzeugnisse aus Kostengrün den eigene Vertriebsorganisationen einge richtet und damit das Handels- und Trans portgewerbe getroffen. Diese weltweite Industrialisierungswelle spülte auch in Oberösterreich eine Reihe von Gewerbebetrieben, insbesonders Hand werksbetriebe, hinweg und brachte viele weitere in existenzbedrohende Bedrängnis. Das Gewerbe erfaßte ein tiefgreifender Pessimismus, daß die immer weiter und rascher um sich greifenden und ständig leistungsstärker werdenden Produktions stätten der Industrie mit ihren Vertriebs organisationen die Handarbeit in abseh barer Zeit zur Gänze verdrängen werden. Dieser Pessimismus verleitete vielfach zur voreiligen Stillegung handwerklicher Be triebe und zur Abwanderung der Hand werker als bestens ausgebildete Mitarbeiter in die Industriebetriebe oder zu einem ab wartenden Verhalten des Gewerbetreiben den in einem zunehmenden wirtschaftlichen Siechtum. Die Industrialisierung leitete auch im Lande Oberösterreich bald einen grundlegenden Strukturwandel ein. Die rasch zunehmende Anzahl von Industriebetrieben übte eine besondere Anziehungskraft auf die Arbeit nehmer in den Gewerbebetrieben und in der Land- und Forstwirtschaft aus, weil die aktive und durchschlagskräftige Sozialpoli tik der Arbeitnehmerorganisationen für die Arbeitnehmer in den Industriebetrieben günstigere Arbeitsbedingungen und bes sere Aufstiegschancen erwirkte. Darüber hinaus wurde die Industrie immer mehr zum Maßstab und zum Mittelpunkt der wirtschafts-, sozial- und abgabenpolitischen Entscheidungen des Staates. Damit hat sich

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